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Frage nach dem Menschen, der<br />

auf Gottes heiligem Berg wohnen<br />

darf. Die Antwort gibt Benedikt<br />

mit Psalm 15: «Der seinem<br />

Freund nichts Böses antut und<br />

seinen Nächsten nicht schmäht»<br />

(obprobrium). Schmähungen gegenüber<br />

anderen werden entschieden<br />

verurteilt. Wer das tut, darf<br />

nicht auf Gottes heiligem Berg<br />

wohnen; der gehört nicht Gott<br />

an.<br />

Diese beiden Stellen rücken den<br />

richtig verstandenen Zugang zu<br />

den Widerwärtigkeiten unseres<br />

Alltags ins rechte Licht. Es gibt<br />

demnach ganz klar solche, die<br />

haben mit Gott zu tun und ihnen<br />

dürfen wir nicht ausweichen.<br />

Doch es gibt auch solche,<br />

die tun Menschen sich in ihrer<br />

Bosheit an und das ist unbedingt<br />

zu verurteilen. Hier ist freilich<br />

noch zu sagen, dass Gott auch<br />

über das, was Menschen einander<br />

antun, unser Heil wirken<br />

kann. Doch Benedikt zielt in<br />

eine andere Richtung, die uns<br />

vom hl. Basilius überliefert ist.<br />

Dort heisst es: Ob sie «bereit seien<br />

zu aller Demut und ohne<br />

Scheu die einfachsten und niedrigsten<br />

Arbeiten übernehmen,<br />

wenn die Vernunft es einfordert».<br />

Benedikt und Basilius<br />

wollten also von einem jungen<br />

Mann wissen, der ins Kloster<br />

eintreten wollte, ob er zu Diensten<br />

bereit ist, die «Weltleute»<br />

nicht als passend und standesgemäss<br />

ansahen. Damit ist nichts<br />

anderes als unser Ehrgefühl angesprochen.<br />

So etwas tue ich doch<br />

nicht. In der damaligen Zeit: Dafür<br />

gibt es Sklaven! Und für uns<br />

heute: Schliesslich bin ich Akademiker,<br />

oder: Meine Qualifika-<br />

Glaube<br />

tion lässt das nicht zu! Allein in<br />

dieser Blickrichtung sah und<br />

sieht Benedikt die Aussage, «ob<br />

er bereit ist, Widerwärtiges zu ertragen».<br />

Und diese Blickrichtung<br />

lässt uns unweigerlich auf Jesus<br />

blicken, auf die Fusswaschung<br />

im Abendmahlssaal. Zu den Jüngern<br />

sagt er: «Ein Beispiel habe<br />

ich euch gegeben, damit auch ihr<br />

so handelt, wie ich an euch gehandelt<br />

habe» (Joh 13). Hier führt<br />

uns Benedikt in die Schule von<br />

Jesus Christus. Er allein ist unser<br />

Lehrer und dieser Lehrer ist uns<br />

im Beispiel vorangegangen.<br />

Ist uns in diesem Beispiel nicht<br />

auch die hl. Bernadette vorangegangen?<br />

Ist sie uns nicht auch<br />

eine Schule, die uns Jesus zeigt?<br />

Ist sie uns nicht eine «authentica»,<br />

die uns Jesus geradezu erspü-<br />

8<br />

ren, erahnen lässt. Unweigerlich<br />

werden wir bei dieser Betrachtung<br />

an jene Erniedrigung, an jene<br />

Schmach der neunten Erscheinung,<br />

am Morgen des 25. Februar<br />

1858 erinnert. Während das<br />

versammelte Volk den Rosen-<br />

kranz betet, erscheint die schöne<br />

Dame und fordert Bernadette<br />

auf: «Würde es Ihnen etwas ausmachen,<br />

für die Sünder die Erde<br />

zu küssen, für die Sünder auf den<br />

Knien zu rutschen und von diesem<br />

Gras hier zu essen. Trinken<br />

Sie aus der Quelle und waschen<br />

Sie sich darin.» Bernadette tut all<br />

das, was ihr die schöne Dame<br />

eingibt. Sie will auch zur Gave<br />

gehen, um Wasser zu trinken.<br />

Doch für diese Geste verweist sie<br />

die Muttergottes unter den Felsen.<br />

Dort gräbt Bernadette ein

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