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Eine Faltkrippe aus dem frühen 20. Jahrhundert - Wasserburg am Inn!

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Objekt des Monats Dezember 2012 des Städtischen Museums <strong>Wasserburg</strong> a. <strong>Inn</strong><br />

Zur Krippe her kommet!<br />

<strong>Eine</strong> <strong>Faltkrippe</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>frühen</strong> <strong>20.</strong> <strong>Jahrhundert</strong><br />

Im Dezember stellt das Museum <strong>Wasserburg</strong> eine Papierkrippe vor. Sie ist in der<br />

kleinen Weihnachts<strong>aus</strong>stellung „Weihnachten im Museum. Vom Ersten Advent bis<br />

Heilige Drei Könige“ zu sehen und schmückt auch das diesjährige Weihnachtsplakat.<br />

Auch die <strong>Wasserburg</strong>er Sparkasse in der Rosenheimer Straße zeigt dieses Jahr<br />

Papierkrippen <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Museum. Ein Grund sich mit ihnen näher zu beschäftigen.<br />

Die Papierkrippe des Museums st<strong>am</strong>mt <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>frühen</strong> <strong>20.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>. Sie zeigt in vier<br />

Kulissenzügen gleichzeitig die Anbetung der Hirten und die Anbetung der Könige. Im<br />

Zentrum der Krippe präsentiert Maria das Jesuskind während sich Josef vornehm zurückhält<br />

und fast hinter einer Mauer des Krippenstalls verschwindet. Die Hirten schauen voller<br />

Erstaunen und Glück zum Kind, die Könige hingegen begegnen ihm <strong>dem</strong>ütig und voll innerer<br />

Einkehr. Zwei Palme verweisen das Geschehen ins Heilige Land.<br />

Der Ursprung der Papierkrippen liegt in den Bretterkrippen der Barockzeit. D<strong>am</strong>als war es<br />

üblich, dass gerade Freskanten und Theatermaler in der Winterzeit für den Adel sowie reiche<br />

Klöster und Kirchen <strong>aus</strong> bemalten Holzbrettern kulissenhaft angeordnete Weihnachtskrippen<br />

herstellten. In der Barockzeit war das Theater sehr beliebt. Das religiöse Theater sowie die<br />

theatral <strong>aus</strong>gestalteten barocken Kirchen galten als Waffe der Gegenreformation. Im 18.<br />

<strong>Jahrhundert</strong> entstanden mit <strong>dem</strong> Einzug der Krippen in die Bürgerhäuser die ersten kleineren<br />

und <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> einfacheren Material Papier hergestellten Krippen, von denen sehr wenige<br />

erhalten sind.<br />

Mit der Industrialisierung und den mit ihr einhergehenden industriellen Druckverfahren k<strong>am</strong><br />

es um 1850 zu einer Explosion der Bildmotive. Die <strong>aus</strong> einer gestanzten Chromolithografie<br />

händisch zus<strong>am</strong>mengeleimten Klappkrippen wurden populär und ermöglicht es auch den<br />

unteren Schichten eine Krippe im H<strong>aus</strong> aufzustellen. Neben den fertigen Krippen wurde auch<br />

eine Vielzahl von Ausschneidebögen, die es gerade den Kindern ermöglicht selbst eine<br />

Krippe <strong>aus</strong>zumalen, <strong>aus</strong>zuschneiden und zu modellieren, angeboten.<br />

Ab <strong>dem</strong> <strong>frühen</strong> <strong>20.</strong> <strong>Jahrhundert</strong> erreichte die Chromolithographie, der mehrfarbige<br />

Steindruck, die höchste Reife und alle Verfahren der Luxuspapierherstellung wurden auf die<br />

Krippen angewandt. In zwölf Druckvorgängen wurden die Farben aufgebracht, durch<br />

Prägung die Oberfläche strukturiert, durch Stanzung die die Umrisse her<strong>aus</strong>gearbeitet und<br />

durch Ritzung die erforderlichen Falzungen gekniffen. <strong>Eine</strong> farblose Lackschicht brachte die<br />

Oberfläche zum Glänzen und steigerte die Leuchtkraft der Farben. Fensteröffnungen wurden<br />

mit farbiger Gelatinefolie hinterklebt, Schneepartien mit Glimmer bestreut und Kronen,<br />

Heiligenscheine und wertvolle Geschenke mit Goldauflagen belegt. Besonders bei den<br />

Nazarenern, einer Künstlergruppe die sich der Erneuerung der Kunst im Sinne des<br />

Christentums verschrieben hatten, fanden die Papierkrippen Anklang. Sie verlegten das<br />

Geschehen der Heiligen Nacht in ihrer Kunst zurück in den orientalischen Raum. Ihre<br />

emotionale Hinwendung zur Religion wird in ihren Krippen ebenfalls deutlich. So gaben<br />

ihnen die Papierkrippen die Möglichkeit, die Figuren in ihrem gefühlsmäßigen Ausdruck<br />

exakt <strong>aus</strong>zugestalten. Heute begegnet uns Papierkrippe oft nur noch als dreidimensionales<br />

Postkartenmotiv oder als Ausschneidebogen für kleine Kinder.<br />

Die Vitrine der <strong>Wasserburg</strong>er Sparkasse in der Rosenheimer Straße zeigt in Original und<br />

Reprint verschiedene Etappen der Papierkrippenkunst.<br />

Das Museum präsentiert im Rahmen der kleinen Sonder<strong>aus</strong>stellung einen kleinen<br />

Krippenweg, der sich durch die gotische Wohnhalle schlängelt. Hier kann der Weg von der<br />

an die Barockkrippen angelehnten Beyerkrippe von 1870, die in drei Szenen zu sehen ist,<br />

über die Kulissen und Kleinkrippen des 19. und <strong>20.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s bis zur Papierkrippe<br />

nachvollzogen werden. Darüber hin<strong>aus</strong> warten weiter weihnachtliche Inszenierungen darauf<br />

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entdeckt zu werden. Das Museum ist zum ersten Mal über die ganze Weihnachtszeit vom<br />

26. Dezember bis zum 6. Januar 2013 dienstags bis sonntags von 13 bis 16 Uhr geöffnet.<br />

Unter <strong>dem</strong> Titel „Es weihnachtet sehr“ findet <strong>am</strong> Freitag, den 28. Dezember 2012 um 15 Uhr<br />

eine Führung durch das weihnachtlich geschmückte Museum statt. Die Führung greift die<br />

wichtigsten weihnachtlichen Bräuche auf und macht mit ihren Ursprüngen vertraut. Die<br />

Teilnehmer lernen unter anderem, wo der bayerische Paradiesbaum seine Wurzeln hat und<br />

warum an Weihnachten Barbarazweige blühen.<br />

<strong>Faltkrippe</strong>, Anfang <strong>20.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>, Chromolithographie, geprägt, gestanzt, Museum <strong>Wasserburg</strong>.<br />

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