Vision-Days 2011: - Wassermann AG
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Vision-Days 2011: - Wassermann AG
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Nachlese der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong><br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong>:<br />
Profitables Wachstum sichern
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser,<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> – dominierten im vergangenen Jahr<br />
noch die Folgen der Finanzkrise, herrschte dieses Jahr<br />
Aufbruchstimmung und die pure Freude am Optimieren,<br />
an der Lösung der vielfältigen kleinen und großen Probleme<br />
in den Wertschöpfungsketten. Mit dieser Nachlese<br />
bieten wir Ihnen die Möglichkeit, dieses<br />
faszinierende Treffen nochmals Revue passieren zu lassen.<br />
Die Vorträge zeigen die Vielfalt der Supply-Chain-<br />
Themen, unternehmen interessante Ausflüge in angrenzende<br />
Felder und bieten jede Menge Praxiserfahrungen<br />
von Kollegen, die in ihren Unternehmen zu Mutmachern<br />
für Veränderungen wurden. Jeder der Referenten hat<br />
seinen Beitrag für das diesjährige <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-<br />
Leitmotiv „Profitables Wachstum sichern“ geleistet und<br />
die mehr als 230 Besucher teilhaben lassen. Vielen<br />
Dank den Referenten.<br />
Vielen Dank aber auch an die Besucher, die mit ihren<br />
Fragen und Anregungen zu vielen intensiven Diskussionen<br />
im Saal, aber auch auf den Fluren des Kempinski<br />
Hotels am Münchner Flughafen beigetragen haben.<br />
Wohin bewegt sich das moderne Supply Chain Management?<br />
Worüber werden wir in den nächsten Jahren<br />
diskutieren? Sicher ist nur, dass die Bedeutung unserer<br />
gemeinsamen Leidenschaft nicht abnehmen wird. Dafür<br />
sorgen volatile Märkte, anspruchsvolle Kunden, internationaler<br />
Wettbewerbsdruck und knappe Ressourcen.<br />
Ein Thema, das wir aus unserer Arbeit mit vielen Unternehmen<br />
– sei es als Berater oder als Softwareanbieter<br />
– als Leitmotiv herausgehört haben, ist Komplexität.<br />
Die interessante Erkenntnis: der klassische Dreisatz<br />
„Komplexität vermeiden – reduzieren – beherrschen“<br />
wird den Anforderungen nicht mehr gerecht. Wer sich<br />
als Unternehmen differenzieren will, sollte dies zunehmend<br />
über die Individualisierung von Produkten und<br />
Dienstleistungen tun. Wenn aber Variantenreichtum zum<br />
Differenzierungsfaktor wird, dann müssen wir komplexe<br />
Supply Chains akzeptieren lernen.<br />
Fazit: Supply Chain Manager sollten bei ihren Optimierungen<br />
genau hinschauen, ob etwas angemessen<br />
komplex oder unnötig kompliziert ist.<br />
Mit den Diskussionen auf den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> wollen die<br />
<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> und der BME ein Qualitätsforum für<br />
Fachdiskussionen rund um aktuelle Themen schaffen.<br />
Schon der Wechsel in der konjunkturellen Lage zwischen<br />
2010 und <strong>2011</strong> zeigte: In jedem Jahr ist die<br />
Durchführung der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> ein ambitioniertes, komplexes<br />
Vorhaben. Es ist aber genau die Art von Komplexität,<br />
die wir auch im nächsten Jahr auf uns nehmen<br />
wollen. Wir freuen uns auf Sie.<br />
Ihr Martin Hofer und Günter F. Baumann<br />
Vorstände der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
Editorial<br />
Günter F. Baumann und Martin Hofer, Vorstände der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Editorial 3
Seite 11: Business App für mobiles<br />
Performance Monitoring:<br />
Die Business-App “exceptional”<br />
für iPhone/iPad erlaubt dem<br />
Top-Management ein schnelles<br />
Performance Monitoring anhand<br />
weniger zentraler Kennzahlen und<br />
ist ganz auf Benutzerfreundlichkeit<br />
und schnelles Agieren ausgelegt.<br />
6 - 8 Gesamtsieger des MX Award 2010:<br />
Das Meßgerätewerk Berlin - für die<br />
Kunden immer einen Schritt voraus<br />
9 - 10 Wettbewerbsfaktor Komplexität<br />
11 Business App für das<br />
mobile Performance Monitoring<br />
12 - 13 Komplexität und Flexibilität in der<br />
Supply Chain:<br />
Das Beispiel MAN Diesel & Turbo Schweiz<br />
14 - 16 Der Weg zu Operational Excellence in<br />
volatilen Märkten bei der Miba Gleitlager<br />
Seite 12: Komplexität und Flexibilität<br />
bei MAN Diesel & Turbo:<br />
Tailormade Engineering –<br />
globales Sourcing –<br />
komplexe Herstellungsprozesse –<br />
Anlagen, die aufgrund von Größe<br />
und Gewicht auf mehrere Spezialtransporte<br />
verteilt werden müssen<br />
– das ist der Alltag bei der MAN<br />
Diesel & Turbo Schweiz <strong>AG</strong> in<br />
Zürich.<br />
Seite 14: Operational Excellence<br />
bei Miba Gleitlager:<br />
Nur wenige Unternehmen haben<br />
die Krise so erfolgreich als<br />
Chance genutzt wie die Miba<br />
Gruppe. Als neben den steigenden<br />
Kundenanforderungen und hohen<br />
Materialbeständen auch noch die<br />
Folgen der Finanzkrise spürbar<br />
waren, stellte die Miba ihre Wertschöpfungskette<br />
auf den Prüfstand<br />
und fand Potenzial für viele Verbesserungen.<br />
17 - 18 Wachstumspotenziale durch den richtigen<br />
Grad der Prozessstandardisierung:<br />
Das Beispiel Walter Meier <strong>AG</strong><br />
19 - 21 Effektive Steuerung der Versorgungs- und<br />
Planungssicherheit bei volatiler Nachfrage<br />
bei Rohde & Schwarz<br />
22 - 24 Simulationsbasierte Gestaltung einer zeitund<br />
kostenoptimierten Supply Chain bei<br />
Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
Seite 22: Gestaltung einer zeitund<br />
kostenoptimierten Supply<br />
Chain bei Carl Zeiss <strong>Vision</strong>:<br />
150 Millionen Brillengläser pro<br />
Jahr an fünf Massenfertigungsstandorten<br />
und 65 Standorten für<br />
die Rezeptfertigung: Die extreme<br />
Variantenvielfalt, parallel existierende<br />
Make-to-Stock- und Maketo-Order-Prozesse,<br />
heterogene<br />
IT-Systeme und komplexe Warenflüsse<br />
erzeugten den Wunsch nach<br />
mehr Übersicht und Planbarkeit.<br />
25 - 26 Absicherungskonzepte beim Einkauf von<br />
elektronischen Bauteilen:<br />
Das Beispiel Jumo<br />
27 - 29 Lean im Sondermaschinenbau:<br />
Wilhelm Bahmüller Maschinenbau<br />
30 - 31 Wege zu Operational Excellence in der<br />
Luft- und Raumfahrt: MT Aerospace <strong>AG</strong><br />
32 - 33 Bildergalerie der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong><br />
Seite 30: Operational Excellence<br />
in der Luft- und Raumfahrt:<br />
Zunehmender Kostendruck und<br />
Kapazitätsengpässe veranlassten<br />
die MT Aerospace <strong>AG</strong> zur<br />
Optimierung ihrer Supply-Chain-<br />
Planung.<br />
Seite 38: SCM in Zeiten des<br />
Umbruchs:<br />
Der Gesetzgeber beendet das Leben<br />
der klassischen Glühbirne in den<br />
Ländern der europäischen Union.<br />
Das stellt OSRAM vor große Herausforderungen.<br />
Die Supply Chain<br />
muss sich auf technologisch neuartige<br />
Produkte mit neuen Lebenszyklen,<br />
neue Vorerzeugnislieferanten<br />
und ein verändertes, aber unvorhersehbares<br />
Kaufverhalten der Konsumenten<br />
einstellen.<br />
34 - 35 Firmen- und Standortübergreifende<br />
SCM-Lösung im Werkzeugbau:<br />
Das Beispiel GPN GmbH<br />
36 - 37 Schneller, besser, komfortabler:<br />
Neue way-Releases<br />
38 - 39 Osram schafft den Wandel von der<br />
Glühbirne zum High-Tech-Produkt<br />
40 - 42 Das Günter-Prinzip: So motivieren Sie<br />
Ihren inneren Schweinehund!<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Inhalt 5
Arbeiten im Kundentakt<br />
Bereits der Eröffnungsvortrag der <strong>Vision</strong>-<br />
<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> präsentierte ein Highlight: Als<br />
Gesamtsieger des Manufacturing Excellence<br />
Awards 2010 stellte sich das Siemens Meßgerätewerk<br />
Berlin (MWB) vor.<br />
Wolfgang Will, Leiter des ausgezeichneten<br />
Werks, zeigte auf, wie sich das Berliner Traditionsunternehmen<br />
mit Insourcing und Einführung<br />
eines neuen Produktionssystems auf<br />
Erfolgskurs hält – statt sich auf seinen Erfolgen<br />
als Marktführer auszuruhen.<br />
CPU-Zelle - die Innovation für die manuelle Restbestückung bei Baugruppen. Foto: Meßgerätewerk Berlin<br />
Wolfgang Will,<br />
Vice President<br />
Manufacturing,<br />
Siemens <strong>AG</strong><br />
Im Siemens Meßgerätewerk Berlin<br />
(MWB) entwickeln und produzieren<br />
über 1.000 Mitarbeiter Produkte für<br />
Schutz- und Stationsleittechnik, Power-<br />
Quality-Geräte für die Erfassung und Registrierung<br />
der Netzqualität und Produkte<br />
für Kommunikationslösungen, die die Übertragung<br />
von Schutzsignalen, Fernwirksignalen, Daten und<br />
Sprache über Hochspannungsübertragungsleitungen für<br />
Energieversorger und Kraftwerksbetreiber ermöglichen.<br />
Einführend skizzierte Wolfgang Will den Zuhörern die<br />
Rahmenbedingungen für die Supply Chain. Die Produkte<br />
des MWB sind allesamt sehr langlebig und der Absatzmarkt<br />
ist kaum größeren Schwankungen unterworfen –<br />
„selbst die Finanzkrise hat uns beispielsweise wenig beeindruckt“.<br />
Den Kontrast dazu bildet die Beschaffungsseite<br />
mit ihren schnelllebigen Märkten für Elektronikkomponenten.<br />
Bei manchen Bauelementen belaufen sich die Bestellzeiten<br />
auf über 15 Monate.<br />
Die Beschaffungszyklen erfordern eine enge Zusammenarbeit<br />
von Produktion und Entwicklung. Die Verfügbarkeit<br />
von Komponenten muss bereits frühzeitig bedacht werden.<br />
Siemens-Manager Wolfgang Will nannte ein Beispiel: „So<br />
kann es sein, dass ein Entwickler ein günstiges Bauelement<br />
verwenden will. Der Einkauf findet aber heraus, dass sich<br />
dieses bereits am Ende seines Lifecycles befindet. In diesem<br />
Falle wird lieber die Komponente gewählt, die voraussichtlich<br />
noch länger auf dem Markt ist.“<br />
Logistik kaufentscheidend<br />
Im Markt für die Automation in der Energieversorgung hat<br />
Logistik eine extrem große Bedeutung. Da die Geräte und<br />
Anlagen unverzichtbare Bestandteile von Kraftwerken und<br />
Infrastruktur sind, müssen alle Geräte punktgenau und<br />
komplett angeliefert werden, um Projektverzögerungen und<br />
Vertragsstrafen zu vermeiden. Die weltweite Auftragsbearbeitung<br />
wird daher zentral von Berlin aus abgewickelt, um<br />
auch bei Zulieferungen die Komplettlieferung aus einer<br />
Hand zu gewährleisten.<br />
Der Verbesserung der Logistik hatte sich der Gesamtsieger<br />
des Manufacturing Excellence Awards bereits im Jahr 2000<br />
gewidmet. Eine der Konsequenzen: Insourcing. Wolfgang<br />
Will begründete: „Wir positionieren uns als Qualitätshersteller.<br />
Die nachlassende Qualität vieler zugekaufter Komponenten<br />
und der hohe Aufwand in der Eingangskontrolle<br />
hat Siemens dazu gebracht, die eigene Fertigungstiefe zu<br />
erhöhen.“<br />
Mit seinen weiteren Ausführungen überraschte Wolfgang<br />
Will dann das Publikum. „Die Änderungen, die 2010 zur<br />
Auszeichnung mit dem MX-Award führten, haben wir<br />
2007 eingeleitet. In diesem Jahr war die wirtschaftliche<br />
Lage hervorragend. Die Werte bei der Kundenzufrieden-<br />
heit erreichten dank verbesserter Logistik und<br />
Qualität neue Rekordwerte, seit 2005 hatten<br />
wir uns als Marktführer etabliert und die Ergebnisbeiträge<br />
an den Konzern waren glänzend“, so der<br />
Manager. „Aber: Man darf sich nicht ausruhen. Raum für<br />
Verbesserungen gibt es auch bei guten Ergebnissen, und<br />
Veränderungen halten auf Trab.“ Und tatsächlich wurde<br />
man bei der Suche nach Potenzialen fündig: Die Durchlaufzeiten<br />
stagnierten, die Produktivität stieg nur noch langsam<br />
und es mangelte am Standort schlicht an Platz für<br />
weiteres Wachstum.<br />
Revolutionäre Zellen<br />
Das MWB entschloss sich daher zur Einführung des Siemens<br />
Production Systems (SPS). „Im Zentrum steht dabei<br />
die streng auftragsorientierte Taktung der Produktion über<br />
einen konsequenten One-Piece-Flow“, erläuterte Wolfgang<br />
Will. So stellte das MWB die manuelle Bestückung und<br />
Gerätemontage auf kleine Teams in SPS-Zellen um. Die<br />
Zellen werden je nach Bedarf mit einem bis fünf Mitarbeitern<br />
besetzt und von außen auf optimierten Wegen und über<br />
Kanban-Systeme im Pull-Prinzip mit Material versorgt. Die<br />
Produktion ist auf diese Weise „lean“ auf die Aufträge getaktet,<br />
es wird kein ressourcenbindender Bestand mehr produziert.<br />
Auch in der Flachbaugruppenproduktion wurden Optimierungspotenziale<br />
identifiziert. Die Analyse zeigte, dass das<br />
Portfolio sich in einige Rennerprodukte und viele Spezialprodukte<br />
mit kleineren Losgrößen aufteilen ließ. Heute<br />
folgt die Produktion dieser Aufteilung und ist in eine<br />
„Powerline“ und eine „Flexline“ segmentiert. Die festgerüstete<br />
Powerline bestückt hocheffizient 55 Rennerprodukte,<br />
die allein mehr als 55 Prozent des Volumens<br />
ausmachen. In der Flexline mit variabler Rüstung werden<br />
weitere 496 Flachbaugruppen in kleinen Losen gefertigt.<br />
Wertstromanalyse<br />
Über eine Wertstromanalyse wurden die aus der Sicht des<br />
Kunden nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten minimiert.<br />
Dazu wurden Prozesse ausgewählt und abgegrenzt, Ziele<br />
bestimmt und Prioritäten gesetzt und die Tätigkeiten wurden<br />
in Wertschöpfung, Stützleistung und Verschwendung<br />
kategorisiert. Prozessstörungen wurden hinterfragt und<br />
zeitliche oder fachliche Engpässe analysiert. Die Neugestaltung<br />
und Verbesserung des Wertstroms mündete in<br />
einen Maßnahmenplan. Wolfgang Will fasste zusammen:<br />
„Um eine Nachhaltigkeit der Maßnahmen sicherzustellen,<br />
haben wir Kennzahlen abgeleitet, anhand derer sich die<br />
Wirksamkeit kontrollieren lässt. Inzwischen analysieren<br />
wir im MWB auch die Büroarbeit und optimieren über die<br />
Wertstromanalyse auch Auftragsabwicklung, Disposition,<br />
Retouren-Bearbeitung oder Exportdokumentation.“<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Wolfgang Will, Siemens <strong>AG</strong> 7
Change Management<br />
Viel Raum im Vortrag widmete Wolfgang Will den Maßnahmen<br />
zur Einbindung der Mitarbeiter – „weil dies als<br />
Fundament der Verbesserungen wichtig ist“. Beeindruckt<br />
zeigte sich das <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Forum vom Vorgehen bei der<br />
Arbeitsplatzgestaltung. Die SPS-Zellen wurden von den<br />
Mitarbeitern selbst entworfen und gebaut. Die intensive Beschäftigung<br />
mit den eigenen Tätigkeiten und deren Optimierung<br />
führte zu praxisgerechten ergonomischen<br />
Arbeitsplätzen, die – lediglich durch Beratung begleitet –<br />
als eigene Leistung gesehen werden und zu einer hohen<br />
Identifikation mit den Optimierungen führen.<br />
Umfangreiche Kommunikationsmaßnahmen begleiteten<br />
die SPS-Einführung. Mitarbeiter und Betriebsrat waren von<br />
Anfang an mit eingebunden. Informationsveranstaltungen,<br />
Infowände und Newsletter unterstützten die Umstellungen.<br />
Ein Schulungskonzept verankerte „lean thinking“ in der gesamten<br />
Belegschaft. Das Spektrum der Themen spannte<br />
sich von Zellengestaltung, Wertstromanalyse, Kanban und<br />
kontinuierlichen Verbesserungsprozessen (KVP) bis hin zur<br />
visuellen Transparenz, Rüstzeitoptimierung, Instandhaltung<br />
und Low-Cost-Automatisierung. Noch vor wenigen Jahren<br />
verstand man unter „lean thinking“ die Streichung von Organisationsebenen.<br />
„Wir haben aber mit viel Erfolg eine<br />
neue Ebene, die Teamleiter, eingeführt, um den kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess zu verankern“, berichtete<br />
Will darüber, wie das Aufspüren von Verschwendungen zur<br />
Teamaufgabe gemacht wurde.<br />
Durchlaufzeiten massiv reduziert<br />
Nicht ohne Stolz fasste MX-Award Gewinner Wolfgang<br />
Will dann die Erfolge seiner Teams zusammen: Mitarbeiterbefragungen<br />
zeigen eine deutlich gewachsene Identifikation<br />
mit dem Unternehmen und eine hohe Zufriedenheit.<br />
Zu Recht, denn das MWB erreichte über diese Maßnahmen<br />
von 2008 bis 2010 eine Reduktion der Durchlaufzeiten in<br />
der Baugruppenproduktion um 42 Prozent und in der Geräteproduktion<br />
um 73 Prozent. Die Fertigungsfläche konnte<br />
dabei um 35 Prozent reduziert werden, sodass nun der Weg<br />
für neue Produkte und damit für eine weitere Umsatzsteigerung<br />
frei war. Ein würdiger Gewinner des MX-Awards,<br />
der sich selbst die Möglichkeiten und den Raum für weiteres<br />
Wachstum geschaffen hat. <br />
Neugestaltung der Baugruppen-Produktion in Powerline (Rennerlinie) und Flexlinie (variable Linie). Foto: Meßgerätewerk Berlin<br />
Komplexität als<br />
Wettbewerbsfaktor<br />
Günter F. Baumann, Vorstand,<br />
<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
Problem, Hürde, unkontrollierbar – Komplexität wird von den meisten Menschen mit negativen<br />
Begriffen assoziiert. Gerade im Bereich SCM versuchen viele Unternehmen, Komplexität<br />
aktiv zu reduzieren. Günter Baumann, Vorstand der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong>, wagte in seinem Vortrag<br />
eine andere Perspektive und rief seine Zuhörer im <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Forum dazu auf, Komplexität<br />
als differenzierenden Wettbewerbsvorteil zu sehen und zu nutzen – nicht ohne Wirkung.<br />
„Alle mal bitte aufstehen, mit der rechten Hand leicht auf<br />
den Kopf schlagen, die linke Hand vor dem Bauch kreisen<br />
und den rechten Fuß anheben und entgegengesetzt ein Viereck<br />
beschreiben“, amüsanter hätte <strong>Wassermann</strong>-Vorstand<br />
Günter Baumann nicht in das Thema Komplexität einführen<br />
können. Und schon beim Blick in das jetzt mit vielen<br />
schwankenden Besuchern gefüllte Auditorium wurde<br />
jedem der Anwesenden deutlich: Einige beherrschen Komplexität,<br />
andere weniger.<br />
Derart aufgelockert leitete Günter Baumann seine Zuhörer<br />
schnell zum klassischen „Dreisatz“ der Komplexität: ver-<br />
meiden – reduzieren – beherrschen. „Viele Supply Chain<br />
Manager vermeiden Komplexität. Wo das nicht möglich<br />
ist, wird Komplexität so weit wie möglich reduziert. Und<br />
was dann übrig bleibt, versuchen wir zu beherrschen – so<br />
gut es eben geht“, so Günter Baumann. Aber er gab zu bedenken:<br />
„In letzter Konsequenz droht damit eine andere<br />
Falle: Weil das auch die Wettbewerber tun, werden wir es<br />
schwer haben, uns durch den wichtigen Faktor Prozesse<br />
vom Wettbewerb abzuheben. Als letzter Unterschied bleibt<br />
dann nur der Preis und damit beginnt der ruinöse Wettbewerb<br />
bei den Kosten. Wenn wir stattdessen bewusst die<br />
Komplexität in der Supply Chain annehmen und lernen,<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Günter Baumann, <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> 9
damit umzugehen, können wir hier differenzierende Wettbewerbsvorteile<br />
entwickeln.“<br />
Kundennutzen statt strikter Komplexitätsreduktion und<br />
Austauschbarkeit, so müsse das Credo lauten. Die neuen<br />
technischen Möglichkeiten der Vernetzung von Dingen und<br />
Menschen machen dabei eine aktive Beteiligung der Kunden<br />
möglich. Unternehmen können ohne große Kosten direkt<br />
mit einzelnen Kunden kommunizieren, gleichzeitig<br />
können einzelne Kunden über soziale Netzwerke sehr<br />
schnell die Aufmerksamkeit anderer Kunden gewinnen.<br />
Die heute in allen Bereichen verfügbaren Datenmengen<br />
sollten nicht als Komplexitätstreiber, sondern als Differenzierungsmerkmal<br />
genutzt werden. „Darin liegen für gute<br />
Unternehmen riesige Chancen“, so der <strong>Wassermann</strong>-Vorstand.<br />
Komplex oder nur kompliziert?<br />
Komplex und kompliziert sind zwei unterschiedliche Dimensionen<br />
und müssen demnach unterschiedlich behandelt<br />
werden. Keep it simple – den komplizierten Auswahlprozess<br />
bei der Anschaffung eines PDAs können oder müssen<br />
wir beispielsweise über eine analytische Herangehensweise<br />
und eine Fokussierung auf die funktionalen Aspekte vereinfachen.<br />
Wie sich dagegen Komplexität als Chance nutzen lässt,<br />
zeigte Günter Baumann an einem Beispiel aus dem Massachusetts<br />
Institute of Technology (MIT). In dem vom <strong>Wassermann</strong>-Vorstand<br />
eingespielten Video bedient ein Entwickler<br />
einen tragbaren Computer komplett über Gesten,<br />
zieht Fenster mit Handbewegungen auf, kann „Bildschirm“-Inhalte<br />
auf jeder beliebigen Fläche projizieren und<br />
manipulieren, macht Fotos, in dem er mit den Fingern einen<br />
Bilderrahmen formt und lässt sich beim Einkauf im Supermarkt<br />
durch ein Scannen des Barcodes anzeigen, ob ein<br />
Produkt dem von ihm angelegten Wunschprofil entspricht.<br />
Richtig angenommen, eröffnet Komplexität also Chancen<br />
für Innovationen und Differenzierung. Das gilt laut Günter<br />
Baumann auch für die Supply Chain. Kunden, Auftragsstrukturen,<br />
Marktdynamiken, IT-Systeme, Lieferanten,<br />
Standorte, Varianten – all diese Treiber lassen die Komplexität<br />
der Supply Chain wachsen. „Gleichzeitig aber hilft<br />
uns die Technologie, diese Komplexität besser zu beherrschen.<br />
Als Manager müssen wir immer schneller entscheiden,<br />
dafür können wir neue Technologien nutzen“, führte<br />
Günter Baumann aus – und bat dann Produktmanager Dr.<br />
Jörg Dickersbach auf die Bühne, um die neueste Entwicklung<br />
der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> live zu präsentieren: Die<br />
Smartphone-App <strong>Wassermann</strong> Exceptional.<br />
Aktuelle, übersichtliche Informationen<br />
„Als Basis, um mobil fernab des Unternehmens Entscheidungen<br />
treffen zu können, brauche ich aktuelle Informationen,<br />
die mir zudem übersichtlich präsentiert werden“, so<br />
Dickersbach. <strong>Wassermann</strong> Exceptional bringt dafür die<br />
Kennzahlen der Supply Chain ganz übersichtlich – bis hin<br />
zur einfachen Darstellung als Wetterbild – auf das<br />
Smartphone. Bei Bedarf kann schnell detailliert werden.<br />
Aber: „Nur so weit, wie das auf dem Smartphone sinnvoll<br />
ist. Zuletzt zeigen wir die Kontaktdaten der verantwortlichen<br />
Mitarbeiter an.“ Modernste Technologien, das persönliche<br />
Netzwerk und die Kompetenzen im Team werden<br />
genutzt, um identifizierte Probleme zu lösen – immer auf<br />
Basis zeitnaher Informationen. Und die Reaktion im Publikum<br />
zeigte: Viele der anwesenden Supply Chain Manager<br />
bestätigten dieser App nicht nur einen hohen Nutzen,<br />
sondern auch ein „cooles, außergewöhnliches“ Design.<br />
<strong>Wassermann</strong> und die Hochschule München: Studie<br />
zur Komplexität in der Supply Chain<br />
Abschließend hatte <strong>Wassermann</strong>-Vorstand Günter Baumann<br />
aber noch mehr zu bieten: „Die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
sieht das Thema Komplexitätsmanagement als strategisch<br />
entscheidend an und hat deshalb mit der Fachhochschule<br />
München und dem BME eine Studie zum Komplexitätsmanagement<br />
in der Supply Chain initiiert.“ Nach der Vorstellung<br />
des Studiendesigns rief Baumann die<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Teilnehmer auf: „Nehmen Sie an der Befragung<br />
teil. Das Thema Komplexitätsmanagement, Flexibilität<br />
und Transparenz der Supply Chain wird uns alle<br />
begleiten – und bietet gerade Unternehmen in Deutschland<br />
die Chance, sich erfolgreich zu differenzieren.“ <br />
SCM-STUDIE <strong>2011</strong>:<br />
KOMPLEXITÄT ALS CHANCE<br />
„Wir wollen untersuchen, wie Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch eine frühzeitige<br />
Akzeptanz und den konsequenten Einsatz der Supply-Chain-Komplexität nutzen<br />
können oder inwieweit sie dies bereits tun“, umriss Prof. Dr. Andrè Krischke,<br />
Professor für Logistikmanagement an der Hochschule für angewandte Wissenschaften<br />
in München, das Ziel der aktuellen SCM-Studie. Initiiert wurde diese von<br />
der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> und dem BME. Ermittelt werden soll auch, wie Unternehmen<br />
in der Planung alternative Zukünfte und damit die externe Komplexität besser berücksichtigen<br />
können. Welche Rolle spielen dabei Führungskultur, Ressourcenflexibilität<br />
und Komplexitätsvorschau?<br />
Neben Kompaktbefragungen mit kurzen Fragebögen werden vertiefende Fokus-<br />
Interviews mit Supply Chain Managern und ein Workshop im Rahmen der BME-<br />
Expertengruppe Supply Chain Manager als methodische Ansätze genutzt. Die<br />
Studienergebnisse werden Anfang Juli <strong>2011</strong> veröffentlicht. Weitere Informationen<br />
finden Sie online unter: www.wassermann.de<br />
BusinessApp für das mobile<br />
Performance Monitoring<br />
Die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> bietet eine innovative Business-Intelligence-(BI)Lösung für das<br />
Performance Monitoring und dazu passend eine mobile Darstellung der Kennzahlen<br />
mittels iPhone App. Mitglieder der Geschäftsleitung von Unternehmen können damit<br />
jederzeit über aktuelle Dashboards die wirtschaftlichen Kennzahlen ihrer Business-<br />
Sparten ablesen. Auf den ersten Blick werden dem Manager Unternehmenszustände<br />
über verschiedene Wetterereignisse visualisiert. Basis der<br />
raffinierten App ist eine vollständig in SAP integrierte Lösung.<br />
Um Managern einen schnellen Überblick<br />
über die Vorgänge im Unternehmen zu<br />
geben, hat die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> eine Lösung<br />
entwickelt, die die wirtschaftlichen Kennzahlen<br />
aus verschiedenen Datenquellen,<br />
z. B. SAP oder anderen datenführenden Systemen<br />
generiert. Diese Informationen werden<br />
übersichtlich und aussagekräftig als<br />
Dashboards u. a. in einer iPhone- und iPad-<br />
App aufbereitet und sind somit in Echtzeit<br />
überall verfügbar: Ausnahmesituationen inklusive<br />
Handlungsoptionen werden aufgezeigt,<br />
Prognosen erstellt. „Unsere <strong>Wassermann</strong><br />
Business App gibt aussagekräftige<br />
Kennzahlen übersichtlich in Echtzeit wieder,<br />
erstellt Prognosen und weist auf Pro-<br />
Die Business-Intelligence-Architektur: Kennzahlen werden aus verschiedenen Datenquellen (SAP,<br />
andere ERP-Systeme oder Excel) generiert und als Standard Reports, Ad-hoc-Analysen oder als<br />
Dashboards in einer iPhone App aufbereitet.<br />
Auf den ersten Blick werden dem<br />
Manager Unternehmenszustände<br />
über verschiedene Wetterereignisse<br />
visualisiert.<br />
Gottfried Egger, Senior Vice President,<br />
<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
blemfelder hin.“, erläutert<br />
Gottfried Egger, LeiterInformationstechnologie<br />
der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Auf den ersten Blick werden dem Manager<br />
Unternehmenszustände über verschiedene<br />
Wetterereignisse visualisiert. Herrschen<br />
„Blitz und Donner“, gelangt der Nutzer mit<br />
wenigen Klicks zu den Basisdaten (Drilldown)<br />
und kann so im Detail bestimmte,<br />
unternehmenskritische Kennzahlen aus den<br />
Bereichen Finance, Produktion und Logistik<br />
einsehen. Diese Informationen<br />
aus den Niederlassungen<br />
oder Geschäftsbereichen helfen<br />
ihm in dieser Ausnahmesituation<br />
weiter. Die BI-Lösung nennt die<br />
verantwortlichen Mitarbeiter und erleichtert<br />
durch editierbare Standard-Mails die Kommunikation<br />
mit den jeweiligen Ansprechpartnern.<br />
Vergleiche mit Vorjahreszahlen, Planzahlen<br />
und Benchmarks sind grafisch aufgearbeitet<br />
und ermöglichen so den strategischen<br />
Gesamtüberblick.<br />
Sprechen Sie mit uns über Ihr<br />
individuelles Kennzahlen-Portfolio!<br />
Die <strong>Wassermann</strong> Business App gibt<br />
aussagekräftige Unternehmenskennzahlen<br />
in Echtzeit wieder, erstellt Prognosen und<br />
weist auf Problemfelder hin.<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Gottfried Egger, <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> 11
Keine Flexibilität ohne Transparenz<br />
Impressionen aus dem Turbomaschinenbau: Isotherm-Kompressor (Volumenströme bis zu 660.000 m3/h). Foto: MAN Diesel & Turbo Schweiz <strong>AG</strong><br />
Tailormade Engineering – globales Sourcing – komplexe Herstellungsprozesse – Anlagen,<br />
die aufgrund von Größe und Gewicht auf mehrere Spezialtransporte verteilt werden müssen<br />
– das ist der Alltag bei der MAN Diesel & Turbo Schweiz <strong>AG</strong> in Zürich. Doch bei<br />
den Kunden aus der Industrie und dem Öl- und Gasgeschäft steigen die Anforderungen<br />
weiter. Im Projekt SCOUT implementierte das Traditionsunternehmen<br />
die Software wayRTS von <strong>Wassermann</strong> und erhöht damit die<br />
Effizienz von der Angebotsphase bis in die Versandabwicklung hinein.<br />
Olivier Borgeaud, Head of Supply Chain Management<br />
bei der MAN Diesel & Turbo Schweiz <strong>AG</strong> in Zürich,<br />
benötigte nur ein paar Bilder von industriellen Anlagen<br />
aus dem Öl- und Gasgeschäft, um die Zuhörer auf den<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> von den Spezialkompetenzen des Traditionsunternehmens<br />
zu überzeugen. „Nehmen Sie einfach<br />
nur aus einer von MAN hergestellten Gesamtanlage<br />
einen Kompressor für die Gasförderung. Nicht nur, dass<br />
dieses Aggregat in die Gesamtanlage eingepasst werden<br />
muss, auch die Radialräder müssen exakt auf die molekularen<br />
Eigenschaften des zu fördernden Gases konstruiert<br />
werden“, erläuterte Olivier Borgeaud.<br />
Doch damit der Besonderheiten nicht genug:<br />
„Offen gesagt, die Weltwirtschaftskrise hat uns<br />
eine Verschnaufpause verschafft. Durch Highspeed-<br />
Kompressoren und andere technische Innovationen in<br />
unseren Produkten hatten wir zuvor in wenigen Jahren<br />
das Auftragsvolumen massiv gesteigert. Mit der krisenbedingten<br />
Verlangsamung des Wachstums bot sich uns<br />
die Chance, bei Organisation und Tools die Voraussetzungen<br />
für weiteres Wachstum zu schaffen und gleichzeitig<br />
die Effizienz zu steigern“, berichtete der<br />
MAN-Manager den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Zuhörern in kollegialer<br />
Offenheit.<br />
Olivier Borgeaud,<br />
Head of Supply Chain<br />
Management,<br />
MAN Diesel & Turbo<br />
Schweiz <strong>AG</strong><br />
Von der Engineeringphase bis zur Lieferung<br />
Gemeinsam mit den Experten der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> rief<br />
man das SCOUT-Projekt ins Leben: Supply-Chain-<br />
Optimierung und Transparenz. Dabei waren einige Besonderheiten<br />
des Spezialmaschinenbauers zu berücksichtigen.<br />
„Neben dem Vorlauf für die Beschaffung und<br />
verschiedenen, komplexen Produktionsverfahren belegt<br />
die Engineeringphase einen bedeutenden Anteil der<br />
Durchlaufzeit des Gesamtprojektes“, erläuterte Olivier<br />
Borgeaud.<br />
Bereits zu Beginn der Engineeringphase werden produktionsrelevante,<br />
kritische Ressourcen wie Prüfstände<br />
und Montageplätze belegt. Zusätzlich erschweren bei<br />
einzelnen Komponenten lange Beschaffungszeiten die<br />
Arbeit – „sechs Monate für den Schmiederohling eines<br />
großen Kompressorgehäuses sind keine Seltenheit“.<br />
Auch Aufbau, Test und Abnahme der Anlage durch den<br />
Kunden im Werk Zürich müssen genau geplant werden,<br />
bevor die tonnenschweren, hochkomplexen Anlagen<br />
wieder zerlegt und zum Einsatzort transportiert werden.<br />
„Ohne Transparenz über die gesamte Supply Chain gibt<br />
es weder eine ausreichend hohe Produktivität noch die<br />
von unseren Kunden geforderte Flexibilität“, beschrieb<br />
Olivier Borgeaud sein Credo. Im Projekt ging man<br />
daher die komplette Wertschöpfungskette vom Sourcing<br />
über die Produktion bis zur Logistik durch. Neben Projekten<br />
zur Auditierung von Lieferanten oder für eine optimierte<br />
Auswahl von Transportdienstleistern stand die<br />
Implementierung der <strong>Wassermann</strong>-Software wayRTS<br />
im Mittelpunkt.<br />
Schnittstelle zu SAP<br />
Die Software wayRTS wurde dabei über die Schnittstelle<br />
wayConnect an das SAP-System des Maschinenbauers<br />
angeschlossen, wobei Stammdaten weiterhin in<br />
SAP gepflegt werden.<br />
In wayRTS geschieht dann die detaillierte Supply-<br />
Chain-Planung (Termin- & Ressourcenplanung für den<br />
Gesamtprozess). „Das neue Tool bietet uns stark verbesserte<br />
Transparenz über unsere Aufträge, Ressourcen<br />
und Belastungen. Um die Vorteile aus dieser Transparenz<br />
ziehen zu können, haben wir im Order Processing<br />
auf eine zentrale Planungsabteilung umgestellt“, beschrieb<br />
Olivier Borgeaud das neue Zusammenspiel von<br />
Organisation und Systemlandschaft. In enger Zusammenarbeit<br />
mit allen Bereichen wurden Abläufe, Spielregeln<br />
und deren Umsetzung in das Tagesgeschäft neu<br />
definiert. Die Veränderungen wurden offen kommuniziert,<br />
denn letztlich waren fast alle 800 Mitarbeiter am<br />
Standort Zürich von der Vereinheitlichung des Planungsprozesses<br />
und den damit einhergehenden Verän-<br />
derungen betroffen. Das Ergebnis kann sich<br />
sehen lassen: „Die übergeordnete Prozesssicht<br />
hat das abteilungsbezogene Denken abgelöst.“<br />
Inklusive Bid Planning<br />
Weitere Vorteile ergeben sich in der Angebotsphase:<br />
Hier arbeitet spiegelbildlich zum Order-Processing-<br />
Team eine Bid-Planning-Gruppe. Schon diese Gruppe<br />
nutzt die <strong>Wassermann</strong> Software wayRTS für ihre Arbeit<br />
und kann so mögliche Belastungen aus kommenden<br />
Aufträgen in Szenarien abbilden und als Führungsinstrument<br />
nutzen. Mit diesen Szenarien kann das Unternehmen<br />
über eine strategisch-taktische Kapazitäts- und<br />
Terminplanung frühzeitige Handlungsschwerpunkte erkennen<br />
und mögliche Maßnahmen vorbereiten. MAN<br />
gewinnt deutlich an Reaktionszeit, um drohende Engpässe<br />
oder Überlastungen durch entsprechende planerische<br />
Maßnahmen im Vorfeld zu beseitigen. Mit SCOUT<br />
und wayRTS wurden damit die Schnittstellen zwischen<br />
den unterschiedlichen Planungsebenen und den einzelnen<br />
Abteilungen optimiert.<br />
Was verspricht man sich bei der MAN Diesel & Turbo<br />
Schweiz <strong>AG</strong> von standardisierten Planungsprozessen<br />
und der weiteren Arbeit mit wayRTS? Erklärtes Ziel ist<br />
es, Kapazitätsengpässe vorausschauend zu erkennen<br />
und frühzeitig Maßnahmen einzuleiten, um diese zu<br />
verhindern. Ganz wesentlich war, bereits ab dem effektiv<br />
erteilten Projektauftrag jederzeit den kritischen Pfad<br />
zu kennen und diesen auch beeinflussen zu können.<br />
Dazu kann erstmals nicht nur auf ein kurzfristiges, operatives<br />
Planungsbild zurückgegriffen werden, sondern<br />
zusätzlich wird auch eine strategische Bedarfsplanung<br />
über Szenarien aus dem Bid-Planning-Team möglich.<br />
„Insgesamt wollen wir in Zürich die Durchlaufzeiten<br />
weiter signifikant reduzieren, was bei Großanlagen ein<br />
bis zwei Monate bedeuten kann. Gleichzeitig wollen wir<br />
den Planungsaufwand und die Bestandskosten senken“,<br />
erläuterte Olivier Borgeaud weitere Details auf Nachfrage<br />
aus dem Publikum. Anders gesagt: MAN Diesel<br />
& Turbo Schweiz <strong>AG</strong> hat sich mit SCOUT eine wichtige<br />
Voraussetzung erarbeitet, um die für die Zukunft erwarteten<br />
Wachstumsraten ebenso effizient wie termintreu<br />
bewältigen zu können. <br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Olivier Borgeaud, MAN Diesel & Turbo Schweiz <strong>AG</strong> 13
Im Mittelpunkt des Operational-Excellence-Ansatzes steht die gesamte Wertschöpfungskette: Produktstruktur, Organisation, Prozesse wie das Entgraten und<br />
IT-Systeme werden so gestaltet, dass der Wertschöpfungsprozess optimal funktionieren kann. Foto: Miba Gleitlager GmbH<br />
Lean im Gesamtprozess<br />
Nur wenige Unternehmen haben die Krise so erfolgreich als Chance genutzt wie die Miba<br />
Gruppe. Als neben den steigenden Kundenanforderungen und hohen Materialbeständen auch<br />
noch die Folgen der Finanzkrise spürbar waren, stellte die Miba ihre Wertschöpfungskette<br />
auf den Prüfstand und fand Potenzial für viele Verbesserungen.<br />
Der Mut zur konsequenten Umsetzung hat das Unternehmen gestärkt.<br />
Gleitlager für die Motoren in Schiffen, Lokomotiven,<br />
Kraftwerken oder Bau- und Transportfahrzeugen waren<br />
lange ein grundsolides Geschäft. Doch auch für führende<br />
Unternehmen wie die österreichische Miba ist<br />
hier der Markt unberechenbarer geworden – die Anforderungen<br />
an die Flexibilität haben sich erhöht. „Der<br />
Weg zu Operational Excellence in volatilen Märkten“<br />
hieß daher der Vortrag von Matthias J. Gattinger, Supply<br />
Chain Manager bei der Miba Gleitlager GmbH.<br />
Das Familienunternehmen mit Hauptsitz in<br />
Laakirchen, Oberösterreich, beschäftigt weltweit<br />
3.200 Mitarbeiter an 18 Produktionsstandorten.<br />
Als Partner der Motoren- und Fahrzeugindustrie<br />
liefert das Unternehmen Gleitlager, Sinterformteile,<br />
Reibbeläge, Beschichtungen und Leistungselektronik-<br />
Komponenten. Das Projekt mit dem Titel „Order-to-<br />
Cash“ (OTC), das Matthias Gattinger auf den<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> vorstellte, betraf die Miba Gleitlager<br />
Matthias J. Gattinger,<br />
Supply Chain Manager,<br />
Miba Gleitlager GmbH<br />
GmbH am Firmenstammsitz und beschäftigte sich mit<br />
der Optimierung des Auftragserfüllungsprozesses. „Das<br />
rasche Wachstum der vergangenen Jahre und die zunehmend<br />
volatilen Märkte hatten Mängel in der Planungsmethodik<br />
offenbart. Immenser Ressourceneinsatz,<br />
hohe Materialbestände und steigende Prozesskosten in<br />
der Auftragsabwicklung waren die Symptome. Die hohe<br />
Anzahl interner Schnittstellen wies darauf hin, dass Planung<br />
und Kommunikation verbesserungswürdig<br />
waren“, schilderte Matthias Gattinger die Ausgangssituation.<br />
Die Miba hatte sich in ihrer „<strong>Vision</strong> Miba 2015“ zum<br />
Ziel gesetzt, durch die Verbesserung des Auftragserfüllungsprozesses<br />
das weitere Wachstum ohne zusätzlichen<br />
Ressourceneinsatz zu bewältigen.<br />
Wo hakt es?<br />
Anfang 2009, unter dem verstärkten Handlungsdruck<br />
der Wirtschaftskrise, analysierten sieben Miba-Arbeitsgruppen<br />
die bestehenden Prozesse und identifizierten<br />
mehr als 60 Verbesserungspotenziale. Um über das Projekt<br />
„OTC“ den gesamten Prozess von der Bestellung<br />
bis zur Rechnungsstellung zu optimieren, zog Miba die<br />
Experten der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> hinzu. „Wir wollten die<br />
Termintreue sicherstellen und gleichzeitig die Bestände<br />
reduzieren. Dazu mussten wir das Denken in Teiloptima<br />
beenden und die Kette ganzheitlich optimieren“, sagte<br />
Matthias Gattinger und stellte dem Auditorium der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong><br />
eine Liste ehrgeiziger Ziele vor.<br />
„Voraussetzung dafür war die machbare Einplanung der<br />
Kundenaufträge und eine Optimierung der Kapazitätsplanung<br />
und Terminsteuerung. Außerdem wurde uns bewusst,<br />
wie wenig effizient wir SAP nutzten.“ Der<br />
Manager gestand – unter dem wissenden Nicken vieler<br />
Zuhörer – ein, dass bei der SAP-Einführung 2005 viele<br />
Prozesse einfach übernommen wurden: „Im Nachhinein<br />
betrachtet, wäre es wohl besser gewesen, erst die Prozesse<br />
sorgfältig zu definieren und dananch die IT darauf<br />
anzupassen.“<br />
Leitlinien und Spielregeln<br />
Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Mit den <strong>Wassermann</strong>-Beratern<br />
machte sich das Projektteam daran,<br />
Leitlinien für das Operational-Excellence-System zu erstellen.<br />
Die konstituierenden Punkte: Termintreue, kosteneffiziente<br />
Kleinlosfertigung, Flexibilität, Eliminierung<br />
von Verschwendung und die Verankerung einer<br />
kontinuierlichen und nachhaltigen Verbesserung in allen<br />
Bereichen.<br />
Leitlinien wie „Machbare Einplanung aller Kundenaufträge“<br />
oder „Mengen und Termine in SAP entsprechen<br />
der Realität“ leuchteten den Mitarbeitern unmittelbar<br />
ein. Andere wie „Flexible Produktion<br />
im Kundentakt“ bedurften umfangreicherer<br />
Vorbereitung wie die Einführung einer Rüstzeitoptimierung.<br />
Wieder andere Leitlinien forderten<br />
echtes Umdenken. „‚Es gibt keine Prioritäten, nur Mengen<br />
und Termine‘ war so ein Knackpunkt“, berichtete<br />
Matthias Gattinger. „Für unseren Vertrieb war es<br />
schwierig, Prioritäten für Kundenaufträgen ausschliesslich<br />
über Termine zu setzen.“<br />
Die Ergebnisse des OTC-Projekts waren neue Planungsprinzipien<br />
und eine optimierte Planungsorganisation.<br />
Für die Umsetzung wurde ein Folder mit Spielregeln<br />
zusammengestellt. „Man muss bei der Umsetzung<br />
in der Produktion stark nach den Produkten differenzieren.<br />
Wir haben erst einmal in einem definierten<br />
Produktionsbereich begonnen und die Erkenntnisse<br />
Schritt für Schritt auf die weiteren Bereiche übertragen“,<br />
erläuterte Matthias Gattinger.<br />
An zwölf Standorten weltweit fertigt die Miba-Gruppe Sinterformteile,<br />
Gleitlager (Bild), Reibbeläge und Beschichtungen für Kraftfahrzeuge, Eisenbahnen,<br />
Schiffe, Flugzeuge und Kraftwerke.<br />
Foto: Miba Gleitlager GmbH<br />
Planungsorganistation<br />
Beschaffung, Produktionsplanung und Vertriebsinnendienst<br />
stellen die interne Lieferkette bei Miba Gleitlager<br />
dar. Die Mengen- und Terminhoheit über diese gesamte<br />
Prozesskette liegt heute beim Disponenten für Produktionsplanung.<br />
Die Zellenverantwortlichen in der Produktion<br />
sorgen für die Feinplanung und benennen das<br />
Kapazitätsangebot ihrer Bereiche. Der Prozess der Auftragserfüllung<br />
läuft heute wie folgt ab: Der Vertriebsinnendienst<br />
gibt den Kundenwunschtermin an den<br />
Disponenten zur Bestätigung. Der Disponent prüft die<br />
Materialverfügbarkeit und plant die benötigten Kapazi-<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Matthias J. Gattinger, Miba Gleitlager GmbH 15
täten zum bestmöglichen Termin ein. Bei der machbaren<br />
Auftragseinplanung der gesamten Prozesskette von<br />
Rohstoffen über Halbfertigprodukte zu Fertigprodukten,<br />
geht es dann darum, anhand des Durchlaufzeitmodells<br />
eine realistische Einplanung in SAP vorzunehmen.<br />
Der Vertrieb erhält dadurch einen machbaren Termin,<br />
der dann als Autragsbestätigung an den Kunden weitergegeben<br />
wird.<br />
Eine weitere Optimierung: Die Fertigungsaufträge werden<br />
so spät wie möglich eröffnet – um flexibel zu bleiben<br />
und um die Bestände zu optimieren. Belegungslisten<br />
für die Produktionszellen werden täglich ausgegeben,<br />
Änderungen an Stücklisten, Arbeitsplänen, Mengen<br />
und Terminen werden laufend berücksichtigt.<br />
Material- und Vorgangsbuchung müssen schichtgenau<br />
sein. Am Ende stehen dann Kommisionierung und Verpackungsaufträge,<br />
Lieferdokumente und Versandinfo<br />
für den Kunden. Als wichtigste Spielregeln für diesen<br />
Prozess nannte der Referent die unbedingte Pflicht, Terminverzüge<br />
unmittelbar zu melden, die Termine und<br />
Daten in SAP auf Plausibilität zu prüfen und Materialund<br />
Vorgangsbuchungen zeitnah zu erledigen.<br />
Drei Kennzahlen zur Erfolgskontrolle<br />
Für die Erfolgsmessung setzte Miba im Wesentlichen<br />
auf die folgenden drei Kennzahlen: Liefertreue, Bestände<br />
und Sondertransportkosten. In der Tat ist dies<br />
ausreichend, so erklärte Matthias Gattinger, um den Erfolg<br />
des Supply Chain Managements zu kontrollieren.<br />
Der Erfolg des Pilotprojekts sprach sich schnell herum<br />
und unterstützte die Akzeptanz des 2010 durchgeführten<br />
Rollouts in allen Bereiche.<br />
Neue Stärke<br />
Für seine <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Zuhörer präsentierte Matthias<br />
Gattinger die Projektergebnisse: Die Bestände konnten<br />
über die optimierte Planung und eine differenzierte Bevorratungsstrategie<br />
um mehr als ein Drittel reduziert<br />
werden. Dies generierte bei Miba einen zusätzlichen<br />
Cashflow von über acht Millionen Euro. Die Liefertreue<br />
konnte deutlich gesteigert werden und die Prozesskosten<br />
in der Auftragsabwicklung sanken um mehr als ein<br />
Fünftel.<br />
Matthias Gattinger fasste die wesentlichen Erfolgsfaktoren<br />
zusammen: Klar formulierte Ziele, eine verständliche<br />
Supply-Chain-Organisation und Spielregeln für<br />
die Zusammenarbeit und Kommunikation. Als persönliches<br />
Fazit betonte Matthias Gattinger: „Bei solchen<br />
Excellence-Projekten ist es extrem wichtig, die Mitarbeiter<br />
früh und intensiv einzubinden. So wird die Umstellung<br />
zu einem gemeinsamen Projekt und die einzelnen<br />
Bereiche sind bereit, ,Macht‘ abzugeben, um gemeinsam<br />
besser zu werden.“ Das ist bei Miba offensichtlich<br />
gelungen: „Am Ende des Rollouts gab es eine<br />
große Feier mit allen Beteiligten. Das gemeinsame Feiern<br />
von Erfolgen gibt Kraft für die nächsten Herausforderungen.“<br />
<br />
Eine klare Organisation und die korrekte Abbildung der Durchlaufzeiten in<br />
SAP haben die Supply Chain bei der Miba Gleitlager GmbH optimiert.<br />
Foto: Miba Gleitlager GmbH<br />
Outsourcing als Wegbereiter<br />
der IT-Standardisierung<br />
Outsourcing braucht Standardisierung – warum also nicht Outsourcing-<br />
Projekte für eine gezielte Standardisierung von Prozessen und IT-Systemen nutzen?<br />
Das Beispiel Walter Meier zeigt, dass nicht nur Kosten- und Effizienzvorteile durch<br />
die Auslagerung an einen Dienstleister entstehen, sondern auch Prozessoptimierungen.<br />
Christoph Sieger, Head of IT bei Walter Meier, stellte zunächst<br />
sein Unternehmen vor – und führte damit direkt in<br />
seine Aufgabenstellungen ein. Unter dem Dach des in der<br />
Schweiz beheimateten und international tätigen Klimaund<br />
Fertigungstechnikkonzerns Walter Meier waren über<br />
die Jahre hinweg eine Reihe von akquirierten Unternehmen<br />
zusammengeführt worden. Diese Unternehmen<br />
führte das Management ab 2007 zu einem Konzern mit<br />
den Segmenten Klimatechnik und Fertigungstechnik zusammen.<br />
„Aus dieser Historie heraus ergaben sich die Anforderungen<br />
an die IT: Die unterschiedlichen Bereiche<br />
und deren heterogene Systeme mussten effizient konsolidiert,<br />
Prozesse und Systeme standardisiert werden. Andernfalls<br />
wären die Reibungsverluste zu hoch gewesen,<br />
die Wachstumsmöglichkeiten und Wachstumsgeschwindigkeit<br />
begrenzt“, erläuterte Christoph Sieger – und war<br />
so schnell bei seinem Kernthema „Wachstumspotenziale<br />
durch den richtigen Grad der Prozessstandardisierung“.<br />
Berater hinzuziehen<br />
„Wir haben uns zu Beginn des Projektes zwei Fragen gestellt“,<br />
sagte Christoph Sieger. „Inwiefern haben die verschiedenen<br />
Geschäftsfelder gleiche Prozesse oder können<br />
zukünftig mit gleichartigen Prozessen funktionieren?<br />
Und: Ist die Firmenkultur offen für Standardisierung und<br />
bereit, Veränderungen entsprechend mitzutragen?“ In dem<br />
von ihm verantworteten IT-Bereich begannen die Mitarbeiter<br />
mit einer Bestandsaufnahme. Bei den Akquisitionen<br />
hatten die Firmen in den meisten Fällen ihre<br />
Ausstattung und Verfahrensweisen beibehalten. Das hatte<br />
seinerzeit eine schnelle Einbindung erlaubt – „allerdings<br />
blieben damit die IT-Kosten der einzelnen Einheiten<br />
ebenso im Verborgenen wie die Potenziale für Effizienzsteigerungen.“<br />
Bereits in dieser frühen Phase holte sich Walter Meier Berater<br />
der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> ins Haus. Dies sei nicht nur<br />
Christoph Sieger, CIO,<br />
Walter Meier <strong>AG</strong><br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Christoph Sieger, Walter Meier <strong>AG</strong> 17
wichtig, um auf eine hohe fachliche Kompetenz und<br />
große Erfahrung zurückgreifen zu können, sondern auch<br />
um einen neutralen Gutachter zu haben und von Erfahrungen<br />
anderer Firmen zu profitieren.<br />
Die vorhandenen IT-Dienste wurden in eine Matrix eingetragen,<br />
deren eine Achse die Wissensintensität und<br />
deren andere Achse die Bedeutung für das Kerngeschäft<br />
erfasste. Je nach Verortung der Dienste in dieser Matrix<br />
werden unterschiedliche Strategien gewählt: Die Bereiche<br />
mit hoher Wissensintensität und hoher Bedeutung für<br />
das Kerngeschäft – etwa Forschung und Entwicklung –<br />
sollten in jedem Fall intern fortgeführt werden, möglicherweise<br />
gestützt durch gezielt eingekauften externen<br />
Support in ausgewählten Projekten. Andere Bereiche mit<br />
geringerer Bedeutung für das Kerngeschäft – z. B. der Betrieb<br />
der EDV-Plattformen – bieten sich dagegen für die<br />
Standardisierung und ein nachfolgendes Outsourcing an.<br />
Level 3 Rechenzentrum statt kleiner Serverräume<br />
Gemeinsam mit den Entscheidungsträgern wurde bei Walter<br />
Meier ein Pflichtenheft erarbeitet, um die Hard- und<br />
Softwareausstattung, das Outsourcing der Wartung, den<br />
Support für die Clients und das Hosting der Applikationen<br />
zu regeln. „Es war uns wichtig, einen Standard zu schaffen,<br />
nicht mehrere“, sagte Christoph Sieger.<br />
In diesem Zusammenhang stellte sich beispielsweise die<br />
Frage, welchen Grad der Hochverfügbarkeit Walter<br />
Meier bezahlen wollte. Hintergrund: Die Kosten für eine<br />
99,9-prozentige Verfügbarkeit betragen ein Vielfaches der<br />
Kosten für eine 99-prozentige Verfügbarkeit. Die Basis<br />
für die Entscheidung war die Analyse der bisherigen Verlässlichkeit<br />
der Systeme, mit denen man zufrieden war.<br />
„Mit dem SAP-System waren wir sehr zufrieden, obwohl<br />
deren historische Verfügbarkeit mit 99,5 Prozent deutlich<br />
unter den zuvor theoretisch formulierten Anforderungen<br />
lag“, berichtete Christoph Sieger.<br />
Outsourcing als Veränderungshebel<br />
für die Prozesse<br />
Outsourcing wird gemeinhin als Instrument der Kostenreduktion<br />
und Qualitätsverbesserung von Services gesehen.<br />
Christoph Sieger aber differenzierte dieses Bild:<br />
„Diese Vorteile werden eigentlich bereits in der Vorbereitung<br />
generiert. Outsourcing braucht eine detaillierte Bestandsaufnahme<br />
und die Ausrichtung der IT-Systeme und<br />
-Prozesse auf eine optimale Unterstützung der Geschäftsstrategie.<br />
Zusätzlich sind Unternehmen und Dienstleister<br />
an einer Standardisierung der Prozesse interessiert – das<br />
Unternehmen, weil es Transparenz über die Dienstleistung<br />
möchte, der Outsourcing-Dienstleister, weil er Skaleneffekte<br />
nutzen will.“<br />
Zur Untermauerung stellte der Referent eine Analyse vor,<br />
wonach 40 Prozent der Kostenvorteile im Outsourcing<br />
durch die interne Optimierung entstehen. Das Outsourcing<br />
an einen spezialisierten Dienstleister, die eigentliche<br />
Auslagerung, lässt die Entstehungskosten für die IT-Leistung<br />
zwar nochmals um 20 Prozent sinken. Von diesen 20<br />
Prozent behält der Dienstleister allerdings einen großen<br />
Teil als Gewinnmarge und Risikovorsorge ein – so dass<br />
beim auslagernden Unternehmen nur knapp 5 Prozent<br />
Kostenreduktion ankommen. „40 Prozent werden also in<br />
der Vorbereitung generiert, nur weitere 5 Prozent in der<br />
Auslagerung selbst. Deshalb sehen wir Outsourcing in<br />
erster Linie als Anlass für Standardisierung und Zentralisierung<br />
– und heben damit bereits den größten Teil der Effizienzpotenziale“,<br />
erläuterte Christoph Sieger seine<br />
Schlussfolgerungen.<br />
Personalabbau erzwingt professionelles<br />
Change Management<br />
Auch die „harten Seiten“ des Outsourcings sprach der Referent<br />
offen an. Bei Walter Meier wurden fast drei Viertel<br />
der Stellen in der EDV abgebaut. Wichtig dabei: „Wir<br />
haben diese Reduktionspläne sehr frühzeitig mitgeteilt, so<br />
dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in Ruhe<br />
eine neue Stelle suchen konnten. Zudem haben wir allen<br />
betroffenen Mitarbeitern Unterstützung für die professionelle<br />
Aufbereitung des Lebenslaufs und auch für den Bewerbungsprozess<br />
angeboten. Durch die Bereitstellung von<br />
zusätzlichem Ausbildungsbudget haben wir auch Weiterbildungen<br />
ermöglicht, welche direkt die Chancen für den<br />
Bewerbungsprozess erhöhten. Outsourcing erfordert die<br />
Bereitschaft für Personalveränderungen bei den Verantwortlichen<br />
und auch den verbleibenden Mitarbeitern muss<br />
klar mitgeteilt werden, dass Aufgabenbereiche neu zugeschnitten<br />
oder gar beschnitten werden.“<br />
Bei der anschließenden Diskussion fragten Zuhörer nach,<br />
ob man sich mit dem Outsourcing nicht Chancen vergebe<br />
und das interne Know-how reduziere. Christoph Sieger<br />
antwortete: „Gerade die Analyse versichert uns ja, dass<br />
wir nichts Wesentliches aus der Hand geben. Wir haben<br />
beipielsweise das Berechtigungs- und Lizenzmanagement<br />
behalten, um flexibel zu bleiben.“ Für eine gute Idee hielten<br />
viele das von Christoph Sieger angesprochene Konzept<br />
der „local hands“: Mitarbeiter in den Fachbereichen<br />
– keine IT-Spezialisten –, die als Ansprechpartner für die<br />
Supporter und für ihre Kollegen vor Ort sind. Für „echte“<br />
Probleme mit den Applikationen ist das Servicedesk des<br />
Dienstleisters zuständig. <br />
Gesucht:<br />
Die perfekte Kombination aus<br />
Pull und Push<br />
Dr. Matthias Laforsch,<br />
Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG<br />
Vielen Supply-Chain-Managern gelten Lean-Production-Systeme und Supply-Chain-Planung<br />
als Gegensätze. Warum eigentlich? Das fragt sich auch Dr. Matthias Laforsch, Supply Chain<br />
Manager bei Rohde & Schwarz, und initiierte bei dem internationalen Hightechanbieter ein<br />
Projekt, das die Stärken beider Ansätze kombinieren soll. Die Idee: Je nach Produkt, Forecast-<br />
Genauigkeit und Liefertreue-Anforderungen der Kunden sollen sich Pull- und Push-Steuerungsansätze<br />
in einem variablen Mix ergänzen. Eine interessante Idee – das zeigte sich auch an den<br />
vielen Fragen und leidenschaftlichen Diskussionen im Forum und auf den Fluren.<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Dr. Matthias Laforsch, Rohde & Schwarz GmbH 19
Das Hightechunternehmen Rohde & Schwarz entwickelt<br />
Produkte für ganz unterschiedliche Märkte: Messtechnik<br />
für Mobiltelefonhersteller, Funküberwachungsund<br />
-ortungsgeräte, sichere Funkgeräte für Streitkräfte,<br />
aber auch Technik für analoge und digitale Fernsehsender.<br />
Das breitgefächerte, anspruchsvolle Kunden- und<br />
Anwendungsspektrum wird in über 70 Ländern der Welt<br />
bedient.<br />
Die Herausforderungen im Supply Chain Management<br />
liegen für Rohde & Schwarz laut Laforsch zum einen in<br />
einem breiten und heterogenen Produktspektrum, komplexen<br />
Wertschöpfungsketten und langen Durchlaufzeiten<br />
bei hoher Fertigungstiefe. Zum anderen erschweren<br />
unsichere Nachfrage, Globalisierung und steigende<br />
Kundenanforderungen hinsichtlich Lieferperformance<br />
und Flexibilität die Planung. „Unser Unternehmen produziert<br />
nach Lean-Prinzipien, die über das firmeneigene<br />
Lean-Production-System „sprint“ implementiert sind.<br />
Mit der zunehmenden Verschlankung der Produktion<br />
bemerkten wir, dass wir der Supply-Chain-Planung größere<br />
Aufmerksamkeit widmen müssen“, führte der Referent<br />
fast zurückhaltend in das Thema ein. „Die hohen<br />
Bestände, extrem unterschiedliche Lieferzeiterwartungen<br />
bei den Kunden und die volatile Nachfrage veranlassten<br />
uns, über eine Erweiterung unseres sprint-<br />
Systems mit Planungselementen nachzudenken.“<br />
Übersicht gewinnen<br />
Mit ein paar Fakten untermauerte der Referent die Relevanz<br />
dieser Überlegungen: Rund 7.000 verkaufsfähige<br />
Artikel gibt es bei Rohde & Schwarz. Um diese zu<br />
fertigen, werden 48.000 Eigenfertigungsteile erzeugt,<br />
beispielsweise Leiterplatten, Gehäuseteile, Kabel und<br />
bestückte Baugruppen. Der Bestand dieser Eigenfertigungsteile<br />
summiert sich aktuell auf 47,6 Millionen<br />
Euro, dazu kommen 91,2 Millionen Euro an Work-in-<br />
Progress. Hinzu kommen 41.000 Zulieferungsteile mit<br />
einem Bestandswert von aktuell 58 Millionen Euro.<br />
Die Produkte haben auch aus Sicht der Logistik ganz<br />
unterschiedliche Merkmale. Allein in Bezug auf den<br />
Grad der Standardisierung reicht das Spektrum von der<br />
kundenspezifischen Anlage über konfigurierbare Produkte<br />
bis hin zur „Massenfertigung“ – die bei Rohde &<br />
Schwarz ab 150 Stück pro Monat definiert ist.<br />
„Lean Planning“ und hybride Steuerung<br />
Unter dem Projektnamen sprintPLAN ging man bei<br />
Rohde & Schwarz daran, das Produktionssystem sprint<br />
um einen Planungsansatz zu erweitern. Kurz vor den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong><br />
fiel dann die Entscheidung, dieses anspruchsvolle<br />
Projekt mit Unterstützung der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> zu<br />
stemmen. Im weiteren Vortrag gab Dr. Matthias La-<br />
forsch dann einen Ausblick auf die sehr speziellen Ansätze<br />
in diesem Projekt sowie den derzeitigen Stand der<br />
Projektierung.<br />
Dabei verwies der Referent auf das Credo des Projektes:<br />
So viel selbststeuernde Regelkreise wie möglich, so viel<br />
Planung wie nötig. „Wir wollen, wo irgend möglich,<br />
eine ‚demand driven supply chain‘ mit sich selbst steuernden<br />
Regelkreisen implementieren“, erklärte Laforsch.<br />
„Dazu müssen wir die Entkopplungspunkte für<br />
die Produkte identifizieren. Diese Punkte zeigen an, ab<br />
welchem Punkt in der Lieferkette die dispositiven Entscheidungen<br />
auf Basis von Kundenaufträgen gefällt<br />
werden können.“<br />
Outline für ein ambitioniertes Optimierungsprojekt<br />
Jenseits dieser Entkopplungspunkte werden die Bedarfe<br />
und Materialien anonym geplant. Um diese Entkopplungspunkte<br />
bestimmen zu können, werden die Produkte<br />
und die Supply Chain nach Parametern wie Vorhersagbarkeit,<br />
Liefererwartungen und Grad der kundenspezifischen<br />
Anpassungen segmentiert.<br />
Parallel zur Segmentierung schafft man bei Rohde &<br />
Schwarz die Bedingungen, um die Treffsicherheit von<br />
Forecasts und Bedarfsprognosen anzuheben. IT-gestützt<br />
sollen die Bedarfsinformationen aus den Sales-Regionen<br />
schnell verfügbar gemacht und planungsgerecht aggregiert<br />
werden. „Unser primäres Ziel ist weniger die<br />
100-Prozent-Prognose, sondern das Wissen um die Abweichungen<br />
und damit um den Bedarf an Supply-Chain-<br />
Flexibilität“, führte der Supply Chain Manager aus. So<br />
entwickelte man aus der Produktsegmentierung sogenannte<br />
Lieferserviceklassen als Maßstab für die erwarteten<br />
Lieferzeiten und -treue der Produktklassen. Als<br />
verbindliche Zielvorgabe für die Planung wird künftig<br />
mit einem Lieferservicegrad pro Lieferserviceklasse gearbeitet.<br />
Um die notwendige Flexibilität in der Supply Chain implementieren<br />
zu können, werden in einem weiteren Teilprojekt<br />
Produkte auf produktübergreifende Baugruppen<br />
und Komponenten heruntergebrochen. Das Ziel: Die<br />
komplexen Produkte mit ihren unterschiedlichen Produktionszeiten<br />
und teilweise dramatischen Nachfrageschwankungen<br />
werden leichter beherrschbar.<br />
Ein weiteres Teilprojekt befasst sich mit der Optimierung<br />
der Materialbestände. Hier werden Materialien<br />
nach Wiederbeschaffungszeiten, Lebenszyklus, Nachfragewert<br />
oder Rahmenvereinbarungen klassifiziert und<br />
die Dispositionsstrategie danach differenziert und optimiert.<br />
„Diese Differenzierung, verbunden mit der Definition<br />
klarer Verantwortlichkeiten, wird uns bei der<br />
Absenkung der Lagerbestände helfen“, zeigte sich Dr.<br />
Matthias Laforsch überzeugt.<br />
sprintPLAN soll dann über entsprechende IT-gestützte<br />
Planungstools zur engpassorientierten Kapazitätsplanung<br />
und über Planungsverantwortlichkeiten in der Organisation<br />
nachhaltig verankert werden – als ausdrückliche<br />
Ergänzung zum bestehenden Lean-Production-<br />
System sprint.<br />
Komplexität im Dienste der Kunden<br />
Der Vortrag machte auch den Skeptikern eines „gemischten<br />
Modells“ klar: Hier werden Planungs- und<br />
Steuerungsansätze gezielt kombiniert, abhängig von den<br />
technischen und kundenseitigen Anforderungen an das<br />
jeweilige Produkt. „Wir fertigen Hightechprodukte für<br />
anspruchsvolle Kunden und Märkte. Nur mit Pull-Prinzipien<br />
und der reinen Lehre von Lean Production und<br />
einem völligen Verzicht auf Push- und terminorientierte<br />
Steuerungselementen können wir unsere Ziele bei Liefertreue,<br />
Durchlaufzeiten oder Beständen nicht erfüllen.<br />
Hier dient die Komplexität<br />
in der Steuerung und Planung<br />
der Lieferketten wirklich<br />
dem Kunden“, schloss<br />
Dr. Matthias Laforsch seinen<br />
vielbeachteten Vortrag.<br />
Und musste sich dann selbst<br />
kapazitiv flexibel zeigen –<br />
in persönlichen Gesprächen<br />
und Diskussionen mit interessierten<br />
Kollegen aus dem<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Auditorium. <br />
Auf über 200 Flughäfen weltweit sind<br />
Funkkommunikationssysteme von<br />
Rohde & Schwarz für die Flugsicherung<br />
im Einsatz.<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Dr. Matthias Laforsch, Rohde & Schwarz GmbH 21
Klare Sicht<br />
auf die Distributionswege<br />
Die Carl Zeiss <strong>Vision</strong> International GmbH produziert jedes Jahr 150 Millionen Brillengläser<br />
an fünf Massenfertigungsstandorten und 65 Standorten für die Rezeptfertigung.<br />
Die extreme Variantenvielfalt, parallel existierende Make-to-Stock- und Make-to-<br />
Order-Prozesse, heterogene IT-Systeme und komplexe Warenflüsse erzeugten bei den<br />
Verantwortlichen den Wunsch nach mehr Übersicht und Planbarkeit. Der Optikspezialist<br />
wandte sich an die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong>, um sich mit IT-gestützten Simulationen von<br />
Warenströmen und Kosten Durchblick zu verschaffen.<br />
PhotoFusion®, die neuen selbsttönenden Brillengläser von ZEISS Foto: Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
Die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> wurde mit dem Preis<br />
„Best of Consulting <strong>2011</strong>“ der<br />
WirtschaftsWoche geehrt. Wir erhielten diese<br />
Auszeichnung in Anerkennung unserer<br />
Beratungsleistungen, insbesondere für das<br />
Consulting-Projekt bei der Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
International GmbH.<br />
Dr. Harald Wiedenmann<br />
Carl Zeiss <strong>Vision</strong> International GmbH<br />
Die Herausforderungen, denen sich Carl Zeiss<br />
<strong>Vision</strong> gegenüber sieht, machte Dr. Harald<br />
Wiedenmann, Consultant Business Process<br />
Excellence, seinen Zuhörern im Forum der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong><br />
mit einigen Zahlen und einer Landkarte Europas deutlich.<br />
Die vielen Produktionsstandorte, Distributionscenter und<br />
die Lieferwege zu Partnern und Optikern in ganz Europa<br />
verdichteten sich zu einem extrem komplexen Netzwerk.<br />
Um in derart gewachsenen Strukturen überhaupt eine fundierte<br />
Zeit- und Kostenoptimierung der Distributionswege<br />
angehen zu können, ist eine besonders gründliche Analyse<br />
des Ist-Zustands notwendig. Darüber hinaus gilt es<br />
aber auch einschätzen zu können, wie sich mögliche Änderungen<br />
bei Transportkosten oder lokalen Absatzschwankungen<br />
auf die Distribution von Produkten und<br />
Halbfabrikaten auswirken würden. Carl Zeiss entschied<br />
sich für die Simulation verschiedener Optionen und die<br />
von <strong>Wassermann</strong> eingesetzte Software zur Netzwerkoptimierung.<br />
Extreme Lieferzeitanforderungen<br />
Die Ausgangsposition bei Zeiss ist durch zwei<br />
unterschiedliche Supply-Chain-Typen geprägt.<br />
Dabei handelt es sich zum einen um die Massenfertigung<br />
von Einstärken-Fertiggläsern, die<br />
über Bulk-Lieferungen auf die sogenannten<br />
Market Stock Points verteilt werden. In dieselbe<br />
Kategorie eines Make-to-Stock-Prozesses fallen<br />
die Halbfabrikate. Diese werden über Distributionszentren<br />
an Kundenlager und Halbfabrikatelager<br />
versendet.<br />
Letztere sind Ausgangspunkt für einen zusätzlichen<br />
Warenfluss mit ganz eigenen Anforderungen:<br />
Aus diesen Lagern bedient sich die Rezeptfertigung,<br />
die über Auslieferungs-Hubs sowohl individuell gefertigte<br />
Gläser als auch fertig eingeschliffene Brillen an Optiker<br />
schickt. „Die Anforderungen sind in den einzelnen Ländern<br />
unterschiedlich“, verriet Dr. Harald Wiedenmann.<br />
„Üblicherweise erwarten die Optiker in Zentraleuropa die<br />
bestellten Gläser am nächsten Morgen vor Ladenöffnung.<br />
In Italien aber erwarten sie eine Lieferung bereits im<br />
Laufe desselben Tages.“<br />
Datenerhebung in heterogener Landschaft<br />
Simulation von Distributionsnetzen<br />
Mit der IT-gestützten Simulation wollte das Team um Dr.<br />
Harald Wiedenmann die Entscheidungsbasis für die<br />
Schaffung eines optimierten Distributionsnetzes finden.<br />
Die Herausforderung: Dabei sollten neben aktuellen<br />
Marktanforderungen auch mögliche künftige Entwicklungen<br />
innerhalb eines Horizonts von fünf Jahren berücksichtigt<br />
werden. So sollte eine mittelfristig tragfähige<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Dr. Harald Wiedenmann, Carl Zeiss <strong>Vision</strong> International GmbH 23
Das ZEISS Gleitsichtglas Gradal® Classic komplettiert das Gleitsichtglas-<br />
Portfolio von Carl Zeiss <strong>Vision</strong>. Foto: Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
Lösung gefunden werden, die auch unter geänderten Rahmenbedingungen<br />
weiterhin richtig sein würde – beispielsweise<br />
bei Änderungen in den Mengen oder bei<br />
steigenden Kraftstoff- und Personalkosten. Insbesondere<br />
sollte ermittelt werden, ob ein zentraler Logistik-Hub die<br />
Anforderungen besser als ein Netz verteilter Distributionszentren<br />
erfüllen könnte.<br />
Zunächst wurde nach der Modellierung des aktuellen<br />
Netzwerks überprüft, ob die Simulation auf die realen Ergebnisse<br />
kommt. Im zweiten Schritt wurden die prognostizierten<br />
Mengen und Kostenstrukturen für die nächsten<br />
fünf Jahre eingefügt. Auf dieser Basis konnten im dritten<br />
Schritt verschiedene Supply-Chain-Netzwerkszenarien simuliert<br />
und hinsichtlich ihrer Kosten und Lieferzeiten<br />
verglichen und bewertet werden. Die Software erlaubt es<br />
dazu, die Anzahl und Lage der Distribution Center, Market<br />
Stock Points und Transportstrecken flexibel zu variieren.<br />
Der Weg der Fertiggläser<br />
Für die Bulk Supply Chain wurden zwei Szenarien simuliert.<br />
Szenario 1: Ein zentralisiertes Distributionsnetzwerk<br />
mit europäischem Zentrallager. Szenario 2: Die großen<br />
Volumen der Massenfertigung werden direkt in die europäischen<br />
Standorte geliefert und nur ein kleiner Bestand<br />
in einem Zentrallager für externe Kunden vorgehalten.<br />
Schnell zeigte sich, dass Kostenvorteile der Zentralisierung<br />
und der geringeren Handling-Kosten punktuell gestiegene<br />
Transportkosten mehr als ausglichen. Als<br />
günstigste Lösung zeigte die Simulation ein Zentrallager.<br />
Die übrigen vier Distributionszentren würden dabei teilweise<br />
als lokale Lager neu dimensioniert.<br />
Von Nah bis Fern gut sehen - mit maßgeschneiderten Brillengläsern<br />
speziell für modisch schmale Brillen. Foto: Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
Nachfolgende Sensitivitätsanalysen ergaben, dass die<br />
kombinierte Lösung der Direktbelieferung und des Zentrallagers<br />
auch bei veränderten Rahmenbedingungen die<br />
beste Lösung darstellte. Zusätzliche Simulationen wurden<br />
mit stark reduzierten Produktvarianten, stark veränderten<br />
Volumen und unterschiedlichen Entwicklungen der Transport-<br />
und Standortkosten durchgespielt.<br />
Service vor Kostensenkung<br />
Auch die Supply Chain der Rezeptgläser wurde in Varianten<br />
simuliert. Ausgehend vom heutigen dezentralen<br />
Netzwerk aus Rezeptfertigungen, Market Stock Points<br />
(MSP) und Cross Dock Hubs wurde ein optimiertes dezentrales<br />
Netzwerk errechnet. Als Alternativszenario wurden<br />
ein zentrales Cross Dock und ein zentraler MSP<br />
angenommen.<br />
Interessanterweise zeigte sich, dass die Transportkosten<br />
für alle Varianten ähnlich sein würden. Handling- und<br />
Standortkosten versprachen aber im Szenario mit zentraler<br />
Logistik eine Kostenreduktion von 30 Prozent. Ein optimiertes<br />
dezentrales Netz kam im Vergleich zu den<br />
heutigen Wegen auf immerhin 9 Prozent Einsparung.<br />
Trotz dieses klaren Kostenvorteils einer zentralen Logistik<br />
entschieden sich die Verantwortlichen bei Carl Zeiss<br />
für das dezentrale Netzwerk: „Wir entschieden uns für die<br />
serviceorientierte Lösung, also für die dezentrale Struktur“,<br />
erlaubte Dr. Harald Wiedenmann den Zuhörern Einblicke<br />
in den Entscheidungsprozess.<br />
Die Optimierung der Supply Chain bei Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
läuft derzeit transparent geplant mit Simulationen auf<br />
Basis der <strong>Wassermann</strong>-Software, „die das Verständnis für<br />
die Zusammenhänge zwischen Lieferzeiten und Kosten<br />
geschärft haben.“ <br />
Elekrodenfertigung bei Jumo Foto: Jumo GmbH & Co. KG<br />
„Absicherungskonzepte beim Einkauf von elektronischen<br />
Bauteilen und Baugruppen“ lautete der Forumsbeitrag von<br />
Einkaufsleiter Bernd Weimer, der auf 25 Jahre Erfahrung in<br />
der Elektronikbranche zurückblicken kann. Sein Arbeitgeber,<br />
die JUMO GmbH & Co. KG ist ein 1948 gegründetes<br />
eigentümergeführtes Unternehmen mit weltweit 1.700 Mitarbeitern.<br />
Die Produkte von JUMO decken verschiedene<br />
Bereiche der Mess- und Regeltechnik ab, insbesondere<br />
Flüssigkeitsanalyse- und Druckmesstechnik, Temperaturund<br />
Feuchtemessung sowie Platintemperatursensoren und<br />
Thermostate. Das Spektrum bei den Losgrößen spannt sich<br />
von 1 bis 10.000 Stück. Die Fertigungstiefe ist hoch und<br />
reicht bis zur eigenen Leiterplattenbestückung. Für die eigenen<br />
Produkte veranschlagt JUMO in der Regel eine Lebensdauer<br />
von mindestens sieben Jahren – und genau hier<br />
beginnen die Herausforderungen.<br />
Langlebige Produkte und schnelllebige<br />
Beschaffungsmärkte<br />
„Wir haben im Einkauf etwa 20.000 Bauteile aktiv zu verwalten.<br />
Gerade bei elektronischen Bauteilen ist es heute<br />
schwierig, deren Verfügbarkeit abzusichern“, gab Bernd<br />
Weimer einen Einblick in die Marktentwicklung. Dass der<br />
Immer das Ohr<br />
am Markt<br />
Eine spannende Einführung in das dynamische<br />
Beschaffungswesen eines Elektronikherstellers<br />
leistete der Forumsbeitrag der JUMO<br />
GmbH & Co. KG. Bernd Weimer, Leiter Einkauf<br />
bei JUMO, eröffnete seinen Kollegen<br />
auf den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> interessante Einblicke in<br />
die Mechanismen eines riskanten Marktes,<br />
dessen extreme Ausprägungen auch ein künftiges<br />
Negativszenario bei eigenen Materialquellen<br />
sein könnten.<br />
Bernd Weimer, Leiter Einkauf,<br />
Jumo GmbH & Co. KG<br />
überwiegende Teil aller Elektronikkomponenten<br />
in Asien produziert<br />
wird, war wohl allen Zuhörern bekannt.<br />
Doch während im Jahr 2000 die Verarbeitung<br />
von Elektronikbauteilen zu etwa gleichen Teilen in Amerika,<br />
Japan, EMEA und Asien-Pazifik erfolgte, wurden im<br />
Jahr 2010 über 50 Prozent aller Elektronik auch in der asiatisch-pazifischen<br />
Region verbaut, vorrangig in China und<br />
Taiwan. Bernd Weimer stellte klar: „Damit konkurriert<br />
heute ein mittelständischer Hersteller mit der Großindustrie<br />
verstärkt um jene Bauteile, die eh schon in Asien verbaut<br />
werden.“<br />
Auch auf Seiten der Halbleiterhersteller haben sich Bedingungen<br />
verändert. Zum einen nimmt die Zahl der Hersteller<br />
durch Zusammenschlüsse ab, zum anderen ist die<br />
Sichtweise vieler börsennotierter Anbieter sehr kurzfristig<br />
– „zu Zeiten der Bankenkrise wurden blitzschnell Produktionskapazitäten<br />
stillgelegt, viele sind bis heute nicht wieder<br />
in Betrieb genommen worden“. Logistische<br />
Abwicklung und technische Unterstützung sind mehr und<br />
mehr Sache der Distributoren, nur sehr große OEM-Kunden<br />
werden direkt beliefert.<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Bernd Weimer, Jumo GmbH & Co. KG 25
Immer längere Lieferzeiten<br />
Die Verknappung der Bauteile verlängert die Lieferzeiten:<br />
Statt bei zehn Wochen liegen diese nun bei circa 20 Wochen.<br />
Das erschwert die Planbarkeit. Bernd Weimer nannte<br />
als Beispiel Folienkondensatoren, deren Lieferung auf Anfrage<br />
in über einem Jahr angeboten wurde. Eine Alternative<br />
zu Distributoren seien Broker, die Überbestände aufkaufen.<br />
Diese haben teilweise auch dubiose Quellen und<br />
nicht selten werden halbleere Bauteilrollen geliefert. Bernd<br />
Weimer gab Tipps: „Unbedingt erst nach dem Test die Ware<br />
bezahlen. Außerdem: Wenn Sie bei fünf oder sechs Brokern<br />
anfragen und die haben dieselbe Quelle, treibt das den<br />
Preis in die Höhe. Wenn Sie dann beim Günstigsten bestellen,<br />
kann es sein, dass er die Ware gar nicht beschaffen<br />
kann.“ Die bessere Alternative sei, so der Einkaufsleiter,<br />
stattdessen ein Vertrauensverhältnis zu ein oder zwei Brokern<br />
aufzubauen.<br />
Risikomanagement<br />
„Es ist uns schon passiert, dass wir Komponenten nicht bekommen<br />
haben und uns aus bereits fertigen Baugruppen,<br />
die wir vorrätig hatten, bedienen mussten.“ Für die „A-<br />
Teile“ werden bei JUMO Forecast-Listen auf Basis des geschätzten<br />
Jahresbedarfs erstellt. Dazu werden Rahmenverträge<br />
abgeschlossen, die aber meist nur den Preis und<br />
nicht die Lieferzeit garantieren. Eine weitere Herausforderung<br />
besteht darin, dass es für viele Bauelemente nur eine<br />
Quelle gibt. Die Verfügbarkeit muss für die gesamte Lebenszeit<br />
eines Produkts oder einer Baugruppe gesichert<br />
sein. „Eine vertragliche Absicherung ist zwar hilfreich, aber<br />
im Zweifel gegen die Marktmacht von Großabnehmern wie<br />
Daimler, Bosch oder Siemens nicht durchsetzbar“, gab<br />
Bernd Weimer zu bedenken.<br />
Viele Fragen<br />
Über ein systematisches Obsoleszenz-Management lassen<br />
sich Risiken reduzieren. Hier müssen Entwicklung und<br />
Einkauf eng zusammenarbeiten, denn die technische Lösung<br />
ist nicht immer die wirtschaftlich sinnvolle – beispielsweise<br />
dann nicht, wenn das Bauteil der Wahl zu früh<br />
obsolet wird und man die Baugruppe nicht mehr herstellen<br />
kann. Die Faktoren, die der Einkäufer beachten muss, sind<br />
vielfältig. Die erste Frage lautet: Wie lange gibt es das Bauteil<br />
schon? Ist es bereits sehr lange auf dem Markt, muss<br />
damit gerechnet werden, dass es durch einen Nachfolger<br />
abgelöst wird, der vielleicht eine andere Funktionalität oder<br />
eine kleinere Bauform hat?<br />
Ein weiterer Aspekt sind die Liefermengen. Nicht immer<br />
ist gesichert, dass ein Bauteil überhaupt in geringen Stückzahlen<br />
erhältlich ist. Ob aber immer ausreichende Mengen<br />
verfügbar sein werden, ist eher eine Frage der Hauptab-<br />
satzmärkte. Bernd Weimer nannte ein Beispiel: „Ein Hersteller<br />
fertigt Touch Controller. Diese werden in großen<br />
Mengen in Smartphones verarbeitet, sodass all seine Kapazitäten<br />
gebunden sind und er die größten Schwierigkeiten<br />
hat, noch andere Kunden mit anderen Bauteilen aus<br />
seinem Portfolio zu bedienen.“ Wenn solche Risiken bekannt<br />
sind und keine Second Source auszumachen ist, hilft<br />
es nur, frühzeitig zu bestellen und einen Vorrat anzulegen.<br />
Last orders please<br />
Bei Abkündigungen geben die Hersteller meist ein halbes<br />
Jahr vorher Bescheid – „manchmal aber auch erst einen<br />
Monat bevor ein Bauteil nicht mehr hergestellt wird.“ Für<br />
diese Situation muss es festgelegte Verfahren und Entscheidungswege<br />
im Unternehmen geben. Hier ist auch die<br />
Einschätzung des Vertriebs gefragt: Lebenszeit des eigenen<br />
Produktes verkürzen, Kosten einer Neuentwicklung übernehmen<br />
oder den Aufkauf von Restposten des Bauteiles finanzieren?<br />
Und: Bauteile sind nicht unbegrenzt haltbar, ab<br />
einer Lagerung von sechs Jahren können elektrochemische<br />
Reaktionen deren Lötbarkeit einschränken.<br />
Beziehungen pflegen<br />
Abschließend widmete sich der Referent dem Thema Allokation,<br />
das sich nur mit „dem Ohr am Markt“ und regelmäßiger<br />
Kommunikation und Beziehungspflege mit den<br />
Lieferanten in den Griff bekommen lässt. Die Allokation,<br />
also die Zuteilung bei Verknappung, geht von den Herstellern<br />
aus. Gründe können unerwartete Nachfragesteigerung<br />
– Beispiel iPhone-Boom, Engpässe in der Herstellung, aber<br />
auch Rohstoffverknappungen durch staatliche Exportkontrollen,<br />
Fertigungsverlagerung oder eine künstliche Verknappung<br />
zur Stabilisierung des Verkaufspreises sein. Je<br />
besser und langfristiger hier die Beziehung zu Distributoren<br />
und Herstellern ist, desto eher kann für solche Fälle ein<br />
konkretes gemeinsames Vorgehen vereinbart werden. „Sie<br />
müssen Ihren Stellenwert beim Lieferanten erhöhen und<br />
den Markt im Auge behalten – nicht nur den eigenen, sondern<br />
auch den für Consumer-Elektronik, da hier kurzfristig<br />
hohe Nachfragen entstehen können“, riet der erfahrene Einkäufer<br />
seinen Zuhörern. „Im Notfall müssen Sie das Risiko<br />
eingehen und kurzfristig nachbestellen. <br />
Auftragsplanung nach<br />
Engpassstunden<br />
Mit einem „Doppelpack“ überraschten die Referenten der Wilhelm Bahmüller Maschinenbau<br />
Präzisionswerkzeuge GmbH auf den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>. Michael Strauß und Thomas<br />
Schumann stellten zunächst das Chance-Wunsch-Portfolio als innovatives Marketingkonzept<br />
vor und zeigten, wie sich darüber der Projektmix des Anlagenbauers optimal<br />
steuern lässt. Sie präsentierten das mit der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> realisierte Projekt „BISs“:<br />
Dabei konnten über ein Taktungskonzept, eine in der Serienfertigung gebräuchliche<br />
Lean-Methode, die Durchlaufzeiten und die Produktivität im Bahmüller Schleifmaschinenbau<br />
deutlich verbessert werden. Zwei innovative Konzepte, die den Zuhörern<br />
im Forum „viele neue Einsichten“ eröffneten.<br />
Michael Strauß (links), Leiter Geschäftsbereich Schleifmaschinen, und Thomas Schumann,<br />
Leiter Montage, beide Wilhelm Bahnmüller Maschinenbau Präzisionswerkzeuge GmbH<br />
Schleifsituation: Innenschleifwerkzeug mit Abrichteinheit und Spannfutter.<br />
Foto: Bahmüller<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Michael Strauß, Thomas Schuhmann, Wilhelm Bahnmüller Maschinenbau 27
“Wir kennen uns seit vielen Jahren und doch überrascht<br />
mich das Unternehmen Bahmüller immer wieder mit innovativen<br />
Ansätzen und deren konsequenter Umsetzung“,<br />
mit diesen Worten begrüßte <strong>Wassermann</strong>-Vorstand Martin<br />
Hofer die beiden Referenten Michael Strauß, Leiter Geschäftsbereich<br />
Schleifmaschinen bei der Bahmüller Maschinenbau<br />
Präzisionswerkzeuge GmbH, und Thomas<br />
Schumann, Leiter Montage, persönlich – und steigerte<br />
damit die bereits hohen Erwartungen im Forum der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>.<br />
Um es vorweg zu nehmen: Die Zuhörer wurden<br />
nicht enttäuscht.<br />
Geschäftsbereichsleiter Michael Strauß stellte den weltweit<br />
erfolgreichen Maschinenbauer Bahmüller kurz vor<br />
und erläuterte, wie sich das Unternehmen mit seinen Präzisionsschleifmaschinen<br />
eine Spitzenposition in der Motorenfertigung<br />
für die Automobilbranche erarbeitet hat. Er<br />
leitete direkt zum Chance-Wunsch-Portfolio über: „Projekte<br />
im Sondermaschinenbau sind mit hohem Aufwand<br />
verbunden, insbesondere die Entwicklungsaufwendungen<br />
sind oft nur bedingt auf andere Projekte übertragbar. Höhere<br />
Erträge lassen sich mit geringerem Risiko über Projekte<br />
realisieren, die ein Wiederholungspotenzial besitzen<br />
und deren Entwicklungsergebnisse auch auf andere Projekte<br />
zu übertragen sind.“<br />
Diese Zwickmühle kennen die meisten Sondermaschinenbauer<br />
– doch die Lösung, die Michael Strauß präsentierte,<br />
dürfte viele überrascht haben: „Bei uns sind daher<br />
die verfahrensbezogene Konstruktion und die Endmontage/Inbetriebnahme<br />
inklusive Software die durchsatzbegrenzenden<br />
Engpassressourcen. Alle anderen Bereiche<br />
wie Einkauf, Fertigung und Vormontage lassen sich kapazitiv<br />
relativ schnell anpassen. Unsere Schlussfolgerung<br />
daraus: Wir brauchen ein Marketingkonzept, das uns gezielt<br />
Projekte gewinnen lässt, die den Deckungsbeitrag je<br />
Engpassstunde in Konstruktion und Endmontage maximiert.“<br />
Marketing zur Optimierung der Supply Chain –<br />
für viele der Anwesenden in dieser Form ein ebenso neuer<br />
wie extrem interessanter Gedanke.<br />
Chance-Wunsch-Portfolio: Den Engpass schon im<br />
Marketing fest im Blick<br />
Realisiert wird dieses Konzept bei Bahmüller über das<br />
Chance-Wunsch-Portfolio (CWP). Das CWP ist eine 9-<br />
Felder-Matrix, die Kundenprojekte nach der klassischen<br />
Abschlusswahrscheinlichkeit (Chance) auf der horizontalen<br />
Achse und dem Abschlusswunsch aus Sicht von Bahmüller<br />
und unter Berücksichtigung der Engpassfaktoren<br />
auf der vertikalen Achse einteilt . Als „erwünscht“ werden<br />
somit Projekte erachtet, die eine hohe<br />
Wiederholungswahrscheinlichkeit haben<br />
und/oder einen hohen Deckungsbeitrag der<br />
Engpassstunden aufweisen. „Während die<br />
Chance-Achse die Domäne des Vertriebs ist,<br />
wird die Einteilung auf Wunsch-Achse von<br />
Geschäftsleitung, Controlling und Vertrieb gemeinsam<br />
vorgenommen“, erläuterte Michael<br />
Strauß und zeigte an einem fiktiven Beispiel,<br />
wie sich das praktisch auf die vertriebliche Arbeit<br />
auswirkt. Das Ergebnis: Statt auf den<br />
Umsatz oder den allgemeinen Deckungsbeitrag<br />
zu achten, wird das auf den ersten (klassischen)<br />
Blick uninteressanteste Projekt<br />
berücksichtigt – weil es den höchsten Deckungsbeitrag<br />
pro Engpassstunde liefert.<br />
Basis für das CWP ist eine Datenbank, in der<br />
der Vertrieb alle erforderlichen Informationen<br />
zu potenziellen Projekten sammelt. „Ganz<br />
wichtig dabei: Je höher die Wahrscheinlichkeit,<br />
die Entwicklungsaufwände in anderen<br />
Projekten erneut nutzen zu können, desto<br />
höher klettert das Projekt in der Wunsch-<br />
Skala. Mit dieser Normstrategie verhindern<br />
wir, dass aufwändige Einzelentwicklungen<br />
unsere Kapazitäten blockieren.“<br />
Schleifsituation: Außenschleifscheibe im Eingriff am Werkstück.<br />
Foto: Bahmüller<br />
BISs: Taktung im Sondermaschinenbau<br />
„Lean Production und Taktung im Sondermaschinenbau,<br />
das erschien den meisten unserer Mitarbeiter als Widerspruch“,<br />
schilderte Montage-Leiter Thomas Schumann<br />
die Voraussetzungen für das Projekt BISs (Bahmüller integrierter<br />
Systemtakt). Gemeinsam mit den Beratern der<br />
<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> hatte man sich ambitionierte Ziele gesetzt:<br />
Halbierung der Durchlaufzeiten und um 25 Prozent<br />
reduzierte Aufwendungen.<br />
Effizient takten und synchronisieren lassen sich standardisierte<br />
Prozesse – und so analysierte man den Bau der<br />
komplexesten Maschine und konnte 500 Prozessschritte<br />
definieren. „Der Durchbruch im Bewusstsein der Mitarbeiter<br />
kam, als wir zeigen konnten, dass für sehr viele Arbeitsschritte<br />
die Spezialisten gar nicht benötigt werden –<br />
eine Erkenntnis, die sich perfekt mit dem bei uns gepflegten<br />
Engpassgedanken ergänzte“, so Thomas Schumann.<br />
Dann ging es gemeinsam mit den „Wassermännern“<br />
Schlag auf Schlag: Es wurden in den Teams<br />
mittels Wertstromanalyse 85 Verbesserungspunkte identifiziert.<br />
So lassen sich beispielsweise durch das Delegieren<br />
viele Aufgaben ohne Expertenmitwirkung parallelisieren,<br />
Laufwege und Suchaufwände werden reduziert.<br />
Zusätzlich konnten Komponenten und Teilprozesse identifiziert<br />
werden, die sich auch in sehr speziellen Entwicklungen<br />
immer wiederholten und sich damit als<br />
Vormontage wie kleine Serienfertigungen deutlich effizienter<br />
organisieren lassen – das geht hin bis zu Möglichkeiten,<br />
Grundmaschinen bis zu einem bestimmten Punkt<br />
generisch aufzubauen und sie dann über Optionen projekt-<br />
und kundenbezogen zu individualisieren.<br />
Skepsis weicht Begeisterung<br />
„Nach knapp sechs Monaten hatten wir die<br />
Voraussetzungen für eine Taktung geschaffen. Im Bereich<br />
der Achsenfertigung arbeiten wir bald mit Taktungszellen<br />
nahe einer vollwertigen Serienfertigung. Die anfängliche<br />
Skepsis der Mitarbeiter ist dank der schnell möglichen Erfolge<br />
echter Begeisterung gewichen. Ohne jede konstruktive<br />
Änderung an den Maschinen können wir die<br />
Montagezeiten bereits um 17 Prozent oder etwa 150 Stunden<br />
reduzieren. Mit kleineren konstruktiven Änderungen<br />
sehen wir ein realistisches Potenzial von 23 Prozent. Die<br />
Gesamtdurchlaufzeit sinkt, je nach Projektart, um 24 – 45<br />
Prozent“, so fasste Thomas Schumann die ermittelten Erfolge<br />
zusammen.<br />
Lebhafte Diskussion<br />
Bei der anschließenden Diskussion im Forum zeigte sich,<br />
auf welch großes Interesse die Vorträge gestoßen waren.<br />
Michael Strauß erläuterte auf Nachfrage nochmals: „Die<br />
Selektion von Projekten nach Chance-Wunsch-Portfolio<br />
setzt natürlich voraus, dass die Gesamtnachfrage über der<br />
Kapazität der nur langfristig erweiterbaren Engpassfaktoren<br />
in Konstruktion und Montage liegt“ – aber im Forum<br />
gab es wenig Zweifel, dass dies bei einem so innovativen<br />
Unternehmen wie Bahmüller auch künftig der Fall sein<br />
wird. <br />
Ultra SYNCRO: zwei Werkzeuge sind synchron an einem<br />
Werkstück auf einer Arbeitsstation im Eingriff.<br />
Foto: Bahmüller<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Michael Strauß, Thomas Schuhmann, Wilhelm Bahnmüller Maschinenbau 29
Auftragsplanung nach Engpass-<br />
stunden<br />
Lange Projektzeiten, geringerer<br />
Wettbewerbsdruck – viele<br />
Supply-Chain-Verantwortliche<br />
beneiden ihre Kollegen<br />
aus der Luft- und Raumfahrtindustrie.<br />
Wohl eher zu Unrecht<br />
– denn auch die Firmen<br />
dieser Branche kämpfen mit<br />
zunehmendem Kostendruck<br />
sowie Kapazitätsengpässen<br />
und unternehmen daher große<br />
Anstrengungen zur Optimierung<br />
der Supply-Chain-Planung,<br />
wie der Forumsbeitrag<br />
von MT Aerospace deutlich<br />
machte.<br />
Dieter Roos, Prozessmanager,<br />
MT Aerospace <strong>AG</strong><br />
Das Kind im Manne liebt Raketen<br />
und Flugzeuge – deshalb konnte<br />
sich Dieter Roos, Leiter Prozessmanagement<br />
bei der MT Aerospace<br />
<strong>AG</strong>, sofort der Aufmerksamkeit des<br />
männerdominierten <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-Forums sicher<br />
sein. Spitzentechnologien für Projekte wie die<br />
Ariane 5 – zehn Prozent der Raketenhardware kommt<br />
von MT Aerospace – dominieren das Geschäft. Daneben<br />
werden Produkte wie Flugzeugtanks, Komponenten<br />
für Lenkwaffen und Teleskopantennen in Kleinserien<br />
produziert.<br />
Tankböden für die Zenral- und Oberstufe der Trägerrakete Ariane 5<br />
Waren die Produkte und Märkte der MT Aerospace noch<br />
wenig bekanntes Terrain, so klangen die Optimierungsthemen<br />
dem Auditorium schon wieder sehr vertraut:<br />
Entwicklung und Konstruktion greifen bei MT Aerospace<br />
auf dieselben Ressourcen wie die Kleinserienproduktion<br />
zurück – Engineering, Maschinen, Einrichtungen.<br />
Dieter Roos erläuterte: „Vor Projektbeginn<br />
fehlte uns ein Tool, das uns die zuverlässige Projekt-,<br />
Entwicklungs- und Produktionsbereich übergreifende<br />
Kapazitätsplanung erleichtert. Vereinzelt wurden Ressourcen<br />
überplant und konnten dann nur mühsam wieder<br />
korrigiert werden. Solche Planungskonflikte können<br />
Kundentermine gefährden und meist nur nach dem Prinzip<br />
der Schadensbegrenzung priorisiert werden.“<br />
Alles als Projekt sehen<br />
Zur Erläuterung beschrieb Dieter Roos auf den <strong>Vision</strong>-<br />
<strong>Days</strong> die IT-Architektur im Unternehmen: Während die<br />
Entwicklung in Microsoft Project plante, wurden Planung<br />
und Steuerung der Fertigung in SAP abgebildet.<br />
Die Kapazitätsplanung erfolgte aus dezentralen Datenquellen,<br />
verbunden mit einem großen Aufwand für die<br />
Datenpflege. Fazit: Transparenz und Abgleich der Ressourcenplanung<br />
waren verbesserungswürdig.<br />
„Eine Kernkompetenz von MT Aerospace ist das Engineering,<br />
wofür SAP nicht als geeignetes Planungstool<br />
befunden wurde“, erklärte Dieter Roos. „Die Entscheidung<br />
fiel daher auf Microsoft Enterprise Project Management<br />
(EPM) als Multiprojektmanagement-Tool, um<br />
Projekte unternehmensweit zu planen und zu steuern –<br />
einschließlich der Belegung produktionsnaher Ressourcen.“<br />
Da der Zugriff auf Ressourcen damit sowohl aus SAP<br />
als auch aus Microsoft EPM erfolgen konnte, mussten<br />
beide Systeme „verheiratet“ werden. Mit dieser Aufgabe<br />
wurde die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> betraut, die dafür SAP<br />
Netweaver Business Intelligence nutzte und eine<br />
Schnittstelle zu EPM schuf. Dabei wurden die Arbeitspläne<br />
so strukturiert, dass sie den Anforderungen der<br />
Kunden hinsichtlich Phasenorientierung, Angebotslegung<br />
und Controlling entsprachen und zugleich SAPkonform<br />
waren.<br />
So kann die Fertigung ihre Kapazitäten weiter in SAP<br />
PP planen, die Gesamtplanung der Projekte und ihr Kapazitätsbedarf<br />
aber werden im EPM geführt. Die Mittel-<br />
und Langfristplanung der Fertigung für Serienprodukte<br />
und die Kurzfristplanung in SAP werden nun<br />
ergänzt durch die über die Schnittstelle gelieferten Informationen<br />
aus den Entwicklungsprojekten. „Damit<br />
sind potenzielle Planungsfehler, wie Mehrfachbelegung<br />
einer Ressource aus den verschiedenen Systemen und<br />
Abteilungen heraus ausgeschlossen“, resümierte Dieter<br />
Roos.<br />
Überblick in der Business Intelligence<br />
Die bereichsübergreifende Darstellung der Bedarfe läuft<br />
in SAP BI zusammen. Hier geben die Mitarbeiterdaten<br />
aus SAP HR mit Kompetenzgruppen und Abwesenheiten<br />
sowie die Daten aus SAP PS, SAP CO und SAP PP<br />
ein gemeinsames Bild mit den aus dem EPM abgeleiteten<br />
Kapazitätsbelastungen.<br />
Im Bereich der Entwicklungsprojekte und<br />
Erwartungen läuft die Planung auf zwei Stufen:<br />
Der Grobplan enthält relevante Meilensteine<br />
und Kundentermine und eine Ressourcenplanung<br />
auf generische Ressourcen. Im Feinplan erfolgt die Detaillierung<br />
der Engineering- und Fertigungsarbeiten.<br />
Die Terminvorgaben werden dabei aus dem Grobplan<br />
vererbt. Auch bei den Personalressourcen wird zweistufig<br />
geplant: zunächst auf Kompetenz- und Arbeitsgruppen<br />
und erst in der Kurzfristplanung auf die<br />
einzelnen Mitarbeiter. Für die Abstimmung und Terminplanung<br />
führte MT Aerospace ein Rollenmodell für<br />
die Verantwortlichkeiten und die Ressourcenzuweisung<br />
ein. „Das geht aktuell live“, verriet Referent Dieter<br />
Roos den Zuhörern.<br />
Davon profitiert nicht nur der Planungsprozess, sondern<br />
auch jeder einzelne Mitarbeiter: Jeder hat einen vollständigen<br />
Überblick über seine Aufgaben inklusive des<br />
veranschlagten Zeitbudgets. Durch die Anbindung an<br />
SAP PP und SAP HR sind diese Angaben immer auf<br />
dem aktuellen Stand. Die Abwesenheit oder Nichtverfügbarkeit<br />
von „verplanten“ Mitarbeitern wird unmittelbar<br />
als Kapazitätsbedarf im System verarbeitet – die<br />
Verantwortlichen in den Projekten und/oder Fertigung<br />
können sofort reagieren.<br />
Optimierung der Produktentwicklung<br />
„Dieses Planungskonzept ist umgesetzt, aktuell werden<br />
letzte Anpassungen vorgenommen. Schon jetzt aber ist<br />
eine größere Termintreue und Planungsruhe festzustellen“,<br />
fasste Dieter Roos den aktuellen Status zusammen.<br />
Die Vorstellung seines zweiten Optimierungsprojekts<br />
namens Enterprise Product Development (EPD) straffte<br />
der Referent, um im Zeitplan zu bleiben. Der nach dem<br />
Prinzip Design to Target gestaltete Prozess, den MT Aerospace<br />
derzeit verfeinert, zielt auf eine größere Transparenz<br />
in Entwicklungsprozessen, eine Standardisierung<br />
der Vorgehensweisen und eine aktivere Steuerung<br />
dieser Prozesse. Eine von den Zuhörern vielbeachtete<br />
und heiß diskutierte Innovation ist dabei der „Risikound<br />
Chancen-Manager“ – eine Rolle im Projektteam –,<br />
der die von den Projektbeteiligten identifizierten Risiken<br />
und Chancen in einem Tool dokumentiert, darin<br />
qualitativ und quantitativ bewertet, sowie die Verfolgung<br />
und Aktionen überwacht. „Die Risiken unserer<br />
Projekte frühzeitig zu erkennen und zu bewerten, ist<br />
eine große Herausforderung – auch weil unsere Entwicklungsaufträge<br />
praktisch alle zu Festpreisen erfolgen“,<br />
begründete Dieter Roos diese Position. <br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Dieter Roos, MT Aerospace <strong>AG</strong> 31
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> Nachlese <strong>2011</strong> 33
Durchgängige und<br />
länderübergreifende Supply Chain<br />
Foto: GPN GmbH<br />
Günter Fellner, Kaufmännische Leitung, GPN GmbH (Ein Unternehmen der Greiner Tool.Tec.)<br />
Den Kostenvorteilen einer Vorfertigung über verlängerte Werkbänke in Osteuropa<br />
stehen oft hohe Buchungsaufwände und ein deutlich komplexeres<br />
Planungsbild der Supply Chain gegenüber. Die österreichische GPN, ein<br />
Unternehmen der Greiner Gruppe, präsentierte auf den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> ein<br />
sehr smartes Modell für die grenzübergreifende Supply-Chain-Organisation:<br />
Das GPN-Werk in Tschechien wird als Betriebsstätte des Werkes Nußbach in<br />
Österreich im gleichen ERP-Buchungskreis geführt. Die Vorteile: Rechnungsstellungen<br />
entfallen und die Supply Chain wird in wayRTS als standort- und grenzübergreifende<br />
Prozesskette geplant.<br />
Gleich zu Beginn seines Vortrages sprach Günter Fellner,<br />
Kaufmännische Leitung der GPN GmbH, mit einem Augenzwinkern<br />
eine Warnung aus: „Die Greiner Gruppe ist<br />
etwas Besonderes. Nach dem Vorbild der Zellteilung und<br />
dem Modell der fraktalen Fabrik besteht die Gruppe aus<br />
vielen autark agierenden Einheiten. Wachstum reflektieren<br />
wir über die Teilung eines Unternehmens.“ Und so ist die<br />
Greiner Gruppe als Spezialist für die Kunststofffertigung<br />
und einem Umsatz von mehr als 1 Milliarde Euro nicht in<br />
Unternehmensbereiche, sondern in viele Firmengruppen<br />
geteilt, die sich wiederum in verschiedenen Unternehmen<br />
mit sehr klarem Fokus aufsplitten – „bis hin zu einem Spezialanbieter<br />
für Kunststoffhäuser, die vorrangig in Venezuela<br />
vertrieben werden.“ Insgesamt ist die Gruppe an 116<br />
Standorten in mehr als 28 Ländern aktiv.<br />
„Zellteilung“ macht GPN zum Fertigungsspezialisten<br />
Auch die GPN GmbH entstand 2007 durch Zellteilung aus<br />
der Greiner Extrusion. War Greiner Extrusion zuvor als Lösungsanbieter<br />
und Fertiger am Markt aktiv, so erfolgte 2007<br />
die Ausgliederung der Werkzeugfertigung für Kunststoff-<br />
Extrusionsanlagen in die GPN. GPN ist also ein echter Fertigungsdienstleister.<br />
Gelassen erläuterte Günter Fellner<br />
dem Auditorium: „Ganz im Sinne der Firmenphilosophie<br />
dürfen wir unsere Leistungen als Fertiger auch anderen Unternehmen<br />
anbieten – selbst direkten Wettbewerbern unserer<br />
Schwesterbetriebe. Umgekehrt ist kein Greiner-<br />
Unternehmen verpflichtet, bei uns fertigen zu lassen. Wenn<br />
andere günstiger oder besser sind, ist der Auftrag weg.“ Ein<br />
kurzer Ausflug des Referenten in die Technik der Kunststoff-Extrusion<br />
für Fensterrahmen zeigte den Zuhörern aber<br />
auch, dass es bei GPN um sehr komplexe, kundenspezifische<br />
Werkzeuge geht und technische Kompetenzen sowie<br />
die Qualität der Produkte für GPN den wirksameren Wettbewerbsschutz<br />
bieten.<br />
Das Unternehmen GPN selbst verfügt aktuell über drei<br />
Standorte. Neben der Firmenzentrale im österreichischen<br />
Nußbach (115 Mitarbeiter) gibt es das Werk in Throvè<br />
Sviny, Tschechien, (165 Mitarbeiter) und ein kleines, sehr<br />
eigenständiges Werk in Shanghai (65 Mitarbeiter). Das<br />
Werk in Tschechien fungiert als verlängerte Werkbank für<br />
das Werk Nußbach.<br />
Betriebsstätte Tschechien<br />
„Bei Greiner denken wir in funktionalen Einheiten. Für uns<br />
ist Tschechien als verlängerte Werkbank keine separate Einheit,<br />
vielleicht sind wir deshalb auf das Organisationsmodell<br />
einer Betriebsstätte gekommen“, versuchte es Günter<br />
Fellner mit einer Erklärung der ungewöhnlichen Organisation.<br />
So wird das Werk in Tschechien seit 2006 organisatorisch<br />
und rechtlich als Betriebsstätte des Werkes Nußbach<br />
geführt. In der Behandlung gleicht dies einer ausgelagerten<br />
Kostenstelle und im SAP ERP läuft das tschechische<br />
Werk im gleichen Buchungskreis wie Nußbach. Nußbach<br />
und Sviny sind ein Rechtskörper mit zwei Steuernummern.<br />
Einziger Kompromiss: Das Personal ist aus rechtlichen<br />
Gründen in einer eigenständigen, tschechischen Gesellschaft<br />
angestellt und wird dann an die Betriebsstätte verleast.<br />
Eine smarte Konstruktion mit vielen Vorteilen<br />
Mit dieser Konstruktion entfallen Verrechnungen zwischen den<br />
Werken. „Es fließt kein Geld, es fallen weder Buchungs- noch<br />
Konvertierungskosten oder Kursrisiken an. Die Ertragssteuer<br />
für Tschechien wird nach einer Vereinbarung mit den Behörden<br />
pauschal auf Basis der angefallenen Kosten abgeführt. Das vereinfacht<br />
die Prozesse enorm, selbst Jahresabschluss und Wirtschaftsprüfer<br />
sind eins“, führte Günter Fellner aus.<br />
Gleichzeitig vereinfacht sich die Supply-<br />
Chain-Planung. Von Kunden wie Greiner Extrusion<br />
erhält GPN die Auslegungsinformationen<br />
für die Kunststoffprofile. Diese werden dann GPNintern<br />
in eine Fertigungskonstruktion überführt und die<br />
Werkzeuge dann gefertigt. Teile der CNC-Fertigung, die<br />
Senkerosion und manuelle Fertigungsschritte werden dabei<br />
vom tschechischen Werk übernommen. In der Supply-<br />
Chain-Planung mit der Realtime Software wayRTS, das<br />
GPN seit 2010 im Zusammenspiel mit SAP einsetzt, stellt<br />
sich dies – obwohl grenzüberschreitend – als interner<br />
Werksverkehr für den Teilefluss dar.<br />
Die gesamte Supply Chain wird zentral in Nußbach geplant<br />
und gesteuert. Der Planer hat hier die komplette Sicht auf<br />
beide Werke, die Verladung und Teilefahrten werden im<br />
wayRTS als Prozessschritt visualisiert und geplant. Die<br />
grenzüberschreitenden Warenbewegungen werden vereinfacht<br />
als Umlagerungsbestellungen mit Bestellwert Null erfasst.<br />
Im SAP werden WIA-Bestellungen (Werk-im-<br />
Ausland) generiert, um Lieferscheine und andere Unterlagen<br />
zu generieren.<br />
Integration mit der verlängerten Werkbank –<br />
aber klare Trennung gegenüber gruppeninternen<br />
Kunden<br />
Während die verlängerte Werkbank in Tschechien also<br />
weitgehend integriert ist, fährt GPN gegenüber gruppeninternen<br />
Kunden wie Greiner Extrusion oder dem vor einigen<br />
Jahren zugekauften Unternehmen Gruber Extrusion<br />
eine völlig andere Strategie. „Als Fertigungsdienstleister<br />
für Werkzeuge sind wir wichtiger Bestandteil der Supply<br />
Chain unserer Kunden. Aber: Die gruppeninternen Kunden<br />
haben eigene Produktionsplanungsabteilungen, auch weil<br />
wir die Eigenständigkeit und Neutralität der Einzelunternehmen<br />
wahren wollen. Daraus ergeben sich naturgemäß<br />
Nachteile, wie der Verlust der Gesamtdurchgängigkeit, und<br />
natürlich tendieren die Einzelunternehmen dazu, ineffiziente<br />
Puffer in die Gesamtkette einzufügen. Doch vor dem<br />
Hintergrund unserer Firmenphilosophie ist die Wahrung der<br />
Eigenständigkeit wichtiger“, erklärte Günter Fellner in der<br />
anschließenden Diskussion. Die Nachteile können aber<br />
über gegenseitiges Vertrauen und eine intensive Abstimmung<br />
minimiert werden. So gibt es zwischen Kunden und<br />
GPN vereinbarte Liefervolumina pro Woche, monatliche<br />
Prognose-Meetings und Festlegungen in Form von Lieferzeitkatalogen.<br />
Die Erstbestellungen und auch Bestelltextänderungen<br />
werden per EDI automatisch in die<br />
GPN-Systeme übernommen – aber veränderte Terminwünsche<br />
müssen abgestimmt werden. <br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Günter Fellner, GPN GmbH 35
Im neu gestalteten Supply Chain Cockpit der wayRTS (Real Time Simulation) hat der Produktionsplaner seine wichtigen Kennzahlen im Blick.<br />
Neues aus der<br />
Software-Entwicklung<br />
Für die Software-Ingenieure der <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> sind die <strong>Vision</strong>-<br />
<strong>Days</strong> – neben den Anwendertreffen – eine willkommene Gelegenheit,<br />
um way-Kunden und -Interessenten an ihrer Arbeit<br />
teilhaben zu lassen. Auch in diesem Jahr gab es beim Ausblick auf<br />
die kommenden Software-Releases wieder viel Neues zu berichten.<br />
Schon das mit aktuellen und künftigen way-Anwendern<br />
prall gefüllte Forum zeigte die Bedeutung, die die <strong>Wassermann</strong><br />
<strong>AG</strong> den Kunden bei der Software-Entwicklung<br />
beimisst. „Bitte melden Sie uns Ihre Wünsche und Anregungen.<br />
Unser Ziel ist es, diese möglichst schnell in<br />
die Software zu integrieren“, machte <strong>Wassermann</strong>-Pro-<br />
Robert Teichmann (oben) und Dr. Jörg Dickersbach,<br />
beide <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
duktmanager Dr. Jörg Dickersbach allen Anwesenden<br />
nochmals Mut. „Auch der überwiegende Teil der Verbesserungen,<br />
die wir Ihnen jetzt für die kommenden Releases<br />
vorstellen werden, sind aus Kundenanregungen<br />
entstanden.“<br />
wayRTS 3.2<br />
Dr. Jörg Dickersbach stellt dann auch gleich die aktuellen<br />
Neuerungen im Release wayRTS 3.2 vor. Diese neue<br />
Version wird ab Sommer <strong>2011</strong> verfügbar sein und legt<br />
„das Hauptaugenmerk auf Verbesserungen in der Bedienbarkeit<br />
und damit auch auf die Beschleunigung von<br />
Arbeitsschritten.“ Dazu haben die <strong>Wassermann</strong>-Entwickler<br />
das Supply Chain Cockpit unter ergonomischen<br />
Gesichtspunkten neu überarbeitet und viele kleine Vereinfachungen<br />
bereitgestellt – von zusätzlichen Absprüngen<br />
über erweiterte Filtermöglichkeiten bis zu<br />
überarbeiteten Funktionen wie Scrollen, Zoomen oder<br />
Multi-Select.<br />
Neuerung in wayRTS 3.2<br />
» Supply Chain Cockpit in neuem,<br />
ergonomischerem Design<br />
» Notizfunktionen für Bewegungsdaten,<br />
Vorgänge etc. zum Hinterlegen von<br />
Kommentaren, von Zusatzinformation und<br />
zur Kommunikation zwischen Planern<br />
» Stark erweiterte Listenfunktionen:<br />
» Zusatzfelder für Berechnungen sind einfügbar<br />
» Gruppierungsfunktionen<br />
» Grafische Darstellungen<br />
» Erweiterte Optimierung<br />
» Vorher-Nachher-Vergleich<br />
» Optimierung auf Sammelarbeitsplatzebene<br />
oder Teilnetze<br />
» Berücksichtigung von Lagerkosten<br />
» Erweiterungen im SC-Navigator<br />
» und viele weitere Punkte zur<br />
Benutzerfreundlichkeit<br />
Neue Infofelder und Notizfunktionen bringen zusätzlichen<br />
Komfort in die Bedienung und unterstützen die<br />
Teamarbeit. Stark erweitert wurden die Möglichkeiten<br />
im Bereich der Listenfunktionen, auch „weil diese Liste<br />
eine Hauptarbeitsebene der Anwender ist.“ Durch die<br />
Kombination der erweiterten Listenfunktionen mit den<br />
ebenfalls neu entwickelten Diagrammen erschließen<br />
sich umfassende Reportingmöglichkeiten. Weitere Arbeitsschwerpunkte<br />
der <strong>Wassermann</strong>-Entwickler waren<br />
der Kapa-Manager, der Supply-Chain-Navigator und<br />
die Optimierung.<br />
wayConnect: für perfekte Verbindungen<br />
Über wayConnect lassen sich leistungsfähige<br />
Anbindungen der way-Software an verschiedene ERP-<br />
Systeme schaffen. Dazu verfügt wayConnect über einen<br />
eigenen Business Logic Processor und ein Workflow-<br />
Management, so dass die bidirektionale Datenübergabe<br />
zwischen ERP und SCM exakt parametriert werden<br />
kann. Zusätzlich verfügt wayConnect über ein leistungsfähiges<br />
Monitoring-Modul, dass bei Problemen<br />
Benachrichtigungen versendet und das System bei Netzwerkproblemen<br />
wieder neu aufsetzt. Bereits in der Version<br />
3.1 war eine eigene Cartridge für die Anbindung<br />
von SQL-Datenbanken via ADO/ODBC realisiert worden.<br />
In der kommenden Version 3.2 wird es zudem erhebliche<br />
Performance-Verbesserungen geben:<br />
» Unterstützung für Windows Server 2008 und<br />
Windows 7 (jeweils 32/64 Bit)<br />
» Optimierte SAP-Schnittstelle<br />
» Datenumfang des Exports konfigurierbar<br />
» Verbesserter XML-Prozessor<br />
» Erweiterte User Exits<br />
Schon im April: waySCS 9.6<br />
Bereits im April wurde die neue Version 9.6 der Software<br />
waySCS veröffentlicht. Die Anwender werden<br />
seitdem mit neuen Anmeldedialogen begrüßt. Spaltenauswahl,<br />
Prozessstrukturpflege und Übersichten präsentieren<br />
sich stark verbessert und im Bereich<br />
„drohende Fehlteile“ wurden Funktionen erweitert und<br />
hinzugefügt.<br />
Die Umstellung der Kunden beginnt ab Mai <strong>2011</strong>.<br />
„Auch die Arbeit an der Version 9.7 läuft bereits. Das<br />
dazugehörige Priorisierungs-Meeting innerhalb der<br />
<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> ist für den Juni geplant. Wer als Anwender<br />
noch Wünsche einbringen möchte: bitte bis<br />
Ende Mai über den VISS Web Service an unsere Entwicklungsabteilung“,<br />
schloss Dr. Jörg Dickersbach die<br />
Vorstellung der Neuerungen mit einem erneuten Aufruf<br />
zur Mitarbeit. <br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Robert Teichmann, Dr. Jörg Dickersbach, beide <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> 37
SCM in Zeiten des Umbruch<br />
Der Gesetzgeber beendet das Leben der klassischen Glühbirne in den Ländern<br />
der europäischen Union. Das stellt OSRAM als führenden Lichthersteller vor<br />
große Herausforderungen. Die Supply Chain muss sich auf technologisch neuartige<br />
Produkte mit neuen Lebenszyklen, neue Vorerzeugnislieferanten und ein<br />
verändertes, aber unvorhersehbares Kaufverhalten der Konsumenten einstellen.<br />
Keine leichte Aufgabe, wie OSRAM-Manager Peter Widany in seinem Vortrag „Der<br />
Wandel der Glühlampe zum High-Tech Produkt“ zeigen konnte.<br />
Peter Widany, Director Supply Chain Planning Europe & LAMEA, Osram GmbH<br />
Kann man als Supply Chain Manager überhaupt noch<br />
größeren Veränderungen ausgesetzt sein? Diese Frage<br />
werden sich viele Besucher der <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> nach dem<br />
Vortrag von Peter Widany, Director Supply Chain Planning<br />
Europe & LAMEA bei der OSRAM GmbH, gestellt<br />
haben. Und der Manager demonstrierte die großen<br />
Herausforderungen seiner Branche deutlich: Er hatte<br />
eine Reihe Lampen aus dem aktuellen Portfolio mitgebracht<br />
und schaltete nach und nach diejenigen einfach<br />
ab, die bald vom Markt verschwunden sein werden. Und<br />
das waren nicht wenige – bis September 2012 werden<br />
stufenweise alle herkömmlichen Glühbirnen in Europa<br />
Das Yas-Hotel in Abu Dhabi Foto: Osram<br />
verboten. Diese werden durch neue Technologien wie<br />
Energiesparlampen und LED-Lampen ersetzt. Weitere<br />
praktische Konsequenzen visualisierte Peter Widany an<br />
Regallayouts von Baumärkten. Bis zu knapp 40 Prozent<br />
der Fläche musste hier neu gefüllt werden. Da die neuen<br />
Produkte andere Lebenszyklen aufweisen, fehlen hinsichtlich<br />
der künftigen Absatzzahlen und des Produktmixes<br />
Erfahrungen, auf die man Prognosen stützen<br />
könnte. „Wenn man sich hier um zehn Prozent verschätzt,<br />
bedeutet das eine Produktionslinie mehr oder<br />
weniger“, erfuhren die anwesenden Supply-Chain-<br />
Planer.<br />
Elektronik statt Glas und Gas<br />
Das Retailgeschäft macht bei OSRAM im Bereich Consumer<br />
Lighting den größten Anteil aus und das künftige<br />
Konsumentenverhalten ist hier kaum abzuschätzen. Zusätzlich<br />
musste wegen dieser Ungewissheit und dem<br />
Last-Order-Bedarf für auslaufende Produkte ein hoher<br />
Lagerbestand angelegt werden. Doch dem nicht genug:<br />
Zusätzlich sieht sich die Branche mit völlig neuen Beschaffungsszenarien<br />
konfrontiert. So enthalten LED-<br />
Leuchtkörper viel Elektronik, die mit langen, unsicheren<br />
Lieferzeiten zugekauft werden muss. Zudem begibt<br />
man sich auf einen Beschaffungsmarkt bei Vorerzeugnissen<br />
in Konkurrenz mit Handy und PC-<br />
Herstellern, in dem sich OSRAM erst durchsetzen muss.<br />
Statt im marktnahen Europa werden viele Vorerzeugnisse<br />
jetzt im fernen Asien produziert. So muss der Geschäftsbereich<br />
von<br />
OSRAM schon jetzt<br />
mit hohen Bestandswerten<br />
umgehen.<br />
Globales Planungssystem<br />
Das ruft bei Planern<br />
wie Peter Widany und<br />
den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>-<br />
Besuchern nach Optimierung.<br />
Bei OSRAM<br />
arbeitet man auf eine<br />
weltweite Bedarfsplanung<br />
hin. Regionale<br />
Bedarfs- und Kapazitätsplanungen<br />
sollen in eine globale, rollierende Bedarfs-,<br />
Kapazitäts- und Einkaufsplanung eingehen. Eine<br />
Schlüsselposition nimmt der Vertrieb in den Landesgesellschaften<br />
ein, der jeden Monat rollierend auf Produktgruppenebene<br />
Bedarfszahlen für die folgenden<br />
sechs Monate in das Planungssystem eingibt.<br />
„Es gibt keine Erfahrungswerte bezüglich des Absatzes<br />
neuartiger Leuchtmittel. Der einzige Weg ist also, alle<br />
Beteiligten vom Vertrieb über den Einkauf bis zur Produktion<br />
in den Planungsprozess und damit auch in die<br />
Verantwortung einzubinden“, schildert Peter Widany<br />
den grundlegenden Ansatz. Die Konsequenz für den<br />
Prozess: Der Forecast aus den Regionen wird mit der<br />
Supply-Chain-Planung und den Vertriebs- und Geschäftszielen<br />
abgeglichen, Planabweichungen und Allokationen<br />
in einem monatlichen „Sales & Operations<br />
Meeting“ diskutiert. Nach einem Abgleich der weltweit<br />
vorhandenen Produktionskapazitäten werden seitens der<br />
Vertriebsleitung Mengenkorrekturen festgelegt. Wichtig<br />
für Peter Widany und sein Team ist die Rückkopp-<br />
lung: „Die Landesgesellschaften erhalten<br />
dann ein Feedback bezogen auf die Planungsqualität<br />
und die notwendigen Änderungen.<br />
So sollen Soll-Ist-Vergleiche und Messungen<br />
der Vorhersagegenauigkeit transparent gemacht werden,<br />
um die Qualität der Forecasts systematisch zu erhöhen.“<br />
Auch dieses soll bei OSRAM künftig in SAP geschehen.<br />
Planungsoptimierung hat erst begonnen<br />
Die monatlichen Sales & Operations Meetings sind ein<br />
erster wichtiger Schritt in der Supply-Chain-Optimierung<br />
bei OSRAM. „Ziel ist es, jeweils eine Zahl zu<br />
haben, damit alle wissen, was wir tun“, sagte Peter Widany<br />
und brachte damit eine Grundvoraussetzung für<br />
eine Planung auf den Punkt, die die Balance zwischen<br />
Bestandsminimierung<br />
und Liefertreue ermöglichen<br />
soll. Auch<br />
hier wirken weitere<br />
Veränderungen des<br />
Marktes: War die<br />
Glühbirne aufgrund<br />
der kurzen Lebensdauer<br />
ein VerbrauchsundNachkaufprodukt,<br />
so wird künftig<br />
die Lebensdauer einer<br />
LED-Lampe die der<br />
Leuchte überdauern.<br />
Der Nachkaufmarkt<br />
wird kleiner, stattdessen<br />
kommt es für die<br />
Leuchtmittelhersteller stärker darauf an, beim Designin-Prozess<br />
der Leuchtenhersteller berücksichtigt zu<br />
werden. „Dies wird Veränderungen in unseren Vertriebs-<br />
und Supply-Chain-Strukturen zur Folge haben“,<br />
so Peter Widany.<br />
Der Wandel der Glühbirne zum High-Tech-Produkt Foto: Osram<br />
Diese und andere Bemerkungen des Referenten machten<br />
dem Publikum immer wieder bewusst, wie radikal<br />
die Umstellungen in dieser Branche sind. Doch Peter<br />
Widany schaffte es in seinem Vortrag dennoch, eine professionelle<br />
Gelassenheit an den Tag zu legen. Ganz locker<br />
leistete er am Schluss des Vortrags auch noch eine<br />
kleine Verbraucherberatung für die Anwesenden, zeigte<br />
die passenden Ersatzprodukte und gab den Zuhörern<br />
zum Abschied noch ein paar Tipps zum Thema Energiesparlampen<br />
mit auf den Weg. <br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Peter Widany, Osram GmbH 39
Günter, der innere Schweinehund!<br />
Können 230 Zuhörer nach acht Stunden intensiver Vorträge über Wertschöpfung<br />
und Prozessoptimierung nochmals begeistert und zum Lachen gebracht werden?<br />
Er kann es:<br />
Motivationstrainer Dr. Stefan Frädrich.<br />
Mit einem knuddeligen Stofftier, das einen alten Bekannten symbolisiert: unseren<br />
inneren Schweinehund. Mit viel Esprit und einem ebenso amüsanten wie hintergründigen<br />
Vortrag über die Angst vor Experimenten und Veränderungen.<br />
Man sollte seine Freunde, aber auch seine Feinde gut<br />
kennen. Deshalb hat Dr. Stefan Frädrich dem inneren<br />
Schweinehund einen Namen und ein Gesicht gegeben:<br />
Günter, das hundeartige Wesen mit Schweineschnauze.<br />
Als Stofftier und als Zeichnung personifiziert Günter<br />
unsere Gehirnfunktionen und menschlichen Verhaltensweisen.<br />
Ob Beruf, Sport, Beziehung oder Figur – der innere<br />
Schweinehund Günter fördert die Bequemlichkeit<br />
und findet immer grandiose, überzeugende Ausreden.<br />
„Wenn wir Günter, unseren inneren Schweinehund, zu<br />
einem echten Freund machen wollen, müssen wir ihn<br />
lieben lernen – und dazu müssen wir wissen, warum<br />
unser Günter so geworden ist, wie er sich heute präsentiert“,<br />
begann Dr. Stefan Frädrich seine Freundschaftsinitiative<br />
für Günter.<br />
Dr. Stefan Frädrich.<br />
Motivationstrainer & Coach<br />
Günter stehe für die Gesamtheit unserer durch das Lustund<br />
Schmerzprinzip erlernten Verhaltensweisen. Er ist<br />
unser Freund, denn seine eigentliche Aufgabe ist es, uns<br />
zu beschützen. In ihm werden frühe Prägungen und gelernte<br />
Zusammenhänge zu Routinen, die das Alltagsleben<br />
erleichtern. Im Zeitraffer erläutert Dr. Stefan<br />
Frädrich seine Günter-Zeichnungen und -Skizzen und<br />
führt die Zuschauer so in die psychologischen Grundmuster<br />
des menschlichen Verhaltens und physiologischen<br />
Lernvorgänge ein. Und Frädrich muss es wissen,<br />
denn er promovierte über Persönlichkeitsstörungen bei<br />
Strafgefangenen und arbeitete als Arzt in der Ulmer<br />
Uni-Psychiatrie.<br />
Den Zuhörern erschien kurz vor dem Gala-Dinner<br />
das Beispiel von den „Pizzanervenzellen“<br />
sehr eingängig. Unser<br />
Gehirn bildet nämlich Verknüpfungen<br />
und verstärkt<br />
diese, je nachdem ob eine<br />
Pizza im Restaurant als<br />
wohlschmeckend erfahren<br />
wurde und wieder bestellt oder<br />
als misslungen erlebt und künftig<br />
ignoriert wird. Die ursprünglich<br />
zufällige Wahl aus zwei gleichwertig<br />
erscheinenden Gerichten<br />
wird so zu einem<br />
eingeschliffenen Pfad, der dazu führt, dass häufig das<br />
gleiche Gericht bestellt wird. „Und dieses eingefahrene<br />
Verhalten ist besonders dann sinnvoll, wenn es schnell<br />
gehen soll. Es ist also sinnvoll, allerdings nur bis der<br />
Pizzabäcker wechselt oder sich die Situation verändert“,<br />
erläuterte Frädrich<br />
Wir machen Günter dick und träge<br />
Klein-Günter ist zunächst sehr interessiert und wird von<br />
Kindesbeinen an von seiner Umgebung, den Eltern, Geschwistern<br />
und Freunden mit Informationen gefüttert,<br />
erfährt, was gut oder was gefährlich ist. Daraus ergibt<br />
sich eine Weltsicht, die durch positive und negative Erfahrungen<br />
verändert oder gefestigt wird. Doch mit den<br />
Jahren wächst die Zahl der Routinen und Assoziationen<br />
und so sagt Günter immer häufiger „Das haben wir<br />
schon immer so gemacht“ oder „Lass<br />
das lieber, ist schon mal schief gegangen.“<br />
Den Beweis liefert der Motivationstrainer<br />
mit einem kleinen Assoziationstest:<br />
Fast alle Zuhörer im<br />
Auditorium bilden zu den schnell zugeworfenen<br />
Begrifflichkeiten dieselben<br />
Wortpaare, meist Antonyme.<br />
Dr. Stefan Frädrich spitzte zu: „Die Routinen<br />
schleifen sich so fest ein, dass auch eine<br />
veränderte Realität zunächst nicht akzeptiert<br />
wird. Günter ist vom interessierten kleinen Schweinehündchen<br />
zum dicken trägen inneren Schweinehund geworden.<br />
Warum ist er so schwer zu überwinden?“ – und<br />
liefert mit dem dicken Günter im Fernsehsessel mit Bier<br />
und Chips das amüsante Bild dazu.<br />
Komfortzone ohne Urängste<br />
Drei Urängste sind es laut Frädrich, die<br />
Günter so stark machen. Urangst Nummer<br />
eins: schon der Steinzeit-Günter<br />
sorgte ursprünglich dafür, dass der<br />
Mensch sich nicht überanstrengt und<br />
so Reserven sammelt. Nahrung war<br />
knapp oder zumindest nur unter hohem<br />
Energieaufwand zu beschaffen.<br />
Deshalb galt schon damals:<br />
Überanstrengung<br />
meiden, Kräfte<br />
schonen. Urangst<br />
Nummer zwei:<br />
Gegen einen Säbelzahntiger<br />
verliert<br />
man nur ein Mal. Besser<br />
also: Fehler vermeiden und<br />
alles richtig machen! Und Urangst<br />
Nummer drei: die Angst vor sozialer Zurückweisung.<br />
Mit der Gruppe sollte man sich arrangieren, denn man<br />
will ja nicht allein gegen den Säbelzahntiger kämpfen.<br />
Günter liebt das Gleichgewicht und schafft Systeme mit<br />
der Tendenz zur Stabilität, erklärt Frädrich. Mit seinen<br />
Routinen und Meinungen richtet sich der Mensch in<br />
einer Komfortzone ein, in der er ohne Angst leben kann.<br />
Die Zeichnung dazu zeigt den Schweinehund in seinem<br />
Gartenzwergidyll, umgeben von einem hohen Zaun.<br />
Alles Bestens, solange es keine Herausforderung gibt,<br />
die zum Verlassen dieser Komfortzone zwingt.<br />
Ja, aber…<br />
Frädrich eilt wieder zum Flipchart. Ein Strichmännchen<br />
in einem Kreis: ein junger Mann, beruflich etabliert,<br />
materiell abgesichert, angekommen in seinem Freundeskreis<br />
– ihm fehlt nur eine Frau. Außerhalb des Kreises<br />
zeichnet er eine Strichdame und verlegt die<br />
Situation auf eine Party. Hören wir doch mal, was Günter<br />
jetzt sagt: „Boah, ist die schön. So eine Frau haben<br />
wir uns immer gewünscht. Die sprechen wir an, wenn<br />
wir sie das nächste Mal treffen.“ Warum? Der Pfeil vom<br />
Strichmännchen in Richtung Angebetete strebt auf die<br />
Grenze der Komfortzone zu – dann lässt ihn der Refe-<br />
<strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> <strong>2011</strong> I Dr. Stefan Frädrich, Motivationstrainer 41
ent aber dort wieder umkehren.<br />
Und Günter<br />
begründet ja auch<br />
seinen Impuls: „Ich<br />
will sie jetzt nicht stören.<br />
Ich habe schon zu viel getrunken.<br />
Ich habe noch nicht genug getrunken.<br />
Was wenn sie mich nicht<br />
mag?!!!“<br />
Das Beharren auf dem Bewährten, die Bewahrung vor<br />
Erschöpfung, Misserfolg, Zurückweisung verhindert<br />
das Annehmen neuer Herausforderungen. Dabei gibt es<br />
laut Frädrich unterschiedliche Arten von inneren<br />
Schweinehunden, analog zur Temperamentenlehre nach<br />
Hippokrates, die den Menschen nach ihrer Grund-Wesensart<br />
kategorisiert: Sanguiniker (heiter, aktiv), Melancholiker<br />
(traurig, nachdenklich), Choleriker (reizbar<br />
und erregbar), Phlegmatiker (passiv, schwerfällig). Die<br />
inneren Schweinehunde zeigen sich in den Verhaltensweisen<br />
von Teammitgliedern und wie sie sich jeweils<br />
vor Veränderungen sträuben – gerade den Zuhörern auf<br />
den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong>, die zuvor so viel über Veränderungen<br />
in Organisationen gesprochen haben, kam das bekannt<br />
vor.<br />
BUCHTIPP:<br />
Stefan Frädrich (Autor), Timo Wuerz (Illustrator)<br />
Das Günter-Prinzip:<br />
So motivieren Sie Ihren inneren Schweinehund<br />
Gabal Verlag, ISBN-10: 3869361697<br />
Günter zum Freund machen<br />
Dann erhöhte Dr. Stefan Frädrich nochmals das Tempo.<br />
Wie machen wir uns Günter zum Freund, zum Helfer<br />
und nicht zum Verhinderer? Ganz einfach: „Halten Sie<br />
Günter eine Wurst vor die Nase! Die Mechanismen, die<br />
Günter fett und faul machen, können auch angewandt<br />
werden, um ihn zu überwinden.“ Der Tipp an das Auditorium:<br />
Richten Sie Günters Blick auf die Belohnung, er<br />
lernt nach dem Lust- und Schmerzprinzip. „Abwasch ist<br />
Arbeit? Bäh! Aber sauberes Geschirr ist schön und<br />
bringt Anerkennung!“ Wichtig ist es, seinen inneren<br />
Schweinehund kennenzulernen, seine Routinen zu verstehen,<br />
mit Spaß zu handeln, neue Routinen zu schaffen,<br />
das Biofeedback zu nutzen und durch Körperhaltung<br />
und Lachen die Stimmung zu verbessern. Es<br />
wird Schwierigkeiten geben, aber diese sollten wir bejahen,<br />
das Gute daran finden. Nach einem grafischen<br />
und rednerischen Feuerwerk entlässt Günters Erfinder<br />
Dr. Stefan Frädrich das Publikum mit einem Tipp gegen<br />
die Routine: „Trainieren und interessieren Sie Günter.<br />
Tun Sie bewusst jeden Tag etwas Neues. Auch wenn es<br />
nur Kleinigkeiten sind, erweitern Sie so Ihre – und seine<br />
– Komfortzone.“ <br />
Die Wirtschaftswoche hat die <strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong> mit dem Award<br />
“Best of Consulting <strong>2011</strong>” in der Kategorie Supply Chain Management<br />
ausgezeichnet. Wir haben diese Auszeichnung zum einen als<br />
Anerkennung für unsere Beratungsleistungen im Consulting-Projekt bei<br />
der Carl Zeiss <strong>Vision</strong> International GmbH erhalten. Zum anderen<br />
beurteilte die Jury aber auch die Zufriedenheit von zehn weiteren<br />
befragten Kundenunternehmen. Herzlichen Dank an dieser Stelle an<br />
diese Kunden: Bahmüller Maschinenbau, Baltic Metalltechnik,<br />
Boehringer Ingelheim, Hauser, MAN Diesel & Turbo Schweiz, MAN Truck &<br />
Bus, Miba Gleitlager, MT Aerospace, Novem Car Interior Design und<br />
Walter Meier.<br />
Weitere Informationen zum ausgezeichneten Beratungsprojekt bei Carl Zeiss <strong>Vision</strong><br />
finden Sie auf Seite 22 dieser Nachlese.
Auf Wiedersehen<br />
auf den <strong>Vision</strong>-<strong>Days</strong> 2012<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
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<strong>Wassermann</strong> <strong>AG</strong><br />
Anne Wiegert<br />
Fotos:<br />
Klaus D. Wolf<br />
www.wolf-bild.de<br />
Gastgeber<br />
WASSERMANN <strong>AG</strong><br />
SUPPLY CHAIN EXCELLENCE<br />
VISION<br />
DAYS<br />
2012