Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis
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Alfred Schüller<br />
<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />
<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />
Problematisch ist auch der Gedanke eines Weltwirtschaftsrats zur globalen Steuerung und<br />
Beaufsichtigung der Märkte – etwa durch die G-20-Länder. Von diesen wird angenommen,<br />
sie würden die Kräfteverhältnisse in der internationalen Gemeinschaft ausdrücken 64 und seien<br />
<strong>des</strong>halb geradezu aufgerufen, eine „globale Ordnung“ zu schaffen. Tatsächlich lässt die<br />
Verflechtung der Finanzmärkte verlässliche internationale Stabilisierungsregeln<br />
wünschenswert erscheinen, etwa in Annäherung an die Regel- und Anreizkonstellation der<br />
Goldwährung <strong>als</strong> Muster für eine bewährte Form der Gleichordnung <strong>des</strong> Moralischen und<br />
Institutionellen.<br />
Hierzu bedarf es jedoch zuerst einer untergründigen Verankerung auf nationaler Ebene (siehe<br />
Kapitel II. 2.). Zum Forum der G20-Staaten gehört allein mit den USA, Russland, China und<br />
der EU ein heterogen zusammengesetzter Kreis von Ländern. In den entscheidenden Fragen<br />
der Ordnung der Weltwirtschaft ist dieses Forum bisher eher das, was Wilhelm Röpke ein<br />
„Dach ohne Haus“ genannt hat:<br />
- <strong>Die</strong> USA, das bisher weltweit führende Land im internationalen Währungs-, Bankenund<br />
Finanzmarktgeschehen, hat in den letzten Jahrzehnten mit seiner interventionistisch<br />
angelegten nationalen Geld- und Fiskalpolitik und deren Unterordnung unter<br />
beschäftigungs- und sozialpolitische Zwecke immer wieder prozyklische monetäre<br />
Wirkungen ausgelöst. Wer wird die USA künftig davon abhalten können?<br />
- In Russland und in China besteht eine weitgehende Abhängigkeit aller wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Vorgänge von der Politik. Regierungen, die trotz traumhafter<br />
Umfrageergebnisse zur Herrschaftssicherung auf die Nutzung einer engen Verfilzung<br />
von Politik, Militär, Justiz und Wirtschaft angewiesen zu sein glauben, müssen<br />
konsequenterweise darauf bedacht sein, über das marktwirtschaftliche Geschehen ein<br />
politisches Entscheidungsnetz mit potentieller Schlüsselgewalt zu spannen – damit aus<br />
dem Marktsystem spontan keine unerwünschten Ergebnisse oder gar oppositionellen<br />
Bestrebungen entstehen können. Hierbei bleibt der über den Marktaktivitäten<br />
schwebende politische Staatswille – etwa hinsichtlich der Wechselkurs- und<br />
Zinsbildung - nach Bedarf verdeckt. Unter den gegebenen Ordnungsbedingungen ist<br />
eine Trennung von Politik und Staat einerseits, Unternehmen und Finanzeinrichtungen<br />
andererseits, wie es die Einheit von politischer und wirtschaftlicher Ordnungsidee im<br />
<strong>Die</strong>nste einer vom Geist der Kooperation geprägten internationalen Währungs-, Finanzund<br />
Wirtschaftsordnung erfordert, ausgeschlossen. Kurz: Russland, China und andere<br />
autoritäre politische Systeme werden sich auch weiterhin nicht davon abhalten lassen, je<br />
nach (handels- und industrie-)politischen Zielen den Handels- und Kapitalverkehr zu<br />
beschränken, Wechselkurse und Zinssätze zu manipulieren.<br />
- Wer wird in Deutschland und anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien<br />
oder Griechenland die ordnende Kraft mobilisieren können, um jene Steuer-,<br />
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik durchzusetzen, die erforderlich ist, um die Widerstandsund<br />
Reaktionskraft <strong>des</strong> Marktsystems zu stärken? <strong>Die</strong>se ist aber notwendig, um einer<br />
Stabilisierungskrise gewachsen zu sein, die zu erwarten ist, wenn über kurz oder lang<br />
die Politik <strong>des</strong> billigen Gel<strong>des</strong> von heute aufgegeben werden muss. Wer wird in der EU<br />
dauerhaft verhindern wollen und können, dass das Ziel der Geldwertsicherung gemäß<br />
Artikel 105 <strong>des</strong> Vertrages von Maastricht nach Bedarf eine weite Auslegung erfährt und<br />
dem Wunsch der Regierungen geopfert wird, die Staatsdefizite mit einer inflatorischen<br />
64 Das G-20-Forum für die Kooperation und Konsultation in Fragen <strong>des</strong> internationalen Finanzsystems besteht<br />
informell aus 19 Industrie- und Schwellenländern und der EU, die rund 66 % der Weltbevölkerung und 88 % <strong>des</strong><br />
globalen BIP (Bruttoinlandsprodukt) repräsentieren (Stand 1. Juli 2008).<br />
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