Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis
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Alfred Schüller<br />
<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />
<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />
Mit der erneuten Stärkung der interventionistischen Komponente steht der Fonds in der<br />
Tradition eines Aufgabenverständnisses, die Anfang der 60er Jahre (siehe Kapitel XII, 2)<br />
begründet und nach der Wechselkursfreigabe Anfang der 70er Jahre gleichsam <strong>als</strong> Ersatz für<br />
die ursprüngliche Aufgabe der Wechselkursstabilisierung fortgeführt wurde. Mit der<br />
endgültigen Wechselkursfreigabe im Jahre 1973 hat der Fonds immer mehr den Charakter<br />
einer Entwicklungsbank angenommen. Seine finanziellen Interventionsmittel wurden nach<br />
jeder Finanzkrise bzw. in Umbruchsituationen 62 aufgestockt, um ihn für weitere Notfälle zu<br />
wappnen. Und jede Erweiterung <strong>des</strong> Kreditspielraums kann von den IWF-Repräsentanten <strong>als</strong><br />
Ausdruck einer erfolgreichen Geschäftspolitik ausgewiesen werden – unabhängig von der<br />
Verwendungsqualität <strong>des</strong> Mitteleinsatzes. <strong>Die</strong>sem tonnenideologischen Prinzip der<br />
Budgetmaximierung kommt entgegen, dass der Fonds seine Kredite – anders <strong>als</strong> die Weltbank<br />
– nicht marktmäßig aufbringen und entsprechend verwenden muss. Und auch in seinem<br />
aktuellen interventionistischen Stabilisierungsverständnis neigt der Fonds dazu, kühne<br />
Bedarfsschätzungen für Länder, die – wie auch immer begründet - „unverschuldet“ in den<br />
Sog der Krise geraten sind, mit der Forderung nach einer erheblichen Aufstockung der<br />
Kreditfazilitäten zu verbinden, damit sein Aufgabenverständnis <strong>als</strong> supranationaler<br />
Kreditgeber der letzten Hand auszubauen.<br />
Nun mag eine begrenzte Verschuldungsenthemmung gerechtfertigt sein, wenn durch die<br />
globale Finanzkrise die bisherigen Exporterlöse, Finanzierungsquellen, Importmöglichkeiten<br />
und die Schuldendienstfähigkeit abrupt und vorübergehend in Frage gestellt wären. <strong>Die</strong>s<br />
könnte den verfolgten Weg der wirtschaftlichen Entwicklung gefährden und einen<br />
Zwischenkredit rechtfertigen. Freilich ist auch in einer globalen Finanzkrise von besseren und<br />
schlechteren Schuldnern auszugehen. Im Hinblick darauf werden hier vereinfacht zwei<br />
Gruppen von Ländern unterschieden:<br />
- Länder, die der inneren finanziellen Stabilität, der Etablierung und dem Ausbau<br />
rechtsstaatlich-marktwirtschaftlicher Institutionen sowie offener Währungs- und<br />
Handelsgrenzen prinzipiell Vorrang geben. Damit gelten diese Länder üblicherweise <strong>als</strong><br />
vergleichsweise zuverlässige Schuldner. Ihnen steht das nationale Sparvermögen und<br />
der internationale Kapitalmarkt normalerweise weit offen – mit einem für die weitere<br />
Entwicklung angemessenen Zustrom von Direktinvestitionen, Portfolio-Investitionen<br />
(Aktien und Anleihen), Bankkrediten usw. Hauptnutznießer dieser Entwicklung durch<br />
private Kapit<strong>als</strong>tröme waren in den letzten Jahrzehnten die schnell wachsenden<br />
Schwellenländer Ostasiens, Lateinamerikas und bestimmte Transformationsländer Ost-<br />
Mittel-Europas. In diesen Ländern könnte nun von der krisenspezifischen Hilfe <strong>des</strong><br />
Fonds eine psychologisch und politisch positive Wirkung auf die Regierung und die<br />
Bevölkerung ausgehen, den eingeschlagenen marktwirtschaftlichen Weg nicht<br />
aufzugeben. <strong>Die</strong> Überbrückungshilfe <strong>des</strong> Fonds könnte z. B. verstärkt der finanziellen<br />
Sicherung von Investitionen mit langer Bindungsdauer oder der Förderung von Kleinund<br />
Mittelbetrieben sowie der krisenbedingt erschwerten (vorübergehenden) Sicherung<br />
ihrer bisherigen Importmöglichkeiten dienen. Allerdings dürfte der internationale<br />
Kapitalmarkt für die Auswahl der zu dieser Gruppe zu zählenden Länder bessere<br />
62 So hat der IWF schon kurz nach 1989 den ehemaligen RGW-Ländern, vor allem Russland, auf der Grundlage<br />
höchst problematischer Berechnungsmethoden dubiose Verschuldungszwänge eingeredet. Der Fonds hat damit<br />
die Bereitschaft zu erkennen gegeben, mit Krediten zu helfen, bevor geklärt war, ob eine nach<br />
marktwirtschaftlichen Maßstäben volkswirtschaftlich begründete Kreditverwendung erwartet werden konnte.<br />
Später wurde dann Russland bescheinigt, alle Reformkriterien erfüllt und sogar übererfüllt zu haben. Zugleich<br />
beklagten Repräsentanten <strong>des</strong> IWF, Russland habe den Fonds belogen und wissentlich hinters Licht geführt.<br />
Schließlich wurde eingeräumt, man habe die Komplexität <strong>des</strong> marktwirtschaftlichen Reformprozesses<br />
unterschätzt und zu wenig auf den Aufbau wirkungsvoller Institutionen und ordentlicher Regierungsstrukturen<br />
geachtet (siehe NZZ, Nr. 201 vom 31. 8. 1999, S. 10).<br />
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