Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis
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Alfred Schüller<br />
<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />
<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />
aber die Geld-, Zins- und Wechselkurspolitik in hohem Maße interventionistisch ist, werden<br />
die <strong>des</strong>tabilisierenden Wirkungen auch von den gebundenen Währungsräumen importiert.<br />
Für die gravierenden Konsequenzen von Währungs- und Finanzmarktkrisen 59 wird vielfach<br />
die Ende der 70er Jahre einsetzende beschleunigte Liberalisierung <strong>des</strong> internationalen<br />
Kapitalverkehrs mit einer zunehmenden Verflechtung und Interdependenz der nationalen<br />
Finanzmärkte verantwortlich gemacht. Und mit den vorgeschlagenen Reglementierungen der<br />
weltweiten Finanzmarktintegration wird angenommen: <strong>Die</strong> positiven<br />
<strong>Globalisierung</strong>swirkungen werden mit schwerwiegenderen Nachteilen erkauft, wie die jüngste<br />
Währungs- und Finanzkrise zeige. Ist dieser Angriff auf eine wichtige Triebkraft der<br />
<strong>Globalisierung</strong> hinreichend begründet?<br />
Erstens: Das Ausmaß der internationalen Finanzmarktintegration ist nach Ländern und<br />
Ländergruppen, nach Art und Richtung <strong>des</strong> Kapitalverkehrs unterschiedlich. Auch bereitet die<br />
empirische Erfassung erhebliche Definitions- und Messprobleme. 60<br />
Zweitens: Untersuchungen zur Frage der Vor- und Nachteile einer zunehmenden<br />
Finanzmarktintegration zeigen, dass diese aus sich heraus nicht zu einer erhöhten Instabilität<br />
<strong>des</strong> Finanzsektors neigt, durch die die positiven Wirkungen generell in Frage gestellt würden<br />
(siehe Sket (2002, S. 266 ff.). Finanzmarkt- und Wirtschaftskrisen gehen, wie das aktuelle<br />
Beispiel der USA und die meisten anderen Fälle zeigen, auf Ursachen zurück, die in einem<br />
nationalen Politikversagen liegen – vor allem in der Geld- und Kreditpolitik sowie in der<br />
Währungs-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Das stand im Widerspruch zu den Anforderungen<br />
integrierter Finanzmärkte.<br />
Drittens: Vielfach besteht die Meinung, die staatlich organisierte Daseinsvorsorge weise auf<br />
lange <strong>Sicht</strong> eine größere Zuverlässigkeit auf. Und gegen das Konzept der Regeln <strong>des</strong><br />
gerechten Verhaltens wird immer wieder das Argument der Unvollkommenheit der<br />
Kapitalmärkte angeführt. Im Vergleich dazu wird ein Regierungshandeln – auch mit Blick auf<br />
die Bankenkontrolle - unterstellt, dem hinsichtlich der relevanten Wissensgrundlagen, der<br />
Anreize, der Haftung und Kontrolle der politischen Akteure mehr Perfektion zugetraut wird.<br />
<strong>Die</strong> Darlegungen zur Entstehung der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise stehen im krassen<br />
Widerspruch zu dieser Annahme. Es gibt erdrückende Nachweise dafür, dass Banken- und<br />
Kapitalmarktkrisen entscheidend durch ordnungspolitisches Versagen <strong>des</strong> Staates, häufig in<br />
Verbindung mit drastischen Fehlsteuerungen auf dem Gebiet der Geld-, Währungspolitik und<br />
Finanzpolitik verursacht worden sind. Zudem ist die Sicherheit von freivertraglichen<br />
Vermögensansprüchen immer wieder politischen und sozialen Wünschen geopfert worden.<br />
Ansprüche aus gesetzlichen Sozialversicherungen haben, so hat es der Gesetzgeber gewollt,<br />
größere politische und wirtschaftliche Umbrüche besser überstanden <strong>als</strong><br />
Geldvermögensanlagen und durch Kapital gedeckte Leistungen aus Privatversicherungen.<br />
<strong>Die</strong>se hatten nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg Mühe, den Vertrauensbruch zu<br />
überwinden, den der Staat durch Gewaltanwendung und Krieg, Betrug und Enteignung (auch<br />
59 Vorausgegangen waren eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise in Japan seit den 90er Jahren, die EWS-<br />
Krise von 1992/1993, die Asienkrise 1997/1978 (mit einem teilweisen zweistelligen Rückgang <strong>des</strong> realen<br />
Inlandsprodukts) und die sich daran anschließenden Währungs- und Finanzmarktturbulenzen in Brasilien und in<br />
Russland, schließlich die chaotischen währungs- und finanzpolitischen Entwicklungen seit 2001 in Argentinien<br />
und in der Türkei.<br />
60 Siehe IWF (1998). Zur umstrittenen Frage der Definition, Messung und Reichweite der internationalen<br />
Finanzmarktintegration siehe Sket (2002).<br />
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