Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis

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Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen Korridors bewegt, um so wahrscheinlicher ist eine zukünftige Aufwertung der A-Währung, weil die geldpolitische Gegensteuerung greift. Damit erwarten die Devisenmarktakteure eine Aufwertungstendenz und spekulieren selbst in diese Richtung. Sie kaufen die A-Währung und warten, bis die Aufwertung kommt. Nach der Aufwertung kann dann mit Gewinn wieder in die B-Währung zurückgetauscht werden. Am unteren Rand des Korridors setzt die Stabilisierung in entgegen gesetzter Richtung ein. Damit trägt aber die Devisenspekulation dazu bei, den Wechselkurs um den Mittelwert der Zielzone zu stabilisieren. Da die symmetrische Währungsintervention zugleich unter Vermeidung von Inflation und Deflation die Geldmenge stabilisiert, werden sich die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte am Devisenmarkt auf die Einhaltung des Korridors hin ausrichten. Dieser Ansatz folgt im Kern der Mechanik der Goldwährung, insbesondere der spekulativen Devisenintervention innerhalb der Goldpunkte. Der Pferdefuß liegt im Verlust an wirtschaftspolitischer Autonomie des Landes, das sich den Regeln der Goldwährung unterwirft. Denn die beteiligten Länder müssen bereit sein, die Regel einer symmetrischen Geldpolitik verlässlich einzuhalten, ob es wirtschaftspolitisch gerade passt oder nicht. Der Goldstandard wurde zum Einsturz gebracht, weil die beteiligten Länder zu einer solchen Symmetrie der Regeleinhaltung nicht bereit waren. Sie opferten den Primat der Währungspolitik dem Wunsch nach wirtschafts- und währungspolitischer Autonomie. Wie es dem Zielzonen-Konzept gelingen könnte, diesen wirtschaftspolitischen Prioritätenwandel herbeizuführen, ist nicht ersichtlich. Die Aussicht, durch internationale Koordination oder gar ein Abkommen zu einer institutionellen Absicherung der symmetrischen Geldpolitik zu gelangen, dürfte nicht sehr groß sein. Eine prominente Umsetzung hat das Zielzonen-Konzept insbesondere im Europäischen Währungssystem (EWS) erfahren. Allerdings hat sich hier im kleineren Mitgliederkreis der Mangel an institutionellen Absicherung des Primats der Währungspolitik in wiederholten Spannungen und Neufestlegungen des Wechselkursregimes sowie schließlich in seinem Scheitern niedergeschlagen. 56 d. Stabilisierung durch eine Tobin Steuer? Eine gänzlich andere Überlegung zur Wechselkursstabilisierung liegt der sog. Tobin-Tax 57 zugrunde. Nach James Tobin sind die starken Wechselkursschwankungen auf den Devisenmärkten eine Folge der Finanzmarktexpansion und der hohen Volatilität der Kapitalbewegungen. Vor allem die kurzfristigen Kapitalbewegungen werden für vermeintliche Fehlentwicklungen der Globalisierung (Gefährdung sozialer Standards, von Arbeitsnormen oder der Umwelt) verantwortlich gemacht. So wurde am Rande verschiedener internationaler Konferenzen immer wieder verlangt, Devisengeschäfte zu besteuern. Die negative Beurteilung kurzfristiger Kapitalbewegungen stützt sich auf zwei Thesen: Erstens: Die Dualismus-These geht davon aus, dass die Umsätze auf den Finanzmärkten schneller wachsen als das Handelsvolumen auf den Gütermärkten. Dies wird auf den spekulativen „Spielcasino“-Charakter kurzfristiger Kapitalbewegungen zurückgeführt, die unabhängig von den Faktoren, die für das Gütermarktgeschehen entscheidend sind, ein inhärent instabiles Eigenleben führen. 56 Zu den Gründen im einzelnen siehe Smeets (1993, S. 97 ff.). 57 Siehe Tobin (1989); Schrempp, (1991); Menkhoff und Michaelis (1989). 52

Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen Zweitens: Mit der Dependenz-These wird beklagt, dass die freie Wechselkursentwicklung von Übertreibungen und Blasenbildung („Bubbles“) begleitet ist; hierdurch werde das Preisgefüge verzerrt, was negative Allokationswirkungen habe, die Stabilität der Märkte beeinträchtige und Arbeitsplätze koste. Denn durch rasche Verschiebung von riesigen Kapitalien käme es zu einer Veränderung der Wechselkurse. Die realwirtschaftliche Orientierung, etwa bei Exporten und Importen, aber auch bei langfristigen Kapitalanlagen (Direktinvestitionen), würde hierdurch beeinträchtigt. Die Tobin-Steuer als internationale Devisenumsatzsatzsteuer soll gleichsam „Sand in das Räderwerk der Devisenmärkte“ streuen, um vor allem den kurzfristigen Kapitalverkehr zurückzudrängen, längerfristige Anlagen dagegen weniger hart beschränken. Grenzüberschreitende Devisentransaktionen werden demzufolge mit einem Steuersatz (z) belastet. Bei spekulativen Geschäften wird unterstellt, dass die Steuer zweimal relativ kurz hintereinander fällig wird, einmal, wenn eine „offene Position“ (Verkauf per Termin) eingegangen wird und ein zweites Mal, wenn sie durch einen Kauf aufgelöst wird. Ein Beispiel (siehe Willms, 1995, S. 193): Im Inland betrage der Zins (i) für 12monatige Staatsschuldverschreibungen 10% p.a. (i = 10%). Im Ausland betrage der Zins für vergleichbare Anlagen 12% (i a = 12%). Aufgrund der Zinsdifferenz müsste es ceteris paribus zu einem Kapitalabfluss aus dem Inland kommen. Der inländische Zins würde steigen, der Wechselkurs käme unter Druck (Abwertungstendenz). Wird nun auf diese Transaktion der Steuersatz z erhoben, so schiebt sich dieser wie ein Keil zwischen den inländischen und den ausländischen Zins: Abwertung bzw. Zinsänderung können gemildert oder ganz unterbunden werden. Die Besteuerung wirkt sich wie folgt auf die Kapitaltransaktionen aus: - Je öfter Kapital innerhalb eines Jahres transferiert wird, je kurzfristiger es also angelegt wird, desto häufiger wird die Steuer fällig, um so höher ist die Steuerbelastung. Bei Laufzeiten unter einem Jahr beträgt die Verzinsung ja die pro anno Verzinsung, multipliziert mit einem Laufzeitfaktor (t) gemessen als Anteil des Jahres. Bei jährlicher Laufzeit ist dieser gleich Eins (tJahr=1). Bei halbjährlicher Laufzeit gleich 0,5 (tHalbjahr=0,5) und bei monatlicher Laufzeit gleich 1/12 (tMonat=1/12). Der monatliche Zinsanteil einer Jahresverzinsung von 10% beträgt folglich (vereinfacht): 10%*1/12=0,8%. - Durch die Besteuerung der Zinserträge bei der Rückführung des Kapitals hat nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Höhe des Zinssatzes Einfluss auf die Besteuerungswirkung. Die Beziehung zwischen Steuer, Anlagelaufzeit und Verzinsung lässt sich formal darstellen: - a i * t 2 * z i * t a 2 * z i i t Wird eine Devisenumsatzsteuer von 1 % erhoben (z = 0,01), dann gleicht sich die Rendite von inländischen Anlagen mit i=0,1 und ausländischen Anlagen mit i a =0,12 mit einer Laufzeit von einem Jahr genau aus (0,12*1 - 2*0,01 = 0,1*1. Es liegt ein Arbitragegleichgewicht vor. Bei dieser Devisenumsatzsteuer würden sich kürzer laufende Geschäfte mit dem Ausland nicht lohnen: Bei einer halbjährlichen Anlage wäre die Verzinsung nach Steuern: (0,12*0,5 - 2*0,01 < 0,1*0,5 0,06 - 0,02 < 0,05).Die Anlage im Ausland wäre verlustbringend. Der Ertragssatz für sechsmonatige Anlagen müsste im Ausland schon 14% betragen, bei einmonatiger Laufzeit sogar 34%. (0,34*1/12 - 2*0,01 = 0,1*1/12 0,0283 + 2*0,01 = 0,0083). Eine solche Devisenumsatzsteuer kann also kurzfristige Kapitalströme unattraktiver machen. Transaktionen mit längerer Bindung würden erwartungsgemäß nur schwächer getroffen. Die Tobin-Steuer verwendet ähnlich wie Zölle ein marktkonformes Instrument der Preisbelastung, 53

Alfred Schüller<br />

<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />

<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />

Korridors bewegt, um so wahrscheinlicher ist eine zukünftige Aufwertung der A-Währung,<br />

weil die geldpolitische Gegensteuerung greift. Damit erwarten die Devisenmarktakteure eine<br />

Aufwertungstendenz und spekulieren selbst in diese Richtung. Sie kaufen die A-Währung und<br />

warten, bis die Aufwertung kommt. Nach der Aufwertung kann dann mit Gewinn wieder in<br />

die B-Währung zurückgetauscht werden. Am unteren Rand <strong>des</strong> Korridors setzt die<br />

Stabilisierung in entgegen gesetzter Richtung ein. Damit trägt aber die Devisenspekulation<br />

dazu bei, den Wechselkurs um den Mittelwert der Zielzone zu stabilisieren. Da die<br />

symmetrische Währungsintervention zugleich unter Vermeidung von Inflation und Deflation<br />

die Geldmenge stabilisiert, werden sich die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte am<br />

Devisenmarkt auf die Einhaltung <strong>des</strong> Korridors hin ausrichten.<br />

<strong>Die</strong>ser Ansatz folgt im Kern der Mechanik der Goldwährung, insbesondere der spekulativen<br />

Devisenintervention innerhalb der Goldpunkte. Der Pferdefuß liegt im Verlust an<br />

wirtschaftspolitischer Autonomie <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, das sich den Regeln der Goldwährung<br />

unterwirft. Denn die beteiligten Länder müssen bereit sein, die Regel einer symmetrischen<br />

Geldpolitik verlässlich einzuhalten, ob es wirtschaftspolitisch gerade passt oder nicht. Der<br />

Goldstandard wurde zum Einsturz gebracht, weil die beteiligten Länder zu einer solchen<br />

Symmetrie der Regeleinhaltung nicht bereit waren. Sie opferten den Primat der<br />

Währungspolitik dem Wunsch nach wirtschafts- und währungspolitischer Autonomie. Wie es<br />

dem Zielzonen-Konzept gelingen könnte, diesen wirtschaftspolitischen Prioritätenwandel<br />

herbeizuführen, ist nicht ersichtlich. <strong>Die</strong> Aussicht, durch internationale Koordination oder gar<br />

ein Abkommen zu einer institutionellen Absicherung der symmetrischen Geldpolitik zu<br />

gelangen, dürfte nicht sehr groß sein.<br />

Eine prominente Umsetzung hat das Zielzonen-Konzept insbesondere im Europäischen<br />

Währungssystem (EWS) erfahren. Allerdings hat sich hier im kleineren Mitgliederkreis der<br />

Mangel an institutionellen Absicherung <strong>des</strong> Primats der Währungspolitik in wiederholten<br />

Spannungen und Neufestlegungen <strong>des</strong> Wechselkursregimes sowie schließlich in seinem<br />

Scheitern niedergeschlagen. 56<br />

d. Stabilisierung durch eine Tobin Steuer?<br />

Eine gänzlich andere Überlegung zur Wechselkursstabilisierung liegt der sog. Tobin-Tax 57<br />

zugrunde. Nach James Tobin sind die starken Wechselkursschwankungen auf den<br />

Devisenmärkten eine Folge der Finanzmarktexpansion und der hohen Volatilität der<br />

Kapitalbewegungen. Vor allem die kurzfristigen Kapitalbewegungen werden für<br />

vermeintliche Fehlentwicklungen der <strong>Globalisierung</strong> (Gefährdung sozialer Standards, von<br />

Arbeitsnormen oder der Umwelt) verantwortlich gemacht. So wurde am Rande verschiedener<br />

internationaler Konferenzen immer wieder verlangt, Devisengeschäfte zu besteuern. <strong>Die</strong><br />

negative Beurteilung kurzfristiger Kapitalbewegungen stützt sich auf zwei Thesen:<br />

Erstens: <strong>Die</strong> Dualismus-These geht davon aus, dass die Umsätze auf den Finanzmärkten<br />

schneller wachsen <strong>als</strong> das Handelsvolumen auf den Gütermärkten. <strong>Die</strong>s wird auf den<br />

spekulativen „Spielcasino“-Charakter kurzfristiger Kapitalbewegungen zurückgeführt, die<br />

unabhängig von den Faktoren, die für das Gütermarktgeschehen entscheidend sind, ein<br />

inhärent instabiles Eigenleben führen.<br />

56 Zu den Gründen im einzelnen siehe Smeets (1993, S. 97 ff.).<br />

57 Siehe Tobin (1989); Schrempp, (1991); Menkhoff und Michaelis (1989).<br />

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