Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis

Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis

ordosocialis.de
von ordosocialis.de Mehr von diesem Publisher
12.06.2013 Aufrufe

Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen Vereinigungen und Verbänden, kulturellen, religiösen Gemeinschaften. Das Prinzip, das die internationale und globale Teilung von Wissen und Arbeit vorteilhaft macht, um das Knappheitsproblem zu lösen, ist kein anderes als jenes, welches die Arbeits- und Wissensteilung generell als Mittel des wirtschaftlichen Fortschritts und Wohlstands sowie als Potential für ein friedenstiftendes menschliches Miteinander empfiehlt. Diesem wirtschaftswissenschaftlichen Gedanken des Tauschs als Lehre von der Friedfertigkeit hat Adam Smith (1723-1790) als erster geradezu klassischen Ausdruck verliehen (1776/1999, IV. ii. 11 und 12): „Es ist ein Grundsatz jedes klugen Familienvaters, niemals zu versuchen, das zu Hause zu machen, was ihn mehr kostet, wenn er es selbst macht, als wenn er es kauft....Was im privaten Verhalten jeder Familie klug ist, kann in dem eines großen Königreiches schwerlich töricht sein. Wenn ein fremdes Land uns mit einer Ware billiger versorgen kann, als wir selbst sie erzeugen können, so sollten wir sie besser mit einem Teil des Ertrages unserer eigenen Tätigkeit – und zwar einer solchen, bei der wir einen Vorteil haben – von ihm kaufen.“ Und nach David Ricardos (1772-1823) Theorie der komparativen Kostenunterschiede kann der Gedanke der Arbeitsteilung in Verbindung mit den Vorteilen der Spezialisierung gebracht werden (1817/1972, S. 107 ff.): Ein Mensch mit vielfältigen Fähigkeiten wird auch dann die Leistungen anderer Menschen in Anspruch nehmen, wenn er selbst mehr davon versteht. Es ist vorteilhaft, sich auf die Fähigkeiten zu konzentrieren, die man vergleichsweise am besten beherrscht. Haben Anbieter in einem weniger produktiven Land bei mehreren oder bei allen Erzeugnissen absolut höhere Kosten, so werden sie bei manchen dieser Erzeugnisse einen vergleichsweise geringeren Kostennachteil haben. Und für Anbieter aus Ländern, die umgekehrt bei allen Gütern eine absolute Kostenüberlegenheit haben, ist es klug, nicht alles selbst zu erzeugen, sondern vor allem jene Güter und Güterqualitäten herzustellen und zu exportieren, bei denen die Überlegenheit gegenüber den anderen in- und ausländischen Produzenten größer ist. Ob internationale Wirtschaftsbeziehungen für die beteiligten Wirtschaftssubjekte und Länder vorteilhaft sind, ist also keine Frage ihres Entwicklungsstandes, gemessen etwa an der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität. 1 Die Meinung, die Menschen in Niedriglohnländern würden durch freie Handelsbeziehungen mit den Industrieländern ausgebeutet, beruht auf ungeschultem Denken und dient möglicherweise dem Versuch, mit einem moralischen Vorwand Menschen in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern zu diskriminieren, um Arbeitsplätze und Besitzstände in wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern zu schützen. Wie kann aber die Wissens- und Arbeitsteilung einen Gleichlauf zwischen Einzelinteressen und den Interessen der unzähligen anderen Menschen, die am arbeitsteiligen Austauschprozess wo auch immer in der Welt direkt oder indirekt beteiligt sind, herbeiführen und verlässlich in einem Klima der Friedfertigkeit garantieren? Immerhin wächst mit der räumlichen Ausdehnung, zunehmenden Intensität und Anonymität der Wissens- und Arbeitsteilung und der Überschreitung von Mentalitäts-, Rechts- und Währungsgrenzen die wirtschaftliche Abhängigkeit der Menschen und mit ihr die Ungewissheit und Konfliktanfälligkeit des Wirtschaftens: - Erstens hinsichtlich der Verlässlichkeit der Tauschpartner und der Güterversorgung nach Art und Umfang sowie der Vorteilhaftigkeit der Tauschwertrelationen. Sind die 1 Die durchschnittliche Arbeitsproduktivität ist das Verhältnis von erzeugter Gütermenge zur Anzahl eingesetzter Beschäftigungseinheiten. In der amtlichen Statistik wird die Arbeitsproduktivität durch das reale Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen je Erwerbstätigen gemessen. Im Wachstum der Arbeitsproduktivität wird üblicherweise die wichtigste Quelle des allgemeinen Wohlstands gesehen. Dabei wird häufig übersehen, dass dieses Wachstum dort, wo die Faktorpreisrelationen (vor allem das Verhältnis der Lohn- und Kapitalkosten) nicht knappheitsgerecht sind, mit einem abnehmendem Arbeitskräftebedarf und unter Umständen mit zunehmenden sozialen Problemen verbunden sein kann. Dieses Ergebnis ist freilich nicht durch den Produktivitätsanstieg verursacht, sondern die Folge einer relativen Überbewertung des Faktors Arbeit, die einen – gemessen an den verfügbaren Arbeitskräften - Fehlanreiz für arbeitssparende Investitionen und eine kapitalintensive Produktionsweise ausübt. Deshalb ist – auch im Prozess der Globalisierung – die Herstellung eines knappheitsgerechten Rechnungszusammenhangs ein zentrales Ordnungsproblem (siehe Kapitel IX). 4

Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen Tauschbeziehungen überschaubar, kann man sich durch persönliche Kenntnis der Vertragspartner ein Urteil bilden, ob diese bei der Einlösung der Gegenleistung fair und verlässlich sind. Doch selbst in überschaubaren Sozialbeziehungen sind solche Bemühungen mit Informations-, Übertragungs- und Kontrollkosten (kurz: Transaktionskosten) verbunden. Diese können so hoch sein, dass der Bereich lohnender Austauschbeziehungen erheblich schrumpfen kann. Das gilt besonders dann, wenn die freiwillige tauschwirtschaftliche Güterversorgung durch Diebstahl und Raub, Erpressung, Täuschung, Betrug, durch willkürlichen Vertragsbruch und andere Möglichkeiten der Übervorteilung und Ausbeutung der Partner, etwa durch Marktmacht, gefährdet ist. - Zweitens kann dann hinsichtlich des Verhaltens der Menschen eine so große Unsicherheit und Konfliktträchtigkeit bestehen, dass ein erheblicher Teil der produktiven Kräfte für unproduktive Informations-, Verhandlungs- und Verteidigungsanstrengungen eingesetzt werden muss - notfalls für die gewaltsame Sicherstellung der Gegenleistung und der Güterbeschaffung. Dieser Umstand kann dann die Menschen notdürftig dazu veranlassen, in die autarke Selbstversorgung auszuweichen. Um das zu vermeiden und das Wirtschaften weltweit in den Dienst einer friedfertigen, den Wohlstand mehrenden Wissens- und Arbeitsteilung zu stellen, müssen sich die Tauschpartner mit ihren wechselseitigen Ansprüchen in einem „formell und materiell schützenden Rahmen moralisch-rechtlichinstitutioneller Art geborgen fühlen können. Nur dann werden sie vernünftigerweise bereit sein, die mit dem wohlstandssteigernden Austausch verbundenen Risiken fortgesetzt auf sich zu nehmen“ (Röpke, 1945/1954, S. 105). Aus dem Sachproblem der Knappheitskonflikte wird ein Ordnungsproblem. 2. Das Ordnungsproblem – Die ordnungsökonomische Sicht Für die Lösung können drei Ordnungsebenen unterschieden werden: 1. Die Ebene der spontanen Kooperation auf der Grundlage von informellen Regeln (Konventionen und sittlich-kulturellen Normen des menschlichen Zusammenlebens), die eine wechselseitige Selbstbeschränkung und Selbstkontrolle aus Eigeninteresse bewirken. 2. Die Ebene des Wettbewerbs, der einmal als Verfahren angesehen werden kann, Tatsachen zu entdecken, die ohne sein Bestehen unbekannt bleiben oder doch zumindest nicht genutzt würden (siehe von Hayek, 1969, S. 249 ff.). Zum anderen kann der Wettbewerb als „nicht-autoritäres System sozialer Kontrollen“ (Erich Hoppmann) angesehen werden, die von den Interessen der Mitbewerber auf der Marktnebenseite und den Interessen der Käufer auf der Marktgegenseite bestimmt sind. 3. Die Kontrolle durch den Staat im Falle von Markt- und Wettbewerbsversagen bei der Sicherung der institutionellen Grundlagen für wettbewerbliche Marktprozesse. Das ist die Ebene des Staates als Instanz für den Rechtsschutz 2 und für das Angebot von öffentlichen Gütern (zur ökonomischen Begründung des Rechtsschutz- und des Leistungsstaates siehe Buchanan, 1984). Zu 1: Die erste Ebene beruht nach Smith auf „Tugenden“, die vom Interesse der Menschen bestimmt sind, Missbilligungen oder Beschämungen der Mitmenschen zu vermeiden, Lob, Ansehen und Vertrauenswürdigkeit zu erwerben (siehe Frank, 1992, S. 87) und notfalls mit 2 Die den Austausch und den Wohlstand fördernde Qualität des Rechtsschutzstaates hat Adam Smith (1976/1999, S. 864) wie folgt charakterisiert: „Handel und Gewerbe können selten über längere Zeit in einem Staat gedeihen, der keine geregelte Rechtspflege hat, in dem sich die Leute im Besitz ihres Eigentums nicht sicher fühlen, die Vertragstreue nicht gesetzlich verankert ist und die Staatsgewalt nicht regelmäßig dazu eingesetzt werden soll, von allen Zahlungsfähigen die Zahlung ihrer Schulden zu erzwingen. Kurz, Handel und Gewerbe können selten in einem Staat gedeihen, in dem man nicht einigermaßen auf den Rechtssinn der Regierung vertraut“. 5

Alfred Schüller<br />

<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />

<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />

Vereinigungen und Verbänden, kulturellen, religiösen Gemeinschaften. Das Prinzip, das die<br />

internationale und globale Teilung von Wissen und Arbeit vorteilhaft macht, um das<br />

Knappheitsproblem zu lösen, ist kein anderes <strong>als</strong> jenes, welches die Arbeits- und<br />

Wissensteilung generell <strong>als</strong> Mittel <strong>des</strong> wirtschaftlichen Fortschritts und Wohlstands sowie <strong>als</strong><br />

Potential für ein friedenstiften<strong>des</strong> menschliches Miteinander empfiehlt. <strong>Die</strong>sem<br />

wirtschaftswissenschaftlichen Gedanken <strong>des</strong> Tauschs <strong>als</strong> Lehre von der Friedfertigkeit hat<br />

Adam Smith (1723-1790) <strong>als</strong> erster geradezu klassischen Ausdruck verliehen (1776/1999, IV.<br />

ii. 11 und 12):<br />

„Es ist ein Grundsatz je<strong>des</strong> klugen Familienvaters, niem<strong>als</strong> zu versuchen, das zu Hause zu machen, was ihn mehr<br />

kostet, wenn er es selbst macht, <strong>als</strong> wenn er es kauft....Was im privaten Verhalten jeder Familie klug ist, kann in<br />

dem eines großen Königreiches schwerlich töricht sein. Wenn ein frem<strong>des</strong> Land uns mit einer Ware billiger<br />

versorgen kann, <strong>als</strong> wir selbst sie erzeugen können, so sollten wir sie besser mit einem Teil <strong>des</strong> Ertrages unserer<br />

eigenen Tätigkeit – und zwar einer solchen, bei der wir einen Vorteil haben – von ihm kaufen.“<br />

Und nach David Ricardos (1772-1823) Theorie der komparativen Kostenunterschiede kann<br />

der Gedanke der Arbeitsteilung in Verbindung mit den Vorteilen der Spezialisierung gebracht<br />

werden (1817/1972, S. 107 ff.):<br />

Ein Mensch mit vielfältigen Fähigkeiten wird auch dann die Leistungen anderer Menschen in Anspruch nehmen,<br />

wenn er selbst mehr davon versteht. Es ist vorteilhaft, sich auf die Fähigkeiten zu konzentrieren, die man<br />

vergleichsweise am besten beherrscht. Haben Anbieter in einem weniger produktiven Land bei mehreren oder<br />

bei allen Erzeugnissen absolut höhere Kosten, so werden sie bei manchen dieser Erzeugnisse einen<br />

vergleichsweise geringeren Kostennachteil haben. Und für Anbieter aus Ländern, die umgekehrt bei allen Gütern<br />

eine absolute Kostenüberlegenheit haben, ist es klug, nicht alles selbst zu erzeugen, sondern vor allem jene Güter<br />

und Güterqualitäten herzustellen und zu exportieren, bei denen die Überlegenheit gegenüber den anderen in- und<br />

ausländischen Produzenten größer ist. Ob internationale Wirtschaftsbeziehungen für die beteiligten<br />

Wirtschaftssubjekte und Länder vorteilhaft sind, ist <strong>als</strong>o keine Frage ihres Entwicklungsstan<strong>des</strong>, gemessen etwa<br />

an der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität. 1 <strong>Die</strong> Meinung, die Menschen in Niedriglohnländern würden<br />

durch freie Handelsbeziehungen mit den Industrieländern ausgebeutet, beruht auf ungeschultem Denken und<br />

dient möglicherweise dem Versuch, mit einem moralischen Vorwand Menschen in wirtschaftlich aufstrebenden<br />

Ländern zu diskriminieren, um Arbeitsplätze und Besitzstände in wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern zu<br />

schützen.<br />

Wie kann aber die Wissens- und Arbeitsteilung einen Gleichlauf zwischen Einzelinteressen<br />

und den Interessen der unzähligen anderen Menschen, die am arbeitsteiligen<br />

Austauschprozess wo auch immer in der Welt direkt oder indirekt beteiligt sind, herbeiführen<br />

und verlässlich in einem Klima der Friedfertigkeit garantieren? Immerhin wächst mit der<br />

räumlichen Ausdehnung, zunehmenden Intensität und Anonymität der Wissens- und<br />

Arbeitsteilung und der Überschreitung von Mentalitäts-, Rechts- und Währungsgrenzen die<br />

wirtschaftliche Abhängigkeit der Menschen und mit ihr die Ungewissheit und<br />

Konfliktanfälligkeit <strong>des</strong> Wirtschaftens:<br />

- Erstens hinsichtlich der Verlässlichkeit der Tauschpartner und der Güterversorgung nach Art<br />

und Umfang sowie der Vorteilhaftigkeit der Tauschwertrelationen. Sind die<br />

1 <strong>Die</strong> durchschnittliche Arbeitsproduktivität ist das Verhältnis von erzeugter Gütermenge zur Anzahl eingesetzter<br />

Beschäftigungseinheiten. In der amtlichen Statistik wird die Arbeitsproduktivität durch das reale<br />

Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen je Erwerbstätigen gemessen. Im Wachstum der Arbeitsproduktivität wird<br />

üblicherweise die wichtigste Quelle <strong>des</strong> allgemeinen Wohlstands gesehen. Dabei wird häufig übersehen, dass<br />

dieses Wachstum dort, wo die Faktorpreisrelationen (vor allem das Verhältnis der Lohn- und Kapitalkosten)<br />

nicht knappheitsgerecht sind, mit einem abnehmendem Arbeitskräftebedarf und unter Umständen mit<br />

zunehmenden sozialen Problemen verbunden sein kann. <strong>Die</strong>ses Ergebnis ist freilich nicht durch den<br />

Produktivitätsanstieg verursacht, sondern die Folge einer relativen Überbewertung <strong>des</strong> Faktors Arbeit, die einen<br />

– gemessen an den verfügbaren Arbeitskräften - Fehlanreiz für arbeitssparende Investitionen und eine<br />

kapitalintensive Produktionsweise ausübt. Deshalb ist – auch im Prozess der <strong>Globalisierung</strong> – die Herstellung<br />

eines knappheitsgerechten Rechnungszusammenhangs ein zentrales Ordnungsproblem (siehe Kapitel IX).<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!