Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis

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Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen um eine internationale Wettbewerbsordnung und die Welthandelsordnung unterscheiden sich also nur hinsichtlich des Ansatzpunktes. Im übrigen müssten sich beide Ordnungen ergänzen. Mit zunehmender Zahl und wachsendem ökonomischen Gewicht der Länder, die diese Regeln beachten, können die Wettbewerbsprozesse weltweit einen verfälschungsfreien Charakter annehmen. Die Konsumenten profitieren von geringeren Produktpreisen, besseren Qualitäten und vielfältigeren Angeboten, die Produzenten von diskriminierungsfreien Einkaufs- und Absatzbedingungen. Sinken aufgrund von Deregulierungserfolgen und technischen Neuerungen die Transport- und Informationskosten, so verbessern sich mit der Verdichtung der Kommunikationsnetze die Preiskontakte und die Möglichkeiten, Innovations-, Investitions- und Arbitragevorteile weltweit zu nutzen. Die damit verbundene Verlagerung des Gewichts des Außenhandels vom inter-industriellen (komplementären) auf den intra-industriellen (substitutiven) Güteraustausch fordert von den Herstellern verstärkte Wettbewerbsanstrengungen. Deshalb ist privatwirtschaftlichen Versuchen, den Wettbewerb zu beschränken, häufig auch der erhoffte nachhaltige Erfolg versagt. So lässt sich mit zunehmender Kommerzialisierung des Internet als Tauschmedium beobachten, dass traditionelle Handelswege und Handelsformen durch sogenanntes online-shopping ergänzt oder ersetzt und damit die Möglichkeiten einer globalen Marktausdehnung verbessert werden. 2. Das Internet, eine neue Variante des „Liberalismus von unten“, erleichtert es, nationale Wettbewerbsbeschränkungen aushebeln, wie für Deutschland am Beispiel des Rabattgesetzes, der Zugabeverordnung, des Ladenschlussgesetzes und der Buchpreisbindung gezeigt werden kann (siehe Geruschkat, 2008). Die den Wettbewerb stärkende Potenz des Internet besteht insgesamt darin, nationale Regulierungen weitreichender und schneller auf den Prüfstand des internationalen Wettbewerbs zu stellen. Mit der Ausdehnung des elektronischen Geschäftsverkehrs ist allerdings eine Erschwerung der Durchsetzung zentraler institutioneller Grundlagen der Marktwirtschaft verbunden – der Schutz des Eigentums und der Vertragstreue: - Mit Blick auf den ersten Punkt fallen z. B. für digitalisierbare Güter bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen erhebliche Ermittlungs- und Durchsetzungskosten an. Wie kann das erhöhte Tauschobjektrisiko vermindert werden? Versuche, effektivere Formen des staatlichen und suprastaatlichen Schutzes geistigen Eigentums – etwa durch Belastung der Anbieter entsprechender Produkte mit einer verschärften Haftung („Sekundärhaftung“) für mögliche rechtswidrige Nutzungen – einzuführen, sind mit dem Nachteil hoher Kosten verbunden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Schwächung des staatlichen Urheberrechts hier nicht besser hinzunehmen ist und es den Anbietern zu überlassen, darauf im Wege der Selbsthilfe unternehmerisch zu reagieren? - Zum zweiten Punkt stellt sich das Problem verlässlicher elektronischer Signaturen. Je höher das angestrebte Sicherheitsniveau ist, desto teurer dürften staatliche Bemühungen sein, einen praxisgerechten Rechtsrahmen für elektronisch geschlossene Verträge zu finden. Es ist den Akteuren im elektronischen Geschäftsverkehr zuzumuten, sich im eigenen Interesse um eine angemessene Bewältigung auch des erhöhten Tauschpartnerrisikos zu bemühen, statt auf die ohnehin technisch begrenzten Möglichkeiten des Staates zu setzen – etwa durch Ex ante-Harmonisierung und Supranationalisierung von internetspezifischen Regeln der Vertragssicherung. Bei dem Ruf nach formalen staatlichen oder suprastaatlichen Maßnahmen des „public ordering“ für die Lösung des erhöhten Tauschobjekt- und Tauschpartnerrisikos im elektronischen Geschäftsverkehr wird meist die Ordnungskraft informaler Lösungen (internal oder private ordering) unterschätzt. So ist zu beobachten, dass die Entwicklung des Online-shopping von rasch aufkommenden privaten Reputationssystemen starke Impulse erhält. Als Einrichtungen der Selbstregulierung haben diese offensichtlich komparative Vorteile gegenüber staatlichen Regelsetzungen. Das Kunstwort Netiquette (zusammengesetzt aus Netz und Etikette) steht für die Entwicklung eines internetspezifischen Moralpotentials. Eine Überprüfung von Beispielen für bereits formalisierte Netiquetten unterstützt nach Geruschkat (2008) die Vermutung, dass diese Normensysteme eher Ausdruck von Wertgrundlagen sind, die auf einer viel tieferen Erfahrungsebene angesiedelt, jedenfalls nicht nur 36

Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen im ökonomisch engen wechselseitigen Vorteilsdenken verwurzelt sind. Die Verknüpfung der Ausführungen in Kapitel II. 3. zu den Zehn Geboten der Computerethik ist nahe liegend: 1. Du sollst nicht deinen Computer benutzen, um anderen Schaden zuzufügen. 2. Du sollt nicht anderer Leute Arbeit am Computer behindern. 3. Du sollst nicht in anderer Leute Dateien stöbern. 4. Du sollst nicht den Computer zum Stehlen benutzen. 5. Du sollst nicht den Computer benutzen, um falsches Zeugnis abzulegen. 6. Du sollst nicht Software benutzen oder kopieren, für die du nicht die Nutungs- oder Kopierrechte erworben hast. 7. Du sollst nicht anderer Leute Ressourcen ohne deren Erlaubnis verwenden. 8. Du sollst nicht anderer Leute geistig Werk als deines ausgeben. 9. Du sollst über die sozialen Konsequenzen deiner Programme nachdenken. 10. Du sollst den Computer so benutzen, dass du Verantwortung und Respekt zeigst. Soweit die Ordnungsebenen der verantwortungsethischen Selbstbeschränkung und Gewissensbildung versagen, können ethisch verwerfliche Angebote 40 die staatliche Errichtung eines mit drakonischer Strafandrohung bewehrten Schutzwalls erfordern, wenn es zu. B. gilt, Eltern und Erzieher davor zu bewahren, dass sie bei ihren Bemühungen, dem Überhandnehmen des Vulgären und Unmoralischen in den Massenmedien und im Internet entgegenzuwirken, „eine Sisyphusarbeit verrichten müssen“ (Meyer, 2006, S. 45). Insgesamt ist vom Internet eine den potentiellen Wettbewerb belebende Wirkung zu erwarten. Sie resultiert aus der weltweiten Zunahme der Informations-, Auswahl- und Selektionsmöglichkeiten. Die Beharrungskraft von privaten und staatlichen Wettbewerbsbeschränkungen wird geschwächt. Arbeitsplätze, die auf knappheitswidrigen Arbeitsmarktregulierungen beruhen, geraten hierdurch verstärkt unter den Druck preisgünstiger Einfuhren aus aufstrebenden Ländern. Regierungen, die aus politökonomischen Gründen dazu neigen, Konsumentenvorteile zu opfern, wenn es darum geht, wettbewerbsschwache Produzenten mit einer starken Lobby zu schützen, verlieren an Einfluss. 3. Die Geschichte des GATT hat Licht- und Schattenseiten: Neben beachtlichen Liberalisierungserfolgen gibt es immer wieder Orientierungen am Konfliktmodell mit Rückfällen in den Protektionismus (siehe Gröner und Schüller 1989, S. 429 ff.). Diese haben zeitweilig die GATT-Ordnung von 1947 gefährdet. Die protektionistischen Einbruchstellen der „alten“ GATT-Ordnung sind zugleich die Ansatzpunkte für Lösungsansätze des „neuen“ GATT, also der „World Trade Organisation“ (WTO) von 1994, besonders auch im Hinblick auf die weltwirtschaftliche Integration aufstrebender Länder (siehe Molsberger 1992 und 2001; Sally, 2002). Für den Agrar-, Textil- und Bekleidungshandel, aber auch für den Austausch anderer Güter, wurden Sonderregelungen, auch mit dem Charakter von Einfuhrquoten, durchgesetzt, die den internationalen Preis- und Wettbewerbszusammenhang verzerren oder aufheben. Diesen „Sektoralismus“ 41 will das „neue“ GATT zurückdrängen. Alle offenen und versteckten mengenmäßigen Handelshemmnisse sollen durch sog. Tarifizierung in preiswirksame Beschränkungen (Zölle) umgerechnet werden, die dann im üblichen Verfahren von multilateralen Zollsenkungen abgebaut werden. Hauptansatzpunkt ist der internationale Agrarhandel, der auf diese Weise in die Welthandelsordnung integriert werden soll. 42 Die so angebahnten globalen Preiskontakte sollen dann – allerdings mit wiederum beachtlichen Ausnahmen – durch sukzessiven Tarifabbau in das Netz aller 40 Abtreibung, Rauschgift, Pornographie, pädophile Übergriffe, menschenverachtende, gewaltverherrlichende oder –verharmlosende Spiele, Filme, TV-Sendungen und Internetdarbietungen, Schriften, Auftragsmorde, Kinderhandel usw. 41 In der 2001 begonnenen, weiterhin laufenden sog. Dauha-Runde werden drei Sektoren unterschieden: Der Handel mit Agrarerzeugnissen, mit Industrieerzeugnissen und mit Dienstleistungen. Wieviel von einem erfolgreichen Abschluss der Dauha-Runde abhängt, zeigt der davon weltweit erwartete Wohlfahrtsgewinn von jährlich 160 Mrd. Dollar. 42 Der Agrarbereich vieler Industrieländer weist bei den sog. Marktordnungsgütern einen so hohen Protektionsgrad, nicht zuletzt auch durch Subventionen, auf, dass zu den geltenden Preisen bei verschiedenen Agrargütern Überschüsse produziert wurden und werden, die dann mittels Exportsubventionen auf dem Weltmarkt untergebracht werden müssen. 37

Alfred Schüller<br />

<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />

<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />

im ökonomisch engen wechselseitigen Vorteilsdenken verwurzelt sind. <strong>Die</strong> Verknüpfung der Ausführungen in<br />

Kapitel II. 3. zu den Zehn Geboten der Computerethik ist nahe liegend: 1. Du sollst nicht deinen Computer<br />

benutzen, um anderen Schaden zuzufügen. 2. Du sollt nicht anderer Leute Arbeit am Computer behindern. 3. Du<br />

sollst nicht in anderer Leute Dateien stöbern. 4. Du sollst nicht den Computer zum Stehlen benutzen. 5. Du sollst<br />

nicht den Computer benutzen, um f<strong>als</strong>ches Zeugnis abzulegen. 6. Du sollst nicht Software benutzen oder<br />

kopieren, für die du nicht die Nutungs- oder Kopierrechte erworben hast. 7. Du sollst nicht anderer Leute<br />

Ressourcen ohne deren Erlaubnis verwenden. 8. Du sollst nicht anderer Leute geistig Werk <strong>als</strong> deines ausgeben.<br />

9. Du sollst über die sozialen Konsequenzen deiner Programme nachdenken. 10. Du sollst den Computer so<br />

benutzen, dass du Verantwortung und Respekt zeigst.<br />

Soweit die Ordnungsebenen der verantwortungsethischen Selbstbeschränkung und Gewissensbildung versagen,<br />

können ethisch verwerfliche Angebote 40 die staatliche Errichtung eines mit drakonischer Strafandrohung<br />

bewehrten Schutzwalls erfordern, wenn es zu. B. gilt, Eltern und Erzieher davor zu bewahren, dass sie bei ihren<br />

Bemühungen, dem Überhandnehmen <strong>des</strong> Vulgären und Unmoralischen in den Massenmedien und im Internet<br />

entgegenzuwirken, „eine Sisyphusarbeit verrichten müssen“ (Meyer, 2006, S. 45).<br />

Insgesamt ist vom Internet eine den potentiellen Wettbewerb belebende Wirkung zu erwarten.<br />

Sie resultiert aus der weltweiten Zunahme der Informations-, Auswahl- und<br />

Selektionsmöglichkeiten. <strong>Die</strong> Beharrungskraft von privaten und staatlichen<br />

Wettbewerbsbeschränkungen wird geschwächt. Arbeitsplätze, die auf knappheitswidrigen<br />

Arbeitsmarktregulierungen beruhen, geraten hierdurch verstärkt unter den Druck<br />

preisgünstiger Einfuhren aus aufstrebenden Ländern. Regierungen, die aus politökonomischen<br />

Gründen dazu neigen, Konsumentenvorteile zu opfern, wenn es darum geht,<br />

wettbewerbsschwache Produzenten mit einer starken Lobby zu schützen, verlieren an<br />

Einfluss.<br />

3. <strong>Die</strong> Geschichte <strong>des</strong> GATT hat Licht- und Schattenseiten: Neben beachtlichen<br />

Liberalisierungserfolgen gibt es immer wieder Orientierungen am Konfliktmodell mit<br />

Rückfällen in den Protektionismus (siehe Gröner und Schüller 1989, S. 429 ff.). <strong>Die</strong>se haben<br />

zeitweilig die GATT-Ordnung von 1947 gefährdet. <strong>Die</strong> protektionistischen Einbruchstellen<br />

der „alten“ GATT-Ordnung sind zugleich die Ansatzpunkte für Lösungsansätze <strong>des</strong> „neuen“<br />

GATT, <strong>als</strong>o der „World Trade Organisation“ (WTO) von 1994, besonders auch im Hinblick<br />

auf die weltwirtschaftliche Integration aufstrebender Länder (siehe Molsberger 1992 und<br />

2001; Sally, 2002). Für den Agrar-, Textil- und Bekleidungshandel, aber auch für den<br />

Austausch anderer Güter, wurden Sonderregelungen, auch mit dem Charakter von<br />

Einfuhrquoten, durchgesetzt, die den internationalen Preis- und Wettbewerbszusammenhang<br />

verzerren oder aufheben. <strong>Die</strong>sen „Sektoralismus“ 41 will das „neue“ GATT zurückdrängen.<br />

Alle offenen und versteckten mengenmäßigen Handelshemmnisse sollen durch sog.<br />

Tarifizierung in preiswirksame Beschränkungen (Zölle) umgerechnet werden, die dann im<br />

üblichen Verfahren von multilateralen Zollsenkungen abgebaut werden. Hauptansatzpunkt ist<br />

der internationale Agrarhandel, der auf diese Weise in die Welthandelsordnung integriert<br />

werden soll. 42 <strong>Die</strong> so angebahnten globalen Preiskontakte sollen dann – allerdings mit<br />

wiederum beachtlichen Ausnahmen – durch sukzessiven Tarifabbau in das Netz aller<br />

40 Abtreibung, Rauschgift, Pornographie, pädophile Übergriffe, menschenverachtende, gewaltverherrlichende<br />

oder –verharmlosende Spiele, Filme, TV-Sendungen und Internetdarbietungen, Schriften, Auftragsmorde,<br />

Kinderhandel usw.<br />

41 In der 2001 begonnenen, weiterhin laufenden sog. Dauha-Runde werden drei Sektoren unterschieden: Der<br />

Handel mit Agrarerzeugnissen, mit Industrieerzeugnissen und mit <strong>Die</strong>nstleistungen. Wieviel von einem<br />

erfolgreichen Abschluss der Dauha-Runde abhängt, zeigt der davon weltweit erwartete Wohlfahrtsgewinn von<br />

jährlich 160 Mrd. Dollar.<br />

42 Der Agrarbereich vieler Industrieländer weist bei den sog. Marktordnungsgütern einen so hohen<br />

Protektionsgrad, nicht zuletzt auch durch Subventionen, auf, dass zu den geltenden Preisen bei verschiedenen<br />

Agrargütern Überschüsse produziert wurden und werden, die dann mittels Exportsubventionen auf dem<br />

Weltmarkt untergebracht werden müssen.<br />

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