Globalisierung als Ordnungsaufgabe - Die Sicht des ... - Ordo Socialis

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Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen Schwellenländer fließt als umgekehrt, zeigen: Weltweit integrierte Märkte ermöglichen überall wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Freilich können die aufstrebenden Regionen hierbei auch von Ländern profitieren, in denen bei erhöhter Erlösunsicherheit die Arbeitskosten quasi in Einheitsfront, also unabhängig von den unterschiedlichen Knappheits-, Produktivitäts- und Nachfrageverhältnissen auf den Arbeits- und Gütermärkten, nur noch nach oben beweglich sind - in der illusionären Annahme, die teilweise dramatisch veränderten Knappheits-, Produktivitäts- und Nachfrageverhältnisse auf den Energie- und Rohstoffmärkten sowie auf den Arbeits-, Kapitalund Gütermärkten ließen sich ohne Wohlstandsminderung bewältigen. Bei grundlegend gestörtem Verhältnis zwischen den Lohn- und Kapitalkosten kann es auf zwei Wegen zur Entstehung oder Verfestigung von Arbeitslosigkeit kommen. Erstens kann es günstiger sein 13 , Teile der Wertschöpfung in Länder mit knappheitsgerechten niedrigeren Arbeitskosten zu verlagern. So werden zu teure Arbeitsplätze dorthin wandern, wo das Verhältnis von Arbeitsund Kapitalkosten weniger verfälscht ist und – wie in den „emerging countries“ - Hindernisse für Auslandsinvestitionen abgebaut werden. Zweitens lohnt es sich, den Grad der Kapitalintensität der Produktion im Inland zu erhöhen, einmal generell durch Mehreinsatz von arbeitskostensparenden Maschinen („capital-widening“), zum anderen durch arbeitssparende Rationalisierungsinvestitionen mit einer größeren Produktionstiefe („capital-deepening“). Wenn sich hierdurch die weltoffene Wertschöpfung und die Inlandsbeschäftigung auseinander entwickeln, steht dies nicht im Widerspruch zu der Beobachtung, dass in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit die Gewinne oder Aktienkurse der inländischen Unternehmen steigen und zugleich weitere Arbeitsplätze gestrichen oder nicht mehr neu besetzt werden. Auch eine zugleich florierende Exportwirtschaft mit einer starken Aktivierung der Leistungsbilanz steht dazu nicht im Widerspruch. Denn dem Leistungsbilanzüberschuss liegt spiegelbildlich ein Kapitalexportüberschuss zugrunde. Und soweit hierzu Direktinvestitionen bestimmter Branchen und Unternehmen einen auffallend hohen Beitrag leisten, werden mit diesen zugleich inländische Arbeitsplätze exportiert. So wie Deutschland und Japan seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in der Entwicklung des Lebensstandards gegenüber den USA aufgeholt haben, sind heute die Schwellenländer Süd- und Mittelamerikas, Südostasiens, Südafrikas, der Türkei, die meisten der früheren Ostblockstaaten, China und Indien in einem weltweiten Aufholprozess. Mit dem hierdurch rasch ansteigenden Weltsozialprodukt wächst auch die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen der etablierten Industrieländer - mit einem entsprechenden Wohlfahrtsgewinn. Freilich ist dessen Höhe von der Fähigkeit abhängig, ständig neue Vorsprünge in der Entwicklung der Güterqualität, der Technologie, der Unternehmensorganisation, vor allem aber der staatlichen Ordnungspolitik zu erzielen. d. Verantwortungsethisch handelnde Regierungen Die Regeln der marktwirtschaftlichen Ordnung sind prinzipiell auf Weltoffenheit hin angelegt. Nach wie vor bestimmt die nationale Verfassung eines Landes in der Gestaltungshoheit der Legislative, Exekutive und Judikative, ob und in welchem Maße die Menschen an der weltweiten Wissens- und Arbeitsteilung teilnehmen, auf dieser Grundlage ihre Interessen wahrnehmen und an der Überwindung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Probleme selbstverantwortlich mitwirken können. 13 Dies vor allem dann, wenn die wirtschaftlichen Anreize ausgeschöpft sind, in arbeitssparende Produktionsverfahren, also in Sachkapital zu investieren, das zu teure Arbeitskräfte ersetzen kann. 16

Alfred Schüller Globalisierung als OrdnungsaufgabeDie Sicht des Ordnungsökomomen Verantwortungsethisch handelnde Regerungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht versuchen, mit Globalisierungsängsten der Menschen ein politisches Geschäft zu machen und deren Anfälligkeit für hysterische Reaktionen auf Globalisierungsrisiken zu nutzen, um die Wiederwahlchance zu verbessern. Verantwortungsethische Regierungen sind fähig und bereit, bei den Wählern erfolgreich für einen nüchternen Vergleich der Vor- und Nachteile der Globalisierungschancen unter Hinweis auf die Kosten und Gefahren einer Antiglobalisierungsstrategie zu werben. Das wird dadurch erleichtert, dass mit der Marktausdehnung und multimedialen Vernetzung der Welt die Nachteile geradezu mit den Händen zu greifen sind, die in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit einer protektionistischen und autarkistischen Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik verbunden sind. Entgegen einer landläufigen Auffassung spielen staatliche bzw. im Falle der EU suprastaatliche Grenzen für globale ökonomische Transaktionen auf den Güter- und Faktormärkten (einschließlich der Arbeits-, Währungs- und Finanzmärkte) nach wie vor eine entscheidende Rolle. Aus der beispiellosen Entwicklung der Globalisierungstechnik und den hierdurch ermöglichten dynamischen Wettbewerbs- und Wachstumsprozessen folgen keineswegs zwingend nationale Identitäts- und Autoritätskrisen bzw. das Ende nationaler Politik und der Demokratie. Wer freilich dazu neigt, die gegenwärtig praktizierte „unbeschränkte“ Demokratie, die einem übermäßigen Anspruchsdenken förderlich ist, für angemessen zu halten und die damit verbundenen Anpassungsschwächen im internationalen Wettbewerb – besonders auch in Krisenzeiten – in Kauf zu nehmen, wird dies anders sehen. 2. Gegner und Benachteiligte Die Gegner orientieren sich am Konfrontationsmodell unter Berufung auf unterschiedliche Annahmen und Zielsetzungen: a. Anhänger des Wohlfahrtsstaates Im politischen Prozess der Majoritäts-Demokratie ist mit machtvollen Erwartungen und Bemühungen zu rechnen, die auf ganz bestimmte wirtschaftliche und soziale Ergebnisse gerichtet sind, mag die Finalität dieses Begehrens auch im Widerspruch zur Rationalität weltoffener Märkte und zu den wohlstandsfördernden Potenzen einer entsprechenden Wettbewerbsordnung stehen und nur um den Preis erheblicher Kollektivschädigungen erreichbar sein. Parteien und Regierungen, die dem wohlfahrtsstaatlichen Fürsorgedenken anhängen, verfolgen auf dem Wählerstimmenmarkt eine politische Rationalität, die sich von unter Umständen maßlosen sozialen Gefälligkeiten nährt. Weil dies auf weltoffenen Märkten nicht ohne Wohlfahrtseinbußen der Bürger möglich ist, werden die darin liegenden Herausforderungen gerne als Ausdruck staatlicher Identitäts- und Autoritätskrisen interpretiert und als inakzeptable Gefährdung staatlicher Handlungsspielräume und der Demokratie kritisiert. 14 Die vermeidbar Benachteiligten werden auf dem Wählerstimmenmarkt zu Gegnern weltweit integrierter Märkte. Als Ausweg wird vielfach empfohlen, die Errungenschaften des Wohlfahrtsstaates durch Internationalisierung seiner Gesamtstruktur zu sichern (siehe Myrdal, 1961, S. 132 f.). 14 So sehen Martin und Schumann (1998) in der Globalisierung eine ökonomische Entmachtung des Staates, einen Angriff auf Demokratie und Wohlstand. Hierbei gehen die Autoren davon aus, dass Neigungen zur unbeschränkten Parlamentsherrschaft und kritische Fragen zu den damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen dem internationalen Wettbewerb der Politik entzogen sein sollten. 17

Alfred Schüller<br />

<strong>Globalisierung</strong> <strong>als</strong> <strong>Ordnungsaufgabe</strong> –<br />

<strong>Die</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> Ordnungsökomomen<br />

Schwellenländer fließt <strong>als</strong> umgekehrt, zeigen: Weltweit integrierte Märkte ermöglichen<br />

überall wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt.<br />

Freilich können die aufstrebenden Regionen hierbei auch von Ländern profitieren, in denen<br />

bei erhöhter Erlösunsicherheit die Arbeitskosten quasi in Einheitsfront, <strong>als</strong>o unabhängig von<br />

den unterschiedlichen Knappheits-, Produktivitäts- und Nachfrageverhältnissen auf den<br />

Arbeits- und Gütermärkten, nur noch nach oben beweglich sind - in der illusionären<br />

Annahme, die teilweise dramatisch veränderten Knappheits-, Produktivitäts- und<br />

Nachfrageverhältnisse auf den Energie- und Rohstoffmärkten sowie auf den Arbeits-, Kapitalund<br />

Gütermärkten ließen sich ohne Wohlstandsminderung bewältigen. Bei grundlegend<br />

gestörtem Verhältnis zwischen den Lohn- und Kapitalkosten kann es auf zwei Wegen zur<br />

Entstehung oder Verfestigung von Arbeitslosigkeit kommen. Erstens kann es günstiger sein 13 ,<br />

Teile der Wertschöpfung in Länder mit knappheitsgerechten niedrigeren Arbeitskosten zu<br />

verlagern. So werden zu teure Arbeitsplätze dorthin wandern, wo das Verhältnis von Arbeitsund<br />

Kapitalkosten weniger verfälscht ist und – wie in den „emerging countries“ - Hindernisse<br />

für Auslandsinvestitionen abgebaut werden. Zweitens lohnt es sich, den Grad der<br />

Kapitalintensität der Produktion im Inland zu erhöhen, einmal generell durch Mehreinsatz von<br />

arbeitskostensparenden Maschinen („capital-widening“), zum anderen durch arbeitssparende<br />

Rationalisierungsinvestitionen mit einer größeren Produktionstiefe („capital-deepening“).<br />

Wenn sich hierdurch die weltoffene Wertschöpfung und die Inlandsbeschäftigung auseinander<br />

entwickeln, steht dies nicht im Widerspruch zu der Beobachtung, dass in Zeiten hoher<br />

Arbeitslosigkeit die Gewinne oder Aktienkurse der inländischen Unternehmen steigen und<br />

zugleich weitere Arbeitsplätze gestrichen oder nicht mehr neu besetzt werden. Auch eine<br />

zugleich florierende Exportwirtschaft mit einer starken Aktivierung der Leistungsbilanz steht<br />

dazu nicht im Widerspruch. Denn dem Leistungsbilanzüberschuss liegt spiegelbildlich ein<br />

Kapitalexportüberschuss zugrunde. Und soweit hierzu Direktinvestitionen bestimmter<br />

Branchen und Unternehmen einen auffallend hohen Beitrag leisten, werden mit diesen<br />

zugleich inländische Arbeitsplätze exportiert.<br />

So wie Deutschland und Japan seit den 50er Jahren <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts in der Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Lebensstandards gegenüber den USA aufgeholt haben, sind heute die Schwellenländer<br />

Süd- und Mittelamerikas, Südostasiens, Südafrikas, der Türkei, die meisten der früheren<br />

Ostblockstaaten, China und Indien in einem weltweiten Aufholprozess. Mit dem hierdurch<br />

rasch ansteigenden Weltsozialprodukt wächst auch die Nachfrage nach Gütern und<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen der etablierten Industrieländer - mit einem entsprechenden<br />

Wohlfahrtsgewinn. Freilich ist <strong>des</strong>sen Höhe von der Fähigkeit abhängig, ständig neue<br />

Vorsprünge in der Entwicklung der Güterqualität, der Technologie, der<br />

Unternehmensorganisation, vor allem aber der staatlichen Ordnungspolitik zu erzielen.<br />

d. Verantwortungsethisch handelnde Regierungen<br />

<strong>Die</strong> Regeln der marktwirtschaftlichen Ordnung sind prinzipiell auf Weltoffenheit hin<br />

angelegt. Nach wie vor bestimmt die nationale Verfassung eines Lan<strong>des</strong> in der<br />

Gestaltungshoheit der Legislative, Exekutive und Judikative, ob und in welchem Maße die<br />

Menschen an der weltweiten Wissens- und Arbeitsteilung teilnehmen, auf dieser Grundlage<br />

ihre Interessen wahrnehmen und an der Überwindung ihrer wirtschaftlichen und sozialen<br />

Probleme selbstverantwortlich mitwirken können.<br />

13 <strong>Die</strong>s vor allem dann, wenn die wirtschaftlichen Anreize ausgeschöpft sind, in arbeitssparende<br />

Produktionsverfahren, <strong>als</strong>o in Sachkapital zu investieren, das zu teure Arbeitskräfte ersetzen kann.<br />

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