Partizipative Sozialplanung im Lahn-Dill-Kreis - VSOP
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Meike Menn<br />
Jahrestagung 2011 des Vereins für <strong>Sozialplanung</strong><br />
Berlin, 10. und 11. März 2011<br />
<strong>Sozialplanung</strong><br />
<strong>Partizipative</strong> <strong>Sozialplanung</strong> <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong><br />
Im hessischen <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> mit 23 Städten und Gemeinden und knapp 260.000 EinwohnerInnen<br />
wird bereits seit 2004 eine <strong>Partizipative</strong> <strong>Sozialplanung</strong> umgesetzt. Begonnen wurde mit dem politischen<br />
Auftrag des <strong>Kreis</strong>tages, <strong>Sozialplanung</strong> und Sozialcontrolling <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> aufzubauen<br />
mit dem Ziel, ein flächendeckendes Netz an Beratung u. Förderung <strong>im</strong> Sozial- und Jugendbereich zu<br />
erhalten. Auf Grund des komplexen Aufgabenbereichs und dem eng gesteckten Zeitrahmen wurde<br />
der <strong>Kreis</strong>tagsbeschluss in einer Projektstruktur durchgeführt. Das Projekt endete ein Jahr später<br />
nach der Bestandsaufnahme aller kreisgeförderten psychosozialen Angebote, der genauen Abklärung<br />
der finanziellen Bezuschussung sowie der Angebotsbeschreibung mit der Implementierung der<br />
<strong>Partizipative</strong>n <strong>Sozialplanung</strong> (<strong>Kreis</strong>tagsbeschluss, 13.12.2004).<br />
Die Steuerung dieses Prozesses wurde der „Steuerungsgruppe <strong>Sozialplanung</strong> <strong>im</strong> LDK“ unter Beteiligung<br />
der verschiedenen Fachbereiche des <strong>Kreis</strong>es, der Liga der freien Wohlfahrtspflege, der Sozial-<br />
und Jugendhilfeplanungen sowie der Vorsitzenden der Jugendhilfeausschüsse des <strong>Kreis</strong>es und der<br />
Stadt Wetzlar, der Agentur für Arbeit, des Jobcenters, des Gemeindepsychiatrischen Verbundes<br />
(GpV) und der VertreterInnen der <strong>Kreis</strong>tagsausschüsse, übertragen. Die Steuerungsgruppe <strong>Sozialplanung</strong><br />
- ein koordinierendes und von der Politik beauftragtes Gremium - hat den Auftrag, in verbindlicher<br />
Absprache mit der Stadt Wetzlar, transparente und nachvollziehbare Entscheidungsvorlagen<br />
für die <strong>Kreis</strong>politik zu entwickeln. Somit koordiniert die Steuerungsgruppe <strong>Sozialplanung</strong> den<br />
partizipativen <strong>Sozialplanung</strong>sprozess, gewährleistet die Sozialberichterstattung und die Umsetzung<br />
der in der Rahmenvereinbarung (Neustrukturierung und Kommunalisierung der Förderung sozialer<br />
Hilfen in Hessen) verankerten Grundsätze und bringt die Arbeitsergebnisse in die Entscheidungsprozesse<br />
der Gremien des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es und der Stadt Wetzlar ein.<br />
Der Aufbau der <strong>Partizipative</strong>n <strong>Sozialplanung</strong> wurde durch die gleichzeitig verabschiedete Rahmenvereinbarung<br />
des Landes Hessens über die Grundsätze der Neustrukturierung und Kommunalisierung<br />
der Förderung sozialer Hilfen (Land, LWV, Kommunen) am 14.12.2004 gestärkt. Einige Auszüge<br />
aus der Rahmenvereinbarung verdeutlichen dies:<br />
- „… die bedarfsgerechte Planung und Steuerung der örtlichen Infrastruktur obliegt… in erster Linie<br />
den Kommunen. Diese haben sowohl für die lokale Steuerung als auch für die bedarfsgerechte Versorgung<br />
bzw. Aufgabenlösung jeweils spezifische partizipative <strong>Sozialplanung</strong>sgremien. In diesen Gremien<br />
werden die fachlichen Beratungen zwischen den Trägern, den Nutzern, der Sozialverwaltung und den<br />
politischen Verantwortlichen geführt.“ (RV, Grundsatz, S.2)<br />
- „Die Gebietskörperschaften führen in den zuständigen Gremien unter Beteiligung der Ortsligen eine<br />
kontinuierliche <strong>Sozialplanung</strong> durch.“ (§ 5,1).<br />
- „Die kommunale <strong>Sozialplanung</strong> erfolgt bedarfs-, beteiligungs- und ressourcenorientiert…“ (§ 5,2).<br />
Als Beispiel <strong>Partizipative</strong>r <strong>Sozialplanung</strong> sind folgende Planungsprozesse genannt:<br />
Planungsbericht über die nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz anerkannten freien Träger<br />
über die Grundsätze für leistungs- und qualitätsorientierte Zuwendungsvereinbarungen / Rahmenvereinbarung<br />
(2004)<br />
Erarbeitet wurde eine „Rahmenvereinbarung zwischen dem <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und den nach dem<br />
Schwangerschaftskonfliktgesetz anerkannten freien Trägern über die Grundsätze für leistungs- und<br />
qualitätsorientierte Zuwendungsvereinbarungen“ sowie die zugehörigen „Leitsätze institutioneller
Beratung bei Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikten“ und der Erfassungsbogen für ein<br />
gemeinsames Berichtswesen. Auf dieser gemeinsamen Grundlage ist eine qualitäts- und leistungsgerechte<br />
Finanzierung der Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung <strong>im</strong> Rahmen<br />
des <strong>im</strong> Haushaltsplan vorgesehenen Gesamtbudgets möglich. Im Weiteren wurden mit der Rahmenvereinbarung<br />
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen mit allen freien Trägern abgeschlossen,<br />
die für die Dauer der Rahmenvereinbarung Bestand haben. Dies ermöglicht Planungssicherheit sowohl<br />
für die freien Träger als auch für den <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>.<br />
Darüber hinaus ist es mit dem Einstieg in einen gemeinsamen Qualitätsentwicklungsprozess möglich,<br />
jeweils zeitnahe Zielvereinbarungen aufgrund geänderter gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher<br />
Verhältnisse zu treffen und eine zielgerichtete Steuerung dieses spezifischen Leistungsangebotes<br />
zu realisieren.<br />
Planungsprozess zur Sicherung eines ausreichenden Angebotes von Erziehungs- und Familienberatung<br />
nach dem SGB VIII für den LDK und die Stadt Wetzlar / Rahmenvereinbarung (2005)<br />
Erziehungs- und Familienberatung zählt zu den Angeboten der Jugendhilfe, deren Leistungen <strong>im</strong><br />
Vergleich äußerst effektiv, effizient und kostengünstig erbracht werden. Eine Reduktion des bestehenden<br />
Beratungsangebotes bei kontinuierlich ansteigenden Fallzahlen würde eine kostentreibende<br />
Wirkung für das Gesamtbudget der Jugendhilfe mit sich ziehen. Es ist vielmehr ein Ausbau des qualifizierten<br />
Beratungsangebotes erforderlich, um eine nachhaltig wirksame Kostenbegrenzung bei den<br />
Erziehungshilfen zu sichern.<br />
Die Beratungsstellen <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> waren bis zu diesem Planungsprozess deutlich unterfinanziert,<br />
da in den letzten fünfzehn Jahren keine finanzielle Anpassung der Bezuschussung an die tatsächlich<br />
gestiegenen Kosten stattgefunden hat. Mit der nun entwickelten Rahmenvereinbarung und<br />
den noch abzuschließenden Einzelvereinbarungen gibt es für die freien Träger eine vertragliche<br />
Grundlage mit dem <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> zur Aufrechterhaltung und Sicherung des Beratungsangebotes.<br />
Das schaffte Planungssicherheit sowohl für die freien wie auch für die öffentlichen Träger in Bezug<br />
auf die kontinuierliche Weiterentwicklung eines qualitätsgerechten Leistungsangebots an Erziehungs-<br />
und Familienberatung und dessen Finanzierung.<br />
Die vereinbarten kennzahlengestützten Instrumente des Berichtswesens und der Qualitätsentwicklung<br />
entsprechen den Anforderungen an Transparenz, Zielorientierung und Controlling, wie sie <strong>im</strong><br />
Neuen Steuerungsmodell <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> eingeführt sind und gewährleisten damit die Steuerungsverantwortung<br />
der Kinder- und Jugendhilfe für diesen Leistungsbereich.<br />
Ziel der Rahmenvereinbarung ist es, ein effizientes und effektives vernetztes Angebot an Erziehungs-<br />
und Familienberatung <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und der Stadt Wetzlar zu schaffen und finanziell zu<br />
stabilisieren. Der <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> möchte mit der gewählten Zuwendungsvereinbarung den unterschiedlichen<br />
Rechtsansprüchen auf Leistungsgewährung und deren Finanzierung gerecht werden<br />
und zugleich ein transparentes Verfahren für eine leistungs- und qualitätsbezogene Finanzierung<br />
einführen, die einen Vergleich der Leistung zwischen den Einrichtungen erlaubt.<br />
Planungsbericht: Geschlechtergerechte Jugendarbeit <strong>im</strong> LDK und in der Stadt Wetzlar<br />
Die "AG Mädchenarbeit" entwickelte einen Fragebogen, führte eine Bestandserhebung durch und<br />
erarbeitete abschließend die vorliegenden Empfehlungen zur "Geschlechtergerechten Jugendarbeit<br />
<strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> und in der Stadt Wetzlar" vom Januar 2007. Darauf aufbauend beschloss<br />
der Jugendhilfeausschuss am 8. April 2008 die "Fachlichen Empfehlungen zur pädagogischen<br />
Arbeit mit Mädchen und Jungen <strong>im</strong> Rahmen der geschlechtergerechten Jugendarbeit".<br />
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Auf der Grundlage dieser Empfehlungen wurden Vergabekriterien zur Förderung von Angeboten<br />
pädagogischer Arbeit mit Mädchen und Jungen (JHA; 01.09.2009), eine Checkliste für die Beantragung<br />
von Zuschüssen für die geschlechtergerechte Jugendarbeit <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> (JHA,<br />
19.01.2010) sowie gemeinsame „Leitlinien“ zur pädagogischen Arbeit mit Mädchen und Jungen<br />
(JHA, 25.01.2011) entwickelt.<br />
Sozialbericht 2008 – ein sozialstruktureller Überblick.<br />
Die Sozialberichterstattung in Form des Sozialberichtes stellt eine wesentliche Grundlage für eine<br />
präventiv orientierte <strong>Sozialplanung</strong> und Sozialpolitik dar.<br />
Mit der Erstellung des Sozialberichtes 2008 wurde der Sozialatlas 2000 fortgeschrieben und um<br />
viele neue Daten zu einer integrierten Sozialberichterstattung ergänzt. Der integrierte Sozialbericht<br />
ist damit einer der wenigen auf Landkreisebene in Deutschland und somit ein Novum.<br />
Der Schwerpunkt des Sozialberichtes 2008 liegt auf dem lebenslagenorientierten Ansatz. Die unterschiedlichen<br />
Lebenslagen, wie Armut, Erziehung, Bildung, Betreuung, Erwerbsbeteiligung, Wohnen<br />
und gesellschaftliche Teilhabe wurden dargestellt und auf die Bevölkerungsgruppe der Kinder, Jugendlichen,<br />
Familien, Frauen, älteren Menschen, Migrantinnen und Migranten sowie Menschen mit<br />
Behinderung bezogen. Bei der Erarbeitung galt es, sozialpolitisch aussagekräftige Daten der verschiedenen<br />
Fachbereiche des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es sowie der Städte und Gemeinden, der Arbeitsagentur,<br />
der Polizei und der freien Träger zusammenzuführen.<br />
Vergleichbar dem <strong>im</strong> hessischen Landtag 2008 beschlossenen Sozialbericht, dem Landessozialbericht,<br />
hat der <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> hier bereits auf <strong>Kreis</strong>ebene eine Vorreiterrolle übernommen. Der Sozialbericht<br />
2008 zeigt neben der integrierten Sozialberichterstattung auch zielgerichtete Handlungsempfehlungen<br />
auf, die keine Entscheidungen vorweg nehmen, sondern als Aufgabe der Politik<br />
überlassen.<br />
Begleitforschung zur Kommunalisierung sozialer Hilfen in Hessen<br />
Der Kommunalisierungsprozess und dessen Umsetzung vor Ort wurden in sechs hessischen Kommunen<br />
durch das Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung (RISO) unter Leitung von Prof. Dr. D. Grunow<br />
wissenschaftlich beobachtet. Es fanden teilnehmende Beobachtungen in der Steuerungsgruppe<br />
<strong>Sozialplanung</strong>“ sowie ExpertInneninterviews statt und zentrale Dokumente, wie Protokolle und politische<br />
Beschlüsse, wurden ausgewertet.<br />
Der Abschlussbericht fasst die Beobachtungen, die in der Zeit von Januar 2006 bis Juli 2007 <strong>im</strong> <strong>Lahn</strong>-<br />
<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> gemacht worden sind, und die Erkenntnisse aus den Interviews zusammen und kommt zu<br />
folgender Schlussbemerkung:<br />
„… Insgesamt zeigt der Abschlussbericht aber an zahlreichen Stellen auf, dass der <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong> unter<br />
den von uns untersuchten Beispielen das „Leuchtturmprojekt“ ist: Die Kommune hat ihre günstigen Ausgangsbedingungen<br />
genutzt und die Umsetzung der Kommunalisierung in vor Ort bereits existierende<br />
Arbeitsstrukturen integriert. Damit hat sich eine grundlegende These des Forschungsprojektes bestätigt:<br />
Der Erfolg der Umsetzung der Kommunalisierung hängt vor allen Dingen damit zusammen, auf welche<br />
Ausgangsbedingungen der Umsetzungsprozess in den einzelnen Kommunen stößt“ (Abschlussbericht,<br />
Seite 17).<br />
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Kontakt:<br />
Alle Berichte sind auf der Homepage des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es / <strong>Sozialplanung</strong> einsehbar:<br />
<strong>Kreis</strong>ausschuss des <strong>Lahn</strong>-<strong>Dill</strong>-<strong>Kreis</strong>es<br />
Fachbereich Bildung, Jugend und Familie - Entwicklungsplanung<br />
Meike Menn / Sozialplanerin<br />
Karl-Kellner-Ring 51<br />
35576 Wetzlar<br />
Tel.: 06441 407-1222<br />
Fax: 06441 407-1060<br />
E-Mail: meike.menn@lahn-dill-kreis.de<br />
www.lahn-dill-kreis.de<br />
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