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Synthetische Bio logie – Ethische Überlegungen - EKAH - admin.ch

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Beri<strong>ch</strong>t der Eidgenössis<strong>ch</strong>en<br />

Ethikkommission für die<br />

<strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> im<br />

Ausserhumanberei<strong>ch</strong><br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong> <strong>logie</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Ethis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Überlegungen</strong>


1 Vorbemerkungen 3<br />

2 Der Begriff der Syntheti s<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Bio</strong> lo gie, wie er von der<br />

Wissens<strong>ch</strong>aftsgemeinde<br />

verwendet wird 5<br />

3 <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> als<br />

Arbeitsfeld mit unter s<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

Zielen und Methoden 8<br />

4 Anwendungsberei<strong>ch</strong>e der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> 9<br />

5 Der Anspru<strong>ch</strong> der<br />

Synthe tis<strong>ch</strong>en <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> 10<br />

5.1 Neue Lebewesen 10<br />

5.2 Herstellen 11<br />

5.3 Kontrollierbarkeit 11<br />

5.4 Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e ontolo­<br />

gis<strong>ch</strong>e Konzepte von Leben 12<br />

6 Moralis<strong>ch</strong>er Status der<br />

Lebe wesen, mit denen die<br />

Syn thetis<strong>ch</strong>e <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> arbeitet<br />

oder die als deren Produkte<br />

ges<strong>ch</strong>affen werden 15<br />

6.1 Moralis<strong>ch</strong>e Berücksi<strong>ch</strong>tigung<br />

aufgrund eines Eigenwerts 15<br />

6.2 Moralis<strong>ch</strong>e Berücksi<strong>ch</strong>tigung<br />

von Interessen unabhängig<br />

von einem Eigenwert 17<br />

6.3 Gewi<strong>ch</strong>tung in einer<br />

Gü ter abwägung 17<br />

7 Verantwortungsethis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Überlegungen</strong> 19<br />

7.1 Beeinflussung gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />

Orientierung im<br />

Umgang mit Lebewesen? 19<br />

7.2 Gere<strong>ch</strong>tigkeits überlegungen 20<br />

7.3 Risikoethis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Überlegungen</strong> 22<br />

7.3.1 Sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>te Risiko ermi tt ­<br />

lung und ­bes<strong>ch</strong>reibung 24<br />

7.3.2 Risikobewertung 25<br />

7.3.3 Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>ten 26<br />

7.3.4 S<strong>ch</strong>lussfolgerungen für den<br />

Umgang mit synthetis<strong>ch</strong><br />

hergestellten Organismen 27<br />

8 Zusammenfassung 28<br />

9 Literatur 30


1 Vorbemerkungen<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> bezei<strong>ch</strong>net ein<br />

relativ neues Fors<strong>ch</strong>ungsgebiet, das<br />

Elemente der Molekularbio<strong>logie</strong> (Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>),<br />

der Chemie, der Com ­<br />

pu terwissens<strong>ch</strong>aften und der In genieurs<br />

wissens<strong>ch</strong>aften verbindet. Der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> liegt die Idee<br />

zugrunde, dass si<strong>ch</strong> Lebewesen kontrolliert<br />

und zielgeri<strong>ch</strong>tet umbauen<br />

bzw. konstruieren lassen.<br />

In der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> arbeitet<br />

man mit Systemen, die über Funktionen<br />

von Lebewesen verfügen. Um die<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> aus ethis<strong>ch</strong>er<br />

Si<strong>ch</strong>t beurteilen zu können, kommt deshalb<br />

der Frage na<strong>ch</strong> dem, was Leben<br />

ist, eine zentrale Rolle zu. Diese Frage<br />

stellt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> bei Anwendungen anderer<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n, wurde bisher aber<br />

no<strong>ch</strong> nie so dringli<strong>ch</strong> wahrgenommen<br />

wie bei bestimmten Zielsetzungen der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>.<br />

Der Bundesrat setzte im April 1998 die<br />

<strong>EKAH</strong> als ständige beratende Expertenkommission<br />

ein mit der Aufgabe,<br />

die Entwicklungen und Anwendungen<br />

der ausserhumanen <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> zu<br />

beoba<strong>ch</strong>ten und aus ethis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t<br />

zu beurteilen. Die <strong>EKAH</strong> soll zu den<br />

damit verbundenen wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

und gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Fragen<br />

aus ethis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t Stellung nehmen<br />

und den Bundesrat und die Bundesverwaltung<br />

im Hinblick auf den Erlass<br />

von Vors<strong>ch</strong>riften beraten. 1 Die <strong>EKAH</strong><br />

setzt si<strong>ch</strong> aus maximal 12 Mitgliedern<br />

verwaltungsexterner Expertinnen und<br />

Experten vers<strong>ch</strong>iedener Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>e<br />

zusammen. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder<br />

sind Ethikerinnen und<br />

Ethiker der Fa<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>tungen Philosophie<br />

oder Theo<strong>logie</strong>, weiter sind die Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, Molekularbio <strong>logie</strong>,<br />

Genetik, Medizin und Re<strong>ch</strong>t vertreten.<br />

Die Mitglieder und das Präsidium<br />

werden vom Bundesrat ad personam<br />

ernannt. 2 Die Zusammensetzung soll<br />

gewährleisten, dass unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

ethis<strong>ch</strong>e Denkansätze in den kommissionsinternen<br />

Diskurs einfliessen. Die<br />

<strong>EKAH</strong> wird von einem wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Sekretariat unterstützt und<br />

kann bei Bedarf zusätzli<strong>ch</strong> externe<br />

Expertinnen und Experten beiziehen<br />

sowie Guta<strong>ch</strong>ten in Auftrag geben.<br />

Zur Vorbereitung auf diesen Beri<strong>ch</strong>t<br />

lud die <strong>EKAH</strong> vers<strong>ch</strong>iedene Experten<br />

zu Referaten und Gesprä<strong>ch</strong>en ein<br />

und gab Studien in Auftrag. Um si<strong>ch</strong><br />

1 2003 wurden die <strong>EKAH</strong> und ihr Mandat mit Art. 23<br />

des neu ges<strong>ch</strong>affenen Bundesgesetzes über die<br />

Gente<strong>ch</strong>nik im Ausserhumanberei<strong>ch</strong> (Gente<strong>ch</strong>nikgesetz,<br />

GTG, SR 814.91) auf eine neue gesetzli<strong>ch</strong>e<br />

Grundlage gestellt.<br />

2 Mandat, aktuelle Zusammensetzung sowie alle<br />

Stellungnahmen und Publikationen können auf<br />

www.ekah.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong> eingesehen werden.<br />

3


4<br />

einen Überblick über die bishe rige<br />

phi lo sophis<strong>ch</strong>e Verwendung des Lebensbegriffs<br />

zu vers<strong>ch</strong>affen, gab die<br />

<strong>EKAH</strong> bei PD Dr. Andreas Brenner,<br />

Philosophis<strong>ch</strong>es Seminar der Universität<br />

Basel, ein Guta<strong>ch</strong>ten in Auftrag,<br />

das 2007 unter dem Titel «Leben <strong>–</strong><br />

Eine philosophis<strong>ch</strong>e Untersu<strong>ch</strong>ung» 3<br />

in der Bu<strong>ch</strong>reihe der <strong>EKAH</strong> «Beiträge<br />

zur Ethik und <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>» 4<br />

veröffentli<strong>ch</strong>t wurde. 2007 verfasste<br />

Dr. Anne Eckhardt, risicare GmbH,<br />

Züri<strong>ch</strong>, für die <strong>EKAH</strong> eine Überblicksstudie,<br />

die zeigt, wie das Fors<strong>ch</strong>ungsgebiet<br />

der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

organisiert ist und wel<strong>ch</strong>e Ziele die<br />

un ters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Akteure verfolgen. 5<br />

Prof. Sven Panke vom Institut für Verfahrenste<strong>ch</strong>nik<br />

an der ETH Züri<strong>ch</strong><br />

führte die <strong>EKAH</strong> im September 2007<br />

in die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ein. Ende<br />

2007 gab die <strong>EKAH</strong> zwei weitere Studien<br />

in Auftrag, eines bei Prof. Giovanni<br />

Maio, vom Institut für Ethik und Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

der Medizin der Universität<br />

Freiburg i.Br., um eine «ethis<strong>ch</strong>e Landkarte»<br />

der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> zu<br />

erstellen. Dieses Guta<strong>ch</strong>ten, das er<br />

gemeinsam mit Dr. Joa<strong>ch</strong>im Boldt<br />

und Dr. Oliver Müller verfasste, wurde<br />

2009 unter dem Titel «<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> <strong>–</strong> Eine ethis<strong>ch</strong>­philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Analyse» 6 in der <strong>EKAH</strong>­Bu<strong>ch</strong>reihe<br />

veröffentli<strong>ch</strong>t. Mit einem Guta<strong>ch</strong>ten<br />

zum morali s<strong>ch</strong>en Status künstli<strong>ch</strong>er<br />

Lebewesen wur de das <strong>EKAH</strong>­Mitglied<br />

Dr. Bernard Baerts<strong>ch</strong>i, Institut éthique<br />

biomédicale der Universität Genf,<br />

betraut. Dieses Guta<strong>ch</strong>ten ers<strong>ch</strong>ien<br />

ebenfalls 2009 in der Bu<strong>ch</strong>reihe unter<br />

dem Titel «La vie artificielle <strong>–</strong> Le statut<br />

moral des êtres vivants artificiels». 7<br />

In der Zwis<strong>ch</strong>enzeit diskutierten die<br />

Mitglieder der <strong>EKAH</strong> mit Prof. Beda<br />

Stadler, Ins titut für Immuno<strong>logie</strong> der<br />

Universität Bern, ver s<strong>ch</strong>iedene Le bensbegriffe.<br />

Prof. em. Frederick Meins vom<br />

Friedri<strong>ch</strong> Mies<strong>ch</strong>er Institute (FMI) for<br />

<strong>Bio</strong>medical Resear<strong>ch</strong> in Basel bra<strong>ch</strong>te<br />

der <strong>EKAH</strong> die Rolle der Epigenetik<br />

und die Ursa<strong>ch</strong>en epigenetis<strong>ch</strong>er Phänomene<br />

näher. Prof. Joa<strong>ch</strong>im Frey<br />

vom Institut für Veterinärbakterio<strong>logie</strong><br />

der Universität Bern und Mitglied der<br />

Eidgenössis<strong>ch</strong>en Fa<strong>ch</strong>kommission für<br />

<strong>Bio</strong>si<strong>ch</strong>erheit EFBS wurde über Mikroorganismen,<br />

insbesondere Mycoplasma<br />

sp, als Modelle der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> befragt. Dr. Kurt Hanselmann,<br />

i­resear<strong>ch</strong> and training, Züri<strong>ch</strong> und Mitarbeiter<br />

der Gruppe Microbial Ecology<br />

an der Universität Züri<strong>ch</strong>, referierte<br />

über die Rolle von Mikroorganismen,<br />

ihr Verhalten und ihre Funktionen im<br />

Ökosystem.<br />

3 Andreas Brenner, Leben <strong>–</strong> Eine philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Untersu<strong>ch</strong>ung, Beiträge zur Ethik und <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>,<br />

Band 3, Hrsg. <strong>EKAH</strong>, Bern, 2007.<br />

4 In der Reihe «Beiträge zur Ethik und <strong>Bio</strong> te<strong>ch</strong>­<br />

no <strong>logie</strong>» veröffentli<strong>ch</strong>t die <strong>EKAH</strong> Expertenbe­<br />

ri<strong>ch</strong>te, die in ihrem Auftrag verfasst wurden.<br />

Diese Beri<strong>ch</strong>te liefern Grundlagen für die Auseinandersetzung<br />

mit den ethis<strong>ch</strong>en Aspekten der<br />

<strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> und dienen der Kommission als<br />

Arbeitspapiere. Die Bü<strong>ch</strong>er können über das Verlagswesen<br />

des Bundesamtes für Bauten und Logistik<br />

BBL (www.bundespublikationen.<strong>ch</strong>) oder<br />

über den Bu<strong>ch</strong>handel bezogen werden. Die Texte<br />

können zudem kostenlos von der Website der<br />

<strong>EKAH</strong> (www.ekah.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>) herunter geladen<br />

werden.<br />

5 Anne Eckhardt, <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>. Organisation<br />

und Ziele, Beri<strong>ch</strong>t für die <strong>EKAH</strong>, 2008,<br />

(http://www.ekah.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/de/dokumentation/<br />

externe­guta<strong>ch</strong>ten/index.html).<br />

6 Joa<strong>ch</strong>im Boldt, Oliver Müller, Giovanni Maio, <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> <strong>–</strong> Eine ethis<strong>ch</strong>­philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Analyse, Beiträge zur Ethik und <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>,<br />

Band 5, Hrsg. <strong>EKAH</strong>, Bern, 2009.<br />

7 Bernard Baerts<strong>ch</strong>i, La vie artificielle <strong>–</strong> Le statut<br />

moral des êtres vivants artificiels, Beiträge zur<br />

Ethik und <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>, Band 6, Hrsg. <strong>EKAH</strong>,<br />

Bern, 2009.


2 Der Begriff der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, wie er von der Wissens<strong>ch</strong>aftsgemeinde<br />

verwendet wird<br />

Um die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, ihre<br />

Zielsetzungen und Auswirkungen aus<br />

ethis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t beurteilen zu können,<br />

muss vorerst geklärt werden, was<br />

der Fors<strong>ch</strong>ungsgegenstand der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ist. Zunä<strong>ch</strong>st fällt<br />

auf, wie s<strong>ch</strong>illernd der Begriff der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ni<strong>ch</strong>t nur im<br />

alltägli<strong>ch</strong>en, sondern au<strong>ch</strong> im fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Spra<strong>ch</strong>gebrau<strong>ch</strong> verwendet<br />

wird. Be s<strong>ch</strong>ränken die einen Definitionen<br />

das Ziel der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

darauf, dereinst «die minimalen<br />

Anforderungen für Lebensvorgänge»<br />

zu verstehen 8 , spre<strong>ch</strong>en andere De fini<br />

tio nen davon, mittels der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> bisher natürli<strong>ch</strong>erweise<br />

ni<strong>ch</strong>t vorkommende lebende Systeme<br />

zu s<strong>ch</strong>affen. Beispielsweise sollen Zellen<br />

und deren metabolis<strong>ch</strong>e Vorgänge<br />

so konstruiert und zusammengesetzt<br />

werden, dass sie neue Funktionen<br />

erfüllen. Man<strong>ch</strong>e Fors<strong>ch</strong>enden reden<br />

au<strong>ch</strong> von der Vision, Lebensformen<br />

aus standardisierten DNA­Bestandteilen<br />

von Grund auf neu herzustellen<br />

oder zu verändern oder gar davon,<br />

allein aus <strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>en Bestandteilen<br />

und DNA­Bauplänen Leben zu kreieren.<br />

Steven A. Benner z.B. bes<strong>ch</strong>reibt<br />

diesen Anspru<strong>ch</strong> der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> 2003 in der Zeits<strong>ch</strong>rift Nature<br />

mit diesen Worten:<br />

«To a synthetic biologist, life is a special<br />

kind of <strong>ch</strong>emistry, one that combines<br />

a frequently encountered property of<br />

organic molecules (the ability to undergo<br />

spontaneous transformation)<br />

with an uncommon property (the ability<br />

to direct the synthesis of self-copies),<br />

in a way that allows transformed<br />

molecular structures themselves to<br />

be copied. Any <strong>ch</strong>emical system that<br />

combines these properties will be able<br />

to undergo Darwinian selection, evolving<br />

in structure to replicate more efficiently.<br />

In a word, ‹life› will have been<br />

created». 9<br />

Au<strong>ch</strong> wenn Steven A. Benner davon<br />

spri<strong>ch</strong>t, Leben zu kreieren, überras<strong>ch</strong>t<br />

ni<strong>ch</strong>t, dass er das Wort «Leben» in<br />

An führungszei<strong>ch</strong>en setzt. Denn eine der<br />

zentralen Fragen für die ethis<strong>ch</strong>e Beurteilung<br />

liegt darin, wie das Produkt der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> zu qua li fizieren<br />

ist. Wird tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> Leben hergestellt?<br />

Das setzt die Klärung der Frage voraus,<br />

was Leben ist. Andreas Brenner weist<br />

darauf hin, dass es Naturwissens<strong>ch</strong>aftler<br />

häufig vermieden, diese Frage zu<br />

8 Siehe http://www.ethz.<strong>ch</strong>/news/ethupdate/2007/<br />

070619_1/index.<br />

9 Steven A. Benner, Synthetic <strong>Bio</strong>logy: Act natu­<br />

ral. In: Nature. Vol. 421, 9. Januar 2003, S. 118<br />

(zitiert na<strong>ch</strong> A. Brenner, Leben, 2007, S. 158). <strong>–</strong><br />

Übersetzung: «Für einen <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong>lo­<br />

gen ist Leben eine besondere Art von Chemie,<br />

eine, die eine häufig vorkommende Eigens<strong>ch</strong>aft<br />

organis<strong>ch</strong>er Moleküle (die Fähigkeit, si<strong>ch</strong> spon­<br />

tan verändern zu können) mit einer ungewöhn­<br />

li<strong>ch</strong>en Eigens<strong>ch</strong>aft (der Fähigkeit, die Synthese<br />

zur Selbstreplikation auszuführen), so verbindet,<br />

dass si<strong>ch</strong> veränderte molekulare Strukturen selber<br />

replizieren können. Jedes <strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>e System,<br />

das diese Eigens<strong>ch</strong>aften verbindet, wird si<strong>ch</strong> der<br />

Darwins<strong>ch</strong>en Selektion unterziehen und si<strong>ch</strong><br />

strukturell so weiterentwickeln können, dass es<br />

si<strong>ch</strong> effizienter repliziert. Mit einem Wort: Es wird<br />

‹Leben› kreiert.»<br />

5


6<br />

beantworten. Bei den Pionieren der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> sei dies jedo<strong>ch</strong><br />

anders. Jack W. Szostak, David P. Bartel<br />

und Pier Luigi Luisi unternahmen 2001,<br />

ebenfalls in der Zeits<strong>ch</strong>rift Nature,<br />

einen Defi nitionsversu<strong>ch</strong>, aller dings<br />

au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ohne festzustellen, dass ein<br />

sol<strong>ch</strong>er mit grossen S<strong>ch</strong>wierigkeiten<br />

verbunden ist. 10<br />

«We can consider life as a property that<br />

emerges from the union of two fundamentally<br />

different kinds of repli cating<br />

systems: the informational genome<br />

and the three-dimensional structure<br />

in whi<strong>ch</strong> it resides.» 11<br />

An den aktuellen Definitionen der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, wie sie von<br />

der Wissens<strong>ch</strong>aftsgemeinde selbst<br />

verwendet werden, fällt auf, dass sie<br />

den Begriff «Leben» inzwis<strong>ch</strong>en vorwiegend<br />

vermeiden und stattdessen<br />

von biologis<strong>ch</strong>en Systemen spre<strong>ch</strong>en.<br />

Der te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Charakter der Disziplin<br />

wird in den Vordergrund gestellt. Das<br />

TESSY 12 ­Projekt der Europäis<strong>ch</strong>en<br />

Union definiert <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

folgendermassen:<br />

«Synthetic biology aims to 1. engineer<br />

and study biological systems that do<br />

not exist as su<strong>ch</strong> in nature, and 2. use<br />

this approa<strong>ch</strong> for i) a<strong>ch</strong>ieving better understanding<br />

of life processes, ii) generating<br />

and assembling functional modular<br />

components, or iii) develop novel<br />

applications or processes.» 13<br />

Diese Definition der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong> <strong>logie</strong> ist so allgemein gehalten,<br />

dass au<strong>ch</strong> transgene Organismen darunter<br />

fallen. Sie sagt insofern ni<strong>ch</strong>ts<br />

darüber aus, was an der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> im Verglei<strong>ch</strong> zur Gente<strong>ch</strong>nik<br />

neu ist. Auf der Website der Synthetic<br />

<strong>Bio</strong>logy 4.0 Conference von Oktober<br />

2008 in Hongkong wird die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> so bes<strong>ch</strong>rieben:<br />

«Synthetic <strong>Bio</strong>logy is a new approa<strong>ch</strong><br />

to engineering biology, with an emphasis<br />

on te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>s to write DNA.<br />

Recent advances make the de novo<br />

<strong>ch</strong>emical synthesis of long DNA polymers<br />

routine and precise. Foundational<br />

work, including the standardization<br />

of DNA-encoded parts and devices, enables<br />

them to be combined to create<br />

programs to control cells.» 14<br />

10 Andreas Brenner, Leben <strong>–</strong> Eine philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Untersu<strong>ch</strong>ung, 2007, S. 156.<br />

11 Jack W. Szostak, David P. Bartel und Pier Luigi<br />

Luisi, Synthesizing life. In: Nature: Vol. 409,<br />

18. Janu ar 2001, S. 387 (zitiert na<strong>ch</strong> A. Brenner,<br />

Leben, 2007, S. 156). <strong>–</strong> Übersetzung: «Wir kön­<br />

nen Leben als eine Eigens<strong>ch</strong>aft betra<strong>ch</strong>ten, die<br />

aus der Verbindung zweier fundamental unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er<br />

Replikations systeme hervorgeht:<br />

dem Genom als Informationsträger und der<br />

dreidimensionalen Struktur, in dem es si<strong>ch</strong> be­<br />

findet.»<br />

12 TESSY steht für: Towards a European Strategy<br />

for Synthetic <strong>Bio</strong>logy.<br />

13 Siehe: www.tessy­europe.eu/public_docs/ TESSY­<br />

Final­Report_D5­3.pdf <strong>–</strong> Übersetzung: «Die Syn­<br />

thetis<strong>ch</strong>e <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> beabsi<strong>ch</strong>tigt, 1. biologis<strong>ch</strong>e<br />

Systeme, die als sol<strong>ch</strong>e natürli<strong>ch</strong>erweise ni<strong>ch</strong>t<br />

vorkommen, herzustellen und zu untersu<strong>ch</strong>en,<br />

und 2. diesen Ansatz zu nutzen, um i) Lebensprozesse<br />

besser zu verstehen, ii) funktionale modulare<br />

Bestandteile zu generieren und zusammenzusetzen<br />

oder iii) neuartige Anwendungen oder<br />

Prozesse zu entwickeln.»<br />

14 Siehe Synthetic <strong>Bio</strong>logy 4.0 Conference, 10.<strong>–</strong><br />

12. Ok tober 2008, Hong Kong University of Sci­<br />

ence & Te<strong>ch</strong>nology, http://sb4.biobricks.org/field.<br />

(Die Synthetic <strong>Bio</strong>logy 5.0 Conference ist zurzeit<br />

in Vorbereitung: http://syntheticbiology.org/<br />

Conferences.html). <strong>–</strong> Übersetzung: «<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ist ein neuer Ansatz der <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>nolo­<br />

gie, mit einem S<strong>ch</strong>werpunkt auf Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n<br />

zum S<strong>ch</strong>reiben von DNA. Neuere Forts<strong>ch</strong>ritte<br />

erlauben eine routinemässige und präzise de<br />

novo­Synthese langer DNA­Polymere. Grundlagenarbeit,<br />

eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> die Standardisierung<br />

DNA­kodierter Teile und Baupläne, ermögli<strong>ch</strong>t es,<br />

diese zu kombinieren, um Programme zur Zell­<br />

kontrolle zu entwickeln.»


Zur Frage, was an der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> im Verglei<strong>ch</strong> zur Gente<strong>ch</strong>nik<br />

neu ist, äussern si<strong>ch</strong> die Autoren dieser<br />

Website folgendermassen:<br />

«Synthetic <strong>Bio</strong>logy builds on tools that<br />

have been developed over the last<br />

30 years. Genetic engineering has focused<br />

on the use of molecular biology<br />

to build DNA (for example, cloning<br />

and PCR) and automated sequencing<br />

to read DNA. Synthetic <strong>Bio</strong>logy adds<br />

the automated synthesis of DNA, the<br />

setting of standards and the use of abstraction<br />

to simplify the design process.»<br />

15<br />

Die Standardisierung und Automatisierung<br />

der Herstellung biologis<strong>ch</strong>er<br />

Systeme bildet damit den Kern der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> und stellt die<br />

Voraussetzung für deren Zielsetzungen<br />

dar: das Entwerfen und Herstellen bzw.<br />

Na<strong>ch</strong>bauen neuer oder bereits existierender<br />

biologis<strong>ch</strong>er Kom ponenten und<br />

Systeme.<br />

«Synthetic biology refers to both:<br />

<strong>–</strong> the design and fabrication of biological<br />

components and systems that<br />

do not already exist in the natural<br />

world,<br />

<strong>–</strong> the re-design and fabrication of existing<br />

biological systems.» 16<br />

15 Siehe Synthetic <strong>Bio</strong>logy 4.0 Conference, 10.<strong>–</strong><br />

12. Oktober 2008, Hong Kong University of Science<br />

& Te<strong>ch</strong>nology (http://sb4.biobricks.org/<br />

field). <strong>–</strong> Übersetzung: «Die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

baut auf Te<strong>ch</strong>niken auf, die über die letzten<br />

30 Jahre entwickelt worden sind. Die Gente<strong>ch</strong>nik<br />

fokussier­te auf Anwendungen der Molekularbio<strong>logie</strong>,<br />

um DNA herzustellen (z.B. Klonen und<br />

PCR), und automatisierte Sequenzierung von<br />

DNA, um sie zu lesen. <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> fügt<br />

die automatisierte Synthetisierung von DNA hinzu,<br />

setzt Standards und vereinfa<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> die Verwendung<br />

der Abstraktion den Designprozess.».<br />

16 Siehe http://syntheticbiology.org/FAQ.html.<br />

(Dieses Website kann von allen Mitgliedern<br />

der Synthetic <strong>Bio</strong>logy Commu nity editiert wer­<br />

den.) <strong>–</strong> Übersetzung: «<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong> <strong>logie</strong> be­<br />

zieht si<strong>ch</strong> auf beides: das Entwerfen und Bilden<br />

biologis<strong>ch</strong>er Bestandteile und Systeme, die na­<br />

türli<strong>ch</strong>erweise ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on vorkommen und das<br />

Rekonstruieren und Na<strong>ch</strong>bauen bereits existierender<br />

biologis<strong>ch</strong>er Systeme.»<br />

7


8<br />

3 <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> als<br />

Arbeitsfeld mit unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

Zielen und Methoden<br />

Im Vordergrund der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong> <strong>logie</strong> stehen das Entwerfen und<br />

Herstellen ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on natürli<strong>ch</strong>erweise<br />

vorkommender biologis<strong>ch</strong>er Bestandteile<br />

und Systeme sowie die Rekonstruktion<br />

und der Na<strong>ch</strong>bau bereits<br />

existierender biologis<strong>ch</strong>er Systeme.<br />

Um diese Ziele zu verfolgen, wird mit<br />

vers<strong>ch</strong>iedenen Methoden gearbeitet.<br />

Es hat si<strong>ch</strong> etabliert, im Wesentli<strong>ch</strong>en<br />

drei Ansätze zu unters<strong>ch</strong>eiden, die<br />

unter den Begriff der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> gefasst werden.<br />

Der erste Ansatz wird au<strong>ch</strong> als Chassis-Modell<br />

bezei<strong>ch</strong>net. Das Genom<br />

eines bestehenden Lebewesens wird<br />

in einem «Top­down»­Ansatz auf ein<br />

Minimum reduziert, so dass das Lebewesen<br />

unter Laborbedingungen gerade<br />

no<strong>ch</strong> über die allernotwendigsten<br />

Komponenten verfügt, die eine minimale<br />

Permanenz des Systems und<br />

einen elementaren Stoffwe<strong>ch</strong>sel erhalten.<br />

In diesen Minimalorganismus<br />

sollen gezielt synthetis<strong>ch</strong>e Module<br />

eingebaut werden, so dass das Lebewesen<br />

die gewüns<strong>ch</strong>ten neuen Funktionen<br />

erfüllt, z.B. einen bestimmten<br />

Stoff produziert. Gegenwärtig bes<strong>ch</strong>ränkt<br />

si<strong>ch</strong> die Anwendung dieses<br />

Modells auf Bakterien und Viren. Da<br />

bei diesem Modell mit bereits existierenden<br />

Lebewesen gearbeitet wird, die<br />

mit neuen Eigens<strong>ch</strong>aften ausgestattet<br />

werden, kann diese Form der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> au<strong>ch</strong> als «extreme<br />

Gente<strong>ch</strong>nik» bezei<strong>ch</strong>net werden.<br />

Beim zweiten Ansatz, au<strong>ch</strong> Lego-Modell<br />

genannt, sollen <strong>Bio</strong>bricks <strong>–</strong> definierte<br />

funktionelle DNA­Abs<strong>ch</strong>nitte <strong>–</strong> in<br />

einem «Bottom­up»­Ansatz zusammengesetzt<br />

werden, um neue Arten<br />

von Lebewesen zu erzeugen. Chemis<strong>ch</strong>e<br />

Systeme werden s<strong>ch</strong>rittweise<br />

so aufgebaut, dass sie bestimmte Eigens<strong>ch</strong>aften<br />

von Lebewesen aufweisen.<br />

Bei diesem Modell kommt eine<br />

Te<strong>ch</strong>nik zur Anwendung, die ni<strong>ch</strong>t auf<br />

bereits vorhandenen Lebewesen aufbaut<br />

und die deshalb über die Gente<strong>ch</strong>nik<br />

hinausweist. Sie wird au<strong>ch</strong><br />

als «absolute <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>»<br />

bezei<strong>ch</strong>net.<br />

Au<strong>ch</strong> der dritte Ansatz, die Synthese<br />

von DNA-Sequenzen, z.B. das Zusammenfügen<br />

neu entworfener oder<br />

bereits existierender Sequenzen, wird,<br />

wie wir in der Definition der Zielsetzungen<br />

weiter oben gesehen haben,<br />

unter den Begriff der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> gefasst.


4 Anwendungs berei<strong>ch</strong>e der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

Als mögli<strong>ch</strong>e Anwendungsberei<strong>ch</strong>e<br />

der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> werden<br />

bisher unter anderen genannt: 17<br />

<strong>–</strong> Energiegewinnung: Synthetis<strong>ch</strong><br />

hergestellte Zellen sollen na<strong>ch</strong> wa<strong>ch</strong>sende<br />

Rohstoffe in Energie umwandeln.<br />

<strong>–</strong> Materialproduktion: Rekombinante<br />

sollen so konstruiert werden,<br />

dass sie <strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>e Vorläufer<br />

für die Produktion von Plastik oder<br />

Textilien, z.B. Spinnenseide oder<br />

Aus taus<strong>ch</strong>produkte für Petro<strong>ch</strong>emie<br />

produkte bilden.<br />

<strong>–</strong> Medikamentenproduktion: Mit<br />

synthetis<strong>ch</strong> hergestellten Bakteri en<br />

und Hefe sollen kostengünstig Medikamente<br />

produziert werden. Als<br />

Beispiele werden Artemisinin zur<br />

Bekämpfung von Malaria und der<br />

Cholesterol senkende Wirkstoff<br />

Ator vastatin (Lipitor ® ) genannt.<br />

<strong>–</strong> Medizin: Zellen sollen für therapeutis<strong>ch</strong>e<br />

Zwecke programmiert werden.<br />

Bakterien und T­Zellen können<br />

so verändert werden, dass sie im<br />

Körper zirkulieren und kranke Zellen<br />

und krankes Gewebe identifizieren<br />

und behandeln können.<br />

<strong>–</strong> Militäris<strong>ch</strong>e Anwendungen: Die<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> soll bei der<br />

Entwicklung bzw. der Bekämpfung<br />

neuer biologis<strong>ch</strong>er Waffen nutzbar<br />

gema<strong>ch</strong>t werden.<br />

<strong>–</strong> Umweltte<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>: Kohlendioxidbindende<br />

Bakterien sollen beispielsweise<br />

den CO 2­Gehalt in der<br />

Luft reduzieren helfen.<br />

<strong>–</strong> «Universalte<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>»: Mit Hilfe<br />

der Erkenntnisse der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> können komplexe biolo gis<strong>ch</strong>e<br />

Netzwerke im Computer simuliert<br />

und untersu<strong>ch</strong>t werden. Auf<br />

diese Weise lassen si<strong>ch</strong>, so die Idee,<br />

beispielsweise bereits am Computer<br />

Wirkstoffe entwickeln und konstruieren,<br />

die diese biologis<strong>ch</strong>en<br />

Systeme beeinflussen können.<br />

Die einzigen Anwendungen, die bisher<br />

zur Marktreife gebra<strong>ch</strong>t wurden,<br />

sind die Artemisinin­Produktion zur<br />

Mala riabekämpfung und der Cholesterolsenkende<br />

Wirkstoff Atorvastatin.<br />

Hierbei handelt es si<strong>ch</strong> um eine<br />

Anwendung des Chassis­Modells, also<br />

um eine Form von Gente<strong>ch</strong>nik. Alle<br />

anderen Anwendungsberei<strong>ch</strong>e bewegen<br />

si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> wie vor im Berei<strong>ch</strong><br />

von Zukunftsvisionen. Für die ethis<strong>ch</strong>e<br />

Beurteilung ist jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur relevant,<br />

was bereits getan wird, sondern<br />

au<strong>ch</strong>, was beabsi<strong>ch</strong>tigt und erhofft<br />

wird, nämli<strong>ch</strong>, neue Lebewesen kontrolliert<br />

herstellen und ihre Funktionen<br />

beherrs<strong>ch</strong>en zu können.<br />

17 Siehe http://sb4.biobricks.org/field (Synthetic<br />

<strong>Bio</strong> logy 4.0 Conference, 10.<strong>–</strong>12. Oktober 2008,<br />

Hong Kong University of Science & Te<strong>ch</strong>nology)<br />

oder eine Übersi<strong>ch</strong>t über laufende Projekte der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> in Europa:<br />

http://www.synbiosafe.eu/index.php?page=<br />

other­sb­projects.<br />

9


10<br />

5 Der Anspru<strong>ch</strong> der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

Der Anspru<strong>ch</strong> der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

liegt darin, in einem kontrollierten<br />

Prozess neue Lebewesen herstellen<br />

und ihre Funktionen beherrs<strong>ch</strong>en<br />

zu können. Wie ist dieser Anspru<strong>ch</strong><br />

ethis<strong>ch</strong> zu beurteilen? Um diese Frage<br />

zu beantworten, muss jeder einzelne<br />

Aspekt dieses Anspru<strong>ch</strong>s separat<br />

diskutiert werden: Was bedeutet es,<br />

von «neuen Lebewesen» zu spre<strong>ch</strong>en?<br />

Was heisst «herstellen»? Was ist unter<br />

«Kontrollierbarkeit» zu verstehen?<br />

5.1 Neue Lebewesen<br />

Wie ist dies zu verstehen, wenn das<br />

Lego­Modell davon spri<strong>ch</strong>t, neue<br />

Lebewesen herzustellen? Das Lego­<br />

Modell verwendet, wie die anderen<br />

Ansätze der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>,<br />

ebenfalls bereits existierende Moleküle.<br />

Es bleibt immer ein Bezugspunkt<br />

zu etwas s<strong>ch</strong>on Vorhandenem. «Neu»<br />

kann demna<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in dem Sinne verstanden<br />

werden, dass die Produkte<br />

des Lego­Modells ex nihilo, aus Ni<strong>ch</strong>ts,<br />

ges<strong>ch</strong>affen werden. 18<br />

Bedeutet «neu» stattdessen «neuartig»?<br />

Das im Verglei<strong>ch</strong> zur Gente<strong>ch</strong>nik<br />

Neue an der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ist<br />

ni<strong>ch</strong>t, dass sie neuartige Lebewesen<br />

herstellt, sondern die Art und Weise,<br />

wie sie dies im Fall des Lego­Modells<br />

tut. Sie verändert ni<strong>ch</strong>t bestehende<br />

Lebewesen, sondern will diese aus Elementen,<br />

die selbst keine Lebewesen<br />

sind, zusammenbauen. Würde man<br />

nur davon reden, dass es Lebewesen<br />

dieser Art no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gab, würde die<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> sowohl beim<br />

Chassis­ als au<strong>ch</strong> beim Lego­Modell<br />

nur wiederholen, was seit Zehntausenden<br />

von Jahren in der Zü<strong>ch</strong>tung und<br />

seit fünfzig Jahren <strong>–</strong> au<strong>ch</strong> die Artgrenze<br />

übers<strong>ch</strong>reitend <strong>–</strong> in der Gente<strong>ch</strong>nik<br />

ges<strong>ch</strong>ieht. Au<strong>ch</strong> Hunde wie z.B. den<br />

Dackel gab es ni<strong>ch</strong>t, bevor Mens<strong>ch</strong>en<br />

ihn zü<strong>ch</strong>teten.<br />

Wird «neu» in dem Sinne verstanden,<br />

dass diese Lebewesen <strong>–</strong> wie dies<br />

e i n i g e V i s i o n e n d e r S y n t h e t i s c h e n B i o ­<br />

<strong>logie</strong> anstreben <strong>–</strong> teilweise oder auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

aus anorganis<strong>ch</strong>er Ma terie<br />

ges<strong>ch</strong>affen werden? Dies hiesse, dass<br />

<strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>e Elemente oder Verbindungen<br />

benutzt würden, die bisher der<br />

anorganis<strong>ch</strong>en Chemie zugeordnet<br />

wer den. Als anorganis<strong>ch</strong> werden die<br />

<strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>en Elemente und Reaktionen<br />

von Stoffen bezei<strong>ch</strong>net, die ni<strong>ch</strong>t von<br />

18 Die Kritik, das Lego­Modell nehme für si<strong>ch</strong> in<br />

Anspru<strong>ch</strong>, «Gott spielen zu wollen», indem es<br />

neue Lebewesen s<strong>ch</strong>affen will, setzt eine stark<br />

westli<strong>ch</strong>­<strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong> geprägte Auffassung voraus,<br />

dass Gott Materie aus Ni<strong>ch</strong>ts ges<strong>ch</strong>affen hat. Andere<br />

Religio nen kennen keine Kreation in diesem<br />

Sinne und au<strong>ch</strong> Teile der grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>­römis<strong>ch</strong>en<br />

Philosophie der Antike gehen mehrheitli<strong>ch</strong> von<br />

der Ewigkeit der Materie aus.


organis<strong>ch</strong>em Leben erzeugt werden.<br />

Als organis<strong>ch</strong> werden kohlenstoffhaltige<br />

Verbindungen bezei<strong>ch</strong>net. Solange<br />

die Projekte des Lego­Modells na<strong>ch</strong> wie<br />

vor auf bestehenden Kohlenstoffverbindungen<br />

basieren, würden sie also<br />

ni<strong>ch</strong>ts Neues in diesem Sinne s<strong>ch</strong>affen.<br />

Neu wären sie erst dann, wenn<br />

synthetisierte Lebewesen etwa auf der<br />

Basis von Silizium statt Kohlenstoffverbindungen<br />

hergestellt würden.<br />

S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> kann der Begriff «neu»<br />

au<strong>ch</strong> so verstanden werden, dass hier<br />

erstmals Lebewesen wie Mas<strong>ch</strong>inen<br />

ingenieursmässig hergestellt werden<br />

sollen: Sie werden am Reissbrett entworfen<br />

und ans<strong>ch</strong>liessend zusammengebaut.<br />

5.2 Herstellen<br />

Ziel des Lego­Modells ist, aus molekularen<br />

Bestandteilen Lebewesen zu synthetisieren,<br />

d.h. zusammenzufügen und<br />

auf diese Weise Lebewesen herzustellen.<br />

Was bedeutet es, wenn davon die<br />

Rede ist, Lebewesen her zustellen oder<br />

au<strong>ch</strong> zu kreieren, zu (er) s<strong>ch</strong>af fen?<br />

Für die einen bedeuten diese Begrif fe<br />

ledigli<strong>ch</strong>, mit der Te<strong>ch</strong>nik der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> die notwendigen<br />

Be dingungen für Leben bereit zu<br />

stellen. Dieser Begriffsverwendung<br />

wird entge gengehalten, dass sie mit<br />

dem alltagsspra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gebrau<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t ver einbar sei. Mit Kreieren und<br />

Ers<strong>ch</strong>affen könne im vorliegenden<br />

Kontext nur verstanden werden, Leben<br />

als Produkt zu erzeugen. Dieses<br />

Verständnis von Herstellen impliziere<br />

jedo<strong>ch</strong>, so die daran ans<strong>ch</strong>liessende<br />

Kritik, dass das Herstellen von Lebewesen<br />

ein rein me<strong>ch</strong>anis<strong>ch</strong>er, physikalis<strong>ch</strong>er<br />

Prozess sei. Damit aber werde<br />

man dem, was Leben ist, ni<strong>ch</strong>t gere<strong>ch</strong>t.<br />

Wenn si<strong>ch</strong> zudem die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong>l ogie selbst als in der Ingenieurstradition<br />

stehend begreift, die Te<strong>ch</strong>nik<br />

und Kunst verbindet, dann s<strong>ch</strong>winge<br />

im Begriff des Herstellens au<strong>ch</strong> das<br />

Element des kreativen, künstleris<strong>ch</strong>en<br />

Entwerfens mit. Falls damit ein S<strong>ch</strong>öpfungsgedanke<br />

assoziiert wird, ri<strong>ch</strong>tet<br />

si<strong>ch</strong> die Kritik ni<strong>ch</strong>t nur gegen die<br />

Spra<strong>ch</strong>e, die die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

verwendet, sondern gegen den Anspru<strong>ch</strong>,<br />

den sie zu erheben s<strong>ch</strong>eint: die<br />

biologis<strong>ch</strong>e Natur in der Tradition der<br />

Te<strong>ch</strong>nik verändern und kontrollieren<br />

zu können.<br />

5.3 Kontrollierbarkeit<br />

Die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> erhebt den<br />

Anspru<strong>ch</strong>, in einem kontrollierten<br />

Pro zess Lebewesen zielgeri<strong>ch</strong>tet, d.h.<br />

auf bere<strong>ch</strong>enbare und kontrollierbare<br />

Weise umbauen (Chassis­Modell) bzw.<br />

neu konstruieren (Lego­Modell) zu<br />

können. Damit kann au<strong>ch</strong> der Gedanke<br />

verbunden sein, die entstandenen<br />

Produkte weiterhin kontrollieren zu<br />

können. Ob dies mögli<strong>ch</strong> ist, ist besonders<br />

von risikoethis<strong>ch</strong>er Relevanz<br />

(vgl. 7). Hier geht es zunä<strong>ch</strong>st nur um<br />

den Gedanken, Lebewesen in einem<br />

kontrollierten Prozess herstellen zu<br />

können. Wie ist dieser Anspru<strong>ch</strong> zu<br />

beurteilen?<br />

Kritiker werfen der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

vor, die Idee, dass Leben in seine<br />

Einzelteile zerlegt werden kann, fusse<br />

auf einer me<strong>ch</strong>anistis<strong>ch</strong>en Denkweise.<br />

11


12<br />

Eine sol<strong>ch</strong>e Denkweise führe zu einer<br />

verengten Wahrnehmung von Leben.<br />

Der Anspru<strong>ch</strong>, Lebewesen, d.h. ihre<br />

Existenz und ihre Funktionen im Prinzip<br />

vollständig kontrollieren und beherrs<strong>ch</strong>en<br />

zu können, bezieht si<strong>ch</strong> dann<br />

ni<strong>ch</strong>t nur auf Mikroorganismen, sondern<br />

wird auf Lebendiges insgesamt<br />

ausgeweitet. Aus einem sol<strong>ch</strong>ermassen<br />

reduzierten Lebensverständnis<br />

folgt aus Si<strong>ch</strong>t der Kritik weiter, dass<br />

es der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ni<strong>ch</strong>t in<br />

erster Linie darum geht, Lebewesen<br />

besser zu verstehen, sondern darum,<br />

sie no<strong>ch</strong> mehr kontrollieren und damit<br />

instrumentalisieren zu können.<br />

Gegen diese Kritik lassen si<strong>ch</strong> folgende<br />

Gegeneinwände anführen: Erstens<br />

gehört es zur Aufgabe von Wissens<strong>ch</strong>aftlern,<br />

Kenntnisse zu generieren.<br />

Die dem Leben zugrunde liegenden<br />

Kausalzusammenhänge sind der Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />

prinzipiell zugängig.<br />

Zweitens könnte sein, dass das Funktionswissen<br />

für die experimentalte<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e<br />

Ebene der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ausrei<strong>ch</strong>t. Es wäre dann gar<br />

ni<strong>ch</strong>t nötig zu wissen, was Leben ist,<br />

um <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> zu betreiben<br />

und mögli<strong>ch</strong>erweise ebenso wenig,<br />

um ihre Auswirkungen aus ethis<strong>ch</strong>er<br />

Si<strong>ch</strong>t zu beurteilen. Gegen die Kritik,<br />

dass die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> die<br />

Ins trumentalisierung von Lebewesen<br />

zum Ziel hat, kann eingewendet werden,<br />

dass die Vertiefung der Kenntnisse<br />

über Lebewesen und die te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e<br />

Anwendbarkeit von Wissen<br />

miteinander verbunden sind. Diese<br />

Verknüpfung verlangt ni<strong>ch</strong>t, auf die<br />

Anwendung zu verzi<strong>ch</strong>ten, sondern<br />

die Ma<strong>ch</strong>t, die mit der Beherrs<strong>ch</strong>ung<br />

der Te<strong>ch</strong>nik einhergeht, stets verantwortli<strong>ch</strong><br />

auszuüben.<br />

5.4 Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e ontologis<strong>ch</strong>e<br />

Konzepte von Leben<br />

Die Beantwortung der Frage, inwiefern<br />

es prinzipiell mögli<strong>ch</strong> oder unmögli<strong>ch</strong><br />

ist, Lebewesen kontrolliert herstellen<br />

zu können, hängt davon ab, wel<strong>ch</strong>es<br />

Lebensverständnis der Beurteilung zugrunde<br />

gelegt wird. 19<br />

Kontroverse ontologis<strong>ch</strong>e Auffassungen<br />

darüber, was Leben ist, finden si<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> innerhalb der <strong>EKAH</strong>. Sie äussern<br />

si<strong>ch</strong> in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Redeweisen.<br />

Auf der einen Seite wird eine als te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong><br />

bezei<strong>ch</strong>nete Spra<strong>ch</strong>e verwendet,<br />

die Leben als Bündel von Funktionen<br />

bes<strong>ch</strong>reiben (Organisation, Reproduktion,<br />

Metabolismus, Reaktion auf Umweltstimulation).<br />

Was Leben zu Leben<br />

ma<strong>ch</strong>t, kann hier kausallogis<strong>ch</strong> erklärt<br />

werden. Auf der anderen Seite treffen<br />

wir auf eine systemorientierte Spra<strong>ch</strong>e.<br />

Man tritt für einen hermeneutis<strong>ch</strong>en Zugang<br />

ein. Die Bes<strong>ch</strong>reibung allein von<br />

Funktionen kann na<strong>ch</strong> dieser Auffassung<br />

dem, was Leben ist, ni<strong>ch</strong>t gere<strong>ch</strong>t<br />

werden. Es brau<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> Handlungswissen<br />

im Umgang mit Lebewesen.<br />

Es gelingt ni<strong>ch</strong>t, diese unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

Herangehensweisen und die<br />

damit verknüpften Bedeutungen von<br />

Leben zusammenzuführen. Sie können<br />

aber au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> nebeneinander<br />

stehen gelassen werden, denn beide<br />

Ansätze erheben für si<strong>ch</strong> denselben<br />

Anspru<strong>ch</strong>, die Frage na<strong>ch</strong> dem, was<br />

Leben ist, beantworten zu können. Die<br />

ontologis<strong>ch</strong>e Auffassung, dass Leben<br />

19 Au<strong>ch</strong> wenn beispielsweise die TESSY­Definition<br />

von biologis<strong>ch</strong>en Systemen und ni<strong>ch</strong>t von Leben<br />

spri<strong>ch</strong>t, so erübrigt si<strong>ch</strong> die Diskussion darüber,<br />

was Leben ist, ni<strong>ch</strong>t. Der Begriff «biologis<strong>ch</strong>e<br />

Systeme» ist ein Abstraktum, das teilweise als<br />

Synonym für das Abstraktum «Leben» verwendet<br />

wird.


abs<strong>ch</strong>liessend kausallogis<strong>ch</strong> erklärt<br />

werden kann, sieht keine plausible<br />

Erklärung dafür, weshalb es mehr als<br />

Funktionswissen brau<strong>ch</strong>t, um den Umgang<br />

mit Lebewesen adäquat beurteilen<br />

zu können. Die andere Auffassung<br />

hingegen lässt dies ni<strong>ch</strong>t gelten. Für<br />

sie bleibt ausges<strong>ch</strong>lossen, allein aufgrund<br />

von Funktionswissen erfassen<br />

zu können, was Leben ist. Ohne dieses<br />

zusätzli<strong>ch</strong>e und nur hermeneutis<strong>ch</strong><br />

zugängli<strong>ch</strong>e Wissen kann man dieser<br />

Auffassung na<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t über adäquates<br />

Wissen für den ethis<strong>ch</strong> ri<strong>ch</strong>tigen Umgang<br />

mit Lebewesen verfügen.<br />

Die <strong>EKAH</strong> unters<strong>ch</strong>ied folgende on tologis<strong>ch</strong>e<br />

Grundsatzpositionen:<br />

<strong>–</strong> Monismus: Unter Monismus wird<br />

die Zurückführung von Vorgängen<br />

und Phänomenen der Welt auf ein<br />

Ein heitsprinzip (hier: ontologis<strong>ch</strong>er<br />

Naturalismus / Materialismus) verstanden.<br />

Was wir Leben nennen,<br />

bezieht si<strong>ch</strong> auf rein physikalis<strong>ch</strong><strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>e<br />

Eigens<strong>ch</strong>aften von Lebewesen,<br />

wobei Leben eine emergente<br />

Eigens<strong>ch</strong>aft materieller Wesen ist<br />

oder sein kann.<br />

<strong>–</strong> Vitalismus: Der Vitalismus nimmt<br />

als Grundlage alles Lebendigen eine<br />

Lebenskraft (vis vitalis) im Sinne<br />

eines eigenständigen Prinzips an,<br />

das zuglei<strong>ch</strong> das Besondere des<br />

Lebens im Unters<strong>ch</strong>ied zum Unbelebten<br />

erklärt. Na<strong>ch</strong> dieser Lehre<br />

sind Organismen ni<strong>ch</strong>t allein dur<strong>ch</strong><br />

<strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>-physikalis<strong>ch</strong>e Ei gen s<strong>ch</strong>aften<br />

erklärbar. Leben besteht aus<br />

mindestens einer prinzipiell unbekannten<br />

Eigens<strong>ch</strong>aft.<br />

<strong>–</strong> Dualismus: Mit Dualismus wird in<br />

der Regel das Neben­ oder Gegeneinander<br />

von zwei ni<strong>ch</strong>t aufeinander<br />

zurückführbaren, meist gegensätzli<strong>ch</strong>en,<br />

Prinzipien, Substanzen,<br />

Kräften und / oder Bestimmungen<br />

bezei<strong>ch</strong>net. Dualismus wird heute<br />

au<strong>ch</strong> im Sinne eines «polaren Dualismus»<br />

als we<strong>ch</strong>selseitige Bezogenheit<br />

beider Grössen verstanden. 20 In<br />

dualistis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t lässt si<strong>ch</strong> Leben<br />

niemals auf nur materielle Eigens<strong>ch</strong>aften<br />

zurückführen. Es umfasst<br />

au<strong>ch</strong> mindestens eine immaterielle<br />

Komponente.<br />

<strong>–</strong> Skeptizismus: Der Skeptizist stellt<br />

grundsätzli<strong>ch</strong> in Frage, dass es mögli<strong>ch</strong><br />

ist, wahre Aussagen über das<br />

Wesen des Lebens zu treffen. Vielmehr<br />

muss man si<strong>ch</strong> jeder Aussage<br />

enthalten.<br />

In einer s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en Version sagt<br />

der Skeptizismus, dass eine Bestimmung<br />

dessen, was Leben ist, derzeit<br />

ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> ist.<br />

Wer eine monistis<strong>ch</strong>e Onto<strong>logie</strong> voraus<br />

setzt, nimmt an, dass Lebewesen<br />

rein materieller Natur sind. Für Vertreter<br />

dieser Position gibt es keine<br />

prinzipiellen Gründe dafür, dass der<br />

Ansatz des Lego­Modells ni<strong>ch</strong>t erfolgrei<strong>ch</strong><br />

sein und also Leben herstellen<br />

könnte.<br />

Wer eine vitalistis<strong>ch</strong>e oder dualistis<strong>ch</strong>e<br />

Onto<strong>logie</strong> voraussetzt, geht davon aus,<br />

dass Leben aus mindestens einer prinzipiell<br />

unbekannten immateriellen Eigens<strong>ch</strong>aft<br />

besteht. Vertreter dieser<br />

Positionen werden viellei<strong>ch</strong>t Zweifel<br />

hegen, ob es mögli<strong>ch</strong> sei, aus ni<strong>ch</strong>t<br />

lebenden Komponenten Lebewesen<br />

20 Siehe Franz von Kuts<strong>ch</strong>era, Jenseits des Materialismus,<br />

mentis, Paderborn, 2003.<br />

13


14<br />

«zusammenzufügen». Was Leben sei<br />

und wie es entstehe, entziehe si<strong>ch</strong><br />

dem Zugang der naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Methodik. Daher sei au<strong>ch</strong> der<br />

Anspru<strong>ch</strong> zurückzuweisen, Leben kontrolliert<br />

und gezielt herstellen zu können.<br />

Wer eine skeptis<strong>ch</strong>e Auffassung vertritt,<br />

wona<strong>ch</strong> man im Umgang mit<br />

Lebewesen an <strong>–</strong> mögli<strong>ch</strong>erweise nur<br />

vorläufige <strong>–</strong> erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>e<br />

Gren zen stösst, geht davon aus, dass<br />

man ni<strong>ch</strong>t wissen kann, was Leben<br />

ist. Die ontologis<strong>ch</strong>e Frage na<strong>ch</strong> dem,<br />

was Leben ist, kann deshalb ni<strong>ch</strong>t<br />

beantwortet werden. Skeptiker müssen<br />

si<strong>ch</strong> folgli<strong>ch</strong> jeden Urteils über die<br />

Produkte der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

enthalten.<br />

Festzuhalten ist, dass weder die skeptis<strong>ch</strong>e<br />

Auffassung no<strong>ch</strong> die vitalis tis<strong>ch</strong>e<br />

oder die dualistis<strong>ch</strong>e Position<br />

auss<strong>ch</strong>liessen, dass die Produkte des<br />

Lego­Modells Lebewesen sein können.<br />

Ob sie Lebewesen sind, lässt si<strong>ch</strong> anhand<br />

bestimmter Manifestationen von<br />

Leben wie Stoffwe<strong>ch</strong>sel, Reproduktion,<br />

Eigenbewegung erkennen. Aber<br />

au<strong>ch</strong> wer grundsätzli<strong>ch</strong> verneint, dass<br />

das Lego­Modell erfolgrei<strong>ch</strong> sein kann<br />

(aufgrund der Position, dass uns die<br />

Herstellung von Lebewesen grundsätzli<strong>ch</strong><br />

entzogen ist), hat no<strong>ch</strong> keine<br />

Begründung für ein Verbot formuliert,<br />

den Versu<strong>ch</strong> einer sol<strong>ch</strong>en Herstellung<br />

in Angriff zu nehmen. Um zu verbieten,<br />

einen zwar aus dieser Si<strong>ch</strong>t ontologis<strong>ch</strong><br />

unmögli<strong>ch</strong>en, faktis<strong>ch</strong> aber<br />

viellei<strong>ch</strong>t do<strong>ch</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>en Weg<br />

zu bes<strong>ch</strong>reiten, bedürfte es anderer<br />

Gründe.<br />

Die genannten ontologis<strong>ch</strong>en Positionen<br />

lassen letztli<strong>ch</strong> alle die Mögli<strong>ch</strong>keit<br />

offen, dass der Ansatz des<br />

Lego­Modells erfolgrei<strong>ch</strong> ist und als<br />

Produkte Lebewesen entstehen. Die<br />

Unters<strong>ch</strong>iede der Positionen kommen<br />

in der unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Art und Weise<br />

zum Ausdruck, in der über die Kontrollierbarkeit<br />

bzw. Unkontrollierbarkeit<br />

des Prozesses und der Produkte der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> gespro<strong>ch</strong>en<br />

wird. Diese unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Spre<strong>ch</strong>­<br />

und Si<strong>ch</strong>tweise hat Auswirkungen auf<br />

die Diskussion der verantwortungsethis<strong>ch</strong>en<br />

Fragen.<br />

Innerhalb der <strong>EKAH</strong> vertritt die die<br />

Hälfte der Mitglieder eine monistis<strong>ch</strong>e<br />

Position und bildet damit die Mehrheit.<br />

Die grösste Minderheit geht<br />

von einem vitalistis<strong>ch</strong>en Lebenskonzept<br />

aus, eine kleinere Minderheit<br />

vertritt eine skeptis<strong>ch</strong>e Position. Ein<br />

dualistis<strong>ch</strong>es Verständnis von Leben<br />

wird von der kleinsten Minderheit<br />

vertreten.


6 Moralis<strong>ch</strong>er Status der Lebe -<br />

wesen, mit denen die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> arbeitet oder die als deren<br />

Produkte ges<strong>ch</strong>affen werden<br />

Die Mitglieder der <strong>EKAH</strong> sind si<strong>ch</strong><br />

einig, dass, sofern das Lego­Modell<br />

erfolgrei<strong>ch</strong> ist, als dessen Produkt<br />

Lebewesen entstehen. Die Art und<br />

Weise, wie diese Lebewesen entstehen,<br />

ob in einem natürli<strong>ch</strong>en Prozess<br />

oder auf andere Weise, hat keinen Einfluss<br />

auf ihren moralis<strong>ch</strong>en Status. 21<br />

Im Vordergrund der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> stehen heute die Mikroorganismen,<br />

mit denen beide Modelle der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> arbeiten oder<br />

die sie als Produkte herstellen wollen.<br />

Langfristig, zumindest aufgrund bestimmter<br />

Visionen der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, rücken zwar alle Lebewesen<br />

ins Blickfeld. Am kniffligsten präsentiert<br />

si<strong>ch</strong> die Frage na<strong>ch</strong> dem moralis<strong>ch</strong>en<br />

Status von Lebewesen jedo<strong>ch</strong><br />

bei Mikroorganismen.<br />

6.1 Moralis<strong>ch</strong>e Berücksi<strong>ch</strong>tigung<br />

aufgrund eines Eigenwerts<br />

Man kann in Frage stellen, ob die<br />

Diskussion eines Eigenwerts im Zusammenhang<br />

mit Mikroorganismen<br />

notwendig ist oder ob man die ethis<strong>ch</strong>e<br />

Diskussion ni<strong>ch</strong>t allein auf die verantwortungsethis<strong>ch</strong>en<br />

Fragestellungen<br />

bes<strong>ch</strong>ränken könnte. Der verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e<br />

Kontext, in dem die vorliegende<br />

Diskussion stattfindet, fordert<br />

jedo<strong>ch</strong> eine Klärung dieser Frage na<strong>ch</strong><br />

dem Eigenwert. Gemäss Art. 120 der<br />

S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Bundesverfassung<br />

ist im Umgang mit Tieren, Pflanzen<br />

und anderen Organismen der «Würde<br />

der Kreatur» Re<strong>ch</strong>nung zu tragen. 22<br />

Verfügen Mikroorganismen über einen<br />

Eigenwert, d.h. verfügen sie über etwas,<br />

das man au<strong>ch</strong> «Würde» nennt?<br />

Wesen, die einen Eigenwert haben,<br />

zählen moralis<strong>ch</strong> um ihrer selbst willen.<br />

Kommt man zum S<strong>ch</strong>luss, dass<br />

sie einen Eigenwert haben, ist ans<strong>ch</strong>liessend<br />

zu prüfen, wel<strong>ch</strong>e direkten<br />

Pfli<strong>ch</strong>ten wir gegenüber diesen Lebewesen<br />

haben.<br />

21 Die Mitglieder folgen in diesem Punkt Bernard<br />

Baerts<strong>ch</strong>i, der in seiner S<strong>ch</strong>rift «La vie artificielle<br />

<strong>–</strong> Le statut moral des êtres vivants artificiels»,<br />

2009, zum S<strong>ch</strong>luss kommt, dass die Genese<br />

der Lebewesen ihren moralis<strong>ch</strong>en Status<br />

ni<strong>ch</strong>t beeinflusst.<br />

22 S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Bundesverfassung, SR 101,<br />

Art. 120 Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> im Ausserhumanberei<strong>ch</strong>,<br />

http://www.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/<strong>ch</strong>/d/sr/101/a120.html.<br />

15


16<br />

Ob Mikroorganismen aufgrund eines<br />

Eigenwerts moralis<strong>ch</strong> zu berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />

sind, ist abhängig von der<br />

e this<strong>ch</strong>en Position, die vertreten wird.<br />

Die <strong>EKAH</strong>­Mitglieder haben <strong>–</strong> zugespitzt<br />

auf die Eigenwertsfrage <strong>–</strong> die<br />

geläufigsten umweltethis<strong>ch</strong>en Ansätze<br />

diskutiert, die au<strong>ch</strong> in der Literatur<br />

übli<strong>ch</strong>erweise zur Spra<strong>ch</strong>e kommen.<br />

Theozentris<strong>ch</strong>e Position: M i t T h e o ­<br />

zentrik wird ein Grundmodell mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er<br />

Erkenntnis, der Ethik und des<br />

Naturverständnisses bezei<strong>ch</strong>net, in<br />

dem Gott (gr. theos) als Prinzip, Massstab<br />

und Ziel allen Seins, Wissens und<br />

Handelns gilt. Die theozentris<strong>ch</strong>e Position<br />

geht davon aus, dass der Wert<br />

von allem, was ist, aus seiner Gottges<strong>ch</strong>affenheit<br />

folgt. Mikroorganismen<br />

haben wie alle anderen Lebewesen<br />

keinen Eigenwert, sondern einen von<br />

Gott verliehenen Wert. Sie sind als<br />

Kreaturen Gottes zu a<strong>ch</strong>ten. Kritiker<br />

bezei<strong>ch</strong>nen einen sol<strong>ch</strong>en Wert jedo<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t als Eigenwert, sondern als relationalen<br />

Wert. Man kann innerhalb einer<br />

religiösen Ethik zwar vertreten, dass<br />

Gott au<strong>ch</strong> Wesen s<strong>ch</strong>affen kann, die<br />

Eigenwert haben. Daraus resultieren<br />

aber aus Si<strong>ch</strong>t der Kritiker keine theozentris<strong>ch</strong>e<br />

Position, sondern anthropo­,<br />

patho­, bio­ oder ökozentris<strong>ch</strong>e<br />

Positionen.<br />

Anthropozentris<strong>ch</strong>e Positionen: 23<br />

Der Anthropozentrismus geht davon<br />

aus, dass der Mens<strong>ch</strong> allein einen Wert<br />

um seiner selbst willen hat. Andere Lebewesen<br />

haben nur einen relationalen<br />

oder instrumentellen Wert, keinen<br />

Eigenwert. Die Sonderstellung, die der<br />

Anthropo zentrismus dem Mens<strong>ch</strong>en<br />

zus<strong>ch</strong>reibt, leitet si<strong>ch</strong> entweder aus<br />

seiner Gotteben bildli<strong>ch</strong>keit ab (siehe<br />

au<strong>ch</strong> theozent ris<strong>ch</strong>e Position) oder aus<br />

seiner (potenziellen) Vernunftfähigkeit<br />

und seinem Abstraktions­ und Spra<strong>ch</strong>vermögen<br />

ab. Im zweiten Fall handelt<br />

es si<strong>ch</strong> genauer um Ratiozentrismus.<br />

Alle Lebewesen, die über dieselben<br />

Fähigkeiten und Eigens<strong>ch</strong>aften wie<br />

Mens<strong>ch</strong>en verfügen, gehören zum<br />

Kreis der Lebewesen mit Eigenwert.<br />

Beide Positionen spielen für die Frage<br />

des Eigenwerts von Mikroorganismen<br />

keine Rolle.<br />

Mitunter wird die anthropo-rela tionale<br />

Position als gemässigte Form<br />

des Anthropozentrismus be zei<strong>ch</strong>net.<br />

Na<strong>ch</strong> dieser Auffassung wird dem<br />

Mens<strong>ch</strong>en eine besondere Rolle zugewiesen,<br />

weil er als einziges Wesen<br />

Verantwortung für andere übernehmen<br />

könne. Ni<strong>ch</strong>tmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Lebewesen<br />

sind aufgrund ihrer Beziehung<br />

zum Mens<strong>ch</strong>en moralis<strong>ch</strong> zu berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />

Eine theologis<strong>ch</strong>e Variante<br />

sieht dieses gesamte Gefüge no<strong>ch</strong>mals<br />

eingeordnet in einen theozentri<br />

s<strong>ch</strong>en Kontext. Au<strong>ch</strong> hier liegt aus<br />

Si<strong>ch</strong>t von Kritikern dieser Position kein<br />

Eigenwert, sondern ein relationaler<br />

Wert vor. Sobald eine Position vertreten<br />

werde, wona<strong>ch</strong> andere Lebewesen<br />

als der Mens<strong>ch</strong> in irgendeiner Weise<br />

einen Eigenwert haben, bewege man<br />

si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> hier im Rahmen einer patho­,<br />

bio­ oder ökozentris<strong>ch</strong>en Position.<br />

Pathozentris<strong>ch</strong>e Position: Mikroorganismen<br />

haben wie alle anderen<br />

Wesen dann einen Eigenwert, wenn sie<br />

für si<strong>ch</strong> eine S<strong>ch</strong>ädigung in irgendeiner<br />

Weise als S<strong>ch</strong>aden wahrnehmen<br />

23 Der epistemis<strong>ch</strong>e Anthropozentrismus wird hier<br />

ausgeklammert. Diese Position betont die Tatsa<strong>ch</strong>e,<br />

dass der Mens<strong>ch</strong> Ethik betreibt und ethis<strong>ch</strong>e<br />

Werte nur vom Mens<strong>ch</strong>en erfahren werden. Der<br />

episte mi s<strong>ch</strong>e A. ents<strong>ch</strong>eidet ni<strong>ch</strong>t darüber, wie<br />

andere Lebewesen zu bewerten sind.


können. Diese Position muss zumindest<br />

Indizien dafür vorzeigen können,<br />

dass Mikroorganismen einen S<strong>ch</strong>aden<br />

als S<strong>ch</strong>aden wahrnehmen können.<br />

<strong>Bio</strong>zentris<strong>ch</strong>e Position: Mikroorganismen<br />

sind Lebewesen, und alle und<br />

nur Lebewesen haben einen Eigenwert.<br />

Diese Position muss zeigen, wie<br />

si<strong>ch</strong> Lebewesen von Ni<strong>ch</strong>tlebendem<br />

unters<strong>ch</strong>eiden. Die biozentris<strong>ch</strong>e Position<br />

kann dur<strong>ch</strong>aus Viren als Zwis<strong>ch</strong>ending<br />

zwis<strong>ch</strong>en Lebewesen und<br />

Ni<strong>ch</strong>tlebewesen bezei<strong>ch</strong>nen. Sie muss<br />

aber au<strong>ch</strong> dann die Kriterien darlegen,<br />

weshalb sie Viren so einteilt.<br />

Ökozentris<strong>ch</strong>e Position: Diese Position<br />

sagt, dass Lebewesen, aber vor<br />

allem au<strong>ch</strong> Ökosystemen und Kollektiven<br />

von Lebewesen ein Eigenwert<br />

zukommt. Mikroorganismen können<br />

hier sowohl als konkrete Individuen<br />

als au<strong>ch</strong> als Teile von Ökosystemen<br />

Eigenwert haben.<br />

Holistis<strong>ch</strong>e Position: Die holis ti s<strong>ch</strong>e<br />

Position geht davon aus, dass allein<br />

die Natur als Ganzes einen Eigenwert<br />

hat. Individuen, Kollektive und Ökosysteme<br />

haben keinen Eigenwert.<br />

Mikroorganismen haben nur einen<br />

instrumentellen Wert, und zwar nur,<br />

wenn sie als Einzelne oder als Gruppe<br />

eine Funktion im Ganzen haben.<br />

6.2 Moralis<strong>ch</strong>e Berücksi<strong>ch</strong>tigung<br />

von Interessen unabhängig von<br />

einem Eigenwert<br />

Es gibt au<strong>ch</strong> Ethiken, die ohne die Begriffe<br />

«Eigenwert» und «Würde» auskommen.<br />

Darum ist au<strong>ch</strong> unabhängig<br />

von der ontologis<strong>ch</strong>en Voraussetzung<br />

eines Eigenwerts oder einer Würde die<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit einer Zus<strong>ch</strong>reibung moralis<strong>ch</strong>er<br />

Ansprü<strong>ch</strong>e zu diskutieren.<br />

Um moralis<strong>ch</strong>e Ansprü<strong>ch</strong>e zus<strong>ch</strong>reiben<br />

zu können, müssen zwei Bedingungen<br />

erfüllt sein: Es müssen erstens<br />

Interessen vorhanden sein, und diese<br />

Interessen müssen zweitens wenigstens<br />

advo katoris<strong>ch</strong> vertreten werden<br />

können. Allerdings sind Interessen<br />

sinnvollerweise mit einem Konzept<br />

von Selbst verbunden. Nur wenn irgendeine<br />

Art von Selbst vorhanden<br />

ist, können Interessen zuges<strong>ch</strong>rieben<br />

werden.<br />

6.3 Gewi<strong>ch</strong>tung in einer<br />

Güterabwägung<br />

Wel<strong>ch</strong>e Konsequenzen für den Umgang<br />

mit Mikroorganismen im konkreten Fall<br />

aus jenen Positionen folgen, die vertreten,<br />

dass Mikroorganismen über einen<br />

Eigenwert oder eigene Interessen verfügen,<br />

ist damit no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ents<strong>ch</strong>ieden.<br />

Diese Konsequenzen sind immer<br />

au<strong>ch</strong> von dem Gewi<strong>ch</strong>t abhängig, das<br />

diesem Eigenwert bzw. Interessen in<br />

einer Güterabwägung zu kommt.<br />

Wird davon ausgegangen, dass Mikroorganismen<br />

aufgrund eines Eigenwerts<br />

oder von Interessen zu berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />

sind, stellt si<strong>ch</strong> die Frage, wie diese<br />

im Umgang mit ihnen zu gewi<strong>ch</strong>ten<br />

17


18<br />

sind. Davon hängt ab, ob überhaupt,<br />

und wenn ja, wel<strong>ch</strong>e direkten Pfli<strong>ch</strong>ten<br />

gegenüber Mikroorganismen resultieren.<br />

Es werden zwei Positionen unters<strong>ch</strong>ieden,<br />

wie der Eigenwert oder wie<br />

Interessen von Mikroorganismen zu<br />

gewi<strong>ch</strong>ten sind.<br />

Die egalitäre Position sagt, dass alle<br />

Lebewesen moralis<strong>ch</strong>en Respekt verdienen<br />

und alle glei<strong>ch</strong>rangig sind. Es<br />

wird dabei die Mögli<strong>ch</strong>keit eingeräumt,<br />

dass Interessen von Mikroorganismen<br />

glei<strong>ch</strong>rangig zu berücksi<strong>ch</strong>tigen sind<br />

wie jene anderer Lebewesen.<br />

Na<strong>ch</strong> der hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Position verdienen<br />

zwar alle Lebewesen moralis<strong>ch</strong>en<br />

Respekt, aber ni<strong>ch</strong>t alle Lebewesen<br />

glei<strong>ch</strong>rangig. Entweder zählt<br />

die Zugehörigkeit zur Art, dann werden<br />

die Interessen von Mens<strong>ch</strong>en höher<br />

gewi<strong>ch</strong>tet als jene von Tieren, jene<br />

von Tieren höher als jene von Pflanzen<br />

und jene von Pflanzen höher als jene<br />

von Mikroorganismen. Oder aber es<br />

zählen bestimmte Fähigkeiten und<br />

Eigens<strong>ch</strong>aften, wobei au<strong>ch</strong> hier die<br />

moralis<strong>ch</strong>e Gewi<strong>ch</strong>tung umso höher<br />

verans<strong>ch</strong>lagt wird, je ähnli<strong>ch</strong>er die<br />

Eigens<strong>ch</strong>aften und Fähigkeiten jenen<br />

des Mens<strong>ch</strong>en sind.<br />

Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder<br />

vertritt eine hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e<br />

bio zentris<strong>ch</strong>e Position. Mikroorganismen<br />

haben gemäss dieser Mehrheit<br />

einen Eigenwert, weil sie Lebewesen<br />

sind. Diesem Wert kommt jedo<strong>ch</strong> aufgrund<br />

der vertretenen hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en<br />

Position in einer Güterabwägung ein<br />

zu verna<strong>ch</strong>lässigendes Gewi<strong>ch</strong>t zu.<br />

Eine erste Minderheit vertritt einen<br />

pathozentris<strong>ch</strong>en Ansatz. Es liegen<br />

na<strong>ch</strong> Auffassung dieser Minderheit<br />

keine Indizien vor, dass Mikroorganismen<br />

in irgendeiner Weise einen S<strong>ch</strong>aden<br />

als S<strong>ch</strong>aden wahrnehmen können.<br />

Sie haben keinen Eigenwert bzw. keine<br />

eigenen Interessen. Eine zweite,<br />

kleinere Minderheit vertritt eine<br />

hie rar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e anthropo­relationale<br />

Po sition. Mikroorganismen sind aufgrund<br />

ihrer Beziehung zum Mens<strong>ch</strong>en<br />

moralis<strong>ch</strong> zu a<strong>ch</strong>ten. In einer ethis<strong>ch</strong>en<br />

Güterabwägung kommt ihnen na<strong>ch</strong><br />

Auffassung dieser Minderheit jedo<strong>ch</strong><br />

ebenfalls nur ein zu verna<strong>ch</strong>lässigendes<br />

Gewi<strong>ch</strong>t zu.


7 Verantwortungsethis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Überlegungen</strong><br />

Neben den direkten Pfli<strong>ch</strong>ten sind die<br />

indirekten Pfli<strong>ch</strong>ten zu klären, die aus<br />

der Herstellung synthetis<strong>ch</strong>er Organismen<br />

entstehen. Wel<strong>ch</strong>e Verantwortung<br />

trägt der Mens<strong>ch</strong> als Konstrukteur der<br />

synthetis<strong>ch</strong> hergestellten Lebewesen<br />

für die damit verbundenen Folgen?<br />

7.1 Beeinflussung gesells<strong>ch</strong>aftli<br />

<strong>ch</strong>er Orientierung im Umgang<br />

mit Lebewesen?<br />

Au<strong>ch</strong> wenn Mikroorganismen keinen<br />

oder nur einen so geringen Eigenwert<br />

haben, dass ihm in der Güterabwägung<br />

keine praktis<strong>ch</strong>e Bedeutung<br />

zukommt, und au<strong>ch</strong> wenn wir diesen<br />

Lebewesen nur geringe Empathie entgegenbringen,<br />

handelt es si<strong>ch</strong> do<strong>ch</strong><br />

um Lebewesen. Besteht ni<strong>ch</strong>t die Gefahr,<br />

so die Befür<strong>ch</strong>tung, dass die Art,<br />

wie wir über Mikroorganismen denken<br />

und spre<strong>ch</strong>en und wie wir mit ihnen<br />

umgehen, den Boden bereitet für ein<br />

Verhalten, das au<strong>ch</strong> für andere Lebewesen,<br />

uns selbst einges<strong>ch</strong>lossen, negative<br />

Auswirkungen hat oder haben<br />

kann?<br />

Eine Kritik, die au<strong>ch</strong> eine Minderheit<br />

der <strong>EKAH</strong>-Mitglieder teilt, setzt daran<br />

an, dass die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

mit elementaren gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Orientierungsbegriffen zu Te<strong>ch</strong>nik,<br />

Kul tur und Natur in Konflikt gerät. 24<br />

Die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> trägt gemäss<br />

dieser Kritik dazu bei, dass si<strong>ch</strong><br />

ein me<strong>ch</strong>anistis<strong>ch</strong> geprägtes und deshalb<br />

als reduktionistis<strong>ch</strong> era<strong>ch</strong>tetes<br />

Konzept von Leben dur<strong>ch</strong>setzt. Dieses<br />

Lebenskonzept beeinflusse und bestimme<br />

ni<strong>ch</strong>t nur die Fors<strong>ch</strong>ung, sondern<br />

alle Lebensberei<strong>ch</strong>e. Sein Einfluss<br />

ma<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> sogar unabhängig davon<br />

breit, ob die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ihre<br />

Visio nen je erfüllen können werde, da<br />

andere, ganzheitli<strong>ch</strong>ere Konzepte von<br />

Leben dur<strong>ch</strong> jenes vorherrs<strong>ch</strong>ende<br />

Konzept verdrängt würden.<br />

Die Denkweise, die der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> zugrunde liegt, so weiter die<br />

Kritik, ist geprägt von den Ingenieurswissens<strong>ch</strong>aften.<br />

Sie ist Ausdruck einer<br />

Grundhaltung, die Lebewesen als herstellbar,<br />

kontrollierbar und verfügbar<br />

betra<strong>ch</strong>tet. Deren Dominanz resultiert<br />

daraus, dass sie si<strong>ch</strong> direkt an te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>­ökonomis<strong>ch</strong>eVerwertungsinteressen<br />

ans<strong>ch</strong>liessen lässt. Eine sol<strong>ch</strong>e<br />

24 Siehe zu diesem Kritikpunkt die Ausführungen<br />

in J. Boldt et al., <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, 2009,<br />

S. 55 ff.<br />

19


20<br />

Grundhaltung verändere jedo<strong>ch</strong> unsere<br />

Wahrnehmung anderer Lebewesen,<br />

unsere Werthaltung und Beziehung<br />

ihnen gegenüber und generell zum<br />

Leben. Sie verändere letztli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> das<br />

Selbstbild des Mens<strong>ch</strong>en und ge fährde<br />

den S<strong>ch</strong>utz der Mens<strong>ch</strong>enwürde.<br />

Gegen diese Kritik werden folgende<br />

Gegeneinwände angeführt, denen<br />

si<strong>ch</strong> die Mehrheit der <strong>EKAH</strong>-Mitglie<br />

der ans<strong>ch</strong>liesst. Es existierten<br />

vers<strong>ch</strong>ie dene tragende kulturelle Orien<br />

tierungsbegriffe nebeneinander. Die<br />

Kritik an der me<strong>ch</strong>anistis<strong>ch</strong>­reduktionistis<strong>ch</strong>en<br />

Denkweise rekurriere ledigli<strong>ch</strong><br />

auf jene Denktraditionen, denen<br />

das Trennen zwis<strong>ch</strong>en Lebewesen<br />

und Mas<strong>ch</strong>inen zentral sei. Damit die<br />

Kritik greife, müsse dargelegt werden,<br />

weshalb das eine Konzept, zwis<strong>ch</strong>en<br />

Mas<strong>ch</strong>inen und Lebewesen zu unters<strong>ch</strong>eiden,<br />

ri<strong>ch</strong>tig sei, andere Konzepte,<br />

die diese Trennung ni<strong>ch</strong>t vornähmen,<br />

hingegen fals<strong>ch</strong> seien. Es wird au<strong>ch</strong><br />

darauf hingewiesen, dass «me<strong>ch</strong>anistis<strong>ch</strong>»<br />

oft als abwertender Begriff<br />

verwendet werde. Diese Abwertung<br />

verkenne, dass au<strong>ch</strong> me<strong>ch</strong>anistis<strong>ch</strong>e<br />

Konstruktionen sehr komplex sein<br />

könn ten und einen Eigenwert oder eigene<br />

Interessen ni<strong>ch</strong>t auss<strong>ch</strong>lössen.<br />

Der Kritik an der Instrumentalisierung<br />

von Lebewesen wird entgegengehalten,<br />

dass Instrumentalisierung allein<br />

ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on moralis<strong>ch</strong> abzulehnen sei.<br />

Selbst die Mens<strong>ch</strong>enwürde s<strong>ch</strong>liesst<br />

die Instrumentalisierung von Mens<strong>ch</strong>en,<br />

z.B. als Arbeitskraft oder Fami<br />

lienmitglied, ni<strong>ch</strong>t aus. Sie s<strong>ch</strong>ützt<br />

nur vor einer unzulässigen, weil auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong>en<br />

oder übermässigen<br />

Ins trumentalisierung. Um diesem Argument<br />

der S<strong>ch</strong>iefen Ebene Gewi<strong>ch</strong>t<br />

zu verleihen, müsste gezeigt werden,<br />

dass die Art und Weise, wie die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong><br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> mit Mikroorganismen<br />

umgeht, unseren Umgang mit anderen<br />

Lebewesen eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> der Mens<strong>ch</strong>en<br />

tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> negativ beeinflusst.<br />

Es müsste gezeigt werden, ob und<br />

inwiefern die der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

zugrunde liegende Denkweise<br />

unsere Wahrnehmung anderer Lebewesen<br />

und des Mens<strong>ch</strong>en verändert.<br />

Und falls eine Wahrnehmungsänderung<br />

einträte und si<strong>ch</strong> unsere Beziehung<br />

zu anderen Lebewesen und unser<br />

Umgang mit ihnen veränderte, müsste<br />

dargelegt werden, weshalb sie moralis<strong>ch</strong><br />

negativ zu bewerten wäre. Weiter<br />

müsste aufgezeigt werden, dass diese<br />

Veränderung ni<strong>ch</strong>t nur unser Selbstbild,<br />

sondern in der Folge au<strong>ch</strong> den<br />

S<strong>ch</strong>utz der Mens<strong>ch</strong>enwürde gefährdet.<br />

Die <strong>EKAH</strong>­Mitglieder sind si<strong>ch</strong> einig,<br />

dass Argumente der S<strong>ch</strong>iefen Ebene<br />

geeignet sind, mögli<strong>ch</strong>e Folgen unter<br />

dem ethis<strong>ch</strong>en Blickwinkel frühzeitig<br />

zu thematisieren, um sie im Auge zu<br />

behalten. Sie vertreten jedo<strong>ch</strong> die Auffassung,<br />

dass si<strong>ch</strong> aus den Bedenken,<br />

die die Kritik hier vorbringt, zurzeit kein<br />

Veto gegen die Vorhaben der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ableiten lässt.<br />

7.2 Gere<strong>ch</strong>tigkeits überlegungen<br />

Alle Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n und deren Anwendungen,<br />

ni<strong>ch</strong>t nur die Syntheti s<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Bio</strong> <strong>logie</strong>, sind au<strong>ch</strong> unter den Gesi<strong>ch</strong>tspunkten<br />

der Gere<strong>ch</strong>tigkeit zu beleu<strong>ch</strong>ten<br />

und zu beurteilen. Gere<strong>ch</strong>tigkeit hat


mehrere Dimensionen. Wie die <strong>EKAH</strong><br />

bereits in ihrem Beri<strong>ch</strong>t «Gente<strong>ch</strong>nik<br />

und Entwicklungsländer» 25 ausführte,<br />

liegen zentrale Aspekte eines gere<strong>ch</strong>ten<br />

Gemeinwesens in der Gewährleistung<br />

von Grundre<strong>ch</strong>ten, in einer<br />

gere<strong>ch</strong>ten Verteilung materieller und<br />

immaterieller Güter einer Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

und in einer prozedura len Gere<strong>ch</strong>tigkeit,<br />

die dem Einzelnen die Beteiligung<br />

an den Prozessen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />

Willensbildung und Ents<strong>ch</strong>eidfindung<br />

garantiert. An den Auswirkungen auf<br />

diese Gere<strong>ch</strong>tigkeitsdimensionen ist<br />

die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> wie alle<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n zu messen. 26 Ein besonderes<br />

Augenmerk ist dabei auf die<br />

Auswirkungen der Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> auf<br />

die Entwicklungs­ und S<strong>ch</strong>wellenländer<br />

zu legen.<br />

Die Diskussion über Gere<strong>ch</strong>tigkeitsfragen<br />

im Zusammenhang mit der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> greift die Debatte<br />

zur Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> in weiten Teilen<br />

wieder auf. Statt einzelne Projekte und<br />

Visionen der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

herauszugreifen und aus ethis<strong>ch</strong>er<br />

Si<strong>ch</strong>t zu beurteilen, bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong><br />

die <strong>EKAH</strong> hier auf Kriterien, die unter<br />

den Gesi<strong>ch</strong>tspunkten der Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />

bei der Beurteilung der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> und ihrer konkreten<br />

Anwendungen immer au<strong>ch</strong> berücksi<strong>ch</strong>tigt<br />

werden müssen.<br />

Auswirkungen auf die Nahrungssi<strong>ch</strong>erheit,<br />

Nahrungssouveränität<br />

und <strong>Bio</strong>diversität: Die öffentli<strong>ch</strong>e<br />

Diskussion über die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><br />

<strong>logie</strong> hat si<strong>ch</strong> insbesondere an den<br />

Bestrebungen entzündet, mit Hilfe von<br />

synthetis<strong>ch</strong> hergestellten Organismen<br />

Energie zu produzieren. Auf der einen<br />

Seite wird ins Feld geführt, dass damit<br />

ein zentraler Beitrag zur Energieproduktion<br />

und zuglei<strong>ch</strong> zur Bekämpfung<br />

der globalen Klimaerwär mung geleistet<br />

werden kann. Ande rerseits wird<br />

befür<strong>ch</strong>tet, dass die für eine sol<strong>ch</strong>e<br />

Energieproduktion notwendigen Landressourcen<br />

die Nah rungssi<strong>ch</strong>er heit,<br />

Nahrungssouveränität und <strong>Bio</strong> di versität<br />

insbe sondere in den Ent wick lungs­<br />

und S<strong>ch</strong>wellenländern zu sätzli<strong>ch</strong> gefährden.<br />

27 Mögli<strong>ch</strong>e Lösungs ansätze<br />

für Probleme, die au<strong>ch</strong> in Entwicklungs­<br />

und S<strong>ch</strong>wellenländern eine<br />

Rolle spielen (wie z.B. die Wiederaufbereitung<br />

verunreinigter Böden mit<br />

Hilfe von synthetis<strong>ch</strong>en Organismen),<br />

könnte eine glei<strong>ch</strong>zeitige Verletzung<br />

zentraler Aspekte der Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />

ni<strong>ch</strong>t aufwiegen. Dann wären andere<br />

Lösungen zu su<strong>ch</strong>en.<br />

Vertiefung des «te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>en<br />

Grabens»: Kritiker befür<strong>ch</strong>ten, dass<br />

die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> und ihre<br />

Anwendungen die Abstände weiter<br />

vergrössern, die zwis<strong>ch</strong>en dem te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>en<br />

Wissen in Industrie­,<br />

S<strong>ch</strong>wellen­ und Entwicklungsländern<br />

bestehen. Dieser Einwand gilt für alle<br />

te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>en Entwicklungen. Die<br />

Souveränität von Ländern fordert,<br />

dass als Antwort darauf besonders<br />

bena<strong>ch</strong>teiligte Länder unterstützt<br />

werden, eigenes Fa<strong>ch</strong>wissen und<br />

­können aufzubauen, und ebenso, dass<br />

auf Wuns<strong>ch</strong> dieser Länder der Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>­Transfer<br />

gefördert wird. So<br />

wird ihnen ermögli<strong>ch</strong>t, mit den neuen<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>t umzugehen<br />

und au<strong>ch</strong> kontextspezifis<strong>ch</strong>e<br />

Risiko fors<strong>ch</strong>ung zu betreiben.<br />

25 <strong>EKAH</strong>, «Gente<strong>ch</strong>nik und Entwicklungsländer»,<br />

Bern, 2004.<br />

26 Der Report der European Molecular <strong>Bio</strong>logy Organization<br />

(EMBO­Report), Vol. 10, Nr. 1, August<br />

2009, SS. S1<strong>–</strong>S 53,widmet si<strong>ch</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Fragen, die die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> aufwirft,<br />

siehe http://www.nature.com/embor/journal/v10/<br />

n1s/index.html.<br />

27 Im Fokus öffentli<strong>ch</strong>er Diskussion stehen zurzeit<br />

Projekte, die zum Ziel haben, Energie aus<br />

Zucker zu gewinnen, indem Zucker mittels synthetis<strong>ch</strong><br />

hergestellter Zellen fermentiert und in<br />

Energie umgewandelt wird. Die Auswirkungen<br />

auf Entwicklungs­ und S<strong>ch</strong>wellenländer werden<br />

im ETC­Beri<strong>ch</strong>t «Commo difying Nature’s Last<br />

Straw? Extreme Genetic Engineering and the<br />

Post Petroleum Sugar Economy» (2008) kritis<strong>ch</strong><br />

diskutiert.<br />

21


22<br />

S<strong>ch</strong>utz des intellektuellen Eigentums<br />

im Berei<strong>ch</strong> der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong>: Au<strong>ch</strong> hier sind, wie s<strong>ch</strong>on<br />

bei Patenten im Berei<strong>ch</strong> der Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>,<br />

die ethis<strong>ch</strong>e Zulässigkeit und<br />

die detaillierten Auswirkungen des<br />

S<strong>ch</strong>utzes von intellektuellem Eigentum<br />

zu prüfen. Hierzu verweist die<br />

<strong>EKAH</strong> auf ihre <strong>Überlegungen</strong>, die insbesondere<br />

in der Bots<strong>ch</strong>aft zur Änderung<br />

des Patentgesetzes vom 23. November<br />

2005 28 dargelegt wurden.<br />

Wirts<strong>ch</strong>afts- und fors<strong>ch</strong>ungspolitis<strong>ch</strong>e<br />

Auswirkungen: Wenn der<br />

Staat Ans<strong>ch</strong>ubfinanzierungen leistet<br />

(und damit staatli<strong>ch</strong>e Fors<strong>ch</strong>ungsanstalten<br />

oder private Firmen unterstützt)<br />

und / oder strukturelle Rahmenbedingungen<br />

für eine besondere<br />

För derung einer bestimmten Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong><br />

oder ihre Anwendungen s<strong>ch</strong>afft,<br />

s<strong>ch</strong>afft er Tatsa<strong>ch</strong>en und trifft Vorents<strong>ch</strong>eidungen.<br />

Diese Eingriffe führen<br />

zu Marktvers<strong>ch</strong>iebungen. Dies kann<br />

im Einzelfall gere<strong>ch</strong>tfertigt sein, die<br />

Auswirkungen sol<strong>ch</strong>er Ents<strong>ch</strong>eide<br />

auf andere Lösungsansätze müssen<br />

aber bei der Beurteilung im Auge behalten<br />

werden. Staatli<strong>ch</strong>e Förderung<br />

von Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n mit Risikopotential<br />

soll auf jeden Fall mit angemessener<br />

Risikofors<strong>ch</strong>ung verbunden werden,<br />

die au<strong>ch</strong> die langfristigen Risiken mit<br />

einbezieht.<br />

7.3 Risikoethis<strong>ch</strong>e <strong>Überlegungen</strong><br />

Die Mitglieder vertreten die Auffassung,<br />

der moralis<strong>ch</strong>e Status von Mikroorganismen,<br />

mit denen die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

zurzeit arbeitet, stehe ihrer synthetis<strong>ch</strong>en<br />

Herstellung ni<strong>ch</strong>t entgegen.<br />

Au<strong>ch</strong> greifen gemäss der Mehrheit der<br />

Kommissionsmitglieder zurzeit keine<br />

S<strong>ch</strong>iefe­Ebene­Argumente. Es bleibt,<br />

die risikoethis<strong>ch</strong>e Dimension der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> zu prüfen.<br />

Au<strong>ch</strong> die Risiko­Diskussion zur <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> erinnert in weiten<br />

Teilen an die Anfänge der Debatte über<br />

die Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>. Wie bei der Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong><br />

lautet ein Grundeinwand<br />

gegen die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, dass<br />

sie mit einer Materie arbeite, die sie<br />

ni<strong>ch</strong>t beherrs<strong>ch</strong>e und deshalb au<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t kontrollieren könne. Indem sie<br />

mit Lebewesen arbeite, hantiere sie<br />

mit unbekannten Grössen (die entweder<br />

prinzipiell unbekannt oder aufgrund<br />

ihrer Komplexität ni<strong>ch</strong>t fassbar<br />

sind), die aufgrund ihrer Unbekanntheit<br />

eine hohe Potenz haben, Mens<strong>ch</strong><br />

und Umwelt zu gefährden. Evozieren<br />

Vertreter der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

in einer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Zeits<strong>ch</strong>rif t<br />

mit Comics zudem das Bild des jungen<br />

Zauberers 29 , ist au<strong>ch</strong> die bereits<br />

aus der Diskussion über die Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong><br />

bekannte Assoziation zu<br />

Goethes Zauberlehrling ni<strong>ch</strong>t weit:<br />

Der Zauberlehrling verwendet die<br />

Sprü<strong>ch</strong>e seines Meisters, ohne sie in<br />

all ihren Konsequenzen zu verstehen.<br />

Im Unters<strong>ch</strong>ied zu Goethes Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

kehrt hier jedo<strong>ch</strong>, so die Kritik an<br />

der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>, kein Zaubermeister<br />

re<strong>ch</strong>tzeitig zurück, um das<br />

28 Bots<strong>ch</strong>aft zur Änderung des Patentgesetzes und<br />

zum Bundesbes<strong>ch</strong>luss über die Genehmigung<br />

des Patentre<strong>ch</strong>tsvertrags und der Ausführungsordnung<br />

vom 23. November 2005, S. 18<strong>–</strong>20, publiziert<br />

im Bundesblatt 2006 1, siehe au<strong>ch</strong> http://<br />

www.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/<strong>ch</strong>/d/ff/2006/1.pdf.<br />

29 http://www.nature.com/nature/comics/<br />

syntheticbiologycomic/index.html.


S<strong>ch</strong>limmste zu verhindern. Auf der<br />

anderen Seite werden die ebenfalls<br />

s<strong>ch</strong>on aus der Gente<strong>ch</strong>nik­Debatte<br />

be kannten Argumente vorgebra<strong>ch</strong>t,<br />

dass die Produkte der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> relativ einfa<strong>ch</strong> zusammengesetzt<br />

seien. Ihr Gefährdungspotenzial<br />

sei deshalb abs<strong>ch</strong>ätzbar und handhabbar.<br />

Als Laborwesen seien sie auf die<br />

Bedingungen im Labor angewiesen<br />

und in natürli<strong>ch</strong>er Umgebung ni<strong>ch</strong>t<br />

überlebensfähig. Und falls synthetis<strong>ch</strong><br />

hergestellte Lebewesen freigesetzt<br />

würden, wäre ihr Gefährdungspotenzial<br />

gering, da sie si<strong>ch</strong> in einem natürli<strong>ch</strong>en<br />

Ökosystem ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong>setzen<br />

könnten.<br />

Beide Seiten übertreiben aus Si<strong>ch</strong>t der<br />

<strong>EKAH</strong>­Mitglieder. Weder darf die Hoffnung,<br />

dass ni<strong>ch</strong>ts S<strong>ch</strong>limmes passiert,<br />

im Umgang mit potenziell gefährli<strong>ch</strong>en<br />

Stoffen und Organismen handlungsleitend<br />

sein, no<strong>ch</strong> dürfen Befür<strong>ch</strong>tungen<br />

in jedem Fall jegli<strong>ch</strong>es Handeln unterbinden.<br />

Offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ist, dass au<strong>ch</strong><br />

wenn jede te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>e Weiterentwicklung<br />

an bereits Bestehendes und<br />

Bekanntes anknüpft, teilweise Neues<br />

ges<strong>ch</strong>affen wird. Zudem darf aus der<br />

Referenz zum Bekannten ni<strong>ch</strong>t abgeleitet<br />

werden, dass das teilweise Neue<br />

abs<strong>ch</strong>ätzbar ist. Man bleibt mit Unsi<strong>ch</strong>erheiten<br />

und damit mit einer typis<strong>ch</strong>en<br />

Risikosituation konfrontiert.<br />

Die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> eröffnet ein<br />

weites Fors<strong>ch</strong>ungs­ und Anwendungsfeld.<br />

Anwendungen der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> sind bis jetzt no<strong>ch</strong> wenig<br />

konkretisiert, und glei<strong>ch</strong>zeitig entwickelt<br />

si<strong>ch</strong> das Gebiet rasant. Beim<br />

derzeitigen Stand der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> dominieren Visionen, Ungewiss<br />

heiten und Ni<strong>ch</strong>twissen. Konkrete<br />

Daten aus der Risikoermittlung<br />

liegen no<strong>ch</strong> kaum vor; Risikobewertungen<br />

lassen si<strong>ch</strong> deshalb nur annäherungsweise<br />

vornehmen. Die <strong>EKAH</strong><br />

bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> deshalb hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

darauf, die einzelnen S<strong>ch</strong>ritte zu<br />

diskutieren, die in einer Risikosituation<br />

unternommen werden müssen,<br />

und nur am Rande vereinzelte, in der<br />

öffentli<strong>ch</strong>en Diskussion thematisierte<br />

Beispiele anzuspre<strong>ch</strong>en.<br />

Im Umgang mit Risiken sind die sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>te<br />

Risikobes<strong>ch</strong>reibung und ­ermittlung<br />

sowie die Risikobewer tung zu<br />

unters<strong>ch</strong>eiden. Hinzu kommen Sorg ­<br />

faltspfli<strong>ch</strong>ten, die sowohl auf der Ebene<br />

der Risikoermittlung wie au<strong>ch</strong> der Risikobewertung<br />

eine Rolle spielen. 30<br />

Die folgenden teilweise allgemeinen<br />

<strong>Überlegungen</strong> zum Vorgehen bei Risikosituationen<br />

mögen den meis ten vertraut<br />

und selbstverständli<strong>ch</strong> sein. Die<br />

Erfahrung, insbesondere bei der Beurteilung<br />

von Projekten mit gente<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong><br />

veränderten Organismen in der<br />

Umwelt, zeigt jedo<strong>ch</strong>, dass es sinnvoll<br />

ist, si<strong>ch</strong> die Anforderungen, die Risikosituationen<br />

an uns stellen, immer<br />

wieder sorgfältig zu bedenken.<br />

30 vgl. zum Umgang mit Risiken au<strong>ch</strong> die Regelun<br />

gen zur ausserhumanen Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> im<br />

Bundesgesetz über die Gente<strong>ch</strong>nik im Ausser­<br />

humanberei<strong>ch</strong> (Gente<strong>ch</strong>nikgesetz, GTG) vom<br />

21. März 2003, SR 814.91.<br />

23


24<br />

7.3.1 Sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>te Risikoermittlung<br />

und -bes<strong>ch</strong>reibung<br />

Risikoermittlung ist Sa<strong>ch</strong>e der empiris<strong>ch</strong>en<br />

Wissens<strong>ch</strong>aften. Mit ihrer Hilfe<br />

werden die Eintrittswahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit<br />

und das Ausmass von Wirkungen der<br />

Handlungen ermittelt. Die Risikoermittlung<br />

zielt auf probabilistis<strong>ch</strong>e Aussagen,<br />

ni<strong>ch</strong>t auf Bewertungen. Damit<br />

die Risikoermittlung korrekt erfolgt,<br />

muss die Risikobes<strong>ch</strong>reibung sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>t<br />

sein.<br />

In der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> werden<br />

wie in der <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> <strong>Bio</strong>safety-Risiken<br />

und <strong>Bio</strong>security-Risiken<br />

unter s<strong>ch</strong>ieden. 31 Als <strong>Bio</strong>safety-Risi ken<br />

werden Risiken für Mens<strong>ch</strong> und<br />

Umwelt bezei<strong>ch</strong>net, die bei einem<br />

grundsätzli<strong>ch</strong> erlaubten Umgang mit<br />

synthetis<strong>ch</strong>en Organismen unabsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />

entstehen. Zum einen entstehen<br />

Risiken im Umgang mit sol<strong>ch</strong>en Organismen<br />

im ges<strong>ch</strong>lossenen System<br />

(im Labor). Hier sind die Risiken, die<br />

im Kontext der Fors<strong>ch</strong>ung und der<br />

Herstellung synthetis<strong>ch</strong>er Organismen<br />

entstehen, in den Blick zu nehmen. Die<br />

gesundheitli<strong>ch</strong>en Risiken für die Fors<strong>ch</strong>enden<br />

und Mitarbeitenden spielen<br />

eine zentrale Rolle. Es sind aber au<strong>ch</strong><br />

die Risiken für Mens<strong>ch</strong> und Umwelt<br />

zu ermitteln, die trotz Einhalten aller<br />

Si<strong>ch</strong>erheitsvor kehrungen dur<strong>ch</strong> ein<br />

unbeabsi<strong>ch</strong>tigtes Entwei<strong>ch</strong>en eines<br />

Organismus aus dem Labor entstehen.<br />

Zu einem späteren Zeitpunkt der<br />

Entwicklung der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

werden sol<strong>ch</strong>e Risiken aufgrund<br />

von beabsi<strong>ch</strong>tigten versu<strong>ch</strong>sweisen<br />

und no<strong>ch</strong> später kommerziellen Freisetzungen<br />

synthetis<strong>ch</strong> hergestellter<br />

Organismen zu untersu<strong>ch</strong>en sein. All<br />

diese Risiken sind jeweils ex ante, also<br />

vor einer Handlung, zu ermitteln, um<br />

Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keitsaussagen über ihr<br />

Eintreten ma<strong>ch</strong>en zu können.<br />

<strong>Bio</strong>security-Risiken sind Risiken, die<br />

dur<strong>ch</strong> unerlaubten, weil miss bräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>em<br />

oder unsa<strong>ch</strong>gemässem Umgang<br />

mit sol<strong>ch</strong>en Organismen entstehen.<br />

Als Beispiele von Risiken<br />

aufgrund eines unerlaubten Umgangs<br />

werden verbotene private Transporte<br />

genannt, z.B. wenn Fors<strong>ch</strong>ende ihre<br />

Stelle we<strong>ch</strong>seln und Organismen<br />

unerlaubterweise in ihr neues Labor<br />

mitnehmen. Unter dem Aspekt der der<br />

<strong>Bio</strong>security sind Risiken zu beurteilen,<br />

die dur<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t professionell geführte<br />

Labors (sog. Garagenlabors) entstehen.<br />

Missbräu<strong>ch</strong>e werden au<strong>ch</strong> unter<br />

dem Begriff des <strong>Bio</strong>terrorismus und<br />

teilweise unter dem Titel des Dual use<br />

diskutiert. Von Dual use ist die Rede,<br />

wenn eine Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> sowohl für<br />

zivile als au<strong>ch</strong> für militäris<strong>ch</strong>e bzw. terroristis<strong>ch</strong>e<br />

Zwecke verwendet werden<br />

kann. Die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ermögli<strong>ch</strong>t,<br />

mit relativ einfa<strong>ch</strong>en Mitteln<br />

gefährli<strong>ch</strong>e Viren oder Bakterien herzustellen.<br />

Dies weckt Befür<strong>ch</strong>tun gen,<br />

dass genau dies die Mögli<strong>ch</strong>kei ten des<br />

Missbrau<strong>ch</strong>s erhöht. 2002 haben Fors<strong>ch</strong>er<br />

in den USA den Polio virus aus<br />

kommerziell hergestellten, frei zugängli<strong>ch</strong>en<br />

DNA­Sequenzen im Labor na<strong>ch</strong>gebildet.<br />

2005 hat eine andere Gruppe<br />

in den USA den ausgestorbenen Virus<br />

der Spanis<strong>ch</strong>en Grippe synthetisiert.<br />

Die Baupläne dieser Viren wurden veröffentli<strong>ch</strong>t<br />

und damit für jedermann<br />

einsehbar. Diese Beispiele zeigen,<br />

dass die Be für<strong>ch</strong>tungen im Hinblick<br />

31 siehe hierzu au<strong>ch</strong> J. Boldt et al., <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>,<br />

2009, S. 65 ff.


auf Missbräu<strong>ch</strong>e begründet sind, au<strong>ch</strong><br />

wenn es bis heute no<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong>er ist,<br />

ho<strong>ch</strong> pathogene und damit für Mens<strong>ch</strong><br />

und Umwelt gefährli<strong>ch</strong>e Organismen<br />

aus der Natur zu gewinnen. Mit der<br />

te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Entwicklung der Apparate<br />

und der damit einhergehenden<br />

zunehmenden Kommerzialisierung<br />

der DNA­Sequenzierung werden jedo<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> die finanziellen und te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en<br />

Hürden gegen Missbrau<strong>ch</strong><br />

immer einfa<strong>ch</strong>er überwindbar.<br />

Da in Risikosituationen die Datenlage<br />

von Unwissen und Ungewissheiten geprägt<br />

ist, müssen au<strong>ch</strong> plausible von<br />

der Mehrheitsmeinung abwei<strong>ch</strong>ende<br />

Hypothesen einbezogen werden. Es<br />

müssen zudem Aussagen über vorliegende<br />

Erkenntnislücken ge ma<strong>ch</strong>t<br />

werden, die die Risikoermitt lung<br />

eins<strong>ch</strong>ränken. Eine häufig vorgebra<strong>ch</strong>te<br />

allgemeine Kritik an der Risikobes<strong>ch</strong>reibung<br />

und ­ermittlung von Projekten der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> knüpft daran an,<br />

dass der Blick für mögli<strong>ch</strong>e Risiken aufgrund<br />

einer te<strong>ch</strong>nokratis<strong>ch</strong>en Engführung<br />

einges<strong>ch</strong>ränkt wird. Ob und wie<br />

stark eine sol<strong>ch</strong>e als reduktionistis<strong>ch</strong><br />

era<strong>ch</strong>tete Haltung und Herangehensweise<br />

und im Ergebnis eine inadäquate<br />

Risikobes<strong>ch</strong>reibung vorliegen, wäre zu<br />

untersu<strong>ch</strong>en.<br />

Für die Risikobes<strong>ch</strong>reibung und ­ermittlung<br />

sei hier im Weiteren auf die<br />

Kompetenzen der beratenden Eidgenössis<strong>ch</strong>en<br />

Fa<strong>ch</strong>kommission für biologis<strong>ch</strong>e<br />

Si<strong>ch</strong>erheit (EFBS) und die<br />

fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> zuständigen Behörden verwiesen.<br />

7.3.2 Risikobewertung<br />

Von der deskriptiven Risikoermittlung<br />

ist die normative Risikobewertung zu<br />

unters<strong>ch</strong>eiden. Die Risikobewertung<br />

findet auf dem Stand der ermittelten<br />

Daten statt, im Wissen, dass si<strong>ch</strong> dieser<br />

Stand stetig ändert. Sie befasst<br />

si<strong>ch</strong> mit der Gewi<strong>ch</strong>tung der zu erwartenden<br />

Auswirkungen, aber au<strong>ch</strong> mit<br />

der Gewi<strong>ch</strong>tung der verbleibenden<br />

Wissenslücken. Die Risikobewertung<br />

beurteilt die ermittelten Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keiten<br />

und S<strong>ch</strong>adensszenarien und<br />

ents<strong>ch</strong>eidet, ob und wel<strong>ch</strong>er Handlungsbedarf<br />

besteht. Der Handlungsbedarf<br />

bestimmt si<strong>ch</strong> in einer demokratis<strong>ch</strong><br />

organisierten Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

dadur<strong>ch</strong>, dass diese ents<strong>ch</strong>eidet, wel<strong>ch</strong>e<br />

Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keiten und wel<strong>ch</strong>e<br />

S<strong>ch</strong>äden sie als zumutbar und damit<br />

als akzeptabel era<strong>ch</strong>tet.<br />

Für die Gewi<strong>ch</strong>tung der Aussagen, die<br />

aus der Risikoanalyse resultieren, und<br />

für die Akzeptabilität von Risiken spielt<br />

au<strong>ch</strong> eine Rolle, ob und wel<strong>ch</strong>e Alternativen<br />

es zum gewählten Vorgehen<br />

gibt. Das Vorhandensein von Alternativen<br />

ist für die Gewi<strong>ch</strong>tung deshalb<br />

relevant, weil man eher bereit ist, höhe<br />

re Risiken in Kauf zu nehmen, um<br />

ein drängendes Problem zu lösen (z.B.<br />

die Befriedigung von Grundbedürfnissen),<br />

wenn daneben keine weniger riskanten<br />

Vorgehensmögli<strong>ch</strong>keiten existieren.<br />

Drei Ebenen von Alternativen<br />

sind zu berücksi<strong>ch</strong>tigen:<br />

25


26<br />

1. Alternativen zum Objekt, an dem die<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> angewandt wird: z.B.<br />

wasserstoffproduzierende Bakterien<br />

als Alternative zu synthetis<strong>ch</strong> hergestellten<br />

Algen für die Energiegewinnung;<br />

2. Alternativen zur Methode: andere<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n zur Energiegewinnung<br />

aus erneuerbaren Ressourcen (Solar­,<br />

Windenergie u.a.);<br />

3. Alternativen zur Zielsetzung: z.B.<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n, die den Energieverbrau<strong>ch</strong><br />

senken.<br />

7.3.3 Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>ten<br />

Die Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>ten erfüllen zwei<br />

Funktionen. Erstens verlangen sie<br />

vom Handelnden, dass er si<strong>ch</strong> auf dem<br />

Stand des Wissens der mögli<strong>ch</strong>en Folgen<br />

seines Tuns und des davon ausgehenden<br />

S<strong>ch</strong>adenspotentials bewusst<br />

ist. Seine Verantwortung erstreckt si<strong>ch</strong><br />

dabei auf das, was er aufgrund dieses<br />

Wissensstandes hätte vorhersehen<br />

müssen. Er muss mögli<strong>ch</strong>e Folgen und<br />

deren S<strong>ch</strong>adenspotenzial antizipieren.<br />

Unvorhersehbares kann ihm hingegen<br />

ni<strong>ch</strong>t zugere<strong>ch</strong>net werden.<br />

Zweitens fordern die Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>ten,<br />

dass der Handelnde alle Vorsi<strong>ch</strong>tsmassnahmen<br />

ergreift, die erforderli<strong>ch</strong><br />

sind, um zu vermeiden, dass der erwartete<br />

S<strong>ch</strong>aden eintritt. Wie weit er<br />

dieser Anforderung zu genügen hat,<br />

hängt von zwei Parametern ab: von<br />

der Eintrittswahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit eines<br />

S<strong>ch</strong>adens und von dessen Höhe. Je höher<br />

die Eintrittswahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit und<br />

je höher der S<strong>ch</strong>aden, desto grösser<br />

sind die Anforderungen an die Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>ten.<br />

Es muss dafür gesorgt<br />

werden, dass der S<strong>ch</strong>aden mögli<strong>ch</strong>st<br />

ni<strong>ch</strong>t eintritt und, falls er do<strong>ch</strong> eintritt,<br />

dass er mögli<strong>ch</strong>st gering ausfällt.<br />

Diese zweite Ebene der Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>ten<br />

beeinflusst die Risikobewertung.<br />

Mögli<strong>ch</strong>e Massnahmen, um die Eintrittswahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit<br />

und das Ausmass<br />

von S<strong>ch</strong>äden zu reduzieren,<br />

die au<strong>ch</strong> in anderen Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>berei<strong>ch</strong>en<br />

diskutiert und teilweise ergriffen<br />

werden, sind z.B. systematis<strong>ch</strong>e<br />

Monitoringprogramme. Mit Hilfe sol<strong>ch</strong>er<br />

Programme sollen mögli<strong>ch</strong>st<br />

frühzeitig s<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong>e Effekte auf die<br />

Umwelt und die Gesundheit erkannt<br />

werden. Eine weitere Massnahme ist<br />

die Verpfli<strong>ch</strong>tung zu einem s<strong>ch</strong>rittweisen<br />

Vorgehen. Diese verlangt,<br />

stufenweise <strong>–</strong> von Versu<strong>ch</strong>en auf vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Si<strong>ch</strong>erheitsstufen im Labor<br />

zu begrenzten und kontrollierten<br />

Versu <strong>ch</strong>en in der Umwelt bis zum<br />

Inverkehrbringen von Organismen <strong>–</strong><br />

vorzugehen. Sie liegt darin begründet,<br />

dass das nötige Wissen für eine<br />

adäquate Risikobewertung bei neuen<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n erst S<strong>ch</strong>ritt für S<strong>ch</strong>ritt<br />

generiert werden muss. Liegen die nötigen<br />

Daten aus der Risikoermittlung<br />

für einen nä<strong>ch</strong>s ten S<strong>ch</strong>ritt ni<strong>ch</strong>t vor,<br />

können keine Aussagen über die Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit<br />

eines S<strong>ch</strong>adeneintritts<br />

gema<strong>ch</strong>t werden. Ohne diese Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keitsaussagen<br />

kann keine<br />

Risikobewer tung stattfinden. Und wo<br />

keine Risikobewertung vorliegt, kann<br />

keine rationa le Ents<strong>ch</strong>eidung über die<br />

weiteren S<strong>ch</strong>ritte getroffen werden.<br />

Es ist dann unzulässig, den nä<strong>ch</strong>sten<br />

S<strong>ch</strong>ritt zu ma<strong>ch</strong>en und andere blindlings<br />

Risiken auszusetzen.


7.3.4 S<strong>ch</strong>lussfolgerungen für<br />

den risikoethis<strong>ch</strong>en Umgang<br />

mit synthetis<strong>ch</strong> hergestellten<br />

Organismen<br />

Aus Si<strong>ch</strong>t der <strong>EKAH</strong> liegen plausible<br />

Risikoszenarien, aber zu wenig empiris<strong>ch</strong>e<br />

Daten über die Eigens<strong>ch</strong>aften<br />

synthetis<strong>ch</strong> hergestellter Organismen<br />

vor, um eine sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>te Risikobeurteilung<br />

vornehmen zu können. Aus risikoethis<strong>ch</strong>er<br />

Si<strong>ch</strong>t ist bei einer sol<strong>ch</strong>en<br />

Datenlage im Umgang mit synthetis<strong>ch</strong><br />

hergestellten Organismen besondere<br />

Vorsi<strong>ch</strong>t geboten. Es kommt das Vorsorgeprinzip<br />

zur Anwendung. Bis die<br />

für eine sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>te Risikobeurteilung<br />

benötigten empiris<strong>ch</strong>en Daten<br />

für Freisetzungsversu<strong>ch</strong>e vorliegen,<br />

darf mit synthetis<strong>ch</strong> hergestellten Organismen<br />

nur im ges<strong>ch</strong>lossenen System<br />

und gemäss des Stufenprinzips<br />

unter der Berücksi<strong>ch</strong>tigung der dem<br />

Organismus angemessenen besonderen<br />

Vorsi<strong>ch</strong>tsmassnahmen gearbeitet<br />

werden.<br />

Ob die bereits existierenden konkreteren<br />

re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Regelungen für den<br />

Umgang mit gente<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> veränderten<br />

Organismen au<strong>ch</strong> für den Umgang<br />

mit synthetis<strong>ch</strong> hergestellten Organismen<br />

ausrei<strong>ch</strong>en, darüber kann derzeit<br />

mangels Daten no<strong>ch</strong> keine Aussage<br />

gema<strong>ch</strong>t werden.<br />

27


28<br />

8 Zusammenfassung<br />

In ihrem Beri<strong>ch</strong>t untersu<strong>ch</strong>t die <strong>EKAH</strong><br />

die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Ziele und Methoden<br />

der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> und<br />

insbesondere deren Anspru<strong>ch</strong>, aus<br />

sogenannten <strong>Bio</strong>bricks neue Lebewesen<br />

kontrolliert herstellen zu können,<br />

auf ihre ethis<strong>ch</strong>e Vertretbarkeit. Im ersten<br />

Teil des Beri<strong>ch</strong>ts konzentriert sie<br />

si<strong>ch</strong> auf die Frage, was das Produkt der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ist, und ob und<br />

inwiefern gegenüber diesen Produkten<br />

eine ethis<strong>ch</strong>e Verpfli<strong>ch</strong>tung besteht,<br />

die der Anwendung der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> entgegensteht. Den zweiten<br />

Teil des Beri<strong>ch</strong>ts widmet sie den verantwortungsethis<strong>ch</strong>en<br />

Fragen.<br />

Der Beri<strong>ch</strong>t legt dar, dass die Beantwortung<br />

der Frage, inwiefern es prinzipiell<br />

mögli<strong>ch</strong> oder unmögli<strong>ch</strong> ist, Lebewesen<br />

kontrolliert herstellen zu können, davon<br />

abhängt, wel<strong>ch</strong>es Lebensverständnis<br />

der Beurteilung zugrunde gelegt wird.<br />

Es werden vers<strong>ch</strong>iedene ontologis<strong>ch</strong>e<br />

Grund satzpositionen unters<strong>ch</strong>ieden.<br />

Die Mehrheit der Mitglieder vertritt ein<br />

monistis<strong>ch</strong>es Lebenskonzept, d.h. das,<br />

was wir als Leben bezei<strong>ch</strong>nen, bezieht<br />

si<strong>ch</strong> auf rein physikalis<strong>ch</strong>­<strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>e<br />

Eigens<strong>ch</strong>aften von Lebewesen. Die<br />

an deren Positionen, die vitalistis<strong>ch</strong>e<br />

und dualistis<strong>ch</strong>e Position, aber au<strong>ch</strong><br />

eine skeptis<strong>ch</strong>e Haltung werden von<br />

Minderheiten vertreten. Alle ontologis<strong>ch</strong>en<br />

Positionen lassen jedo<strong>ch</strong> die<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit offen, dass die Vision der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> sein<br />

kann und als Produkt ihrer Methoden<br />

Lebewesen entstehen können.<br />

Au<strong>ch</strong> wenn bestimmte langfristige<br />

Visionen der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

die Herstellung aller Arten von Lebewesen<br />

ins Blickfeld rückt, stehen<br />

zurzeit Mikroorganismen im Vordergrund,<br />

mit denen gearbeitet wird<br />

oder die als Produkte hergestellt werden<br />

sollen. Im Kontext von Art. 120<br />

der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Bundesverfassung,<br />

der ver langt, dass im Umgang<br />

mit Tieren, Pflanzen und anderen<br />

Organismen der Würde der Kreatur<br />

Re<strong>ch</strong>nung zu tragen ist, muss die<br />

Frage eines Eigenwertes von Mikroorganismen<br />

geklärt werden. Die Art<br />

und Weise, wie Lebewesen entstehen,<br />

ob künstli<strong>ch</strong> oder auf natürli<strong>ch</strong>e<br />

Weise, hat aus Si<strong>ch</strong>t der <strong>EKAH</strong> keinen<br />

Einfluss auf ihren moralis<strong>ch</strong>en<br />

Status. Ob Mikroorganismen über<br />

etwas verfügen, das man Eigenwert<br />

oder «Würde» nennt, und sie deshalb


um ihrer selbst willen moralis<strong>ch</strong> zu<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigen sind, hängt vom umweltethis<strong>ch</strong>en<br />

Ansatz ab, der vertreten<br />

wird. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder<br />

vertritt einen biozentris<strong>ch</strong>en<br />

Ansatz: Mikroorganismen verfügen<br />

über einen Eigen wert, weil sie leben.<br />

Eine erste Minderheit vertritt einen pathozentris<strong>ch</strong>en<br />

Ansatz. Da keine Indizien<br />

vor liegen, dass Mikroorganismen<br />

einen S<strong>ch</strong>aden in irgend einer Weise als<br />

S<strong>ch</strong>aden wahrnehmen können, gehören<br />

Mikroorganismen gemäss dieser<br />

Minderheit ni<strong>ch</strong>t zum Kreis der moralis<strong>ch</strong><br />

zu berücksi<strong>ch</strong>tigenden Wesen.<br />

Eine zweite Minder heit vertritt einen<br />

anthropo­relationalen Ansatz. Mikroorganismen<br />

sind aufgrund ihrer Beziehung<br />

zum Mens<strong>ch</strong>en moralis<strong>ch</strong> zu a<strong>ch</strong>ten.<br />

Im Rahmen einer Güter abwägung<br />

wird aber au<strong>ch</strong> von jenen Mitgliedern,<br />

die Mikroorganismen einen Eigenwert<br />

zuerkennen, aufgrund einer hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en<br />

Position dem Eigenwert von Mikroorganismen<br />

nur ein verna<strong>ch</strong>lässigbares<br />

Gewi<strong>ch</strong>t zuges<strong>ch</strong>rieben. In der<br />

Praxis stehen einem Projekt mit Mikroorganismen<br />

für alle Mitglieder deshalb<br />

keine ethis<strong>ch</strong>en Einwände entgegen.<br />

Die Unters<strong>ch</strong>iede der ontologis<strong>ch</strong>en<br />

Positionen, die innerhalb der <strong>EKAH</strong><br />

vertreten werden, kommen in der<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Art zum Ausdruck,<br />

in der über die Kontrollierbarkeit des<br />

Prozesses und der Produkte der <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n<br />

<strong>Bio</strong><strong>logie</strong> gespro<strong>ch</strong>en wird.<br />

Sie haben Auswirkungen auf die Diskussion<br />

der verantwortungsethis<strong>ch</strong>en<br />

Fragen. In der öffentli<strong>ch</strong>en Diskus sion<br />

werden im Zusammenhang mit der<br />

<strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong>n <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> S<strong>ch</strong>iefe Ebene­<br />

Argumente angeführt. Die Mitglieder<br />

sind si<strong>ch</strong> einig, dass diese Argumente<br />

zwar geeignet sind, mögli<strong>ch</strong>e Folgen<br />

frühzeitig zu thematisieren, um sie im<br />

Auge zu behalten. Aus ihrer Si<strong>ch</strong>t lässt<br />

si<strong>ch</strong> aus den bisher geäusserten Bedenken<br />

zurzeit jedo<strong>ch</strong> kein Veto gegen<br />

die Projekte der Syntetis<strong>ch</strong>en <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

ableiten.<br />

Die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> ist jedo<strong>ch</strong>,<br />

wie alle Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>n und deren<br />

Anwendungen, au<strong>ch</strong> unter den vers<strong>ch</strong>ie<br />

denen Gesi<strong>ch</strong>tspunkten der Ge ­<br />

re<strong>ch</strong>tigkeit zu messen und zu beurteilen.<br />

Weiter ist die risikoethis<strong>ch</strong>e<br />

Dimen sion zu prüfen. Die <strong>EKAH</strong> stellt<br />

fest, dass die <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong><br />

ein weites Fors<strong>ch</strong>ungs­ und Anwendungsfeld<br />

eröffnet. Anwendungen<br />

sind bis jetzt jedo<strong>ch</strong> trotz rasanter<br />

Entwicklung no<strong>ch</strong> wenig konkretisiert.<br />

Es dominieren Visionen, Unge wissheiten<br />

und Ni<strong>ch</strong>twissen, kurz, es liegt<br />

eine typis<strong>ch</strong>e Risikosituation vor. Aus<br />

Si<strong>ch</strong>t der <strong>EKAH</strong> liegen zwar plausible<br />

Risikoszenarien vor, aber zu wenig<br />

empiris<strong>ch</strong>e Daten, um eine Risikobeurteilung<br />

vornehmen zu können. Die<br />

<strong>EKAH</strong> bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> deshalb in<br />

diesem Beri<strong>ch</strong>t hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> darauf,<br />

das ethis<strong>ch</strong> geforderte (und in anderen<br />

Te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>berei<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> bereits<br />

re<strong>ch</strong>t li<strong>ch</strong> verankerte) Vorgehen<br />

bei Ri sikosituationen in Erinnerung<br />

zu rufen. Es kommt das Vorsorgeprinzip<br />

zur Anwendung und gemäss des<br />

Stufenprinzips darf nur unter besonderen,<br />

dem Organismus angemessenen,<br />

Vorsi<strong>ch</strong>tsmassnahmen gearbeitet werden.<br />

Ob die heute existierenden re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Regelungen für den Umgang<br />

mit gente<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> veränderten Organismen<br />

für den Umgang mit synthetis<strong>ch</strong><br />

hergestellten Organismen ausrei<strong>ch</strong>en,<br />

da rüber kann aus Si<strong>ch</strong>t der <strong>EKAH</strong> mangels<br />

Daten zurzeit no<strong>ch</strong> keine Aussage<br />

gema<strong>ch</strong>t werden.<br />

29


30<br />

9 Literatur<br />

BAERTSCHI, BERNARD: La vie artificielle <strong>–</strong> Le<br />

statut moral des êtres vivants artificiels, Beiträge<br />

zur Ethik und <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>, Band 6, Hrsg. <strong>EKAH</strong>,<br />

Bern, 2009.<br />

BENNER, STEVEN A.: Act natural. In: Nature.<br />

Vol. 421, 9. Januar 2003, S. 118 (zitiert na<strong>ch</strong><br />

A. Brenner, Leben, 2007, S. 158).<br />

BOLDT, JOACHIM / OLIVER MÜLLER /<br />

GIOVANNI MAIO: <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong> <strong>–</strong> Eine<br />

ethis<strong>ch</strong>­philosophis<strong>ch</strong>e Analyse, Beiträge zur<br />

Ethik und <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>, Band 5, Hrsg. <strong>EKAH</strong>,<br />

Bern, 2009.<br />

BOTSCHAFT zur Änderung des Patentgesetzes<br />

und zum Bundesbes<strong>ch</strong>luss über die Genehmigung<br />

des Patentre<strong>ch</strong>tsvertrags und der Ausführungs­<br />

ordnung vom 23. November 2005, S. 18<strong>–</strong>20,<br />

publiziert in: Bundesblatt 2006 1<br />

(www.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/<strong>ch</strong>/d/ff/2006/1.pdf).<br />

BRENNER, ANDREAS: Leben <strong>–</strong> Eine philoso­<br />

phis<strong>ch</strong>e Untersu<strong>ch</strong>ung, Beiträge zur Ethik und<br />

<strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong>, Band 3, Hrsg. <strong>EKAH</strong>, Bern, 2007.<br />

ECKHARDT, ANNE: <strong>Synthetis<strong>ch</strong>e</strong> <strong>Bio</strong><strong>logie</strong>.<br />

Organisation und Ziele, Beri<strong>ch</strong>t für die <strong>EKAH</strong>,<br />

2008. www.ekah.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/de/dokumentation/<br />

externe­guta<strong>ch</strong>ten/index.html<br />

<strong>EKAH</strong><br />

Gente<strong>ch</strong>nik und Entwicklungsländer, Bern, 2004.<br />

EMBO­REPORT: Vol. 10, Number S1, August 2009,<br />

S1<strong>–</strong>S53 (www.nature.com/embor/journal/v10/n1s/<br />

index.html).<br />

ETC: Commodifying Nature’s Last Straw? Extreme<br />

Genetic Engineering and the Post Petroleum<br />

Sugar Economy, 2008.<br />

GENTECHNIKGESETZ (GTG): Bundesgesetz über<br />

die Gente<strong>ch</strong>nik im Ausserhumanberei<strong>ch</strong> vom<br />

21. März 2003, SR 814.91.<br />

KUTSCHERA, FRANZ VON: Jenseits des<br />

Materialismus, mentis, Paderborn, 2003.<br />

SCHWEIZERISCHE BUNDESVERFASSUNG vom<br />

18. April 1999, SR 101, Art. 120, Gente<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong><br />

im Ausserhumanberei<strong>ch</strong>.<br />

SZOSTAK, JACK W. / DAVID P. BARTEL /<br />

PIER LUIGI LUISI: Synthesizing life. In: Nature:<br />

Vol. 409, 18. Januar 2001, S. 387 (zitiert na<strong>ch</strong><br />

A. Brenner, Leben, 2007, S. 156).<br />

Webquellen<br />

(alle aufgerufen am 6. April 2010)<br />

http://sb4.biobricks.org/field<br />

http://syntheticbiology.org<br />

www.ethz.<strong>ch</strong>/news/ethupdate/2007/<br />

070619_1/index<br />

www.nature.com/nature/comics/<br />

syntheticbiologycomic/index.html<br />

www.synbiosafe.eu/index.php?page=<br />

o t h e r ­ s b ­ p r o j e c t s<br />

www.tessy­europe.eu/public/_docs/TESSY­<br />

final­Report_D5­3.pdf


Bildna<strong>ch</strong>weis:<br />

Ums<strong>ch</strong>lag Zei<strong>ch</strong>nung: Atelier Bundi,<br />

Bild: Bakterien, © Sebastian Kaulitzki<br />

Seite 3 Beugungsbild eines <strong>Bio</strong>moleküls,<br />

Max-Planck-Arbeitsgruppen für<br />

Strukturelle Molekularbio<strong>logie</strong><br />

Seite 4 Links: Staphylococcus aureus,<br />

Janssen-Cilag<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Mycoplasma mycoides<br />

bacterium, J. Craig Venter Institute<br />

Seite 5 Links: DNA double helix,<br />

© The University of Waikato<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Laborproben,<br />

Jürgen Haacks, Uni Kiel<br />

Seite 6 Links: DNA-Chip,<br />

Flad & Flad Communication GmbH<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Fors<strong>ch</strong>ung, Janssen-Cilag<br />

Seite 7 Agent release module,<br />

© bioss <strong>–</strong> Center for<br />

<strong>Bio</strong>logical Signalling Studies<br />

Seite 8 Es<strong>ch</strong>eri<strong>ch</strong>ia-coli, Janssen-Cilag<br />

Seite 9 Links: Anophelesmuecke,<br />

Birgit Betzelt / action medeor<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Artemisisin,<br />

Birgit Betzelt / action medeor<br />

Seite 10 Streptococcus pyogenes,<br />

© S. Lowry, University of Ulster<br />

Seite 11 Links: Fors<strong>ch</strong>ung, Janssen-Cilag<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Aral Fors<strong>ch</strong>ung,<br />

Deuts<strong>ch</strong>e BP AG<br />

Seite 12 Fors<strong>ch</strong>ung, Janssen-Cilag<br />

Seite 13 Phytoplankton bloom, © NASA<br />

Seite 14 Links: Stoffwe<strong>ch</strong>sel, Janssen-Cilag<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Shewanella sp,<br />

University of California, Riverside<br />

Seite 15 Pseudomonas-aeruginosa,<br />

Janssen-Cilag<br />

Seite 16 Microbiological agrar plate,<br />

© Claudia Disqué, Ph. D.<br />

Seite 17 Mikroorganismen,<br />

Wilhelm Foissner, Andreas Zankl,<br />

University of Salzburg, Austria<br />

Seite 18 Mikroorganismen,<br />

© vangorpreunion, Picasa<br />

Seite 19 Mitose, IMP<br />

Seite 20 Computer, Digital Media Lab, KAIST<br />

Seite 21 Second generation biofuel from<br />

algae oil, Global Energy<br />

Seite 22 Fors<strong>ch</strong>ung, Janssen-Cilag<br />

Seite 23 Links: Laborproben,<br />

Jürgen Haacks, Uni Kiel<br />

Re<strong>ch</strong>ts: Hautbakterien,<br />

Bill Branson, NIH<br />

Seite 24 Anti anthrax pesticide,<br />

Stanford University<br />

Seite 25 Bacillus anthracis,<br />

Oregon State University<br />

Seite 26 Algenproduktionsanlage,<br />

Jüli<strong>ch</strong> Fors<strong>ch</strong>ungszentrum<br />

Seite 27 Labor, Microtest Laboratories<br />

Seite 28 Acinetobacter, Janssen-Cilag<br />

Seite 29 Bakterie, Indiana University<br />

Seite 30 Bacteria on Culture, Bill Branson, NIH<br />

Mai 2010<br />

Herausgeberin: Eidgenössis<strong>ch</strong>e Ethikkommission<br />

für die <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> im Ausserhumanberei<strong>ch</strong><br />

<strong>EKAH</strong><br />

Redaktion: Ariane Willemsen, Sekretariat <strong>EKAH</strong><br />

c/o Bundesamt für Umwelt BAFU<br />

CH-3003 Bern<br />

Tel. +41 (0)31 323 83 83<br />

Fax +41 (0)31 323 03 69<br />

ekah@bafu.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />

Gestaltung: Atelier Bundi AG, Boll<br />

Druck: Ackermanndruck AG, Liebefeld<br />

Diese Bros<strong>ch</strong>üre ist in Deuts<strong>ch</strong>, Französis<strong>ch</strong> und<br />

Englis<strong>ch</strong> gedruckt erhältli<strong>ch</strong>, elektronis<strong>ch</strong> und auf<br />

www.ekah.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong> zudem au<strong>ch</strong> in Italienis<strong>ch</strong>.<br />

Na<strong>ch</strong>druck mit Quellenangabe erwüns<strong>ch</strong>t. Re<strong>ch</strong>te<br />

an Bildern müssen gesondert eingeholt werden.<br />

Gedruckt auf <strong>ch</strong>lorfreiem Papier.<br />

S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Eidgenossens<strong>ch</strong>aft<br />

Confédération suisse<br />

Confederazione Svizzera<br />

Confederaziun svizra<br />

Eidgenössis<strong>ch</strong>e Ethikkommission<br />

für die <strong>Bio</strong>te<strong>ch</strong>no<strong>logie</strong> im<br />

Ausserhumanberei<strong>ch</strong> <strong>EKAH</strong>

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