Der Bodensee - Zustand – Fakten - HYDRA-Institute
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88<br />
Kapitel 3<br />
Regenentlastungen als<br />
Quellen hygienischer<br />
Belastung<br />
Komplexbildner aus<br />
Industrie- und<br />
Gewerbeabwässern<br />
Arzneimittelrückstände<br />
werden nur ungenügend<br />
eliminiert<br />
Nutzungen und ihre Einflüsse auf den <strong>Bodensee</strong><br />
• Entlastungen der Mischkanalisationssysteme;<br />
• diffuse Abschwemmungen aus beweideten oder gegüllten landwirtschaftlichen<br />
Flächen;<br />
• Schlammaufwirbelungen und <strong>–</strong>verfrachtungen bei ansteigenden Abflüssen im<br />
Gewässer.<br />
Bei Untersuchungen an Schussen [17] und Seefelder Aach [19] aber auch an Vorarlberger<br />
Gewässern [20] erwiesen sich Einträge aus Regenentlastungen als Hauptursache<br />
für Belastungsspitzen von coliformen Keimen.<br />
Komplexbildner<br />
Komplexbildner werden häufig in Wasch- und Reinigungsmitteln eingesetzt und finden<br />
weitere Anwendungen in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft. EDTA ist in<br />
Reinigungsmitteln, Pharmazeutika/Kosmetika und in Düngemitteln enthalten. NTA<br />
wurde seit den 1980er Jahren vor allem als Phosphat-Ersatzstoff in Waschmitteln<br />
eingesetzt. Haupteinsatzgebiet von DTPA ist die Papier- und Zellstoffindustrie.<br />
Während EDTA bei der biologischen Abwasserreinigung kaum abgebaut wird, kann<br />
die Abbaurate für NTA bei über 90% liegen. Für die EDTA-Fracht in den Seezuflüssen<br />
sind im wesentlichen die großen Abwasserreinigungsanlagen mit hohem<br />
Anteil an Industrie- und Gewerbeabwässern verantwortlich [21]. In den Jahren<br />
1985-1990 wurden erste Untersuchungen zur NTA- und EDTA-Belastung des<br />
Obersees und einiger Zuflüsse und Abläufe von Abwasserreinigungsanlagen durchgeführt<br />
[22]. Die in den Zuflüssen gemessenen EDTA-Konzentrationen schwankten<br />
stark (0,4-145 µg/l). Im Jahr 1995/96 führten die 10 größten Zuflüsse dem <strong>Bodensee</strong><br />
insgesamt 24,5 t/a EDTA zu, wovon rund 32% auf den Alpenrhein, 22% auf die<br />
Dornbirnerach und 26,5% auf die Schussen entfielen [23, 24].<br />
Für den ebenfalls schwer abbaubaren Komplexbildner DTPA stellte die Schussen<br />
1995/96 die einzige Eintragsquelle dar. Anders als beim EDTA haben die DTPA-<br />
Frachten in der Schussen in den letzten Jahren von 4,5 t/a (1995) auf 12-15 t/a<br />
(1999/2000) erheblich zugenommen. Mit einer mittleren Konzentration von 34 µg/l<br />
nahe der Schussen-Mündung werden die Zielvorgaben von IAWR (Internationale<br />
Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet) und LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft<br />
Wasser) für schwer abbaubare Stoffe deutlich überschritten [23]<br />
(siehe auch Kap. 3.3).<br />
Pharmazeutika und hormonähnliche Stoffe<br />
Arzneimittelwirkstoffe gelangen unverändert oder durch den Stoffwechsel metabolisiert<br />
über die Kanalisation in kommunale Abwasserreinigungsanlagen, wo sie häufig<br />
nur ungenügend eliminiert und somit in die Gewässer eingetragen werden. Auch<br />
aus Tierhaltung und Aquakultur können Medikamente und ihre Metabolite in die<br />
Umwelt gelangen [25, 26].<br />
In den Zuflüssen des <strong>Bodensee</strong>s ist zwar bislang keine akute Gefährdung durch<br />
Pharmaka oder hormonähnliche Stoffe festgestellt worden, aber in einigen Zuflüssen<br />
aus Gebieten mit hoher Siedlungsdichte und damit einem hohen Abwasseranfall, wie<br />
z.B. in der Schussen (Tab. 3.2-3), sind subtoxische oder chronische Wirkungen auf<br />
aquatische Organismen nicht mit Sicherheit auszuschließen.<br />
Bei den in den Zuflüssen am häufigsten nachgewiesenen endokrin wirksamen<br />
Stoffen handelt es sich um Industriechemikalien bzw. deren Metabolite: Nonyl- und<br />
Oktylphenole sind Abbauprodukte von in Industriereinigern verwendeten Stoffen,<br />
Internationale Gewässerschutzkommission für den <strong>Bodensee</strong> (IGKB)