Lösungsskizze - Verwaltungsgericht Sigmaringen

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09.06.2013 Aufrufe

6 - P. müsste Störer im Sinne von § 6 Abs. 1 PolG sein. Von ihm müsste also die von der Stadt unterstellte Bedrohung für die öffentli- che Sicherheit ausgehen. Eine solche Feststellung lässt sich schwerlich treffen. Bei der Frage, ob von P. eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, ist zu berücksichtigen, dass bloße Belästigungen, Unbequemlichkeiten und Geschmacklosigkeiten sowie das bloße Niederlassen von Per- sonen auf öffentlichen Straßen und Gehwegen und in Grün- und Er- holungsanlagen ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses schon nicht von dem polizeirechtlichen Gefahren- bzw. Schadensbegriff erfasst sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Oktober 2002 - 1 S 1963/02 -, ESVGH 53, 65 m.w.N.). Die Stadt Ü. stützte die Erweiterung des Aufenthalts- bzw. Betre- tungsverbotes darauf, dass P. das Betretungsverbot aus dem Be- scheid vom 09.07.2007 am 20.08.2007 verletzt und an den gewalttä- tigen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der rechten Sze- ne und Polizeibeamten, die sich in dem Bereich ereigneten, auf den sich das Betretungsverbot vom 09.07.2007 bezogen hat, teilgenom- men habe. Gegen die Richtigkeit dieser Annahme bestehen Bedenken. Die un- terstellte Beteiligung des P. steht nicht fest. Aus den Berichten des Polizeireviers Ü. ergibt sich eine Beteiligung nicht. In der Mitteilung der Polizei vom 27.09.2007 wird es nur noch für „durchaus möglich“ gehalten, dass P. an den Vorfällen in der Innenstadt beteiligt gewe- sen ist. Damit wird der Bericht der Polizei vom 23.08. 2007 entkräf- tet. Dies zeigt, dass die Polizei selbst keine Kenntnis von der Beteili- gung des P. an den Vorfällen am 20.08.2007 hatte. Der Frage, ob sich die Beteiligung des P. etwa durch die Vernehmung von Polizei- beamten, die am 20.08.2007 in Ü. im Einsatz waren, nachweisen

7 ließe, braucht angesichts dieser von der Polizei dargelegten nur va- gen Kenntnis nicht weiter nachgegangen werden. (2) Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn Gegen das Aufenthalts-bzw. Betretungsverbot vom 24.08.2007 be- stünden auch dann rechtliche Bedenken, wenn die Annahme zutref- fend wäre, dass P. an den Ereignissen vom 20.08.2007 in der In- nenstadt von Ü. beteiligt war. Denn die Stadt hat unbeachtet gelas- sen, dass P. innerhalb des Geltungsbereichs des erweiterten Auf- enthalts- bzw. Betretungsverbots wohnt. - Verstoß gegen die Freizügigkeit nach Art. 11 GG und die allgemei- ne Handlungsfreiheit Art. 2 Abs. 1 GG Die Stadt schränkte mit dem Aufenthalts- bzw. Betretungsverbot das Grundrecht des P. auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG ein. Dies ist nach Art. 11 Abs. 2 GG u.a. nur zulässig, um strafbaren Handlungen vorzubeugen. Davon, dass es notwendig war, P. zur Abwendung von Straftaten von seiner Wohnung fernzuhalten, geht auch die Stadt nicht aus. Dafür bestehen, selbst wenn P. an den Ereignissen vom 20.08.2007 in der Innenstadt Ü.s beteiligt gewesen wäre, keine Anhaltspunkte. Daneben greift die Stadt ganz erheblich in das Recht des P. auf all- gemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ein. Das Verbot gilt für einen Zeitraum von ca. vier Monaten und erstreckt sich in räumlicher Hinsicht auf nahezu das gesamte Stadtgebiet. Im Ver- botsbereich befindet sich auch die Wohnung des P. Das Verbot gilt unabhängig davon, zu welchem Zweck P. den betroffenen Bereich aufsucht oder aufsuchen will. Das grundsätzlich berechtigte Interes- se der Stadt am Schutz der Allgemeinheit vor ruhestörendem Lärm

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- P. müsste Störer im Sinne von § 6 Abs. 1 PolG sein. Von ihm<br />

müsste also die von der Stadt unterstellte Bedrohung für die öffentli-<br />

che Sicherheit ausgehen.<br />

Eine solche Feststellung lässt sich schwerlich treffen. Bei der Frage,<br />

ob von P. eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, ist zu<br />

berücksichtigen, dass bloße Belästigungen, Unbequemlichkeiten<br />

und Geschmacklosigkeiten sowie das bloße Niederlassen von Per-<br />

sonen auf öffentlichen Straßen und Gehwegen und in Grün- und Er-<br />

holungsanlagen ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des<br />

Alkoholgenusses schon nicht von dem polizeirechtlichen Gefahren-<br />

bzw. Schadensbegriff erfasst sind (vgl. VGH Baden-Württemberg,<br />

Beschluss vom 4. Oktober 2002 - 1 S 1963/02 -, ESVGH 53, 65<br />

m.w.N.).<br />

Die Stadt Ü. stützte die Erweiterung des Aufenthalts- bzw. Betre-<br />

tungsverbotes darauf, dass P. das Betretungsverbot aus dem Be-<br />

scheid vom 09.07.2007 am 20.08.2007 verletzt und an den gewalttä-<br />

tigen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der rechten Sze-<br />

ne und Polizeibeamten, die sich in dem Bereich ereigneten, auf den<br />

sich das Betretungsverbot vom 09.07.2007 bezogen hat, teilgenom-<br />

men habe.<br />

Gegen die Richtigkeit dieser Annahme bestehen Bedenken. Die un-<br />

terstellte Beteiligung des P. steht nicht fest. Aus den Berichten des<br />

Polizeireviers Ü. ergibt sich eine Beteiligung nicht. In der Mitteilung<br />

der Polizei vom 27.09.2007 wird es nur noch für „durchaus möglich“<br />

gehalten, dass P. an den Vorfällen in der Innenstadt beteiligt gewe-<br />

sen ist. Damit wird der Bericht der Polizei vom 23.08. 2007 entkräf-<br />

tet. Dies zeigt, dass die Polizei selbst keine Kenntnis von der Beteili-<br />

gung des P. an den Vorfällen am 20.08.2007 hatte. Der Frage, ob<br />

sich die Beteiligung des P. etwa durch die Vernehmung von Polizei-<br />

beamten, die am 20.08.2007 in Ü. im Einsatz waren, nachweisen

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