Lösungsskizze - Verwaltungsgericht Sigmaringen
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AUFGABE 2: Erfolgsaussichten des Eilantrags gegen die Maßnahmen der Ortspolizeibehörde<br />
Der Antrag des Herrn Wagenhäuser hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet<br />
ist.<br />
I. Zulässigkeit<br />
1. VwRechtsweg nach § 40 VwGO unproblematisch (+). Es geht nicht um Maßnahmen<br />
nach dem GewSchG, sondern um das von der Ortspolizeibehörde ausgesprochene off.rechtl.<br />
Aufenthaltsverbot.<br />
2. statthafter Antrag: in der Hauptsache Anfechtungssituation, daher: Antrag nach § 80<br />
Abs. 5 VwGO gerichtet auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs<br />
(§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung<br />
des Widerspruchs hinsichtlich der angedrohten Zwangsmaßnahmen (die kraft Gesetzes -<br />
§ 12 LVwVG - sofort vollziehbar sind, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO)<br />
3. Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog (+)<br />
4. RSB (+), zum Zeitpunkt der Antragstellung (und der Entscheidung des Gerichts) hatte<br />
sich das Aufenthaltsverbot noch nicht durch Zeitablauf erledigt (wenngleich nicht ganz<br />
nachvollziehbar ist, warum sich der Antragsteller so lange Zeit gelassen und sich erst<br />
kurz vor Ablauf des Aufenthaltsverbotes an das Gericht gewandt hat).<br />
5. ansonsten keine Zulässigkeitsprobleme ersichtlich<br />
II. Begründetheit<br />
1. Die Stadt Tübingen ist in entsprechender Anwendung von § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO richtiger<br />
Antragsgegner.<br />
2. formelle RMK der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 VwGO ist mangels<br />
entgegenstehender Angaben im SV zu unterstellen. Besondere Eilbedürftigkeit steht bei<br />
„häuslicher Gewalt“ i.Ü. wohl außer Frage<br />
3. materielle RMK<br />
Ausgangspunkt: § 80 Abs. 5 VwGO: „kann das Gericht...“ (Ermessen!) - deshalb: Interessenabwägung<br />
- (zur Methodik vgl. etwa Proppe, JA 2004, 324 ff.)<br />
Abzuwägen zwischen: öff. Interesse am sofortigen Vollzug und dem privaten Interesse des W,<br />
einstweilen vom Vollzug verschont zu bleiben. Hilfsmittel für die Abwägung:<br />
- Rechtmäßigkeitsprüfung (Offensichtlichkeit) - Erfolgsaussichten<br />
- falls Erfolgsaussichten offen: reine Folgenbetrachtung / Interessenlage<br />
a) RMK des Aufenthaltsverbots<br />
a. EGL: mangels spezialgesetzlicher Regelung § 1, 3 PolG;<br />
In jüngster Zeit wird allerdings unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten - Rechtsklarheit<br />
und Rechtssicherheit - stark diskutiert, ob der Gesetzgeber nicht gehalten wäre, für Platzverweise<br />
und Aufenthaltsverbote in Fällen häuslicher Gewalt eine spezielle EGL zu schaffen.<br />
Insbes. die Lit. fordert dies (vgl. Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6.<br />
Aufl., RdNrn. 200, 302 b, 302 c; Butzer, Flucht in die polizeiliche Generalklausel?, VerwArch<br />
2002, 506, 536 ff.; Gusy, JZ 2005, 355, 357). Nachdem es in BW einen Modellversuch<br />
zu Maßnahmen bei häuslicher Gewalt gegeben hat, dürfte eine gesetzliche Regelung<br />
mittlerweile tatsächlich angezeigt sein, dem Gesetzgeber ist das Problem seit langem bekannt<br />
(vgl. VG Stuttgart, Beschlüsse vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 - und vom 17.05.2001<br />
- 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43). Der VGH Baden-Württemberg hat in seiner ersten Entscheidung<br />
zur Gefahrenabwehrhandlung der Polizei in Fällen häuslicher Gewalt diese Bedenken<br />
„jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ (Urt. v. 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, NJW<br />
2005, 88 = VBlBW 2005, 138) - noch - nicht geteilt. In anderen Bundesländern (vgl. den<br />
Überblick über die Rechtslage in den Ländern bei Naucke-Lömker, NJW 2002, 3525; Sei-<br />
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