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63. JAHRGANG – SEPTE<strong>MB</strong>ER 2012 – NR. 9<br />

ISSN 1861- 9746 Verkaufspreis: 3,– Euro H 6114<br />

Schlesischer Gottesfreund<br />

NACHRICHTEN UND BEITRÄGE AUS DEM EVANGELISCHEN SCHLESIEN<br />

Bin ich nur ein Gott, <strong>de</strong>r nahe ist,<br />

spricht <strong>de</strong>r Herr,<br />

und nicht auch ein Gott,<br />

<strong>de</strong>r ferne ist?<br />

Jeremia 23,23<br />

Monatsspruch September<br />

Foto: Adamskapelle im Heiligen Grab zu Görlitz, ANN


130 Geistliches Wort<br />

GEISTLICHES WORT<br />

„Ich laß dich nicht<br />

im Regen stehen” S. 130<br />

BEITRÄGE<br />

„Du bist nicht da, wo du bist” - O<strong>de</strong>r:<br />

Was be<strong>de</strong>utet mir Schlesien? S. 131<br />

Als Junge in Breslau S. 133<br />

MELDUNGEN<br />

Gna<strong>de</strong>nkonfirmation in <strong>de</strong>r<br />

Laubaner Frauenkirche S. 136<br />

Symposium zu Otto Bartning S. 136<br />

Gerhart-Hauptmann-Jahr S. 137<br />

„Ich laß dich nicht im Regen stehen”<br />

Welch ein schönes Bildwort! „Ich laß dich nicht im<br />

Regen stehen!” Hat das mal jemand zu Ihnen<br />

gesagt, ganz lieb, ganz freundlich, und seinen<br />

Schirm aufgespannt o<strong>de</strong>r die Haustür geöffnet o<strong>de</strong>r gar –<br />

das Herz? „Ich laß dich nicht im Regen stehen!” Haben Sie<br />

es mal zu jeman<strong>de</strong>m gesagt, ganz freundlich, ganz lieb, und<br />

Ihren Schirm geöffnet o<strong>de</strong>r die Haustür o<strong>de</strong>r gar – Ihr<br />

Herz? Und selbst wenn es nicht geschehen wäre, ja, dann<br />

wohl erst recht, wissen wir doch alle, wie gut das tut, und<br />

vor allem: wie nötig das manchmal ist, not - wendig.<br />

Gott sagt das übrigens auch: „Ich laß dich nicht im<br />

Regen stehen.” So nachzulesen in einer <strong>de</strong>r großen<br />

Wun<strong>de</strong>r-Geschichten, die uns die Bibel erzählt (2. Mose<br />

Kap. 3) – ach sie ist ja voll solcher Worte und Bil<strong>de</strong>r und<br />

Geschichten!<br />

Meine Geschichte erzählt davon, daß Gott wie<strong>de</strong>r einmal<br />

beschlossen hat, zu tun, was er schon immer beson<strong>de</strong>rs<br />

gerne tut: Menschen helfen, die in Nöten sind. „Ich habe<br />

gesehen das Elend meines Volkes” – heißt es in meiner<br />

Geschichte; und „ich habe gehört ihr Schreien über ihre<br />

Not” – und ich will ihnen helfen. Damit aber fängt alle<br />

Verän<strong>de</strong>rung zum Guten an: daß Gott sieht und daß Gott<br />

hört, was mit uns los ist, wie es um uns steht in unserem<br />

Alltag, mit unserem Kleinglauben und Unglauben, in<br />

Lebensängsten und Sterbensängsten.<br />

Meine Geschichte erzählt dann weiter, daß Gott, <strong>de</strong>r<br />

„das Elend seines Volkes gesehen” und „ihr Schreien über<br />

ihre Not” gehört hat und nun helfen will, das nun tut auf<br />

eben die Weise, wie er es meistens, wie er es fast immer<br />

macht: er sucht sich einen Menschen, <strong>de</strong>r das in seinem<br />

Auftrag tun soll.<br />

Gott spricht also einen Menschen an. In meiner Beispielgeschichte<br />

heißt er Moses. Der ist wegen Totschlags<br />

flüchtig, untergetaucht bei irgen<strong>de</strong>inem Beduinenstamm in<br />

<strong>de</strong>r Wüste, dort ist er Viehhirte. Gott erklärt ihm die Sachlage,<br />

erzählt, was er gesehen hat und gehört hat, und daß er<br />

einzugreifen und zu helfen entschlossen ist; und „Du” –<br />

sagt Gott – „Du gehe jetzt bitte und tu es in meinem Auftrag.”<br />

Ich muß hier ja doch einfügen: es geht in meiner<br />

Geschichte um das Volk Gottes im Alten Testament. Das ist<br />

in einer ausweglosen Notsituation, gefangen, versklavt, zur<br />

Zwangsarbeit am Pyrami<strong>de</strong>nbau gezwungen, seit Generationen<br />

schon, und ohne Aussicht und ohne Kraft, das zu<br />

än<strong>de</strong>rn. Aber Gott will es än<strong>de</strong>rn!<br />

o<strong>de</strong>r: Gottes Selbstvorstellung<br />

LESERBRIEFE S. 139<br />

BUCHEMPEHLUNG S. 140<br />

VERANSTALTUNGEN/TERMINE S. 142<br />

AUS DER LESERGEMEINDE S. 142<br />

FUNDSTÜCK S. 144<br />

Dieser Moses freilich, als er Gottes Bitte um Mithilfe bei<br />

<strong>de</strong>r Rettung hört, lehnt erst einmal ab: „Das kann ich nicht.<br />

Dafür tauge ich nichts. Das Elend ist viel zu groß, die Not<br />

viel zu schwer, als daß ich hier etwas ausrichten könnte. Ich<br />

mit meiner schwachen Kraft. Gegen Pharao kommt doch<br />

keiner an!”<br />

Aber da läßt Gott sich nicht auf Diskussionen ein. Seine<br />

Antwort ist kurz und bestimmt: „Ich bin mit dir.” Ich habe<br />

das Elend meines Volkes gesehen und habe ihr Schreien<br />

gehört und will ihnen helfen; und wenn ich jetzt dich schikke,<br />

dann tust du mein Werk, nicht <strong>de</strong>in eigenes. Ich bin mit<br />

dir, wenn du nur meinem Befehl gehorchst und in <strong>de</strong>r Not<br />

hilfst, die ich jetzt auf <strong>de</strong>in Herz und in <strong>de</strong>ine Hand lege.<br />

Mose akzeptiert – aber er sieht noch ein an<strong>de</strong>res<br />

Problem. Er behauptet nämlich, und offenbar hat er Grund<br />

dazu, daß das Volk Gottes seinen Gott nicht mehr kennt und<br />

darum von seinem Gott auch nichts mehr erwartet. Mose<br />

hat also keine sehr schmeichelhafte Meinung von <strong>de</strong>r<br />

Frömmigkeit und vom Glauben <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Gottes, aber<br />

eine sehr realistische. Und so fragt er zurück: „Wenn ich<br />

nun zu <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn Israel gehe und ihnen sage, daß du<br />

mich schickst, ihnen zu helfen, und wenn sie dann zurückfragen:<br />

Wer ist das <strong>de</strong>nn, dieser Gott, von <strong>de</strong>m du behauptest,<br />

daß er uns helfen kann?, wie heißt er <strong>de</strong>nn, dieser<br />

Gott? – wenn sie so fragen: was soll ich <strong>de</strong>n Leuten dann<br />

antworten?" Und Gottes Anweisung lautet: wenn du mich<br />

<strong>de</strong>n Menschen vorstellst, wenn du ihnen von mir erzählst,<br />

dann erkläre ihnen meinen Namen so:<br />

Ich, Gott, bin <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r FÜR EUCH DA ist.<br />

Das ist die Be<strong>de</strong>utung jener vier hebräischen Buchstaben:<br />

%&%*/JHWH, wie wir sie auf manchen (Altar-)Bil<strong>de</strong>rn als<br />

<strong>de</strong>n hebräischen Gottesnamen fin<strong>de</strong>n: FÜR EUCH DA.<br />

Gott selbst, von Mose nach seinem Namen gefragt, hat sich<br />

uns bekannt gemacht als <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r FÜR UNS DA ist; als <strong>de</strong>r,<br />

<strong>de</strong>r unser Elend sieht und unser Schreien hört und uns helfen<br />

will. Darauf will Gott von uns angesprochen wer<strong>de</strong>n.<br />

Mehr brauchen wir nicht zu wissen, und Schöneres können<br />

wir nicht wissen von Gott als diesen seinen Namen:<br />

Ich bin <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r FÜR EUCH DA ist.<br />

Und Gott hat diesen seinen Namen ja damals auch unter<br />

Beweis gestellt und hat sein Volk aus Ägypten, aus <strong>de</strong>r<br />

Sklaverei herausgeholt.<br />

Und dann hat Gott später noch einmal in völlig auswegloser<br />

Situation eingegriffen und hat etwas ganz Neues<br />

angefangen. Er hat uns Menschen gesehen als Sklaven <strong>de</strong>r


BEITRÄGE 131<br />

Sün<strong>de</strong>, ohnmächtig gegen das Böse. Er hat unser Schreien<br />

gehört auf <strong>de</strong>n Sterbelagern und an <strong>de</strong>n Gräbern, wehrlos<br />

ausgeliefert an <strong>de</strong>n Tod. Und ohne Aussicht und ohne<br />

Kraft, das zu än<strong>de</strong>rn. Gegen Sün<strong>de</strong> und Tod kommt doch<br />

keiner an! Und <strong>de</strong>shalb hat Gott noch einmal eingegriffen<br />

und einen Helfer und Retter geschickt: JESUS, <strong>de</strong>n Sohn.<br />

Wir müßten diesen Namen ja eigentlich auch ins Deutsche<br />

übersetzen, und dann be<strong>de</strong>utet er: „Gott hilft.” JESUS – das<br />

ist: Gott hilft. Und das ist doch nur ein an<strong>de</strong>rer Name für<br />

die gleiche Selbstvorstellung, die Gott damals <strong>de</strong>m Mose<br />

am brennen<strong>de</strong>n Dornbusch gegeben hat. Jesus ist <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />

FÜR UNS DA ist, <strong>de</strong>n Gott geschickt hat, „zu suchen und<br />

zu retten, was verloren ist” (so lautet die Selbstvorstellung<br />

Jesu nach <strong>de</strong>m Lukasevangelium, Kap. 19,10); Jesus ist,<br />

Schloß in Sabitz um 1910 Alte Ansichtskarte (Ausschnitt)<br />

Ich war sechzehn, als ich Schlesien endgültig verlassen<br />

habe. Das war 1956, als ich ins Internat kam und <strong>de</strong>n<br />

Schoß <strong>de</strong>r Familie verließ. - Elf Jahre vorher waren wir<br />

in Sabitz, Kreis Lüben auf die Flucht gegangen. Damals<br />

war ich mit fünf Jahren <strong>de</strong>r Älteste von vier Geschwistern.<br />

Im Januar 1945 hatte meine Mutter versucht, sich mit Pferd<br />

und Wagen auf <strong>de</strong>n Weg zu machen, mußte aber auf Grund<br />

<strong>de</strong>r Schneeverhältnisse nach zwei Tagen umkehren. So<br />

blieben wir eine weitere Woche in <strong>de</strong>m mit Hun<strong>de</strong>rten von<br />

Flüchtlingen völlig überfüllten Gutshaus. Die Front hatte<br />

sich an <strong>de</strong>r O<strong>de</strong>r festgefahren, wochenlang hörten wir das<br />

Donnergrollen <strong>de</strong>r Geschütze und sahen nachts am östlichen<br />

Himmel Feuergarben aufsteigen. Buchstäblich im<br />

letzten Augenblick, ehe die Russen kamen, gelang es meiner<br />

Mutter, uns in Sicherheit zu bringen und mit <strong>de</strong>m Zug<br />

Schlesien zu verlassen. Fast zehn Monate dauerte diese<br />

Flucht, ehe wir im Westen ankamen und bei Verwandten in<br />

<strong>de</strong>r Nähe von Göttingen in zwei Dachkammern Unterkunft<br />

„Du bist nicht da, wo du bist”<br />

O<strong>de</strong>r: Was be<strong>de</strong>utet mir Schlesien?<br />

WILHELM FREIHERR VON DER RECKE<br />

mit einem Wort unserer <strong>de</strong>utschen Sprache gesagt, das auch<br />

nichts an<strong>de</strong>res be<strong>de</strong>utet, unser Heiland. Darauf will er von<br />

uns angesprochen wer<strong>de</strong>n in Situationen, die so verfahren<br />

sind, so aussichtslos und so hoffnungslos, daß wir selber<br />

uns nicht mehr helfen und retten können. Und wenn uns<br />

nun jemand fragt, wer <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Gott ist, <strong>de</strong>r uns nicht im<br />

Regen stehen läßt, <strong>de</strong>m wir uns anvertrauen, und wer <strong>de</strong>nn<br />

<strong>de</strong>r Heiland ist, <strong>de</strong>r „unser einziger Trost ist im Leben und<br />

im Sterben” (Hei<strong>de</strong>lberger Katechismus, erste(!) Frage),<br />

dann antworten wir:<br />

Es ist Gott, <strong>de</strong>r FÜR UNS DA ist;<br />

es ist JESUS, <strong>de</strong>r uns hilft.<br />

Dietmar Neß<br />

fan<strong>de</strong>n. Da war mein Vater schon aus russischer Kriegsgefangenschaft<br />

entlassen und wie<strong>de</strong>r bei uns. Mit diesen einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Ereignissen <strong>de</strong>s Jahres 1945 setzen für mich<br />

die zusammenhängen<strong>de</strong>n Erinnerungen ein.<br />

Äußerlich gesehen waren wir in <strong>de</strong>m schönen südhannoverschen<br />

Bergland angekommen, in unseren vier<br />

Wän<strong>de</strong>n aber, in <strong>de</strong>r Familie lebten wir weiterhin in Schlesien.<br />

Bil<strong>de</strong>r vom Breslauer Rathaus und <strong>de</strong>r Schneekoppe<br />

umgaben uns ebenso wie die <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Häuser, aus <strong>de</strong>nen<br />

die Eltern stammten. Fast alle, die zu Besuch kamen o<strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>nen wir im Briefwechsel stan<strong>de</strong>n, waren in diesen<br />

Häusern aus- und eingegangen. So wur<strong>de</strong>n sie auch uns<br />

Kin<strong>de</strong>rn völlig vertraut, obwohl uns kaum eigene Erinnerungen<br />

damit verban<strong>de</strong>n. Wir kannten sie aus <strong>de</strong>n Fotoalben,<br />

aus Erzählungen von früher, <strong>de</strong>n großen, oft wie<strong>de</strong>rholten<br />

Geschichten und <strong>de</strong>n kleinen aus <strong>de</strong>m Alltag. Auch<br />

die längst Gestorbenen waren gegenwärtig: die Großeltern<br />

– bis auf die Sabitzer Großmutter, die 1946 ausgewiesen<br />

wor<strong>de</strong>n war und danach bei uns lebte; die alten Tanten, die<br />

gefallenen Onkel; das frühere Personal - <strong>de</strong>r Kutscher, <strong>de</strong>r<br />

Stellmacher, die Hauslehrerin, die alte Kin<strong>de</strong>rfrau, für die<br />

wir schon die zweite Generation waren, die sie betreute.<br />

Dazu gehörten die Nachbarschaft und natürlich die weite<br />

Verwandtschaft, aber auch die Leute aus <strong>de</strong>m alten Dorf,<br />

mit <strong>de</strong>nen mein Vater noch Jahrzehnte lang in Verbindung<br />

stand. Es waren ja seine Leute, für die er sich weiter verantwortlich<br />

fühlte.<br />

Unzählige schlesische Dörfer und Städte waren uns völlig<br />

geläufig, aber wo sie nun genau lagen, wußten wir nicht;<br />

wir kamen ja nie hin. Viele Dinge aus <strong>de</strong>m täglichen Leben,<br />

für Essen und Kleidung wur<strong>de</strong>n bei uns an<strong>de</strong>rs benannt als<br />

im neuen Dorf. An<strong>de</strong>rs - das hieß schlesisch, obwohl die<br />

Eltern keine Mundart sprachen; das Pauern wie auf <strong>de</strong>m<br />

Hofe war verpönt gewesen. Daß die Klangfärbung <strong>de</strong>r<br />

Sprache und manche Wortwendung typisch schlesisch<br />

waren, begriffen wir erst später. An festlichen Tagen gab es


132<br />

Gerichte von früher, häufig war <strong>de</strong>r richtige Geschmack<br />

nur nachempfun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn man mußte sich mit Ersatzstoffen<br />

behelfen. Von früher, das hieß schlesisch. Das Wort<br />

stand für alles, was einmal gut und schön war. Daß das<br />

wirklich endgültig vorbei war, das konnte man sich nicht<br />

vorstellen.<br />

1974 bin ich mit Frau und Schwester das erste Mal wie<strong>de</strong>r<br />

in Schlesien gewesen. Der eigene Wagen und die Zelte<br />

verschafften uns relativ große Bewegungsfreiheit. Mein<br />

Vater wollte unter keinen Umstän<strong>de</strong>n noch einmal sehen,<br />

was aus unserem schönen Schlesien gewor<strong>de</strong>n war. Aber es<br />

faszinierte ihn, daß wir es wollten. So rüstete er uns aus mit<br />

alten Fotos und Landkarten, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r frühere Land- und<br />

Waldbesitz eingezeichnet war; sogar mit speziellen Plänen<br />

für die Drainagen auf <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn. Aus <strong>de</strong>m Kopf zeichnete<br />

er die Anlage <strong>de</strong>s Parks und wollte von uns genau erfahren,<br />

was aus jener Eiche o<strong>de</strong>r Tanne, aus <strong>de</strong>m Buchengang<br />

und einzelnen Buschgruppen gewor<strong>de</strong>n war.<br />

Auch für mich war die Enttäuschung vorprogrammiert. Wir<br />

kamen in ein sehr frem<strong>de</strong>s, graues Land, in <strong>de</strong>m Leute wie<br />

wir nicht mehr vorgesehen waren. Im heimatlichen Dorf<br />

suchte ich Zugang zum früheren Besitz, zum weitläufigen<br />

Hof und zum Gutshaus, so als ob es noch <strong>de</strong>r unsrige wäre.<br />

Ein neuer Eigentümer war nicht auszumachen, das Haus<br />

war zum Armenhaus gewor<strong>de</strong>n. Erwachsene und Kin<strong>de</strong>r<br />

sahen uns von Ferne ratlos und mißtrauisch zu. Ich selber<br />

erstarrte und verhielt mich abweisend. Gleichzeitig war mir<br />

völlig bewußt, daß die nun dort leben<strong>de</strong>n Menschen auch<br />

nicht freiwillig gekommen waren. Im benachbarten Kirchdorf<br />

fan<strong>de</strong>n wir das Grab meines Großvaters. Mit einer<br />

gewissen Wut im Leibe bud<strong>de</strong>lte ich mit unzulänglichem<br />

Werkzeug das Oberteil <strong>de</strong>s Grabkreuzes aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Wir<br />

richteten es notdürftig auf und schmückten es mit Feldblumen.<br />

Das Ergebnis konnte nicht überraschen: spätere Besucher<br />

fan<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m Grab gar nichts mehr wie<strong>de</strong>r.<br />

Damit war Schlesien für mich aber keineswegs abgehakt.<br />

Immer wie<strong>de</strong>r bin ich dort gewesen, vielleicht acht bis<br />

zehnmal, anfangs <strong>de</strong>r Achtziger mehrfach mit Hilfstransporten<br />

für notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> polnische Protestanten in Schweidnitz<br />

später vor allem in Bielitz.<br />

An <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskirche in Schweidnitz haben wir schon<br />

auf <strong>de</strong>r ersten Reise 1974 <strong>de</strong>n alten polnischen Pastor Karol<br />

Jadwiszczok (1905 - 1988) kennengelernt, ein gebil<strong>de</strong>ter<br />

und historisch hoch interessierter Mann, mit <strong>de</strong>m wir noch<br />

jahrelang in Verbindung stan<strong>de</strong>n. Schon bei Kriegsen<strong>de</strong><br />

war er nach Schlesien gekommen, um dort das evangelische<br />

Erbe zu sichern und antreten. Er berichtete von<br />

Gottesdiensten in <strong>de</strong>r Breslauer Elisabethkirche. Dort und<br />

in vielen an<strong>de</strong>ren evangelischen Traditionskirchen mußte<br />

er erleben, daß seine katholischen Landsleute selbstverständlich<br />

davon ausgingen, daß Schlesien nicht nur polnisch,<br />

son<strong>de</strong>rn damit auch katholisch gewor<strong>de</strong>n sei. Immer<br />

wie<strong>de</strong>r hatte er davor die Segel streichen müssen. Es<br />

schmerzte ihn zutiefst, <strong>de</strong>nn er war nicht nur ein glühen<strong>de</strong>r<br />

Patriot, son<strong>de</strong>r mit Herz und Seele auch Lutheraner. Er litt<br />

darunter, daß in <strong>de</strong>n 70er Jahren viele Gemein<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>r in<br />

die Bun<strong>de</strong>srepublik übersie<strong>de</strong>lten, weil damit die Position<br />

<strong>de</strong>r Evangelischen in Schlesien weiter geschwächt wur<strong>de</strong>.<br />

BEITRÄGE<br />

Ich konnte es ihm gut nachfühlen, aber seine Träume und<br />

Projekte scheiterten an <strong>de</strong>r Realität. Es gab zu wenig<br />

Protestanten.<br />

Es greift mir je<strong>de</strong>smal ans Herz, wenn ich durch die<br />

Bil<strong>de</strong>rbuchlandschaft <strong>de</strong>s Hirschberger Tales unterhalb <strong>de</strong>s<br />

Kammes fahre; wenn ich in <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskirche von Jauer<br />

an einem zweisprachigen Gottesdienst teilnehme; wenn ich<br />

an verfallenen Gutshäusern vorbeikomme und rätsele, wie<br />

wohl die Orte geheißen und welchen Familien sie einmal<br />

gehört haben; o<strong>de</strong>r wenn ich auf <strong>de</strong>m weitläufigen Ring in<br />

Breslau stehe mit seinen stolzen Bürgerhäusern und in die<br />

Elisabethkirche eintrete, in <strong>de</strong>r meine Mutter als Stu<strong>de</strong>ntin<br />

im Kin<strong>de</strong>rgottesdienst mitgearbeitet hat.<br />

Als unsere Tochter im Jahr vor <strong>de</strong>m Abitur <strong>de</strong>n Wunsch<br />

äußerte, nach Schlesien zu fahren, habe ich sofort Nägel<br />

mit Köpfen gemacht, ehe sie es sich an<strong>de</strong>rs überlegte. Mit<br />

<strong>de</strong>m Wohnmobil waren wir überall dort, wo ein alter<br />

Schlesier gerne seine ahnungslose Nachkommenschaft hinführt.<br />

Ein bißchen schlucken mußte ich schon, als sie in<br />

diesem Zusammenhang auch Auschwitz sehen wollte<br />

(zumal es weit vom Schuß liegt und nur auf schlechten<br />

Straßen zu erreichen war). Aber sie hatte ja recht,<br />

Auschwitz und unsere Vertreibung haben ja miteinan<strong>de</strong>r zu<br />

tun. Ich selbst war 20 Jahre früher von Bielitz aus dort<br />

gewesen; bei meinen Gastgebern stieß ich mit diesem<br />

Wunsch auf wenig Verständnis.<br />

Bin ich Schlesier - so wie meine Frau Ostfriesin ist? Sie<br />

ist im Harz geboren und hat insgesamt kaum länger in<br />

Ostfriesland gewohnt als ich in Schlesien. Immerhin<br />

spricht sie platt und ihre Verwandten sitzen nach wie vor<br />

auf <strong>de</strong>m Hof, von <strong>de</strong>m ihr Vater stammt. Für sie ist das<br />

Heimat. - Meine bei<strong>de</strong>n Eltern sind im Kreis Lüben aufgewachsen<br />

und lebten dort bis zur Flucht. Ein Großvater war<br />

in <strong>de</strong>r dritten Generation in Schlesien, eine Großmutter<br />

stammte aus einer Familie, die seit 800 Jahren dort nachweisbar<br />

ist. Mein Leben war eigentlich vorgezeichnet.<br />

Unter an<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong>n hätte ich das Gut meines Vaters<br />

übernommen und wäre Landwirt gewor<strong>de</strong>n. Da schon<br />

Großvater und Vater <strong>de</strong>n Betrieb wegen <strong>de</strong>r schlechten<br />

Bö<strong>de</strong>n nur mit Mühe halten konnten, wäre ich vermutlich<br />

endgültig damit gescheitert - man <strong>de</strong>nke nur an die radikalen<br />

Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Landwirtschaft in <strong>de</strong>n letzten 50<br />

Jahren. Aber was hätte ich dann gemacht? Wäre ich dort<br />

geblieben?<br />

Die Flucht und die Jahre danach habe ich als große<br />

Kränkung erlebt. Davor war ich ein kleiner Prinz, nun fühlte<br />

ich mich geduckt und oft ge<strong>de</strong>mütigt. An<strong>de</strong>rerseits kann<br />

ich nicht sagen, daß wir in West<strong>de</strong>utschland eine unglückliche<br />

Kindheit erlebt hätten. Es war zwar alles sehr knapp,<br />

aber das ging <strong>de</strong>n meisten Heimatvertriebenen nicht<br />

an<strong>de</strong>rs. Wirklich hungern und frieren mußten wir nicht.<br />

Davor haben uns unsere Eltern unter großer Mühe und mit<br />

viel Arbeit bewahrt. Und es gab unglaublich viele Kin<strong>de</strong>r,<br />

mit <strong>de</strong>nen man auf <strong>de</strong>m weitläufigen Hof und in <strong>de</strong>m verwil<strong>de</strong>rten<br />

Park herrlich spielen und Streiche aushecken<br />

konnte.<br />

Unterm Strich be<strong>de</strong>utete die verän<strong>de</strong>rte Situation eine<br />

ungeheure Herausfor<strong>de</strong>rung. Es gab keinen vorgezeichne-


BEITRÄGE 133<br />

ten Weg mehr, auf <strong>de</strong>m es selbstverständlich weitergeht.<br />

Doch das war auch die Chance. Ob ich sonst wohl studiert<br />

und so viel von <strong>de</strong>r Welt kennen gelernt hätte? Ob ich mich<br />

mit so vielen unterschiedlichen Meinungen, Anschauungen<br />

und Lebensentwürfen auseinan<strong>de</strong>rgesetzt hätte? Nein,<br />

ärmer ist mein Leben dadurch nicht gewor<strong>de</strong>n.<br />

Was be<strong>de</strong>utet mir Schlesien? Anfang Mai 1945 waren<br />

wir immer noch, genauer – schon wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Flucht,<br />

diesmal war es die Großfamilie meiner Mutter, die mit <strong>de</strong>m<br />

Treck über die Elbe wollte. Aber die Russen holten uns<br />

unmittelbar davor ein. Wir – das waren sechs Frauen unterschiedlichen<br />

Alters und 14 Kleinkin<strong>de</strong>r – fan<strong>de</strong>n ein vorläufiges<br />

Quartier im nun nicht mehr benötigten fensterlosen<br />

Luftschutzkeller <strong>de</strong>s Diakonissenkrankenhauses in<br />

Burg bei Mag<strong>de</strong>burg. Dort hatte ich mir nach und nach in<br />

einem kleinen Karton lauter neue Schätze gesammelt, meistens<br />

harmlose Dinge, die sonst in <strong>de</strong>n Müll wan<strong>de</strong>rn, wie<br />

leere Pflasterrollen, Fläschchen, Schachteln, Bän<strong>de</strong>r usw.<br />

Als die Reise nach etlichen Monaten weiterging, wollte ich<br />

diesen neuen Besitz unbedingt mitnehmen. Meine Mutter<br />

hatte zugestimmt. Doch auf <strong>de</strong>r ersten Bahnstation war er<br />

plötzlich weg, unauffindbar. Ich habe ihm bitterlich nachgetrauert.<br />

Jahre später hat mir eine Tante gestan<strong>de</strong>n, daß sie<br />

die Schuldige war. Sie hatte sich verständlicherweise darüber<br />

geärgert, daß ich all diesen Plun<strong>de</strong>r mit mir schleppte,<br />

während man kaum wußte, wie man das übrige Gepäck -<br />

nun ohne Pferd und Wagen – bewältigen sollte. Verziehen<br />

habe ich ihr damals nicht.<br />

Verhält es sich mit <strong>de</strong>r Trauer um das Land <strong>de</strong>r Kindheit<br />

ähnlich? Auch wenn es sich dabei um einen ganz an<strong>de</strong>ren<br />

Schatz han<strong>de</strong>lt, so läßt sich <strong>de</strong>r Schmerz über <strong>de</strong>n Verlust<br />

doch vergleichen – in einem Fall ist er sehr konkret und<br />

greifbar, im an<strong>de</strong>ren unfaßlich: Unversehens war eine<br />

ganze Welt zusammengebrochen und unwie<strong>de</strong>rbringlich<br />

verloren gegangen. Das Chaos – ebenso blind wie brutal –<br />

hatten wir am eigenen Leib gespürt. Wie sollte man das als<br />

Fünfjähriger verstehen und verarbeiten? Als Erwachsener<br />

fällt es leichter, nachvollziehen, wie es zu einem solchen<br />

Trauma kommen kann. Geblieben ist das trostlose Gefühl<br />

Meine Erinnerungen an die Jugendzeit in Breslau<br />

kann ich in einem Begriff bün<strong>de</strong>ln: „Im Schatten<br />

<strong>de</strong>r Ereignisse”. Es war eine seltsame und im<br />

Ganzen ruhige Zeit in <strong>de</strong>n Jahren nach 1937. Noch Anfang<br />

Januar 1945 stellte ich mir nicht vor, nie wie<strong>de</strong>r in mein<br />

Elternhaus zurückzukehren, als ich wie<strong>de</strong>r nach Weißwasser<br />

fuhr. Die Schulklasse war in einem Heim. Meine Eltern<br />

hatten mich bei Verwandten „ausgelagert”.<br />

Wir hatten als Jungen eine behütete Zeit. Die Eltern<br />

waren fromme Christen. Der Vater war zwar „Pg”,<br />

Parteigenosse – jedoch <strong>de</strong>r Partei zunehmend distanziert.<br />

Im Haus lebte bis zu seinem Tod <strong>de</strong>r Großvater als Super-<br />

Als Junge in Breslau<br />

TRAUGOTT SCHALL<br />

von damals, gewaltsam aus <strong>de</strong>m Paradies <strong>de</strong>r Kindheit vertrieben<br />

wor<strong>de</strong>n zu sein.<br />

Ein guter Bekannter hat noch als junger Mann <strong>de</strong>n 2.<br />

Weltkrieg mitgemacht, danach hat er sich von <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong>nlegion<br />

anwerben lassen und konnte es auf diesem Wege<br />

später zum französischen Beamten bringen, schließlich<br />

wur<strong>de</strong> er im fortgeschrittenen Alter noch lutherischer Pastor.<br />

Auf die Frage, als was er sich nun fühle, pflegte er zu<br />

antworten: An erster Stelle als Schlesier, an zweiter als<br />

Preuße, drittens als Franzose und erst viertens als<br />

Deutscher (vielleicht wür<strong>de</strong> er heute in diesen Perlenkranz<br />

noch Schwe<strong>de</strong>n einfügen, wo er seit seinem Ruhestand<br />

lebt). Das gefällt mir, das wür<strong>de</strong> ich gerne ähnlich sagen.<br />

Frankreich wür<strong>de</strong> ich nicht nennen, auch wenn ich dort<br />

viele aufregen<strong>de</strong> Jahre verbracht habe. Übrigens auch nicht<br />

Nie<strong>de</strong>rsachsen, wo ich <strong>de</strong>n größten Teil meines Lebens zu<br />

Hause war. Statt<strong>de</strong>ssen wür<strong>de</strong> ich hinzufügen als Europäer.<br />

Ja, Schlesier bin ich, damit ist mehr als ein Land gemeint:<br />

eine ganze Lebenswelt, in <strong>de</strong>r ich wurzele und die mich<br />

wesentlich geprägt hat.<br />

Heimat ist nicht unbedingt <strong>de</strong>r Ort o<strong>de</strong>r die Landschaft,<br />

in <strong>de</strong>r man seit jeher gelebt hat. Heinrich Heine hat von <strong>de</strong>r<br />

Bibel als <strong>de</strong>r (trans)portablen Heimat gesprochen, die die<br />

Ju<strong>de</strong>n Jahrhun<strong>de</strong>rtelang in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> begleitet, geprägt<br />

und innerlich zusammengehalten hat. – Ansässig bin ich<br />

nirgends mehr gewor<strong>de</strong>n. Mein Leben ist eine große Wan<strong>de</strong>rschaft<br />

geblieben. Das trifft ja heute für viele von uns zu.<br />

An mehr als fünfzehn Orten habe ich wenigstens ein Jahr<br />

verbracht, viele weitere mehrmonatige Aufenthalte kommen<br />

hinzu. „Du bist nicht da, wo Du bist”, sagt meine Frau<br />

und <strong>de</strong>nkt dabei an mein Lebensgefühl, das ihr manchmal<br />

zu schaffen macht. – Seit drei Jahren leben wir in Bremen,<br />

und die Umstellung ist mir erstaunlich leicht gefallen. Ich<br />

war neugierig auf die neue Umgebung. Wir sind auf gutem<br />

Wege, auch hier heimisch zu wer<strong>de</strong>n. Zur Heimat wird uns<br />

auch die alte Hansestadt nicht wer<strong>de</strong>n. Die eigentliche<br />

Heimat, so heißt es im Hebräerbrief, liegt für das wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

Gottesvolk ohnehin noch vor ihm. Wir sind auf <strong>de</strong>m<br />

Wege.<br />

inten<strong>de</strong>nt i. R. Über ihn gab es eine lange Kette von Pastoren<br />

als Vorfahren und vielerlei Beziehungen zur Kirche.<br />

Das prägte.<br />

Die Lebensmittelkarten und die Verdunklung gehörten<br />

ab 1939 zum Alltag. Wir haben in Breslau nie gehungert.<br />

Beim Mittagessen gehörte eine Suppe genauso dazu wie<br />

das Tischgebet. Morgens gab es aufs Brot „Vierfruchtmarmela<strong>de</strong>”<br />

mit un<strong>de</strong>finierbarem Geschmack. Am Abend war<br />

„Vitam R” ein beliebter Brotaufstrich. Getrunken wur<strong>de</strong><br />

am Abend Kakaoschalentee o<strong>de</strong>r Mate-Tee. Bei<strong>de</strong>s lieferte<br />

ein Onkel, <strong>de</strong>r ein Reformhaus betrieb. Von ihm kam auch<br />

das Vollkornbrot von einer Bäckerei im Gebirge. Es war


134<br />

BEITRÄGE<br />

Breslau-Pilsnitz um 1910 Alte Ansichtskarte<br />

immer alt und trocken. Es war ein Fest, wenn es einmal<br />

nicht ausreichte. Dann durfte bei Bäcker Ipcka in Pilsnitz<br />

frisches Brot gekauft wer<strong>de</strong>n.<br />

Meine Eltern hatten schon 1936 ein „Eigenheim” bezogen<br />

– so sagte man damals. Wir wohnten in Pilsnitz nicht<br />

weit von <strong>de</strong>r Endstation <strong>de</strong>r Straßenbahnlinie 6 „Schmie<strong>de</strong>feld”.<br />

In Sichtweite lag <strong>de</strong>r Breslauer Flughafen, genauso<br />

<strong>de</strong>r neue Jüdische Friedhof <strong>de</strong>r Stadt. Aber bei<strong>de</strong>s war<br />

zugleich weit weg.<br />

1937 wur<strong>de</strong> ich in die Volksschule 3 in Breslau-Pilsnitz<br />

eingeschult. Wir waren etwa 50 Jungen in <strong>de</strong>r Klasse. Die<br />

Mädchenschule lag im Nachbargebäu<strong>de</strong>. In dieser Zeit ging<br />

ich zur „Kin<strong>de</strong>rschar” in dunklen Hosen und weißem<br />

Hemd und weißen Kniestrümpfen. Die Kin<strong>de</strong>rschar wur<strong>de</strong><br />

von Frau Weihrauch sehr mütterlich geleitet. Wir waren<br />

etwa 12 - 15 Jungen. Neben an<strong>de</strong>rem lernten wir die Lie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Zeit: „Hohe Nacht <strong>de</strong>r klaren Sterne”, „Heilig Vaterland<br />

in Gefahren” und an<strong>de</strong>re mehr.<br />

1941 kam ich zur Oberschule und ins „Jungvolk”. Die<br />

Schule hieß „Adolf-Hitler-Oberschule”, aber das hatte<br />

wenig Einfluß. Der Direktor war ein älterer ehrfurchtgebieten<strong>de</strong>r<br />

Mann, zu <strong>de</strong>m die Sextaner und Quintaner mit<br />

Respekt aufschauten. Ich bekam nach <strong>de</strong>r Einschulung<br />

einen Buchpreis für das beste Eingangszeugnis. Die<br />

Balance stellte <strong>de</strong>r Turnlehrer her. Er brüllte mich beim<br />

Bo<strong>de</strong>nturnen in Parteiuniform an, er wür<strong>de</strong> dafür sorgen,<br />

daß ich nie zum Abitur käme. „Solche Flaschen wie dich<br />

können wir nicht gebrauchen.” Auch später war ich ein<br />

schlechter Turner und je<strong>de</strong> Turnstun<strong>de</strong> war eine Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Demütigung. Aber es kam ja an<strong>de</strong>rs als <strong>de</strong>r Turnlehrer<br />

wollte.<br />

Neben <strong>de</strong>r Schule nahm das „Jungvolk”, die „Deutsche<br />

Jugend (DJ)” etliche Zeit in Anspruch. Zweierlei tat hier<br />

seine Wirkung. Anfangs waren noch Ausläufer <strong>de</strong>r<br />

Jugendbewegung zu spüren. Es gab „Heimaben<strong>de</strong>”, „Wan<strong>de</strong>rfahrten”<br />

und es wur<strong>de</strong> viel gesungen. Daneben aber<br />

stand eine straffe Organisation. Die Jahrgangsstufen waren<br />

in „Jungzügen” zusammengefaßt. Vier „Jungzüge” unter<br />

einem „Jungzugführer” bil<strong>de</strong>ten ein „Fähnlein” unter<br />

einem „Fähnleinführer”. Und es wur<strong>de</strong> viel exerziert. „Gelän<strong>de</strong>spiele”<br />

waren bei uns Jungen recht beliebt. Mitunter<br />

wur<strong>de</strong> gegen die an<strong>de</strong>ren „Fähnlein” <strong>de</strong>s „Stammes” gekämpft:<br />

Fähnlein 86/11 (Pilsnitz) gegen 87/11 (Groß<br />

Mochbern) und 88/11 (Herrnprotsch). Zum „Stamm”<br />

gehörte auch das Fähnlein aus Breslau-Lissa 90/11<br />

(Deutsch-Lissa). Dort gehörte <strong>de</strong>r spätere Kardinal Meissner<br />

als Altersgenosse zum Jungvolk. Aber keiner ahnte -<br />

auch er selbst sicher nicht - daß wir uns mit einem späteren<br />

Kardinal <strong>de</strong>r katholischen Kirche balgten.<br />

Jungvolk war „Dienst”. Aber so genau nahm das keiner.<br />

Oft war am Sonntag Dienst – vielleicht auch gegen die<br />

Kirche? Nun, mein Vater verkün<strong>de</strong>te je<strong>de</strong>s Mal: „Das ist<br />

mir egal. Am Sonntag gehen wir zur Kirche”. Das taten wir<br />

und ich mußte mit. Es kam nie etwas danach. Gingen wir


BEITRÄGE 135<br />

nicht zur Kirche, schickte mich meine Mutter zum Kin<strong>de</strong>rgottesdienst<br />

bei Diakon Benz in <strong>de</strong>r Feuerwehrbaracke.<br />

Wir gehörten als Christen zur Pauluskirche. Die<br />

Gemein<strong>de</strong> umfaßte 40000 Menschen und die Kirche erreichte<br />

man nach 15 Minuten Fußweg und 15 Minuten<br />

Fahrt mit <strong>de</strong>r Straßenbahn. Die Pastoren Viebig, Vietzke,<br />

Schmidt und Brus<strong>de</strong>ylins wur<strong>de</strong>n in unserer Familie immer<br />

wie<strong>de</strong>r „gehan<strong>de</strong>lt”. Aber oft gingen wir auch in eine an<strong>de</strong>re<br />

Kirche. Das wur<strong>de</strong> ausgiebig diskutiert. Die Maria-<br />

Magdalenen Kirche war dabei ein wichtiges Ziel. „Heute<br />

gehen wir zu Bunzel”, „ … zu Maetschke”, „ … zu<br />

Meissner” verkün<strong>de</strong>te meine Mutter dann. Pastor Meissner<br />

war einer meiner Taufpaten gewesen. Bei jährlichen<br />

Vorstellungen als Patenkind kam er mir immer etwas verdrießlich<br />

und abweisend vor. Er hatte die Bitte um das Patenamt<br />

wohl nicht abzulehnen gewagt. Oft wur<strong>de</strong> ich auch<br />

von einer Tante in die St. BernhardinKirche mitgenommen.<br />

Dabei ist mir die Eloquenz von Prof. Knevels in Erinnerung.<br />

Auf <strong>de</strong>r Empore neben uns saßen lauter ältere Damen.<br />

Sie schrieben die Predigt eifrig mit. Maria-Magdalena<br />

mochte ich am liebsten. Dort gab es viel zu sehen. Mit 12-<br />

13 Jahren war ich zwar andächtig erzogen, verstand von<br />

<strong>de</strong>r Predigt aber wenig. In <strong>de</strong>r Pauluskirche mußte man im<br />

Gottesdienst lange stehen. Dabei wur<strong>de</strong> mir regelmäßig<br />

„schlecht”. Ich mußte mich setzen. Auffällig war mir schon<br />

damals, daß wir nie in die Barbarakirche gingen. Der dortige<br />

Pastor – und spätere Bischof – Hornig gehörte im Familienclan<br />

nicht zu <strong>de</strong>n geschätzten Kanzelrednern. Möglicherweise<br />

gehörte unsere Familie über meine Mutter zum<br />

Umkreis <strong>de</strong>r gemäßigten „Bekennen<strong>de</strong>n Kirche” (BK).<br />

Das Jungvolk wur<strong>de</strong> zunehmend langweiliger. Ramon<br />

Knauerhase war mit seinem Bru<strong>de</strong>r Gerold einer meiner<br />

Freun<strong>de</strong>. Er hatte von „Feldscherfähnlein” gehört. Das war<br />

eine „Son<strong>de</strong>reinheit”. Wieczoreck, <strong>de</strong>r Leiter, trug eine rote<br />

Schnur wie ein Bannführer. Dort wur<strong>de</strong>n „Pimpfe” und HJ-<br />

Jungen zu „Feldscheren” – Sanitätern – ausgebil<strong>de</strong>t. Das<br />

schien uns interessant. Wir mel<strong>de</strong>ten uns an und wur<strong>de</strong>n<br />

genommen. Das „Feldscherfähnlein” war noch im Aufbau.<br />

Die Zeit dort war interessant. Von einem Arzt wur<strong>de</strong>n wir<br />

in „1. Hilfe” ausgebil<strong>de</strong>t. Wir lernten etwas Anatomie und<br />

vor allem kleine und größere Verbän<strong>de</strong> anlegen. Das Ganze<br />

schloß mit einer Prüfung, die ich auch bestand. Lei<strong>de</strong>r durfte<br />

ich das „Feldscherabzeichen” noch nicht am Ärmel tragen.<br />

Das ging erst ab 14 Jahren und ich war knapp 13 Jahre<br />

alt. Aber ich wur<strong>de</strong> eingesetzt. So begleiteten wir z. B. zu<br />

zweit ein Radrennen auf <strong>de</strong>r Breslauer Radrennbahn. Bei<br />

<strong>de</strong>r Feldscheren erwarb ich auch das Sportabzeichen.<br />

Meine Leistungen genügten. Aber natürlich mußten wir bei<br />

großen Anlässen auch mit marschieren. Die Straßen <strong>de</strong>r<br />

Innenstadt waren gesperrt, die Straßenbahn fuhr nicht und<br />

„Wie eine Oase liegt die herrliche Baugruppe (<strong>de</strong>r Pauluskirche, erbaut 1913, Anm. d. Red.) in <strong>de</strong>r Steinwüste <strong>de</strong>s Breslauer<br />

Westens. ... die Bauformen lehnen sich in mo<strong>de</strong>rner Auffassung an die Reformationszeit an.” (Text und Abb. aus: A. Wiesenhütter,<br />

Der Evangelische Kirchenbau Schlesiens. Breslau, 1926.) Im Frühjahr 1945 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r gesamte Komplex auf Anweisung von<br />

Gauleiter Hanke gesprengt.


136<br />

wir marschierten in 12er Reihen. Wir fan<strong>de</strong>n das erhebend.<br />

Aber wir hatten auch unsere eigene kleine innere<br />

Opposition. Drill und Eintönigkeit junger Führer war manchen<br />

verhaßt. Und es sprach sich herum, daß es auch<br />

Wi<strong>de</strong>rstand gegen Jungvolk und HJ gab. Da gab es die<br />

„Stubben” und die „Atten” in <strong>de</strong>r Altstadt von Breslau. So<br />

nannte man sie. Jugendliche zeigten sich in beson<strong>de</strong>rer<br />

Haartracht: lange nach hinten gekämmte Haare, mit<br />

Poma<strong>de</strong> straff gelegt und im Nacken scharf beschnitten.<br />

Und dann ging ein Gerücht durch die Stadt. Die „Stubben”<br />

Helga, geb. Kokigei und Edith Wittenberg geb. Paul<br />

waren im Jahre 2011 in Lauban und besuchten auch<br />

<strong>de</strong>n evangelischen Gottesdienst dort. Pfarrer<br />

Królewicz bemerkte die Gäste in <strong>de</strong>r übersichtlichen Schar<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>glie<strong>de</strong>r und sprach die bei<strong>de</strong>n Frauen nach<br />

<strong>de</strong>m Gottesdienst an. Als er erfuhr, daß sie bei<strong>de</strong> im Jahre<br />

1942 in <strong>de</strong>r Frauenkirche konfirmiert wor<strong>de</strong>n waren, kam<br />

spontan <strong>de</strong>r Vorschlag, doch 2012 die 70-jährige<br />

Gna<strong>de</strong>nkonfirmation in Lauban zu feiern. Nun, eine<br />

Zusage konnte nur gegeben wer<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Vorbehalt, daß<br />

man gesund bleibt und die Kraft zum Reisen noch hat.<br />

Nun wur<strong>de</strong> gesucht, ob es noch weitere Laubaner (auch<br />

aus <strong>de</strong>n umliegen<strong>de</strong>n Dörfern natürlich) gebe zu diesem<br />

Jubiläum – am En<strong>de</strong> waren es elf Jubelkonfirman<strong>de</strong>n/innen,<br />

die am Pfingstsonntag nach Lauban gekommen<br />

waren. Gottesdienst und Predigt wur<strong>de</strong>n von Pfarrer<br />

MELDUNGEN<br />

und die „Atten” hätten einen HJ-Führer überfallen und<br />

kopfüber in einen Gulli gesteckt. Auch das fan<strong>de</strong>n wir<br />

„Pimpfe” „toll”<br />

Das alles löste sich gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Krieges auf. 1944 wur<strong>de</strong>n<br />

Schulklassen aus Breslau verlegt. Ich selbst kam nach<br />

Weißwasser in <strong>de</strong>r Oberlausitz. Dort gibt es keine<br />

Erinnerung an irgen<strong>de</strong>inen HJ-Dienst. Für das Jungvolk<br />

war ich nicht vorhan<strong>de</strong>n. Und genauso war es nach <strong>de</strong>r<br />

Flucht in Geesthacht an <strong>de</strong>r Elbe. Formen und Ordnung<br />

hatten sich längst aufgelöst. <br />

Gna<strong>de</strong>nkonfirmation in <strong>de</strong>r Laubaner Frauenkirche<br />

Bereits zum vierten Male fin<strong>de</strong>t im Jahr 2012 das<br />

große Kulturfestival <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Volksgruppe in<br />

Polen statt. Mittlerweile schon traditionell wird wie<strong>de</strong>r<br />

die Jahrhun<strong>de</strong>rthalle in Breslau <strong>de</strong>r Austragungsort<br />

sein, an <strong>de</strong>m im Rahmen <strong>de</strong>s Festivals die Deutschen ihr<br />

Kulturgut Gästen aus ganz Polen und weit darüber hinaus<br />

präsentieren wer<strong>de</strong>n. Es wer<strong>de</strong>n nicht nur Auftritte von<br />

Królewicz zweisprachig gehalten. Der Heilige Geist, <strong>de</strong>r zu<br />

Pfingsten die Christen beseelte, war Kern <strong>de</strong>r Predigt. Er<br />

erfaßte auch die Gemein<strong>de</strong>. Erinnerungen wur<strong>de</strong>n wach an<br />

die Konfirmation 1942, an das eigene, selbständige<br />

Bekenntnis zur Gemeinschaft <strong>de</strong>r christlichen Kirche. Aber<br />

auch an die grauenvollen Zeiten bei Kriegsen<strong>de</strong> 1945, die<br />

Vertreibung, <strong>de</strong>n schweren Anfang in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong>. Dennoch<br />

fand auch <strong>de</strong>r Gedanke <strong>de</strong>r Dankbarkeit Platz; Dankbarkeit,<br />

daß <strong>de</strong>r Herrgott sie in jenen schweren Zeiten begleitet<br />

und getragen hat, daß er ihnen auch die Kraft und Möglichkeit<br />

gab, dieses Erinnerungsfest in ihrer Heimatkirche<br />

zu feiern.<br />

Im Anschluß an <strong>de</strong>n Gottesdienst blieben Gemein<strong>de</strong><br />

und Gäste noch zu einem Mittagessen beieinan<strong>de</strong>r.<br />

(Redaktionell nach einem Bericht von Klaus-Dieter<br />

Le<strong>de</strong>r im Laubaner Gemein<strong>de</strong>brief II/2012) <br />

Kulturfestival <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Volksgruppe in Polen<br />

Zum 150. Male jährt sich Gerhart Hauptmanns Geburtstag,<br />

zum 100. Male die Auszeichnung mit <strong>de</strong>m<br />

Literaturnobelpreis. Der Schriftsteller und be<strong>de</strong>utendste<br />

<strong>de</strong>utsche Vertreter <strong>de</strong>s Naturalismus wur<strong>de</strong> am 5.<br />

November 1862 in Salzbrunn geboren; seine Schulzeit verbrachte<br />

er in Breslau. Später bezog er gemeinsam im seinem<br />

Bru<strong>de</strong>r Carl und mit bei<strong>de</strong>n Ehefrauen ein Haus in<br />

Schreiberhau, das heute als Museum über <strong>de</strong>n Berggeist<br />

Gerhart-Hauptmann-Jahr 2012<br />

Sängern, Chören und Tanzgruppen, die in <strong>de</strong>n DFK’s tätig<br />

sind zu hören und zu sehen, son<strong>de</strong>rn auch zahlreiche Ausstellungen<br />

zu bestaunen sein. Unter an<strong>de</strong>rem ist auch ein<br />

Auftritt <strong>de</strong>r Schlagerlegen<strong>de</strong> Heino geplant. Das Festival<br />

fin<strong>de</strong>t am 29. September diesen Jahres statt.<br />

Informationen: www.ntkswroclaw.vdg.pl<br />

e-mail: ntkswroclaw@vdg.pl <br />

Rübezahl, über damalige Künstlerkolonien im Riesengebirge<br />

und über das Schaffen <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r Hauptmann<br />

informiert.<br />

Ab 1901 bis zu seinem Tod im Jahr 1946 bewohnte<br />

Gerhart Hauptmann mit seiner zweiten Ehefrau Margarete<br />

Marschalk die nach seinen Vorstellungen erbaute Villa<br />

´Haus Wiesenstein` in Agnetendorf. Sie beherbergt heute<br />

ein Museum mit fünf Ausstellungsräumen: das ehemalige


MELDUNGEN 137<br />

Haus Wiesenstein Foto: Dr. Tobias Weger<br />

Arbeitszimmer, die Bibliothek, <strong>de</strong>n damaligen Musiksalon,<br />

<strong>de</strong>n Speisesaal und die Eingangshalle, die von Avenarius<br />

ausgemalte ´Paradieshalle`. In diesen Räumen können Besucher<br />

die Ausstellung „100 Jahre Haus Wiesenstein” besu-<br />

In einem durch die Europäische<br />

Kommission geför<strong>de</strong>rten Projekt,<br />

veranstaltet durch die Otto Bartning-Ar-beitsgemeinschaftKirchenbau<br />

e.V. (OBAK) suchten seit 2010<br />

acht beteiligte Organisationen aus<br />

sechs Län<strong>de</strong>rn (Kirchengemein<strong>de</strong>n<br />

und Kultureinrichtungen) nach Spuren,<br />

die Otto Bartning in Europa hinterlassen<br />

hat, um sein Wirken einer<br />

breiteren Öffentlichkeit bekannt zu<br />

machen. Auf einem Abschlußtreffen<br />

im Juli in Berlin wur<strong>de</strong> über Erfahrungen<br />

und Ergebnisse informiert.<br />

Otto Bartning (1883–1959) war<br />

nicht nur ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Baumeister<br />

<strong>de</strong>r Klassischen Mo<strong>de</strong>rne, er bereicherte<br />

auf vielfältige Weise das geistige<br />

Leben seiner Zeit und gab Impulse,<br />

die für Kirche und Gesellschaft gera<strong>de</strong><br />

heute wie<strong>de</strong>r höchst aktuell sind. Er<br />

gilt als wichtigster <strong>de</strong>utscher evangelischer<br />

Kirchenbaumeister <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

erhielt <strong>de</strong>n Ehrendoktor <strong>de</strong>r<br />

Theologie, und er war ein früher<br />

Mahner sowohl für Völkerverständigung<br />

als auch eines verantwortlichen<br />

Han<strong>de</strong>lns im Hinblick auf <strong>de</strong>n<br />

Schutz <strong>de</strong>r Umwelt. Seine Wohnung<br />

in Berlin bil<strong>de</strong>te 1918/19 die Keim-<br />

Symposium zu Otto Bartning<br />

zelle <strong>de</strong>r Gründungsi<strong>de</strong>e für das legendäre<br />

BAUHAUS, an <strong>de</strong>r ihm maßgebliche<br />

Autorenschaft zukommt. Nach<br />

1933 hatte Bartning auch Kontakt zu<br />

Männern <strong>de</strong>s Deutschen Wi<strong>de</strong>rstands<br />

im Umfeld <strong>de</strong>s späteren Kreisauer<br />

Kreises, so erwuchs aus <strong>de</strong>r Bekanntschaft<br />

mit Eugen Gerstenmaier das<br />

chen. Außer<strong>de</strong>m steht eine Bibliothek mit Werken Hauptmanns<br />

und an<strong>de</strong>rer Literatur zur Nutzung bereit.<br />

Aus Anlaß <strong>de</strong>s Doppeljubiläums lädt das Gerhart-<br />

Hauptmann-Haus in Agnetendorf zu einer Reihe von Son<strong>de</strong>rveranstaltungen<br />

ein. Die Wan<strong>de</strong>rausstellung „Gerhart<br />

Hauptmann und die Nobelpreisträger” ist sehr sehenswert.<br />

In Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Dichterverband „W Cienie<br />

Lipy Czarnoleskiej” schrieb das Museum einen Dichterwettbewerb<br />

„Auf Gerhart Hauptmanns Spuren” aus, an<br />

<strong>de</strong>m sich rund 500 Teilnehmer aus Deutschland, Polen,<br />

Österreich und <strong>de</strong>r Tschechischen Republik beteiligten und<br />

ihre Gedichte einreichten. Die besten Einsendungen wer<strong>de</strong>n<br />

im Rahmen einer Publikation veröffentlicht. Ein Jubiläumskonzert<br />

wird es zur Geburtstagsfeier am 5. November<br />

geben. Im Rahmen <strong>de</strong>s Projektes „Gerhart Hauptmann<br />

und die Musik” wer<strong>de</strong>n Fragmente aus <strong>de</strong>r Oper „Die<br />

schwarze Maske” von Krzysztof Pen<strong>de</strong>recki sowie Lieblingswerke<br />

Hautmanns erklingen.<br />

Auch die Deutsche Sozialkulturelle Gesellschaft Breslau<br />

beteiligt sich an diesem Jubiläum.<br />

Genauere Informationen gibt es auf nachfolgend<br />

genannter Internetseite:<br />

www.muzeum-dgh.pl<br />

(Aus: Nie<strong>de</strong>rschlesische Informationen Nr. 1/2012) <br />

heute noch weithin bekannte Nachkriegs-Notkirchenprogramm.<br />

Nach<br />

1945 trug er, ab 1950 Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>s Deutscher Architekten (BDA)<br />

und 2. Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Deutschen<br />

Werkbunds, entschei<strong>de</strong>nd dazu bei,<br />

daß <strong>de</strong>utsche Architekten international<br />

wie<strong>de</strong>r Reputation gewinnen konnten.<br />

Ungefähr 40 Personen nahmen am<br />

Berliner Treffen teil, in <strong>de</strong>ssen Verlauf<br />

weitere Unterstützerunterschriften für<br />

eine Initiative zur Anerkennung <strong>de</strong>r<br />

Notkirchen als Weltkulturerbe übergeben<br />

wer<strong>de</strong>n konnten. Die verbleiben<strong>de</strong><br />

Projektlaufzeit soll dafür genutzt wer<strong>de</strong>n,<br />

die Ergebnisse und Erfahrungen<br />

zu dokumentieren.<br />

In Schlesien hat Otto Bartning nur<br />

wenige Spuren hinterlassen: Heute<br />

nur noch Ruine, aber <strong>de</strong>nnoch zu<br />

besichtigen, <strong>de</strong>r Wasserturm <strong>de</strong>r<br />

Braunkohlen- und Dachsteinwerke<br />

Zeipau, wo Bartning auch das Direktorenwohnhaus<br />

entwarf, und die nebenstehend<br />

abgebil<strong>de</strong>te Christuskirche<br />

in Görlitz-Rauschwal<strong>de</strong>, erbaut in<br />

<strong>de</strong>n Jahren 1937/38.<br />

Text:ANN/www.ottobartning.<strong>de</strong><br />

Foto: www.kkvsol.net)


138<br />

Auswan<strong>de</strong>rung aus Glaubensgrün<strong>de</strong>n<br />

Vor jetzt 175 Jahren verließen 450 Zillertaler protestantischen<br />

Glaubens 1837 auf Druck <strong>de</strong>s österreichischen<br />

Kaisers ihre Heimat in Tirol, um in<br />

Erdmannsdorf im Hirschberger Tal unter <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s<br />

Königs von Preußen eine neue Heimat zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Dieses Ereignis (<strong>de</strong>r „Gottesfreund” wird noch darauf<br />

zurückkommen) ist auch heute noch in Tirol nicht verges-<br />

Ein einzigartiger Altar<br />

REINHARD LEUE<br />

Zum Stadtfest in Rothenburg an <strong>de</strong>r Neiße am<br />

Sonntag, <strong>de</strong>n 5. August wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Marktplatz<br />

ein gut besuchter ökumenischer Gottesdienst<br />

gefeiert, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r katholische Pfarrer Krystian Burczek<br />

aus Niesky die Predigt hielt. Dabei fand zum ersten Male<br />

ein neuer Altartisch Aufstellung, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r aus Krummhübel/Karpacz<br />

stammen<strong>de</strong> Holzbildhauer Ryszard Zaj¹c<br />

gefertigt hat. Angefertigt ist er aus einer Jahrhun<strong>de</strong>rte alten<br />

Lin<strong>de</strong>, und bestimmt für die evangelische Kirchengemein<strong>de</strong><br />

Rothenburg; er soll in <strong>de</strong>r ´Winterkirche` seinen Platz<br />

bekommen.<br />

Dieser Altartisch aus einem ausgehöhlten Stamm ist mit<br />

Linien überzogen, die an einen Handabdruck erinnern sollen:<br />

als ob Gott selber diesen Altar segnend berührt habe.<br />

Eine beson<strong>de</strong>re Erhöhung soll <strong>de</strong>n Abendmahlskelch aufnehmen.<br />

Ryszard Zaj¹c, <strong>de</strong>r inzwischen zur evangelischen<br />

Kirche übergetreten ist, hat auch schon an Freun<strong>de</strong>stagen<br />

<strong>de</strong>s Martinshofes teilgenommen und dabei in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Exemplaren beson<strong>de</strong>re Kruzifix-Darstellungen zum<br />

Verkauf angeboten, die ebenfalls beeindruckend ist.<br />

<br />

MELDUNGEN<br />

sen und wur<strong>de</strong> in einer Veranstaltung im Mai in Mayrhofen<br />

mit einer Ausstellung, einem ökumenischen Gottesdienst,<br />

einem Festvortrag und <strong>de</strong>r Einweihung eines Denkmals für<br />

die Auswan<strong>de</strong>rer gewürdigt.<br />

Zeichnung: Theodor Blätterbauer (1823-1906)<br />

Stich: Kaspar Ulrich Huber (1825-1882)


MELDUNGEN 139<br />

Dem Redakteur unseres Gottesfreun<strong>de</strong>s<br />

wur<strong>de</strong> eine ganz beson<strong>de</strong>re Ehre<br />

zuteil. Schon lange ist er unseren<br />

Lesern durch seine vielfältigen Talente<br />

aufgefallen. Da sind seine anregen<strong>de</strong>n<br />

Andachten, die guten Textbeiträge, die<br />

ansprechen<strong>de</strong> Aufmachung <strong>de</strong>s Gottesfreun<strong>de</strong>s<br />

und nicht zuletzt sein<br />

zeichnerisches Können, das jetzt in<br />

beson<strong>de</strong>rer Weise seine wohlverdiente<br />

Würdigung erfahren hat. (MK)<br />

Kopfüber stürzt Ikarus herab.<br />

Seine Flügel mit <strong>de</strong>m Emblem<br />

<strong>de</strong>r alten Macht tragen ihn<br />

nicht mehr. Der alte, bittere und böse<br />

Mann stürzt und stürzt – ins<br />

Bo<strong>de</strong>nlose. Es ist ein beklemmen<strong>de</strong>s<br />

Bild, das Andreas Neumann-Nochten<br />

in <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>zeit 1989/90 malte.<br />

Damals lebte <strong>de</strong>r Künstler noch nicht<br />

in Görlitz, son<strong>de</strong>rn in Naumburg. Und<br />

bald wird das Gemäl<strong>de</strong> in einer <strong>de</strong>r<br />

Ausstellungen <strong>de</strong>s „Hauses <strong>de</strong>r<br />

Geschichte“ zu sehen sein. Denn <strong>de</strong>r<br />

„Ikarus“ gehört zu <strong>de</strong>n zwei Bil<strong>de</strong>rn,<br />

die die Bun<strong>de</strong>sstiftung jetzt von <strong>de</strong>m<br />

Görlitzer Maler ankaufte. Das zweite<br />

setzt sich mit <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagung <strong>de</strong>s<br />

Stu<strong>de</strong>ntenaufstan<strong>de</strong>s in China auseinan<strong>de</strong>r<br />

und zeigt einen verbrannten<br />

Menschen. Es ist nicht das erste Mal,<br />

dass das Zeitgeschichtliche Forum<br />

Leipzig, als ein Standort <strong>de</strong>s „Hauses<br />

<strong>de</strong>r Geschichte“, Werke von Neumann-Nochten<br />

erwarb. Vor sechs Jahren<br />

gingen Karikaturen aus <strong>de</strong>n Jahren<br />

1986 bis 1988 und Plakate aus <strong>de</strong>r<br />

Wen<strong>de</strong>zeit in <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>r Stiftung<br />

über. Für Neumann-Nochten ist das<br />

eine beson<strong>de</strong>re Wertschätzung, fast<br />

schon ein Ritterschlag. Beson<strong>de</strong>rs<br />

Mehrere Leserbriefe zum Artikel „Görlitz in <strong>de</strong>r Oberlausitz:<br />

sächsisch, preußisch, schlesisch?” (August-Ausgabe<br />

<strong>de</strong>s Schlesischen Gottesfreun<strong>de</strong>s, Seite 121-123) erreichten<br />

die Redaktion. Aus zwei <strong>de</strong>r Zuschriften sei an dieser Stelle<br />

auszugsweise zitiert. Ein Beitrag erreichte uns von Frau<br />

Erika Beyer (lei<strong>de</strong>r ohne Absen<strong>de</strong>r!), <strong>de</strong>r recht umfänglich<br />

auf <strong>de</strong>n Artikel eingeht:<br />

Görlitzer Kunst wird Geschichte<br />

SEBASTIAN BEUTLER/SÄCHSISCHE ZEITUNG<br />

schön bei <strong>de</strong>m neuerlichen Ankauf für<br />

Neumann-Nochten: Nun wird auch<br />

sein malerisches Werk gewürdigt. In<br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren blitzte es meist nur<br />

zaghaft auf, beispielsweise als er das<br />

Bild „Toteninsel“ für die Versteigerung<br />

beim Opernball malte und zur<br />

Verfügung stellte. Die Görlitzer kennen<br />

<strong>de</strong>n Chorleiter, Theologen und<br />

Leserbriefe<br />

Organisten vor allem als Grafiker und<br />

Karikaturisten. Zusammen mit Sebastian<br />

Ripprich bringt er die Görlitzer<br />

Geschichten-Karten aus <strong>de</strong>m „kleinen<br />

Städtchen“ heraus. Auch sein Stadtführer<br />

für Kin<strong>de</strong>r ist sehr beliebt. Ähnlich<br />

seine Kalen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r seine Weihnachtsgeschichte.<br />

In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren hat<br />

Neumann-Nochten vieles gemacht,<br />

nicht zuletzt, um sich und seine Familie<br />

durchzubringen. Noch immer<br />

spielt er Orgel und leitet zwei Chöre.<br />

Auch ist er Redakteur <strong>de</strong>s „Schlesischen<br />

Gottesfreun<strong>de</strong>s“, <strong>de</strong>r Zeitung<br />

<strong>de</strong>r vertriebenen evangelischen Schlesier.<br />

Manches davon gibt er nun aber<br />

auch wie<strong>de</strong>r auf, weil er mehr zeichnen<br />

und malen will. Denn das ist es,<br />

was ihn ausmacht und erfüllt.<br />

Bild-Reproduktion: ANN,<br />

Porträt: SZ/Sosnowski <br />

„Sehr geehrter Herr Neumann-Nochten ...<br />

vorwegschicken möchte ich, daß ich keine Schlesierin bin<br />

und daß auch meine Familie, soweit ich weiß, keinerlei<br />

schlesische Wurzeln hat. Auch bin ich selbst kein Mitglied<br />

Ihrer Gemeinschaft, gehöre aber (durch eine Freundin) zu<br />

<strong>de</strong>n regelmäßigen Lesern ... Ihren Beitrag habe ich mit


140<br />

Freu<strong>de</strong> und viel Interesse gelesen. ... Als Kin<strong>de</strong>r, ich bin<br />

Jahrgang 1930, sind wir je<strong>de</strong>s Jahr von Pommern aus ins<br />

Riesengebirge zu Freun<strong>de</strong>n meiner Eltern gefahren. In Görlitz<br />

wohnte eine Tante von uns, die dahin geheiratet hatte.<br />

Bei ihr wur<strong>de</strong> immer ein halber Tag Rast eingelegt. ... wenn<br />

Görlitz - natürlich schlesisch!<br />

Als west<strong>de</strong>utscher Schlesier, <strong>de</strong>r 1959 in Hessen geboren<br />

ist, möchte ich hier öffentlich für das schlesische Görlitz<br />

Stellung beziehen. Zugleich muß ich einer Kernaussage <strong>de</strong>s<br />

Autors wi<strong>de</strong>rsprechen, nämlich <strong>de</strong>r Beobachtung, dass „je<br />

weiter <strong>de</strong>r Wohnort eines Wortführers von Görlitz entfernt<br />

ist, umso ablehnen<strong>de</strong>r ist auch <strong>de</strong>ssen Stellungnahme zur<br />

Verortung von Görlitz in Schlesien bzw. Nie<strong>de</strong>rschlesien”.<br />

Aus meiner – auch persönlichen Betrachtung – trifft fast<br />

das Gegenteil zu.<br />

Nach <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rvereinigung Deutschlands konnten die<br />

West<strong>de</strong>utschen auch ohne Probleme nach Görlitz und in die<br />

Oberlausitz reisen. Ich kann mich an meinen ersten Besuch<br />

in Görlitz zusammen mit meiner Familie erinnern. Es war<br />

so, als ob man nach einer langen Reise endlich nach Hause<br />

kommt. Mein erster Gedanke war, Schlesien hat doch überlebt,<br />

auch wenn nur ein kleinerer Teil <strong>de</strong>utsch geblieben ist.<br />

Ich hatte wie<strong>de</strong>r ein Stück Heimat gefun<strong>de</strong>n und war und<br />

bin nach wie vor von <strong>de</strong>m schlesischen Flair in <strong>de</strong>r Stadt<br />

begeistert.<br />

Endlich wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n zu greifen<strong>de</strong> schlesische<br />

Kultur, schlesisches Essen, schlesische Küche, schlesische<br />

Geschäfte! Das hat mich und viele an<strong>de</strong>re bis heute<br />

nicht mehr losgelassen. Mittlerweile haben wir in Görlitz<br />

Unter <strong>de</strong>r Überschrift "Quod est in<br />

actis" (Was in <strong>de</strong>n Akten steht), bringt<br />

die "Kulturpolitische Korrespon<strong>de</strong>nz"<br />

eine ausführliche Buchbesprechung,<br />

die wir hier weitergeben möchten. -ß<br />

R. M. Douglas:<br />

„Ordnungsgemäße Überführung”<br />

Die Vertreibung <strong>de</strong>r Deutschen nach<br />

<strong>de</strong>m Zweiten Weltkrieg,<br />

Verlag C. H. Beck. München 2012,<br />

560 Seiten, 29.95 Euro<br />

Der irisch-amerikanische Historiker R<br />

M. Douglas (48), <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Colgate<br />

University in Hamilton bei New York<br />

lehrt, hat ein einzigartiges Werk über<br />

Flucht und Vertreibung <strong>de</strong>r Deutschen<br />

1944/47 geschrieben. Einzigartig ist<br />

das 560 Seiten umfassen<strong>de</strong> Geschichtswerk<br />

<strong>de</strong>shalb, weil <strong>de</strong>r Autor,<br />

67 Jahre nach Kriegsen<strong>de</strong> 1945, dieses<br />

Buchempfehlung<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rtthema noch einmal aufgegriffen<br />

hat, versehen mit neuem Material<br />

aus tschechischen, polnischen<br />

und russischen Archiven, das erst nach<br />

<strong>de</strong>m Zusammenbruch <strong>de</strong>r kommunistischen<br />

Staatenwelt <strong>de</strong>r Forschung<br />

zugänglich gemacht wur<strong>de</strong>; einzigartig<br />

aber auch <strong>de</strong>shalb, weil <strong>de</strong>r Autor<br />

nach eigener Aussage ein solches<br />

Buch seit Jahren schmerzlich vermißt<br />

hat, um es dann, von Freun<strong>de</strong>n und<br />

Kollegen gedrängt, selbst zu schreiben;<br />

und einzigartig schließlich auch<br />

<strong>de</strong>shalb, weil hier die Initiative, unter<br />

neuen Aspekten über Flucht und Vertreibung<br />

nachzu<strong>de</strong>nken, von einem<br />

biographisch nicht belasteten Forscher<br />

ausging, während <strong>de</strong>utsche Historiker<br />

diesem schwierigen Thema, von Ausnahmen<br />

abgesehen, seit Jahren ausweichen.<br />

So vermerkt R M. Douglas<br />

in <strong>de</strong>r Einleitung einen „bei <strong>de</strong>utschen<br />

LESERBRIEFE – BUCHEMPFEHLUNG<br />

wir nach Görlitz kamen, waren wir in Schlesien. Hier gab<br />

es <strong>de</strong>n Streuselkuchen und das Schlesische Himmelreich,<br />

das mein Vater so liebte (obwohl kein Schlesier), und von<br />

hier aus konnten wir erstmals bei klarem Himmel die<br />

Gipfel unseres geliebten Riesengebirges erkennen. <br />

viele neue Freun<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n und kommen regelmäßig in<br />

die Stadt. Wenn ich auf <strong>de</strong>r Autobahn das Schild „Nie<strong>de</strong>rschlesien”<br />

passiere, dann könnte ich vor Freu<strong>de</strong> schreien<br />

und alles ist gut.<br />

Ein Teil <strong>de</strong>r Oberlausitz mit Görlitz gehört seit 1815 zu<br />

Schlesien; was für eine lange Zeit!!!! Die neuen polnischen<br />

Siedler, die nach 1945 nach Schlesien kamen, wür<strong>de</strong>n nie<br />

auf die I<strong>de</strong>e kommen, Schlesien zu hinterfragen.<br />

Das Problem liegt doch meines Erachtens nur bei <strong>de</strong>r<br />

früheren DDR. Der Sozialismus wollte alles, was mit<br />

Schlesien sowie Flucht und Vertreibung zu tun hat, unter<br />

<strong>de</strong>n Teppich kehren. Die Menschen wur<strong>de</strong>n indoktriniert<br />

und bewußt falsch informiert. Die heutigen „Schlesiengegner”,<br />

die wohl noch eine gewisse Nähe zum alten Regime<br />

haben, wer<strong>de</strong>n es nicht schaffen, die Wahrheit über<br />

das <strong>de</strong>utsche Schlesien zu unterdrücken. Zum Glück leben<br />

heute alle Deutschen in einer Demokratie mit <strong>de</strong>m<br />

Grundmerkmal <strong>de</strong>r Meinungsfreiheit.<br />

Die meisten Menschen in Görlitz, im <strong>de</strong>utschen<br />

Nie<strong>de</strong>rschlesien und auch die Schlesier im gesamten<br />

Deutschland sind froh, dass wir heute wie<strong>de</strong>r schlesisch<br />

leben und Schlesien erleben können.<br />

Michael Giller, Butzbach in Hessen<br />

Diplom-Finanzwirt <br />

wie nicht<strong>de</strong>utschen Forschern vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Wi<strong>de</strong>rwillen” gegen eine gerechte<br />

Bewertung <strong>de</strong>s ungeheuerlichen<br />

Vorgangs, weil im Ausland bis heute<br />

die Meinung vorherrsche, die Deutschen<br />

wären mit Landverlust und Vertreibung<br />

zu Recht für die Verbrechen<br />

<strong>de</strong>s Nationalsozialismus bestraft wor<strong>de</strong>n.<br />

Daß diese schlichte Rechnung, um<br />

<strong>de</strong>n Begriff „Aufrechnung” zu vermei<strong>de</strong>n,<br />

nicht aufgeht und nicht aufgehen<br />

kann, zeigt nicht zuletzt dieses Buch,<br />

<strong>de</strong>ssen Titel <strong>de</strong>m Text <strong>de</strong>s Potsdamer<br />

Abkommens vom 2. August 1945 entnommen<br />

ist. So ist es nur folgerichtig,<br />

daß das erste <strong>de</strong>r 13 Kapitel <strong>de</strong>n Titel<br />

„Der Planer” trägt und sich einem<br />

Mann widmet, <strong>de</strong>r als tschechischer<br />

Politiker im Londoner Exil 1938/45<br />

die Vertreibung <strong>de</strong>r 3.5 Millionen<br />

Su<strong>de</strong>ten<strong>de</strong>utschen genauestens ge-


BUCHEMPFEHLUNG 141<br />

plant, logistisch vorbereitet und in<br />

grausamster Weise durchgeführt hat:<br />

Eduard Benesch. Das zehnte Kind<br />

eines verarmten Kleinbauern machte<br />

sich die Eliminierung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Min<strong>de</strong>rheit, die nach <strong>de</strong>n Tschechen<br />

immerhin die zweitgrößte Volksgruppe<br />

vor <strong>de</strong>n Slowaken und Ungarn war,<br />

zur Lebensaufgabe. Als Außenminister<br />

<strong>de</strong>r noch jungen Tschechoslowakei<br />

wur<strong>de</strong> er nach <strong>de</strong>m Ersten<br />

Weltkrieg zu <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>nsverhandlungen<br />

mit <strong>de</strong>m besiegten Deutschland<br />

nach Versailles geschickt und<br />

konnte dort durchsetzen, daß im<br />

Vertrag vom 28. Juni 1919 <strong>de</strong>n Su<strong>de</strong>ten<strong>de</strong>utschen<br />

kein Selbstbestimmungsrecht<br />

zugestan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>. In<br />

seinen sieben Londoner Jahren arbeitete<br />

er ununterbrochen daran, <strong>de</strong>m<br />

englischen Außenminister Sir Anthony<br />

E<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich zu machen, daß ein<br />

Verbleiben <strong>de</strong>r Su<strong>de</strong>ten<strong>de</strong>utschen nach<br />

1945 in <strong>de</strong>r Tschechoslowakei unzumutbar<br />

wäre. Mit <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r tschechischen<br />

Exilregierung unter Eduard<br />

Benesch geplanten und in Auftrag<br />

gegebenen Attentat vom 27. Mai 1942<br />

auf Reinhard Heydrich, <strong>de</strong>n stellvertreten<strong>de</strong>n<br />

„Reichsprotektor” von Böhmen<br />

und Mähren, konnte <strong>de</strong>r Exilpolitiker<br />

seinen Einfluß auf die britische<br />

Außenpolitik stärken und <strong>de</strong>r Politik<br />

<strong>de</strong>r Aussiedlung <strong>de</strong>n Weg bereiten.<br />

Wer dieses Buch liest, muß sich auf<br />

eine völlig neue Sicht einstellen. Nicht<br />

mehr die <strong>de</strong>utschen Opfer von Flucht<br />

und Vertreibung, die vergewaltigten<br />

Frauen, die erfrorenen und verhungerten<br />

Kin<strong>de</strong>r, stehen im Mittelpunkt <strong>de</strong>r<br />

Untersuchung, son<strong>de</strong>rn die Täter und<br />

ihre Auftraggeber in Moskau, London<br />

und Washington: neben Eduard Benesch<br />

also Josef Stalin, Winston Churchill<br />

und Franklin Roosevelt. Es ist<br />

eines <strong>de</strong>r Verdienste <strong>de</strong>s Autors, daß<br />

hier die Mitverantwortung <strong>de</strong>r Westmächte<br />

an diesem namenlosen Unglück<br />

<strong>de</strong>r zwölf Millionen Vertriebenen<br />

aus <strong>de</strong>n preußischen Ostprovinzen<br />

und <strong>de</strong>m Su<strong>de</strong>tenland benannt<br />

wer<strong>de</strong>n, nicht im Sinne polemischer<br />

Behauptungen, son<strong>de</strong>rn beweiskräftig<br />

belegt nach intensivem Aktenstudium<br />

in <strong>de</strong>n Archiven <strong>de</strong>r Siegermächte.<br />

Der belesene Autor fin<strong>de</strong>t unzähli-<br />

ge Beispiele dafür, wie seit Beginn <strong>de</strong>r<br />

Menschheitsgeschichte ganze Völker<br />

umgesie<strong>de</strong>lt und vertrieben wur<strong>de</strong>n,<br />

bis ins Alte Testament hinein, und<br />

wird beson<strong>de</strong>rs fündig im römischen<br />

Weltreich und im zaristischen Rußland.<br />

Für die nach 1944/45 betroffenen<br />

Deutschen mag das nur ein schwacher<br />

Trost sein. Die Verursacher dieser<br />

unmenschlichen Politik, ob nun in<br />

Moskau o<strong>de</strong>r London ansässig, waren<br />

an <strong>de</strong>r Art und Weise, wie das Potsdamer<br />

Abkommen vom 2. August<br />

1945, das ein<strong>de</strong>utig die Handschrift<br />

Josef Stalins trug, umgesetzt wur<strong>de</strong>,<br />

höchst <strong>de</strong>sinteressiert. Sie befan<strong>de</strong>n<br />

sich zum einen im Siegestaumel, es<br />

gab außer<strong>de</strong>m übergeordnete Gesichtspunkte<br />

wie die Erhaltung <strong>de</strong>r<br />

brüchig wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Allianz <strong>de</strong>r Siegermächte.<br />

Zu<strong>de</strong>m beruhte, und hier<br />

zitiert <strong>de</strong>r Autor wie<strong>de</strong>rholt angelsächsische<br />

Quellen, die politisch-moralische<br />

Einschätzung dieses entsetzlichen<br />

Vorgangs auf <strong>de</strong>r Annahme<br />

einer Kollektivschuld <strong>de</strong>r Deutschen,<br />

die hier nur für ihre Verbrechen im<br />

Zweiten Weltkrieg bestraft wür<strong>de</strong>n.<br />

Um diese Denkweise zu ver<strong>de</strong>utlichen,<br />

sei hier angeführt, was <strong>de</strong>r britische<br />

Diplomat und Polenspezialist<br />

Robin Hankey am 11. Juli 1947 an<br />

einen Kollegen schrieb, nach<strong>de</strong>m er<br />

<strong>de</strong>n Bericht eines <strong>de</strong>utschen Opfers<br />

über Mißhandlungen und Unterernährung<br />

im polnischen Nachkriegslager<br />

Potulitz bei Bromberg gelesen hatte:<br />

„Ich bin auch <strong>de</strong>r Meinung, daß die<br />

Bedingungen ... schrecklich sind. Ich<br />

wäre sehr viel tiefer bewegt gewesen,<br />

wenn ich nicht selbst die Vernichtungslager<br />

in Majdanek und Auschwitz<br />

gesehen ... hätte. (Deshalb) kann<br />

ich nicht viel Mitgefühl für die armen<br />

Deutschen entwickeln, obwohl ich<br />

ihre Behandlung ablehne.”<br />

Was dieses Buch vor allen an<strong>de</strong>ren<br />

zum gleichen Thema auszeichnet, ist<br />

die Erkenntnis, daß <strong>de</strong>utsches Leid,<br />

wie es durch Flucht und Vertreibung<br />

millionenfach erzeugt wur<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>n<br />

frühen Nachkriegsjahren immer nur<br />

als Vergeltung für <strong>de</strong>utsche Verbrechen<br />

gesehen wur<strong>de</strong>. Diese Sicht ist<br />

bis heute auch in <strong>de</strong>r wissenschaftlichen<br />

Aufarbeitung <strong>de</strong>s Geschehens<br />

nachweisbar. Erst R. M. Douglas, <strong>de</strong>r<br />

we<strong>de</strong>r durch seine Biographie noch als<br />

Zeitzeuge mit Deutschland verbun<strong>de</strong>n<br />

ist, hat dieses Denksystem falscher<br />

Zuordnungen und nur fiktiver Kausalitäten<br />

aufgebrochen. Von dieser<br />

Position aus versteht man auch, warum<br />

er die Zeugenaussagen <strong>de</strong>utscher<br />

Betroffener, er nennt sie „Opfererzählungen”,<br />

nicht einbezieht: Sie wür<strong>de</strong>n,<br />

so abwegig es klingt, seinen überzeugen<strong>de</strong>n<br />

Diskurs, die Täter von damals<br />

zu überführen, nur stören. Auch seine<br />

für Deutsche vielleicht unverständliche<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m<br />

Historiker Theodor Schie<strong>de</strong>r und seiner<br />

bis heute unübertroffenen „Dokumentation<br />

<strong>de</strong>r Vertreibung” erklärt<br />

sich aus dieser Sicht, auch wenn er<br />

dabei so überragen<strong>de</strong> Zeugnisse wie<br />

Hans Graf Lehndorffs „Ostpreußisches<br />

Tagebuch” und Marion Gräfin<br />

Dönhoffs Bericht „Namen, die keiner<br />

mehr nennt” vernachlässigt. Ein<strong>de</strong>utig<br />

steht <strong>de</strong>r Autor mit seinem anspruchsvollen<br />

und höchst lesenswerten Buch<br />

auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Opfer.<br />

Jörg Bernhard Bilke<br />

Aus: KK Nr. 1322 / Juli 2012


142<br />

VERANSTALTUNGEN DER<br />

GEMEINSCHAFT EVANGELISCHER SCHLESIER<br />

Berlin<br />

Schlesischer Gemein<strong>de</strong>nachmittag<br />

mit Pfarrer Dr. Schott<br />

Sonnabend, 1. September um 14.30 Uhr im Gemein<strong>de</strong>haus <strong>de</strong>r<br />

Lin<strong>de</strong>nkirche in Wilmersdorf, Johannisberger Straße 15 a.<br />

Hamburg<br />

Gemein<strong>de</strong>nachmittag <strong>de</strong>r evangelischen Schlesier<br />

Freitag, 7. September und 5. Oktober im Gemein<strong>de</strong>saal<br />

von St. Petri in Altona, Schmarjestr. 31.<br />

LAG Rheinland<br />

Herbsttagung vom 15.-17. September<br />

in <strong>de</strong>r CVJM-Bildungsstätte Bun<strong>de</strong>shöhe <strong>de</strong>s CVJM-Westbund,<br />

Wuppertal. Im Programm: Bericht von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>arbeit in<br />

Lauban (Pfr. Królewicz), Vortrag über Friedrich d.Gr. (Pfr. Dr.<br />

Schott), Ge<strong>de</strong>nken an <strong>de</strong>n 100. Geburtstag von Pfarrer Werner<br />

Huch.<br />

LAG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />

Jahresrüstzeit in Herrenberg vom 14. bis 16. September<br />

Im Mittelpunkt wer<strong>de</strong>n Überlegungen zu Flucht und Vertreibung<br />

aus tiefenpsychologischer Sicht stehen.<br />

LAG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg/Stuttgart<br />

Gottesdienst mit schlesischer Liturgie<br />

am Sonntag, <strong>de</strong>n 30. September (Erntedankfest)<br />

um 14,30 Uhr in <strong>de</strong>r Schloßkirche in Stuttgart.<br />

LAG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg/Ulm:<br />

Schlesiergottesdienst<br />

am Sonntag, <strong>de</strong>n 30. September (Erntedankfest) um 14,30 Uhr<br />

in <strong>de</strong>r Auferstehungskirche in Ulm-Böfingen.<br />

EVANGELISCHE GOTTESDIENSTE<br />

IN DEUTSCHER SPRACHE IN SCHLESIEN<br />

Breslau:<br />

an je<strong>de</strong>m Sonntag um 10 Uhr in <strong>de</strong>r Christophorikirche,<br />

pl. Św. Krzyzstofa 1.<br />

Lauban:<br />

an je<strong>de</strong>m 4. Sonntag um 9 Uhr in <strong>de</strong>r Frauenkirche,<br />

ul. Kombatantów.<br />

Liegnitz:<br />

am 1. und 3. Sonntag um 13 Uhr<br />

in <strong>de</strong>r Liebfrauenkirche, pl. Pastora Wolfgang Meißlera<br />

Schweidnitz:<br />

an je<strong>de</strong>m 4. Sonnabend um 9 Uhr in <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskirche,<br />

pl. Pokoju 6.<br />

Wal<strong>de</strong>nburg:<br />

an je<strong>de</strong>m 2. Sonntag und je<strong>de</strong>m 4. Sonnabend um 14 Uhr<br />

in <strong>de</strong>r Erlöserkirche, pl. Kościelny 4.<br />

TERMINE – AUS DER LESERGEMEINDE<br />

Bad Warmbrunn:<br />

je<strong>de</strong>r 2. Sonnabend im Monat 14 Uhr<br />

je<strong>de</strong>r 4. Sonntag im Monat 14 Uhr<br />

Erlöserkirche, pl. Piastowski 18.<br />

Jauer<br />

Frie<strong>de</strong>nskirche<br />

Auf Anfrage: Park Pokoju 2, 59-400 Jawor.<br />

Tel. (+4876) 870 51 45. E-Mail: jawor@luteranie.pl<br />

Pfarramt:<br />

ul. Partyzantów 60, 51-675 Wrocław. Tel. 0048 - 71-3484598.<br />

Pfarrer Andrzej Fober<br />

GEBURTSTAGE AUS DER LESERGEMEINDE<br />

93. Am 28.09. Herr Pfarrer Ernst Gelke, 89073 Ulm,<br />

früher Breslau.<br />

92. Am 16.09. Frau Helene Klose, 34128 Kassel, früher<br />

Goldberg Schlesien.<br />

91. Am 05.09. Frau Ursula Weirauch, 13583 Berlin,<br />

früher Schweidnitz. Am 09.09. Herr Erich Quester,<br />

53115 Bonn, früher Ohlau. Am 15.09. Herr Eberhard<br />

Scholz, 78098 Triberg, früher Reichenbach/Eulengebirge.<br />

90. Am 17.09. Frau Rosemarie Drescher, geb. Kleiner,<br />

65582 Diez, früher Gottesberg. Am 17.09. Herr<br />

Pastor i. R. Gottfried Treblin, 38820 Halberstadt, früher<br />

Schmolz, Krs. Breslau.<br />

88. Am 03.09. Frau Ilse Rott, 37520 Ostero<strong>de</strong>, früher<br />

Geischen/Guhrau.<br />

87. Am 28.09. Frau Margot Neumann, 02828 Görlitz,<br />

früher Kamenz, Krs. Frankenstein.<br />

86. Am 07.09. Frau Pastorin Elisabeth Fuchs, 48153<br />

Münster, früher Beuthen/O<strong>de</strong>r. Am 12.09. Frau<br />

Irmingard Gattner, 79241 Ihringen, früher Hirschberg.<br />

85. Am 02.09. Frau Brigitte Boulay, 26123 Ol<strong>de</strong>nburg,<br />

früher Hin<strong>de</strong>nburg.<br />

84. Am 07.09. Herr Dietrich Kleiner, 28779 Bremen,<br />

früher Berlin. Am 08.09. Herr Pfarrer i.R. Christoph<br />

Klaffke, 72074 Tübingen, früher Breslau-Zimpel. Am<br />

10.09. Frau Barbara Brandt, 32694 Dörentrup, früher<br />

Wal<strong>de</strong>nburg.<br />

83. Am 05.09. Herr Wolfgang Kaufmann, 02826 Görlitz,<br />

früher Bismarckhütte O/S. Am 08.09. Herr Rudolf<br />

Hanke, 37520 Ostero<strong>de</strong>. Am 15.09. Frau Edith Gisbert,<br />

14055 Berlin. Am 29.09. Frau Ursula Vogel, 95234<br />

Sparneck, früher Neuhammer am Queis.<br />

82. Am 08.09. Herr Dr. med. Hans-Gerhard Möller,<br />

31515 Wunstorf, früher Schweidnitz. Am 11.09. Herr<br />

Dr. Wilfried v. Watzdorf, 31167 Bockenem, früher Schönfeld,<br />

Krs.Kreuzburg. Am 25.09. Frau Ingeborg Siebke,<br />

61352 Bad Homburg, früher Oppeln. Am 28.09. Herr<br />

Diakon Reinhold Wiesner, 63450 Hanau, früher Wüstegiersdorf.<br />

Am 29.09. Herr Manfred Klisch, 21217<br />

Seevetal, früher Hennersdorf/Namslau.<br />

79. Am 02.09. Frau Inge Riemann, 61250 Usingen,<br />

früher Görlitz. Am 08.09. Frau Margarete Fritzler,<br />

04315 Leipzig, früher Ottendorf/Bunzlau. Am 27.09.


AUS DER LESERGEMEINDE<br />

Frau Barbara Huber, 80634 München, früher Ströbel. <br />

Am 28.09. Frau Charlotte Beige, 76229 Karlsruhe, früher<br />

Kattern Krs.Breslau. Am 29.09. Herr Gotthard<br />

Hoffmann, 38259 Salzgitter, früher Böhmischdorf/Brieg.<br />

78. Am 09.09. Frau Inge Braun, geb. Kielmann,<br />

50735 Köln, früher Groß Wartenberg. Am 23.09. Herr<br />

Dr. Götz v. Goßler, 21244 Buchholz. Am 28.09. Herr<br />

Ekkehard Reichel, 14193 Berlin, früher Hei<strong>de</strong>wilxen.<br />

77. Am 20.09. Frau Barbara Simon, 80804 München,<br />

früher Goldberg. Am 24.09. Herr Pfarrer i. R. Christoph<br />

Lüke, 09243 Nie<strong>de</strong>rfrohna, früher Groß Wartenberg.<br />

Am 27.09. Herr Oskar Roh<strong>de</strong>, 51467 Bergisch<br />

Gladbach, früher früher Peterwitz, Kr. Strehlen.<br />

76. Am 06.09. Herr Martin Schmidt, 02829 Königshain,<br />

früher Nie<strong>de</strong>rbacken Krs.Guhrau. Am 13.09. Herr<br />

Knut Frenzel, 24107 Kiel.<br />

75. Am 06.09. Herr Klaus P. Reichenbach, 32758 Detmold,<br />

früher Breslau. Am 22.09. Herr Pastor Dr. Hans-<br />

Henning Neß, 37079 Göttingen. Am 23.09. Herr Pfarrer<br />

Dr. Dietrich Meyer, 02747 Herrnhut, früher Mocker.<br />

74. Am 25.09. Herr Pfarrer i.R. Hans Wähner, 02827<br />

Görlitz, früher Uelzen. Am 30.09. Frau Gisa Kitzler,<br />

97080 Würzburg, früher Nie<strong>de</strong>rleschen,Krs. Sprottau/Nie<strong>de</strong>rschlesien.<br />

73. Am 18.09. Herr Rüdiger Heil, 06502 Thale-OT<br />

Neinstedt, früher Oels.<br />

72. Am 05.09. Frau Sigrid Schmidt, 02681 Wilthen,<br />

früher Trebnitz. Am 12.09. Herr Eilert Hörmann, 02826<br />

Görlitz. Am 25.09. Herr OKR i. R. Dr. Hans-Jochen<br />

Kühne, 01917 Kamenz, früher Dres<strong>de</strong>n. Am 28.09.<br />

Herr Pfarrer Walter Rinke, 26127 Ol<strong>de</strong>nburg, früher Wiese<br />

/ Neustadt O/S.<br />

71. Am 05.09. Herr Bernhard Moll, 55129 Mainz, früher<br />

Brieg. Am 12.09. Frau Marlies Richter, 42389<br />

Wuppertal, früher Breslau. Am 17.09. Frau Renate Bischoff,<br />

22175 Hamburg, früher Reichenbach/Eulengb. <br />

Am 29.09. Frau Irene Dettmar, 31177 Harsum, früher<br />

Brieg.<br />

70. Am 08.09. Frau Ingrid Barth, 55124 Mainz, früher<br />

Hin<strong>de</strong>nburg/Oberschl. Am 22.09. Herr Dr. Herbert-<br />

Fritz Mann, 78647 Trossingen, früher Friedland, Krs.<br />

Wal<strong>de</strong>nburg.<br />

69. Am 07.09. Frau Dr. Marlis Rahe, 48147 Münster,<br />

früher Erlangen. Am 10.09. Herr Dr. Ernst v. Wagenhoff,<br />

21640 Nottensdorf, früher Breslau. Am 26.09. Herr<br />

OKR i. R. Dieter Schra<strong>de</strong>r, 26131 Ol<strong>de</strong>nburg, früher Breslau.<br />

67. Am 19.09. Herr Eduard Luhmann, 02943 Boxberg/O.L.,<br />

früher Köln.<br />

66. Am 03.09. Herr Klaus Chr. Röhrbein, 30855<br />

Langenhagen.<br />

63. Am 13.09. Herr Willy Bergner, 26125 Ol<strong>de</strong>nburg,<br />

früher Ol<strong>de</strong>nburg.<br />

62. Am 10.09. Herr Richard-B. v. Busse, 26209 Hatten-Sandkrug,<br />

früher Vorfahren: Groß Wartenburg.<br />

61. Am 12.09. Herr Studiendirektor i.K. Dr. Rainer<br />

Hoffmann, 59199 Bönen, früher Ostbevern.<br />

Datum: Unterschrift:<br />

Titel:<br />

Nachname:<br />

Vorname:<br />

Straße:<br />

PLZ, Ort:<br />

Geburtsdatum/-ort:<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Gemeinschaft evangelischer Schlesier (Hilfskomitee) e.V.<br />

D 32440 Porta Westfali<strong>ca</strong>, PF 1410, Tel.: 0571-971 99 74,<br />

Bankverbindung: Stadtsparkasse Porta Westfali<strong>ca</strong><br />

BLZ: 490 519 90 Kto.-Nr.: 26 997<br />

E-mail: info@gesev.<strong>de</strong><br />

Verantwortlich für <strong>de</strong>n Inhalt:<br />

Mag. phil. et theol. Dietmar Neß<br />

Wittichenauer Straße 11a, D - 02999 Groß Särchen,<br />

Tel./Fax: 03 57 26 - 5 56 75<br />

E-mail: mag.ness@online.<strong>de</strong>.<br />

Andreas Neumann-Nochten<br />

Hotherstraße 32, D - 02826 Görlitz<br />

Tel.: 03581 - 878988<br />

E-mail: gottesfreund@nochtenart.<strong>de</strong><br />

Beiträge/Grafik/Satz/Layout: Andreas Neumann-Nochten<br />

Herausgegeben in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r<br />

Stiftung Evangelisches Schlesien und <strong>de</strong>r<br />

Evangelischen Diözese Breslau/Wroclaw.<br />

Druck: MAXROI Graphics GmbH, Görlitz<br />

143<br />

Beitrittserklärung:<br />

Ich erkläre hiermit meinen Beitritt zur Gemeinschaft evangelischer<br />

Schlesier e. V. bei einem Mitglie<strong>de</strong>r-Jahrebeitrag von aktuell 30 Euro<br />

für das laufen<strong>de</strong> Kalen<strong>de</strong>rjahr; im Rahmen meiner Vereinsmitgliedschaft<br />

erhalte ich die Zeitschrift „Schlesischer Gottesfreund„ kostenfrei.<br />

Ich möchte kein Mitglied wer<strong>de</strong>n, bestelle aber die Monatszeitschrift<br />

„Schlesischer Gottesfreund„ zum Abo-Preis von 36 Euro pro<br />

Jahr.<br />

Bitte sen<strong>de</strong>n Sie mir eine Probenummer <strong>de</strong>r Zeitschrift „Schlesischer<br />

Gottesfreund„ zu.<br />

Beruf:<br />

persönlicher bzw. familiärer<br />

schlesischer Herkunftsort:<br />

Sollten Sie nicht mit <strong>de</strong>r Veröffentlichung einiger Ihrer persönlichen<br />

Daten in <strong>de</strong>r Geburtstagsliste <strong>de</strong>s „Gottesfreun<strong>de</strong>s„ einverstan<strong>de</strong>n<br />

sein, kreuzen Sie es bitte in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Kästchen an.<br />

Bitte einsen<strong>de</strong>n an: Gemeinschaft evangelischer Schlesier e.V.<br />

Postfach 1410, D – 32440 Porta Westfali<strong>ca</strong><br />

o<strong>de</strong>r Stiftung Evangelisches Schlesien<br />

Schlaurother Straße 11, D – 02827 Görlitz<br />

Bankverbindung: Stadtsparkasse Porta Westfali<strong>ca</strong><br />

BLZ: 490 519 90 Kto.-Nr.: 26 997


144 Fundstück<br />

Zwischen Schlesien und <strong>de</strong>m Böhmerland<br />

zieht sich das mächtige<br />

Riesengebirge hin, in <strong>de</strong>ssem Innerem<br />

<strong>de</strong>r berüchtigte Berggeist Rübezahl<br />

haust. Dieser Fürst <strong>de</strong>r Erdgeister<br />

besitzt auf <strong>de</strong>r Oberfläche <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> nur<br />

ein kleines Gebiet, von einigen Meilen<br />

im Umfange, mit einer Kette von Bergen<br />

umschlossen; erst einige Klafter unter<br />

<strong>de</strong>r Erdrin<strong>de</strong> beginnt seine eigentliche<br />

Herrschaft und erstreckt sich auf achthun<strong>de</strong>rtsechzig<br />

Meilen in die Tiefe, bis<br />

zum Mittelpunkt <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Zuweilen<br />

gefällt es <strong>de</strong>m unterirdischen Gebieter,<br />

die ausge<strong>de</strong>hnten Bezirke <strong>de</strong>r Unterwelt<br />

zu durchkreuzen, die unerschöpflichen<br />

Schatzkammern edler Metalle zu<br />

beschauen, die Knappschaft <strong>de</strong>r Erdgeister<br />

zu mustern und in Arbeit zu setzen,<br />

Rübezahl<br />

<strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s<br />

Riesengebirges<br />

teils um die Gewalt <strong>de</strong>r Feuerströme<br />

durch feste Dämme aufzuhalten, teils um<br />

unedles Erz in edles umzuwan<strong>de</strong>ln.<br />

Zuweilen entschlägt er sich allen Regierungssorgen,<br />

erhebt sich auf die Oberfläche<br />

seines Gebietes, hat sein Wesen auf<br />

<strong>de</strong>m Riesengebirge und treibt in frohem<br />

Übermut, Spiel und Spott mit <strong>de</strong>n Menschenkin<strong>de</strong>rn.<br />

Denn Freund Rübezahl,<br />

müßt ihr wissen, ist wun<strong>de</strong>rbar geartet,<br />

launisch, ungestüm, scha<strong>de</strong>nfroh, wankelmütig;<br />

zuzeiten gutmütig, e<strong>de</strong>l und<br />

empfindsam; oft weich und hart in zwei<br />

Augenblicken, wie ein Ei, das in sie<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s<br />

Wasser fällt, heute <strong>de</strong>r wärmste<br />

Freund, morgen fremd und kalt, kurz<br />

voller Wi<strong>de</strong>rsprüche, wie ihn die augenblickliche<br />

Stimmung beherrscht.<br />

(Aus <strong>de</strong>m Einführungstext)<br />

Gefun<strong>de</strong>n in:<br />

Rübezahl <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Riesengebirges,<br />

für die Jugend erzählt von Prof. Dr. K. A.<br />

Müller. Illustrationen von Rolf Winkler.<br />

Abel und Müller Verlag, Leipzig 1925

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