Erwerbsminderungsrente durchsetzen - Widerspruch ... - Der VdK
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<strong>Erwerbsminderungsrente</strong> <strong>durchsetzen</strong> - <strong>Widerspruch</strong> lohnt sich<br />
von Oliver Heuchert<br />
Wenn Ihnen die <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> verweigert wird, können Sie innerhalb<br />
eines Monats <strong>Widerspruch</strong> einlegen. Das sollten Sie auf jeden Fall tun, denn ein<br />
Drittel aller Widersprüche führt zum Erfolg.<br />
Das liegt teilweise auch daran, dass im <strong>Widerspruch</strong>sverfahren zusätzliche<br />
Unterlagen vorgelegt werden. Deswegen sollten Betroffene das<br />
<strong>Widerspruch</strong>sverfahren nutzen, ihre Unterlagen noch einmal durchzugehen, sich<br />
erneut beraten zu lassen und versuchen, die Argumente des Versicherungsträgers<br />
zu entkräften. Wenn der <strong>Widerspruch</strong> auch nichts bringt, bleibt Ihnen eine Klage<br />
beim Sozialgericht.<br />
Ein Verfahren beim Sozialgericht ist für Sie kostenlos. Auch wenn Sie sich hier<br />
keinen Anwalt nehmen müssen, sollten Sie sich von einem Fachanwalt beraten<br />
lassen oder einen unabhängigen Rentenberater zu Rate ziehen. Prüfen Sie, ob Sie<br />
Prozesskostenhilfe bekommen können, um den Anwalt zu bezahlen. Diese Verfahren<br />
dauern sehr lange. Immerhin ein Drittel der Klagen bringen dem Versicherten dann<br />
aber doch die <strong>Erwerbsminderungsrente</strong>. Rentenberater schätzen die Erfolgsquote<br />
sogar höher. Fazit: Sie sollten es auf jeden Fall versuchen.<br />
Wie sich die Rentenhöhe berechnet<br />
Eine volle <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> beträgt im groben Schnitt 700 Euro im Monat. Je<br />
nachdem, wie viel Sie eingezahlt haben, können Ihre persönlichen Ansprüche höher<br />
aber auch niedriger ausfallen. Die Berechnung Ihrer <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> erfolgt<br />
- wie die aller gesetzlichen Renten - über die sogenannten Entgeltpunkte. Für jedes<br />
Jahr, in dem Sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt haben, wird<br />
eine bestimmte Zahl an Entgeltpunkten ermittelt. Dazu wird das Einkommen, auf das<br />
Sie die Beiträge gezahlt haben, durch das Durchschnittseinkommen geteilt. Daraus<br />
folgt, dass ein Arbeitnehmer, der genau den Durchschnittsverdienst hat, einen<br />
Entgeltpunkt pro Jahr gutgeschrieben bekommt.<br />
In einem zweiten Schritt wird der jährliche Durchschnitt Ihrer Entgeltpunkte ermittelt.<br />
Diese durchschnittlichen Entgeltpunkte werden für die Berechnung Ihrer<br />
Rentenansprüche für die sogenannte Zurechnungszeit zugrunde gelegt. Für jedes<br />
Jahr zwischen dem Eintritt Ihrer Erwerbsminderung und Ihrem 60. Lebensjahr<br />
werden Ihnen jeweils die durchschnittlichen Entgeltpunkte gutgeschrieben. Ihre<br />
bisherige Versicherungszeit wird sozusagen bis zu Ihrem 60. Lebensjahr<br />
hochgerechnet. Für die Zeit vom 60. Lebensjahr bis zum Eintritt in die Altersrente gibt<br />
es keine Zurechnungszeit.<br />
Nur genug zur Grundversorgung<br />
Rund 700 Euro pro Monat bieten letztlich nur eine Grundversorgung. Wer<br />
Arbeitslosengeld II bezieht, erhält zusammen mit den Leistungen für Wohnung und<br />
Heizung monatlich ungefähr genauso viel - ohne dafür Beiträge zahlen zu müssen.<br />
Wer seinen Lebensstandard für den Fall einer Invalidität absichern will, braucht<br />
deshalb eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Die ist zwar teuer und im<br />
Leistungsfall vielleicht auch hartleibig, aber der einzige Weg als Invalide von mehr als<br />
der schmalen gesetzlichen <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> zu leben.
Wer vor dem 63. Lebensjahr eine <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> bezieht, muss bei der<br />
Berechnung seiner <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> Abschläge hinnehmen. <strong>Der</strong> Abschlag<br />
beträgt für jeden Monat, den die Rente vor dem 63. Lebensjahr bezogen wird, 0,3<br />
Prozent, allerdings begrenzt auf höchstens 10,8 Prozent. Beginnt die Rente nach<br />
Ihrem 63. Geburtstag bekommen Sie sie ohne Abschläge. Die Altersgrenzen von 60<br />
beziehungsweise 63 Jahren werden durch die Einführung der Altersrente mit 67<br />
Jahren schrittweise erhöht. Die untere Altersgrenze steigt auf 62, die obere auf 65<br />
Jahre. Beim Übergang in die Altersrente oder in eine mögliche Witwen- oder<br />
Witwerrente wird der Abschlag weiterhin erhoben.<br />
Abschlag umstritten<br />
Über die Höhe der <strong>Erwerbsminderungsrente</strong>n gibt es grundsätzlichen Streit. Das<br />
Bundessozialgericht hatte am 16. Mai 2006 geurteilt, dass die Abschläge<br />
gesetzeswidrig seien (Az. B 4 RA 22/05 R). Die Politik und die<br />
Rentenversicherungsträger haben das Urteil aber nicht als sogenannte "ständige<br />
Rechtssprechung" akzeptiert. Das heißt, dass nur die Klägerin selbst vor dem<br />
Bundessozialgericht ihre <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> seit dem Frühjahr 2006 ohne<br />
Abschläge ausgezahlt bekommt. Alle anderen der rund 900.000 Betroffenen erhalten<br />
nach wie vor nur eine um maximal 10,8 Prozent reduzierte <strong>Erwerbsminderungsrente</strong>.<br />
Zurzeit laufen weitere Musterverfahren, um eine "ständige Rechtsprechung" auf<br />
Basis mehrerer höchstrichterlicher Urteile zu erreichen. <strong>Der</strong> Sozialverband<br />
Deutschland führt nach eigenen Angaben 22 davon, auf alle drei Instanzen verteilt.<br />
Eines liegt zurzeit beim Bundesgerichtshof. Außerdem gibt es weitere privat initiierte<br />
Verfahren.<br />
Bis zum Abschluss dieser Musterverfahren empfehlen Sozialverbände den<br />
Betroffenen, <strong>Widerspruch</strong> einzulegen oder, wenn die Ein-Monats-Frist verstrichen ist,<br />
einen Überprüfungsantrag zu stellen. Darauf wird der Rentenversicherungsträger im<br />
Normalfall mit einem Schreiben reagieren, in dem er anbietet, das Verfahren bis zur<br />
Erledigung der Musterverfahren ruhen zu lassen. Damit bleiben die Rechte gewahrt.<br />
Ansonsten erteilt der Rentenversicherungsträger einen Bescheid, gegen den<br />
<strong>Widerspruch</strong> und dann Klage eingereicht werden kann. Bei der Deutschen<br />
Rentenversicherung Bund, ehemals Bundesversicherungsanstalt für Angestellte<br />
(BfA), sind bis Mitte 2007 knapp 7300 Widersprüche und rund 80.000<br />
Überprüfungsanträge eingegangen. Sie betreibt nach eigenen Angaben 17<br />
Musterverfahren. Musteranträge finden Sie im Internet auf den Seiten der<br />
Sozialverbände.<br />
Strenge Hinzuverdienstgrenzen<br />
Wer neben der <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> auch Anspruch auf andere Leistungen wie<br />
etwa einer Verletztenrente der Berufsgenossenschaft hat, bekommt diese Zahlungen<br />
verrechnet. Das wird damit begründet, dass mit den Renten die Versorgung des<br />
Invaliden gewährleistet werden soll. Ist dies der Fall, werden weitere Leistungen<br />
verrechnet, um eine Überversorgung zu vermeiden. Bei den Verletztenrenten wird<br />
eine Ausnahme gemacht, wenn der Unfall sich nach Eintritt der Erwerbsminderung<br />
ereignet oder das Unfallopfer beziehungsweise sein Ehegatte die Beiträge selbst<br />
gezahlt hat.<br />
Auch Erwerbseinkommen, das ein Erwerbsminderungsrentner hat, wird<br />
berücksichtigt. Hier gelten allerdings Hinzuverdienstgrenzen. Bis zu einem
monatlichen Erwerbseinkommen von 350 Euro bleibt die <strong>Erwerbsminderungsrente</strong><br />
unberührt. Die Große Koalition plant diesen Betrag 2008 auf 400 Euro monatlich<br />
anzuheben, auf das Niveau der Minijobs. Liegt das Einkommen derzeit über 350<br />
Euro im Monat, kommt es auf die Art der <strong>Erwerbsminderungsrente</strong> an. Wird eine<br />
Arbeitsmarktrente bezogen, verliert der Rentner seinen Anspruch komplett, wenn er<br />
mehr als 350 Euro im Monat verdient. Bei einer halben oder vollen<br />
<strong>Erwerbsminderungsrente</strong> gibt es ab bestimmten Einkommenshöhen, Kürzungen der<br />
Rente, um ein Viertel, die Hälfte oder um drei Viertel der Rente. Bei hohen<br />
Erwerbseinkommen werden auch diese Renten gestrichen. Dabei muss die<br />
Hinzuverdienstgrenze oberhalb der 350 Euro für jeden Rentner individuell<br />
ausgerechnet werden. Maßstab hierfür ist das Einkommen in den letzten drei<br />
Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Bei Geringverdienern wird auf das<br />
Durchschnittsniveau angehoben.<br />
(Quelle: ZDF-Sendung „WISO“ vom 24.09.07)