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Starke<br />

Frauen<br />

8<br />

Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr mit Sohn Martin:<br />

In ihrem Amtszimmer in Rathaus steht nun ein Gitterbett,<br />

am Boden liegen eine Spieldecke und Spielzeug.<br />

Kerstin Suchan-Mayr, 37<br />

Volle<br />

Windeln<br />

im Rathaus<br />

Es kommt nicht oft vor, dass eine<br />

amtierende Bürgermeisterin Mutter<br />

wird. Verwunderlich ist das<br />

kaum, denn der Arbeits- und Zeitaufwand,<br />

den dieser Job mit sich<br />

bringt, ist schon ohne Mutterschaft<br />

enorm. Erschwerend hinzu kommt<br />

noch, dass Bürgermeisterinnen im<br />

Sozialstaat Österreich weder Mutterschutz<br />

noch Karenz genießen.<br />

Kerstin Suchan-Mayr, Stadtchefin in<br />

Sankt Valentin, hat sich davon trotzdem<br />

nicht abschrecken lassen. Jetzt<br />

ist ihr kleiner Sohn Martin auch im<br />

Amt ihr ständiger Begleiter.<br />

Die Sache ist ungewöhnlich, das Medieninteresse an der<br />

Bürgermeisterin, die Mutter wurde, entsprechend groß.<br />

Sogar das Nachrichtenmagazin NEWS widmete Kerstin<br />

Suchan-Mayr und ihrem Sohn Martin unter dem netten Titel<br />

„Mein kleiner Rathausmann“ eine doppelseitige Reportage.<br />

Beim KI-Interview samt Foto-Termin merkt man dem<br />

Buben, der am 26. März 2012 das Licht der Welt erblickte,<br />

an, dass er schon einen überaus gelassenen Umgang mit<br />

Besuchern und Fotoapparaten, pflegt. Das Blitzen machte<br />

ihm überhaupt nichts aus, während des gesamten Interviews<br />

gab es keine Unmutsäußerung...<br />

Frau Bürgermeister, wie war das mit dem Nachwuchs,<br />

warum ausgerechnet jetzt ein Kind?<br />

Suchan-Mayr (lacht): „Weil ich jetzt dafür im guten Alter<br />

bin und es gepasst hat. Wenn es jetzt nicht passiert wäre,<br />

hätten wir uns später wahrscheinlich nicht mehr dafür ent-<br />

GVV/hellm<br />

schieden.“<br />

Als werdende Mutter im Bürgermeisteramt ist man ja in Fotos:<br />

einer ganz besonderen, überaus benachteiligten Situation.<br />

Es gibt keinen Mutterschutz, keine Karenz…<br />

„Ja leider. Nachdem man in Niederösterreich als Bürgermeister<br />

oder Bürgermeisterin keine Anstellung an sich<br />

hat, sondern quasi nur ein Amt ausübt, hat man auch keine<br />

sozialrechtlichen Absicherungen wie alle anderen<br />

Menschen. Das ist von Bundesland zu Bundesland immer<br />

ein bisserl anders. In Niederösterreich bin ich nicht angestellt<br />

und sozialrechtlich nicht abgesichert – was mich<br />

jetzt in der Schwangerschaft besonders getroffen hat, ohne<br />

Mutterschutz und Karenz. Somit habe ich auch bis<br />

zum letzten Tag vor der Geburt mein Amt ausgeübt.“<br />

Wie war das dann genau, als sich Martin jun. entschloss,<br />

das Licht der Welt zu erblicken?<br />

„Martin kam eine Woche vor dem errechneten Termin.<br />

Am Sonntagnachmittag war ich noch als Bürgermeisterin<br />

bei einer Veranstaltung, am Abend bin ich dann ins<br />

Sonntagnachmittag noch auf einem Termin -<br />

und am Montag zur Entbindung ins Spital<br />

Krankenhaus und am Montag habe ich entbunden. Eigentlich<br />

hatte ich geplant, diese eine Woche vor dem angenommenen<br />

Termin ein wenig kürzer zu treten und habe<br />

mir nur ein paar Termine eingetragen. Aber anscheinend<br />

wollte der Martin keine ruhige Woche vor der Geburt<br />

mehr haben (lacht).“<br />

Und wie lange hat es gedauert, bis Sie wieder ins Amt<br />

zurückgekehrt sind?<br />

„Es hat sich ja so ergeben, dass dann Osterferien waren<br />

und das hat ganz gut gepasst, denn da tut sich amtsgeschäftlich<br />

nicht sehr viel, das heißt da war ein, zwei Wochen<br />

im Amt eher wenig los. Aber knapp drei Wochen<br />

nach der Geburt war ein Spatenstich beim Hochwasserschutz<br />

– und da war ich wieder dabei – mit der ganzen<br />

Familie, meinem Mann Martin und dem Kinderwagen.<br />

Die Rede hat noch der Vizebürgermeister gehalten. Aber<br />

seit dem erfülle ich wieder meine Bürgermeister-Pflichten<br />

voll und ganz. Und meistens ist mein Sohn mit dabei.“<br />

Bürgermeisterin, Kind und Haushalt – wie geht das?<br />

„Wir sind sehr gesegnet damit, dass der Martin – bis<br />

auf das Zahnen jetzt – schon ein paar Wochen nach der<br />

Geburt sieben bis neun Stunden durchgeschlafen hat. Im<br />

Normalfall dauert es in der Früh bis acht, neun Uhr bis<br />

wir beide fertig mit Frühstück, stillen, zusammenräumen<br />

und anziehen sind, dann geht es ins Rathaus. Dann erledige<br />

ich meine Termine und Martin ist an meiner Seite.<br />

Da kann es sein, dass er am Vormittag mal eine Stunde in<br />

seinem Gitterbett in meinem Büro einschläft. Mittags bin<br />

ich in der glücklichen Situation, dass wir bei meiner Mutter<br />

essen können. Und nachmittags kann es sein, dass der<br />

Martin dann mit der Oma eine Runde spazieren geht<br />

oder er ist wieder bei mir im Büro. Ganz generell muss<br />

ich sagen, dass ich sehr große familiäre Unterstützung genieße,<br />

vor allem von den Omas und Opas, sonst wäre die<br />

Situation eine ganz andere. Und einmal in der Woche habe<br />

ich eine Haushaltshilfe. Trotzdem kommt es natürlich<br />

vor, dass ich immer wieder mal zwischenzeitlich vom<br />

Rathaus nach Hause fahre, um die Waschmaschine<br />

einzuschalten oder Wäsche aufzuhängen. Aber das<br />

war schon vor Martins Geburt so – und kommt bei<br />

männlichen Amtskollegen wahrscheinlich selten bis gar<br />

nicht vor. Ich genieße auch die volle Unterstützung<br />

meiner KollegInnen im Amt und insbesonders des Vizebürgermeisters.<br />

Denen bin ich dafür auch sehr<br />

dankbar.“<br />

Hat auch Vater Martin sen. sein Leben umstellen<br />

müssen?<br />

„Natürlich, er hilft mit und wickelt selbstverständlich<br />

auch. Und wenn ich bei Abendterminen bin, dann<br />

kümmert er sich um den Martin.“<br />

Wie reagiert die Umwelt, wenn die Bürgermeisterin<br />

im Dienst mit Baby auftaucht?<br />

„Überaus nett, verständnisvoll und positiv. Und wie<br />

ich jetzt im Sommer viel mit dem Kind spazieren gegangen<br />

bin, sind enorm viele Leute auf mich zugegangen,<br />

das Knüpfen von Kontakte fällt viel leichter – da<br />

konnte ich richtig viel Politik auf der Straße machen<br />

(lacht).“<br />

Kann man sagen, dass die Mutterschaft auch Ihr<br />

Agieren als Bürgermeisterin beeinflusst?<br />

„Ganz sicher, der Zugang, die Gesprächsbasis – das<br />

ist jetzt alles ganz anders. Eine kuriose Situation als<br />

Beispiel: Ich hatte einmal ein schwieriges Telefonat, in<br />

dessen Verlauf der Kleine im Hintergrund zu weinen<br />

„BürgermeisterInnen brauchen dringend die<br />

Möglichkeit einer Anstellung.“<br />

begann. Mein Gesprächspartner horchte auf und fragte<br />

nach: Ist das der Junior? Ich bejahte und er meinte<br />

ganz friedlich, na dann will ich sie jetzt nicht länger aufhalten.<br />

- Davon abgesehen verschieben sich mit dieser<br />

neuen Situation auch die persönlichen Wertigkeiten<br />

und Prioritäten. Bis jetzt war die Politik meine große<br />

Berufung und jetzt gibt es auch einen anderen Mittelpunkt.<br />

Ich bemerke beispielsweise, dass ich bei Besprechungen<br />

oder so ein wenig unlocker werde, wenn sich<br />

etwas wiederholt und nochmals wiederholt. Da denke<br />

ich mir jetzt: Das ist Zeitverschwendung, eigentlich<br />

könnten wir das viel effizienter machen.“<br />

Was sagen Sie zur mangelhaften sozialen Absicherung<br />

der BürgermeisterInnen?<br />

„Es wäre grundsätzlich wichtig, dass man das Bürgermeisteramt<br />

als richtigen Job ausüben kann. Mit allen<br />

Vor- und Nachteilen, die mit einer geregelten Arbeitssituation<br />

verbunden sind. Dass es für BürgermeisterInnen<br />

natürlich eine eigene Regelung geben muss,<br />

weil die Amtsträger im Grunde ja immer nur für fünf<br />

Jahre gewählt sind, ist auch klar. Aber die Möglichkeit<br />

zur Anstellung muss kommen. Ich habe das auch bereits<br />

bei einem Termin im Büro von Landeshauptmann<br />

Pröll deponiert. Hier muss das Land unbedingt aktiv<br />

werden.“<br />

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