Organische Chemie macchiato - ISBN 978-3-8689 ... - Pearson Schule
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<strong>Organische</strong> <strong>Chemie</strong> <strong>macchiato</strong>
Kurt Haim<br />
Illustriert von Klaus Müller<br />
<strong>Organische</strong> <strong>Chemie</strong> <strong>macchiato</strong><br />
Cartoonkurs für Schüler und Studenten<br />
Higher Education<br />
München · Harlow · Amsterdam · Madrid · Boston<br />
San Francisco · Don Mills · Mexico City · Sydney<br />
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10 9 8 7 6 5 4 3 2 1<br />
14 13 12<br />
<strong>ISBN</strong> <strong>978</strong>-3-<strong>8689</strong>4-059-6<br />
© 2012 <strong>Pearson</strong> Studium<br />
ein Imprint der <strong>Pearson</strong> Deutschland GmbH<br />
Martin-Kollar-Str. 10-12, D-81829 München<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
www.pearson.de<br />
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Programmleitung: Birger Peil, bpeil@pearson.de<br />
Lektorat: Irmgard Wagner, irmwagner@t-online.de<br />
Fachlektorat: a.o. Uni. Prof. Karl Gatterer, Technische Universität Graz<br />
Korrektorat: Petra Kienle, Fürstenfeldbruck<br />
Herstellung: Martha Kürzl-Harrison, mkuerzl@pearson.de<br />
Satz: m2 design, Sterzing, www.m2-design.org<br />
Druck und Verarbeitung: Drukarnia Dimograf, Bielsko – Biala<br />
Printed in Poland
Früchte in der Reifeprüfung!<br />
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Alkene<br />
Alkene<br />
Früchte in der Reifeprüfung!<br />
Alkene kommen wie Alkane in riesigen Mengen im Erdöl vor. Durch<br />
Destillation trennt man sie von den anderen Ölbestandteilen ab und<br />
verwendet sie als wichtige Rohstoffe für die chemische Industrie.<br />
Alkene spielen aber auch in der Natur eine wichtige Rolle. Vor allem<br />
Pflanzen und Insekten beherrschen es, Alkene selbst herzustellen und<br />
sie für essenzielle Funktionen einzusetzen.<br />
Insekten kommunizieren untereinander durch die Freisetzung von Al-<br />
kenen. Mit diesen als Pheromone bezeichneten Verbindungen steuern<br />
sie ihr Sexualverhalten, markieren sie Wegrouten und versetzen ihre<br />
Artgenossen in Alarmbereitschaft. Muscalur ist zum Beispiel ein Phe-<br />
romon der Hausfliege.<br />
Auch Früchte können Alkene produzieren, die wir als Aroma- und Ge-<br />
ruchsstoffe sehr zu schätzen wissen. So entwickeln Zitrusfrüchte das<br />
Limonen, den Aromastoff des Zitrusöls. Mit diesem Alken schützt sich<br />
die Zitrusfrucht vor bakteriellen Angriffen.
In der Pflanzenwelt fungieren Alkene auch als Pflanzenhormone. Sie<br />
steuern das Wachstum, die Blütenbildung und die Fruchtreifung.<br />
Verstehen wir die <strong>Chemie</strong> der Alkene, können wir die Wirkung dieser<br />
Stoffe in der Natur erforschen und begreifen und so in den natürlichen<br />
Zyklus eingreifen. Mit der Entwicklung von Pheromonfallen besitzen wir<br />
ein umweltfreundliches Instrument, aus dem Gleichgewicht geratene<br />
Insektenpopulationen einzudämmen. Kennt man den Aromastoff der<br />
Zitrone, kann man dieses Aroma aus anderen Rohstoffen wie z.B. Erdöl<br />
herstellen und ist nicht mehr von der Zitrusernte abhängig. Weiß man,<br />
wie Alkene das Reifen der Früchte steuern, ist es möglich, in den Reife-<br />
prozess einzugreifen. Dadurch können Ernteverluste vermieden und die<br />
Gewinnspanne im Obsthandel erhöht werden.<br />
Dass so mancher Eingriff Folgen für das Ökosystem hat und einen Ver-<br />
lust der Lebensmittelqualität mit sich bringt, liegt auf der Hand. Natur-<br />
wissenschaftliche Grundbildung hilft, Nutzen und Risiko gegeneinander<br />
abzuwägen und sich so eine eigene Meinung zu bilden.<br />
Einteilung und Nomenklatur von Alkenen<br />
Alkene sind Kohlenwasserstoffe, die mindestens eine Doppelbindung<br />
innerhalb der C-Kette enthalten. Da sich an die Doppelbindungen<br />
noch Atome anlagern können, nennt man solche Verbindungen auch<br />
ungesättigte Kohlenwasserstoffe.<br />
Alkene<br />
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3<br />
Nomenklatur verzweigter Alkene<br />
Wie n-Alkene zu ihren Namen kommen<br />
■■ Die Nomenklatur erfolgt analog der Alkane, nur die Endung -an<br />
ändert sich in –en.<br />
■■ Die Nummerierung erfolgt von jenem Ende, das der Doppelbin-<br />
dung am nächsten ist.<br />
■■ Ab Buten muss die Position der Doppelbindung angegeben<br />
werden. Die Zahl, bei der die Doppelbindung beginnt, wird vor<br />
dem Stammnamen geschrieben.<br />
■■ Kohlenwasserstoffe mit mehreren Doppelbindungen erhalten<br />
vor der Endung -en die Vorsilben di, tri ..., z.B. dien (für zwei<br />
Doppelbindungen in einer C-Kette).<br />
Summenformel: CnH2n<br />
Wie bei den Alkanen können auch die Alkene in einer homologen Reihe<br />
aufgelistet werden.<br />
Nomenklatur verzweigter Alkene<br />
■■ Die Hauptkette ist die längste durchgehende C-Kette, welche<br />
die Doppelbindung enthält.<br />
■■ Die Nummerierung erfolgt von jenem Ende, das der Doppelbin-<br />
dung am nächsten ist (unabhängig von den Seitenketten).<br />
■■ Die Seitenketten werden alphabetisch gereiht. Die Vorsilben<br />
bleiben wie bei den Alkanen unberücksichtigt.
■■ Stellt eine ungesättigte Kohlenwasserstoffkette eine Seitenkette<br />
dar, ändert sich die Endung -en auf –enyl. Allgemein bezeich-<br />
net man diese Gruppen als Alkenyle. Die Doppelbindung wird<br />
so gesetzt, dass die Vierbindigkeit des C-Atoms gegeben ist.<br />
Im folgenden Parcours wird gezeigt, wie in wenigen Schritten aus dem<br />
Namen eines Alkens die Molekülstruktur erstellt wird:<br />
Ermittlung der Struktur von 4-Ethyl-2-hexen<br />
Alkene<br />
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Nomenklatur verzweigter Alkene<br />
Ermittlung der Struktur von 1,2,3-Cyclobutatrien<br />
Struktur von 3-Ethenyl-6-ethyl-2-octen<br />
Und nun von der Struktur zum Namen:
Eigenschaften der Alkene<br />
Aufgrund der Tatsache, dass Alkene aus den gleichen Atomen aufge-<br />
baut sind wie die Alkane, können all die besprochenen Eigenschaften<br />
direkt auch auf die Alkene übertragen werden.<br />
Alkene sind reine Kohlenwasserstoffe und somit unpolare<br />
Verbindungen. Sie verhalten sich hydrophob, also wasser-<br />
abweisend. Zwischen den Molekülen können demnach nur<br />
Van-der-Waals-Kräfte wirken, die mit der Kettenlänge stärker<br />
werden.<br />
Kurzkettige Alkene sind somit bei Raumtemperatur gasförmig, die mit-<br />
telkettigen flüssig und die langkettigen fest. Sie besitzen ebenfalls eine<br />
hohe Neigung, mit Sauerstoff zu reagieren, und sie verbrennen wie die<br />
Alkane zu Kohlenstoffdioxid und Wasser.<br />
Aber einen Unterschied gibt es und der ist von großer Bedeutung.<br />
Warum die Doppelbindung so bestimmend ist<br />
Die Doppelbindung bildet im Alken das Reaktivitätszentrum und wird<br />
daher auch als funktionelle Gruppe bezeichnet. Funktionelle Gruppen<br />
sind für die Eigenschaften und das Reaktionsverhalten von entscheiden-<br />
der Bedeutung. Und wie so oft sind die Elektronen der Doppelbindung<br />
für das typische Verhalten dieser Stoffklasse verantwortlich.<br />
Alkene<br />
Grundsätzlich gehen von jedem C-Atom vier Bindungselektronen weg.<br />
Im Fall einer C=C-Doppelbindung sind allerdings nur drei dieser Elekt-<br />
ronen von gleicher Natur (Sigmabindungen) und bilden drei Elektrone-<br />
norbitale, die in einer Ebene liegen und den größtmöglichen Abstand<br />
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cis-trans-Isomerie – kleiner Unterschied mit großer Wirkung<br />
besitzen. Die mit diesen Orbitalen überlappten Bindungspartner sind<br />
wie bei den Alkanen sehr intensiv überlappt und somit sehr stabil, also<br />
kaum zu brechen.<br />
Das vierte Elektronenorbital des Kohlenstoffs, das an der Doppelbin-<br />
dung beteiligt ist, nimmt die Form einer Hantel an und steht senkrecht<br />
zu der eben erwähnten Ebene der anderen drei Elektronen. Da jedes<br />
Elektron einen Partner besitzen möchte, überlappen sich die beiden<br />
senkrecht stehen Orbitale parallel zueinander. Diese Bindung ist sehr<br />
schwach und kann als eine Art Zweckbindung gesehen werden. Solan-<br />
ge kein besserer Partner zur Verfügung steht, bleiben die beiden Orbita-<br />
le überlappt. Da diese Bindung von ganz anderer Natur ist, sprechen wir<br />
auch von einer π-Bindung.<br />
Über die spezIelle Natur der C=C-Doppelbindung findet man noch mehr<br />
im Internet auf unserer Companion Website.<br />
cis-trans-Isomerie – kleiner Unterschied mit großer Wirkung<br />
Eine Besonderheit der Doppelbindung ist, dass die Drehbarkeit der C=C-<br />
Atome blockiert ist. Somit sind die Positionen der Bindungspartner an<br />
der C=C-Doppelbindung fixiert.<br />
Hierdurch ergibt sich die Ausbildung geometrischer Isomere wie zum<br />
Beispiel der sehr bedeutenden cis-trans-Isomere. Sie besitzen die glei-<br />
che Summenformel und die gleichen Bindungsverhältnisse, unterschei-<br />
den sich jedoch in der räumlichen Anordnung ihrer Atome. Obwohl der<br />
Unterschied im Molekülaufbau sehr gering ist, zeigen cis-trans-Isomere<br />
oft gravierende Unterschiede im Reaktionsverhalten. Dies geht sogar so<br />
weit, dass ein cis-Isomer für unseren Körper gesund sein kann, während<br />
die trans-Form gesundheitsschädlich ist, oder umgekehrt.
Von cis-trans-Isomeren spricht man immer dann, wenn an den Kohlen-<br />
stoffatomen der Doppelbindung jeweils ein H-Atom durch einen Sub-<br />
stituenten ersetzt wurde.<br />
Befinden sich die entsprechenden Substituenten auf dersel-<br />
ben Seite der C=C-Doppelbindung, spricht man von cis (von<br />
lat. cis, diesseits).<br />
Liegen die Substituenten auf der gegenüberliegenden Seite,<br />
erhält der Molekülname die Vorsilbe trans (von lat. trans, jen-<br />
seits).<br />
Gehen von der Doppelbindung allerdings vier unterschiedliche Substitu-<br />
enten weg, verwendet man nicht mehr die cis-trans-Bezeichnung, son-<br />
dern die E/Z-Nomenklatur.<br />
Details über die E/Z-Nomenklatur findet man auf unserer Website.<br />
cis-trans-Isomerie am Beispiel von 1,2-Dichlorethen<br />
cis-trans-Isomerie von<br />
Doppelbindungen in<br />
einer C-Kette!<br />
Alkene<br />
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3<br />
cis-trans-Isomerie – kleiner Unterschied mit großer Wirkung<br />
So ähnlich sich diese isomeren Verbindungen auch sind, umso unter-<br />
schiedlicher wirken sie auf unseren Organismus. Ein treffendes Beispiel<br />
hierfür sind die trans-Fette. Während viele trans-Fettsäuren gesund-<br />
heitlich sehr bedenklich sind, wirken cis-Fettsäuren positiv auf unseren<br />
Körper. Mehr dazu im Kapitel „Lipide“.<br />
cis-trans-Isomerie am Beispiel der Urocaninsäure<br />
Vor allem im Sommer spielt eine körpereigene Substanz namens<br />
Urocaninsäure eine wichtige Rolle, da sie uns vor schädlicher UV-<br />
Strahlung schützt.<br />
Trifft UV-Strahlung auf die trans-Urocaninsäure, absorbiert diese die<br />
hochenergetische Strahlung und wandelt sich in die cis-Urocanin-<br />
säure um. Etwas zeitversetzt gibt die cis-Form die aufgenommene<br />
Strahlungsenergie in Form unschädlicher Wärmeenergie ab und das<br />
Molekül kehrt in die energetisch stabilere trans-Form zurück. Dies<br />
scheint auch mit ein Grund dafür zu sein, dass wir uns nach einem<br />
Sonnenbad energiegeladen fühlen.<br />
Neueste Untersuchungen zeigten auch, dass die cis-Urocaninsäu-<br />
re aufgrund der besseren Wasserlöslichkeit in tiefere Hautschich-<br />
ten wandern kann und dort die Ausschüttung einer schmerzhaften<br />
Substanz hervorruft. Diese Schmerzsignale sollen den Körper vor<br />
weiterer UV-Belastung schützen.
Reaktionsverhalten<br />
Warum Alkene reaktionsfreudig sind<br />
In der gesamten organischen <strong>Chemie</strong> geht es stets um die Wechselwir-<br />
kung elektronenreicher Teilchen mit elektronenarmen Teilchen.<br />
In allen organischen Reaktionen werden elektronenreiche<br />
Teilchen stets von elektronenarmen Teilchen angezogen!<br />
Um organische Reaktionen also verstehen zu können, müssen wir elekt-<br />
ronenarme bzw. elektronenreiche Moleküle erkennen können.<br />
Im Vergleich zu den Alkanen sind Alkene viel reaktionsfreudigere Ver-<br />
bindungen. Der Grund hierfür liegt in der schon erwähnten besonderen<br />
Art der Doppelbindung, genauer gesagt der π-Bindung.<br />
Die Elektronen der π-Bindung bilden eine schwach überlappte, jedoch<br />
elektronenreiche Wolke. Aufgrund der besonderen räumlichen Aus-<br />
bildung (hantelförmig) ist diese Elektronenwolke sehr leicht zugäng-<br />
lich für elektronenarme Moleküle. Da elektronenarme Teilchen stets<br />
eine Vorliebe für Elektronenreiche haben, nennen wir sie wissenschaft-<br />
lich auch elektrophile Teilchen.<br />
Alkene<br />
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Wie Alkene eine Addition eingehen<br />
Hier nun eine Zusammenstellung elektronenarmer, also elektrophiler<br />
Teilchen:<br />
Positiv polarisierte Teilchen (z.B. H-CN)<br />
Das H-Atom ist aufgrund seiner geringeren Elektronegativität<br />
positiv polarisiert und wird zur negativen Elektronenwolke<br />
der Doppelbindung hingezogen. Ein Angriff auf die Doppel-<br />
bindung ist naheliegend.<br />
Positiv geladene Teilchen (z.B. H + -Ionen einer Säure)<br />
Radikale wie zum Beispiel Halogenradikale (Cl • )<br />
Radikale besitzen ein ungepaartes Elektron und haben die<br />
höchste Affinität zu einem zweiten Elektron. Damit sind sie<br />
auch die stärksten elektrophilen Teilchen.<br />
Wie Alkene eine Addition eingehen<br />
In der <strong>Chemie</strong> bedeutet eine Addition nicht gleich eine Rechenope-<br />
ration. Können elektrophile Teilchen mit den π-Elektronen der C=C-<br />
Doppelbindung wechselwirken, werden sie vom Kohlenstoff gebunden<br />
bzw. addiert und es bildet sich eine neue gesättigte Verbindung.<br />
Derartige Reaktionen nennt man allgemein Additionsreaktionen.
Aufgrund der hohen Reaktionsfreudigkeit der C=C-Doppelbindung ist<br />
bei einer Additionsreaktion keine zusätzliche Energie wie z.B. UV-Strah-<br />
lung mehr notwendig.<br />
Da es verschiedene Arten von Additionsreaktionen gibt, muss jene der<br />
Alkene noch genauer bezeichnet werden. Es handelt sich konkret um<br />
elektrophile Additionsreaktionen, da die Anlagerung stets mit ei-<br />
nem elektrophilen Teilchen beginnt. Hier nun einige Beispiele, die helfen<br />
sollen, den Ablauf von Additionsreaktionen zu verstehen.<br />
Für das Anschreiben gibt es zwei Möglichkeiten. In der allgemeinen<br />
Reaktionsgleichung gibt man an, welche Ausgangstoffe zu welchen<br />
Endprodukten reagieren.<br />
Will man den Umwandlungsprozess jedoch exakt und schrittweise be-<br />
schreiben, formuliert man einen Reaktionsmechanismus. Hat man<br />
den Mechanismus einmal verstanden, kann man sämtliche Additions-<br />
reaktionen vorhersagen. Egal, ob es sich um einfache Alkene oder um<br />
sehr komplex gebaute Biomoleküle handelt.<br />
Elektrophile Addition von Halogenwasserstoffen an Alkene<br />
Den genauen Reaktionsmechanismus dieser Reaktion findet man übri-<br />
gens wieder auf unserer Website.<br />
Elektrophile Addition von Halogenen an Alkene<br />
Wie aus der Formel von Chlor zu erkennen ist, liegt im ersten Mo-<br />
ment kein elektrophiles Teilchen vor. Die Reaktion läuft jedoch<br />
trotzdem ab, da die Bindung im Halogenmolekül sehr schwach ist<br />
und von der π-Elektronenwolke leicht aufgelöst wird.<br />
Alkene<br />
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Wie Alkene eine Addition eingehen<br />
Elektrophile Addition von Wasserstoff an Alkene<br />
Da Wasserstoff lateinisch Hydrogenium heißt, nennt man derartige<br />
Additionsreaktionen auch Hydrierung. Wie hier ebenfalls aus der<br />
Formel von H 2 zu sehen ist, liegt im ersten Moment kein elektro-<br />
philes Teilchen vor. Da H 2 eine sehr stabile Verbindung ist, muss<br />
man sich hier eines Katalysators bedienen, um den Wasserstoff zu<br />
aktivieren.<br />
Zur exakten Nachvollziehung der obigen Reaktionen steht ein Reakti-<br />
onsmechanismus auf unserer Website.<br />
Derartige Hydrierungen kommen auch bei der Herstellung von Marga-<br />
rine aus pflanzlichen Ölen zum Einsatz. Problematisch ist hier der in der<br />
Margarine zurückbleibende Katalysator Nickel. Obwohl es geringe Ni-<br />
ckelmengen sind, kann dies für Nickelallergiker ein Problem darstellen.<br />
Außerdem kommt es während der Hydrierung oft zu Umlagerungen<br />
von lebensnotwendigen cis-Fettsäuren in schädliche trans-Fettsäuren.<br />
Mehr dazu im Kapitel „Lipide“.<br />
Warum Additionsreaktionen unterschiedlich schnell ablaufen!<br />
Wie leicht bzw. wie schnell eine Additionsreaktion vonstattengeht,<br />
hängt nicht nur vom elektrophilen Teilchen ab, sondern auch davon,<br />
wie hoch die Ladungsdichte der Elektronenwolke in der Doppelbindung<br />
ist. Beeinflusst wird diese Elektronendichte durch die Substituenten, die<br />
an der Doppelbindung hängen. Aufgrund unterschiedlicher Elektrone-
gativität zu den C-Atomen der Doppelbindung können sie eine elektro-<br />
nenschiebende bzw. elektronenziehende Wirkung besitzen. In solchen<br />
Fällen spricht man von einem induktiven Effekt! Während elektronen-<br />
schiebende Gruppen, wie zum Beispiel eine Methylgruppe, die Reak-<br />
tionsgeschwindigkeit erhöhen, senken elektronenziehende Substituen-<br />
ten, wie die Halogene, die Reaktionsfreudigkeit.<br />
Wie die induktiven Effekte die Reaktionsgeschwindigkeiten genau be-<br />
einflussen, ist auf unserer Website nachzulesen.<br />
Bedeutung von Ethen in der Natur<br />
Was Ethen mit der Reifeprüfung zu tun hat<br />
Reift eine Samenanlage zu einer Frucht heran, werden Zellwände abge-<br />
baut und die Frucht wird weich. Auch der Chlorophyllgehalt der Zellen<br />
nimmt ab, wodurch die Frucht ihr grünes Aussehen verliert. All diese<br />
Vorgänge sind Reifeerscheinungen, die durch Ethen, ein von der Frucht<br />
selbst produziertes Gas, eingeleitet werden.<br />
Diese Kenntnisse werden im Obsthandel eingesetzt. Soll der Reifepro-<br />
zess von Früchten hinausgezögert werden, saugt man das Ethen durch<br />
Anlegen eines Unterdrucks einfach ab. Da man dabei den Abbau von<br />
grünem Chlorophyll verhindert, wird vor allem der sichtbare Reifepro-<br />
zess gestoppt. Im Inneren reifen Früchte ungehindert weiter. Dadurch<br />
kann es passieren, dass man grüne Bananen kauft, die zwei Tage später<br />
schon überreif schmecken.<br />
Alkene<br />
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Bedeutung von Ethen in der Natur<br />
Sollen unreif gepflückte Bananen sofort einen Abnehmer finden, begast<br />
man sie mit Ethen, um den Chlorophyllabbau voranzutreiben. Isst man<br />
eine auf diese Weise behandelte Banane, schmeckt man einen mehligen<br />
Klumpen. Kohlenhydrate, wie die Stärke, hatten noch keine Zeit, sich in<br />
süßen Fruchtzucker umzuwandeln. Pferdefuß dieser Behandlungen ist<br />
also, dass der Konsument keine Möglichkeit hat, den wahren Reifegrad<br />
der Banane zu erkennen. Bei Bioprodukten ist diese Prozedur übrigens<br />
nicht erlaubt.<br />
Alkene sind also wie die Alkane reine Kohlenwasserstoffe und<br />
weisen dadurch auch sehr ähnliche Eigenschaften auf. Durch die<br />
Anwesenheit einer oder mehrerer Doppelbindungen zeigen Al-<br />
kene jedoch ein viel höheres Reaktionsverhalten, da sich an die<br />
π-Elektronenwolke leicht elektrophile Teilchen addieren lassen.