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Aufbauschema des § 823 I BGB

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<strong>Aufbauschema</strong> <strong>des</strong> <strong>§</strong> <strong>823</strong> I <strong>BGB</strong><br />

A. Tatbestand<br />

I. Rechts(gut)verletzung<br />

1. in <strong>§</strong> <strong>823</strong> I <strong>BGB</strong> genannte Rechte: Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit,<br />

Eigentum<br />

2. „sonstige Rechte“ im Sinne <strong>des</strong> <strong>§</strong> <strong>823</strong> I <strong>BGB</strong> (= absolute Rechte)<br />

a) beschränkte dingliche Rechte, Anwartschaftsrecht auf Erwerb dinglicher<br />

Rechte, Besitz, nicht: relative Rechte (Forderungsrechte), das Vermögen<br />

als solches<br />

b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Fallgruppen:<br />

aa) Eindringen in die Privat- und Intimsphäre eines anderen<br />

bb) Preisgabe von Einzelheiten aus der Privat- und Intimsphäre eines<br />

anderen<br />

cc) Verwendung von Bildern, Photographien, Namen und dergl. zu<br />

Reklamezwecken, ohne dass der Abgebildete, Genannte, etc. seine<br />

Zustimmung gegeben hat<br />

dd) die Verletzung der persönlichen Ehre: str., da auch über <strong>§</strong><strong>§</strong> <strong>823</strong> II<br />

<strong>BGB</strong> i. V. m. <strong>§</strong><strong>§</strong> 185 ff. StGB und über <strong>§</strong> 826 <strong>BGB</strong> geschützt<br />

c) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb,<br />

Voraussetzungen der Verletzung:<br />

aa) Anwendbarkeit<br />

Subsidiarität: Da das Recht am eingerichteten und ausgeübten<br />

Gewerbebetrieb (sonstiges Recht i. S. v. <strong>§</strong> <strong>823</strong> I <strong>BGB</strong>) einen<br />

Auffangtatbestand darstellt, ist seine Anwendbarkeit nur dann<br />

gegeben, wenn keine Eigentumsverletzung (<strong>§</strong> <strong>823</strong> I <strong>BGB</strong>) vorliegt<br />

und wenn nicht <strong>§</strong><strong>§</strong> 824, 826 <strong>BGB</strong> oder Spezialgesetze eingreifen.<br />

Klausurtaktik: Die Anwendbarkeitsprüfung kann dann sehr knapp<br />

und elegant erfolgen, wenn man vorher die anderen in Betracht<br />

kommenden – nicht subsidiären – Vorschriften erörtert und ablehnt.<br />

bb) Beeinträchtigung<br />

(1) Gewerbebetrieb<br />

(2) Schutzgut: nicht nur Bestand <strong>des</strong> Betriebes, sondern auch der<br />

Betrieb in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu der<br />

1


gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis zu rechnen ist (z. B.<br />

Geschäftsverbindungen, Kundenkreis),<br />

(3) Beeinträchtigung: nur bei unmittelbarem, betriebsbezogenem<br />

Eingriff. Ein solcher ist gegeben, wenn sich der Eingriff<br />

spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die<br />

unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet (vgl. BGH NJW<br />

1985, 1620).<br />

II. Handlung<br />

ist je<strong>des</strong> menschliche Verhalten (Tun oder Unterlassen), sofern es vom Willen<br />

beherrschbar ist. Wo eine Bewusstseinskontrolle und <strong>des</strong>halb eine Willenslenkung<br />

nicht möglich ist (z. B. im Schlaf, im Zustand der Bewusstlosigkeit), scheidet eine<br />

Handlung aus.<br />

1. Positives Tun oder<br />

2. Unterlassen, wenn Garantenstellung vorhanden:<br />

a) Spezielle Pflicht<br />

aa) aus Gesetz, d. h. aus jeder Rechtsnorm, wobei die Norm den<br />

Adressaten gerade zur Abwendung <strong>des</strong> schädlichen Erfolges<br />

verpflichten muss<br />

bb) aus Vertrag, wobei nicht die Wirksamkeit <strong>des</strong> Vertrages, sondern die<br />

faktische Übernahme der Gewähr entscheidend ist<br />

cc) aus vorangegangenem gefährdenden Tun oder der<br />

Verantwortlichkeit für Gefahrenquellen<br />

dd) aus engen konkreten Lebensbeziehungen oder speziellen<br />

Treueverhältnissen<br />

b) Verkehrssicherungspflicht<br />

-- <strong>des</strong>sen, der im Verkehr eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält,<br />

oder der eine Sache beherrscht, die für Dritte gefährlich werden<br />

kann, oder der gefährliche Sachen dem allgemeinen Verkehr aussetzt<br />

oder in Verkehr bringt. Dabei geht es nicht darum, alle Handlungen<br />

zu unterlassen, die zu einer Rechtsgutverletzung führen können,<br />

vielmehr müssen entsprechende Sicherungsvorkehrungen getroffen<br />

werden, um die durch das Handeln entstehenden Gefahren<br />

auszuschalten.<br />

2


-- dem Anspruchsgegner gegenüber, denn grundsätzlich sind nur<br />

Personen geschützt, die befugtermaßen im Einverständnis <strong>des</strong><br />

Pflichtigen mit der Gefahrenquelle in Berührung kommen. In<br />

besonderen Fällen kann die Verkehrssicherungspflicht auch<br />

gegenüber Personen bestehen, die unbefugt mit der Gefahrenquelle<br />

in Berührung kommen, z. B. Kinder.<br />

-- das Zumutbare nicht getan<br />

III. Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem menschlichen Verhalten und der<br />

Rechts(gut)verletzung: haftungsbegründende Kausalität<br />

IV. Entstehung eines bestimmten Schadens<br />

V. Ursächlicher Zusammenhang zwischen der Rechts(gut)verletzung und dem<br />

bestimmten Schaden: haftungsausfüllende Kausalität<br />

B. Rechtswidrigkeit<br />

I. in den Fällen A I 1 und A I 2 a durch Verwirklichung <strong>des</strong> Tatbestan<strong>des</strong> indiziert,<br />

es sei denn es liegen Rechtfertigungsgründe vor, Beispiele:<br />

-- Notwehr, <strong>§</strong> 227 <strong>BGB</strong>; (defensiver) Notstand, <strong>§</strong> 228 <strong>BGB</strong>; Selbsthilfe, <strong>§</strong> 229<br />

<strong>BGB</strong>; (aggressiver) Notstand, <strong>§</strong> 904 <strong>BGB</strong>.<br />

-- Wahrnehmung berechtigter Interessen i. S. v. <strong>§</strong> 193 StGB<br />

II. bei Verletzung <strong>des</strong> allgemeinen Persönlichkeitsrechts:<br />

1. spezielle Vorschrift verletzt? (z. B. <strong>§</strong> 203 StGB)<br />

2. sonst umfassende Güter- und Interessenabwägung:<br />

a) auf Seiten <strong>des</strong> Verletzten:<br />

aa) in welche Sphäre seiner Persönlichkeit wurde eingegriffen? <br />

Individualsphäre, Privatsphäre, Intimsphäre<br />

bb) Schwere <strong>des</strong> Eingriffs<br />

cc) Verhalten <strong>des</strong> Verletzten, das dem Eingriff vorausging<br />

b) auf Seiten <strong>des</strong> Schädigers:<br />

aa) Motiv und Zweck <strong>des</strong> Eingriffs<br />

bb) den Eingreifenden begünstigende Grundrechte, z. B. Art. 5 GG<br />

cc) Art und Weise <strong>des</strong> Eingriffs<br />

dd) besondere Rechtfertigungsgründe, z. B. <strong>§</strong> 193 StGB<br />

3


III. bei Verletzung <strong>des</strong> Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb:<br />

Eine strenge Trennung von Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit <strong>des</strong><br />

Eingriffs ist wegen der nicht fest umrissenen Tatbestandsvoraussetzungen nicht<br />

möglich. Feststellung der rechtswidrigen Verletzung aufgrund einer umfassenden<br />

Güter- und Interessenabwägung.<br />

1. Kriterien auf Seiten <strong>des</strong> Verletzten: Schwere <strong>des</strong> Eingriffs, Verhalten <strong>des</strong><br />

Verletzten vorher;<br />

2. Kriterien auf Seiten <strong>des</strong> Schädigers: Motive und Zweck <strong>des</strong> Eingriffs,<br />

begünstigende Grundrechte (z. B. Art. 5 GG), Art und Weise <strong>des</strong> Eingriffs,<br />

Rechtfertigungsgründe (z. B. <strong>§</strong> 193 StGB).<br />

C. Verschulden<br />

subjektiver Tatbestand: Vorsatz oder Fahrlässigkeit, bezogen auf:<br />

I. das bestimmte menschliche Verhalten<br />

II. die Rechts(gut)verletzung<br />

III. den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem menschlichem Verhalten und der<br />

Rechts(gut)verletzung<br />

IV. strittig: die Widerrechtlichkeit der Verletzungshandlung<br />

D. Rechtsfolge: Schadensersatz<br />

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