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Verkehrssicherungspflicht – Winterdienst/Reinigung

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<strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> <strong>–</strong> <strong>Reinigung</strong><br />

1. Definition der <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong>:<br />

FABE<br />

Fachausschuss<br />

Bauliche Einrichtungen<br />

Nach geltender Rechtssprechung ist derjenige, der ein Grundstück oder ein<br />

Gebäude Dritten gegenüber zugänglich macht, verpflichtet dafür zu sorgen, dass<br />

diese Dritten keine Schäden durch vorhersehbare Gefahren erleiden. Diese<br />

sogenannte <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> gilt generell. Sie betrifft auch und in<br />

besonderem Maße öffentlich zugängliche Einrichtungen.<br />

Nicht erwartet wird in diesem Zusammenhang, dass Gefahrenquellen gegen alle<br />

auch nur entfernt denkbaren Schadensfälle abgesichert werden, es müssen aber alle<br />

notwendigen Vorkehrungen gegen voraussehbare Gefahren getroffen werden, die<br />

bei bestimmungs-gemäßer Benutzung eintreten können. Als Richtschnur können die<br />

Regelungen des § 823 BGB gelten in Verbindung mit § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB<br />

"Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt."<br />

Welche Sorgfalt erforderlich ist, bestimmen weitgehend die in diversen<br />

Spezialgesetzen, -Verordnungen und -Regeln festgelegten Handlungspflichten. Sind<br />

die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die jeweilige Örtlichkeit von<br />

entscheidender Bedeutung, wird durch Rechtsprechung entschieden.<br />

Die <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> ist die Pflicht zur Sicherung von Gefahrenquellen. Bei<br />

Nicht-beachtung dieser Pflicht kann es zu Schadensersatzansprüchen kommen.<br />

<strong>Verkehrssicherungspflicht</strong>en sind größtenteils gesetzlich nicht geregelt, sie sind von<br />

der Rechtsprechung entwickelt worden.<br />

<strong>Verkehrssicherungspflicht</strong>ig ist,<br />

• wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält<br />

• oder eine Sache beherrscht, die für Dritte gefährlich werden kann<br />

• oder wer gefährliche Sachen dem allgemeinen Verkehr aussetzt oder in<br />

Verkehr bringt.<br />

Es wird vom <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong>igen nicht erwartet, dass er die<br />

Gefahrenquelle gegen alle denkbaren Schadensfälle absichert, aber er muss alle<br />

Vorkehrungen gegen voraussehbare Gefahren treffen, die durch eine gewöhnliche<br />

bzw. bestimmungsgemäße Benutzung eintreten können.<br />

Bei Gewerbebetrieben wird der Inhalt der zu beachtenden<br />

<strong>Verkehrssicherungspflicht</strong>en durch die Unfallverhütungsvorschriften konkretisiert. Ein<br />

Verstoß gegen die Vorschriften indiziert immer ein Verschulden.<br />

Die <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> kann auch auf Dritte Personen übertragen werden.<br />

Dem ursprünglich <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong>igen obliegt dann aber eine<br />

Kontrollpflicht.


2. Rechtsprechung zur <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> im Handel<br />

FABE<br />

Fachausschuss<br />

Bauliche Einrichtungen<br />

2.1 Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. Oktober 1994, Az. 11 S<br />

4998/94,<br />

in Verbindung mit dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 27.<br />

April 1994, Az. 22 C 6628/93; rechtskräftig)<br />

Kurzfassung<br />

Der Inhaber eines Einzelhandelgeschäftes mit regem Besucherverkehr muss dafür<br />

Sorge tragen, dass der Fußboden des Geschäftes regelmäßig kontrolliert und<br />

gereinigt wird. Das gilt auch und gerade in einem Selbstbedienungsladen, wo es<br />

erfahrungsgemäß häufiger als sonst zu Verschmutzungen kommen kann.<br />

Unterbleiben, die notwendigen Überprüfungen, so macht sich der Ladeninhaber im<br />

Falle eines Unfalls schadensersatzpflichtig. Das entschied das Landgericht<br />

Nürnberg-Fürth in einem Zivilurteil.<br />

Im Verkaufsraum einer Lebensmittelkette war ein Kunde auf einem etwa 5 cm<br />

großen Fettfleck ausgerutscht und hatte sich dabei den Arm gebrochen. Der Fettfleck<br />

stammte vermutlich von einer Margarine-Packung, die ein anderer Kunde hatte fallen<br />

lassen. Die Verschmutzung war den Ladenangestellten nicht aufgefallen.<br />

Regelmäßige Kontrollen, bei denen man den Fleck hätte bemerken können, gab es<br />

im Laden nicht. Unter diesen Umständen müsse sich die Lebensmittelkette einen<br />

Verstoß gegen die <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> ankreiden lassen, befand das<br />

Landgericht Nürnberg-Fürth in zweiter und letzter Instanz. Es verurteilte daher das<br />

Unternehmen zu 3.562 DM Schadensersatz.<br />

<strong>Reinigung</strong>spraxis<br />

In dem Selbstbedienungsgeschäft waren ein Filialleiter und zwei Kassiererinnen<br />

angestellt. Spezielle <strong>Reinigung</strong>skräfte während der Öffnungszeiten beschäftigte das<br />

Unternehmen nicht. Der Fußboden wurde nur einmal am Tag gereinigt, und zwar<br />

jeweils abends nach Geschäftsschluss. Bemerkten die Angestellten während der<br />

Geschäftszeit, dass der Boden verschmutzt war, so reinigten sie ihn selbst.<br />

Regelmäßige und vor allem gezielte Kontrollen fanden aber nicht statt.<br />

Kontrollpflichten<br />

So konnte es geschehen, dass der Fettfleck im Kassenbereich zunächst unbemerkt<br />

blieb. Wie lange er schon dort war, ließ sich nachträglich nicht mehr feststellen.<br />

Zugunsten des Verletzten gingen die Richter davon aus, dass er jedenfalls nicht<br />

mehr ganz frisch war und bei einer regelmäßigen Kontrolle entdeckt worden wäre.<br />

Eine solche regelmäßige Fußboden-Kontrolle wäre nach Auffassung der Richter<br />

unbedingt erforderlich gewesen, auch und gerade in einem Selbstbedienungsladen.<br />

Wo sich Kunden selbst behelfen müssen, komme es aus Unachtsamkeit oder<br />

Ungeschicklichkeit immer wieder zu Bodenverunreinigungen, etwa durch<br />

heruntergefallene Salatblätter, Gemüsereste, ausgelaufene Flüssigkeiten usw.<br />

Um so wichtiger sei deshalb die regelmäßige Überprüfung des Fußbodens. Es<br />

genüge nicht, nur aus konkretem Anlass nachzuschauen. Vielmehr seien


FABE<br />

Fachausschuss<br />

Bauliche Einrichtungen<br />

routinemäßige Kontrollgänge in angemessenen Zeitabständen notwendig. Nur so<br />

lasse sich das hohe Verletzungsrisiko mindern, das bei einer Fußbodenverschmutzung<br />

und der daraus folgenden Rutschgefahr drohe. Dazu brauche das<br />

Unternehmen nicht eigens eine <strong>Reinigung</strong>skraft zu beschäftigen. Es reiche aus, dass<br />

die Überwachung vom Verkaufspersonal mitübernommen werde. Sei das<br />

vorhandene Personal aber wegen des Kundenandrangs zu regelmäßigen Kontrollen<br />

nicht in der Lage, dann müsse das Unternehmen bei Bedarf eben zusätzliches<br />

Personal oder spezielle <strong>Reinigung</strong>skräfte einstellen.<br />

Mitverschulden<br />

Auf der anderen Seite könne man auch vom Kunden erwarten, dass er auf seinen<br />

Weg achte und nicht blindlings darauf vertraue, dass schon nichts passieren werde.<br />

Im konkreten Fall hätte der Kunde bei einiger Aufmerksamkeit den Margarine-Fleck<br />

ebenfalls bemerken müssen, meinte das Gericht. Es kreidete ihm deshalb ein<br />

erhebliches Mitverschulden an.<br />

Haftungsquote<br />

Bei der Abwägung beider Verursachungsbeiträge bewertete das Gericht die<br />

Mitschuld der Lebensmittelkette doppelt so hoch wie die des Verletzten. Folgerichtig<br />

bekommt der Verletzte zwei Drittel seines Schadens ersetzt, das restliche Drittel<br />

muss er selber tragen.<br />

2.2 Oberlandesgericht Nürnberg/Urteil vom 26.07.2005, Az.: 3 U 806/05<br />

Für Läden des Zuschnitts eines Supermarktes sind Kontrollen der Verkehrssicherheit der<br />

Fußböden alle 15 bis 25 Minuten ausreichend. Eine 5 Minuten vor dem Sturz durchgeführte<br />

Sichtkontrolle wird diesen sich aus der <strong>Verkehrssicherungspflicht</strong> ergebenden<br />

Anforderungen gerecht.

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