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biber - Ausgabe JUNI 2013 - Magazin für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund

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SELMA VERFASSTE<br />

EINEN BERÜH-<br />

RENDEN BRIEF AN<br />

HEINRICHS ELTERN.<br />

BIS JETZT HAT SIE<br />

NOCH KEINE ANT-<br />

WORT BEKOMMEN.<br />

36 RAMBAZAMBA<br />

Liebe …,<br />

ich hätte nie geahnt, dass alles so kommen musste<br />

Ich schreibe euch meine Gedanken, weil es mir schwer fällt, euch alle zu vergessen, auch wenn<br />

wir uns nie wirklich oen kennengelernt haben.<br />

Heinrich <strong>und</strong> ich sehen uns seit ein paar Wochen nicht mehr, weil er es <strong>für</strong> richtig hält, dass<br />

wir jetzt schon an unsere Zukun denken <strong>und</strong> er will <strong>für</strong> seine Familie <strong>und</strong> sich das Richtige tun.<br />

Er hat gesagt, dass sich nichts daran geändert hat, dass er <strong>und</strong> ich uns lieben, aber <strong>für</strong> eine<br />

gemeinsame Zukun würde es Probleme geben, weil wir eben verschiedene Religionen haben.<br />

Durch Heinrich habe ich auch euch alle vor einem Jahr kennengelernt <strong>und</strong> fand von Anfang<br />

an, dass ihr eine großartige Familie seid. Ich habe nie etwas gef<strong>und</strong>en, was mir bei euch nicht<br />

gepasst hätte.<br />

Ich möchte euch hier auch gleich <strong>für</strong> eure nette Gastfre<strong>und</strong>scha <strong>und</strong> das gute Essen danken.<br />

Ich nde es auch toll, wie ihr, als Eltern, Heinrich erzogen habt, <strong>und</strong> dass euch die Kirche<br />

dabei das Wichtigste war <strong>und</strong> ist. Ich würde nie etwas an euch ändern wollen! Ich will nichts an<br />

Heinrich ändern <strong>und</strong> ich respektiere die Kirche ehrlichen Herzens.<br />

Ich habe einfach nur die ganze Zeit geglaubt, ich wäre auch ein Teil davon, <strong>und</strong> dass Heinrich<br />

auch glücklich da<strong>mit</strong> ist. Bis jetzt waren wir gleiche <strong>Menschen</strong>.<br />

Doch als er mir gesagt hat, was euer Wunsch ist, hat mich das tief getroen <strong>und</strong> verletzt.<br />

Vor allem habe ich Schwierigkeiten da<strong>mit</strong>, wirklich zu verstehen, dass der Glauben uns auseinander<br />

bringen soll, anstatt diese Liebe zu fördern. Diese Liebe ist ehrlich <strong>und</strong> hat uns beiden gut<br />

getan.<br />

Ich habe Heinrich zuerst als einen Fre<strong>und</strong> kennengelernt, <strong>mit</strong> dem ich sehr gut lachen <strong>und</strong><br />

st<strong>und</strong>enlang telefonieren kann. Längere Zeit später haben wir beide beschlossen, zusammen zu<br />

sein, als Paar, weil wir uns einfach verliebt haben <strong>und</strong> uns eigentlich bis heute lieben.<br />

Obwohl wir so unterschiedlich aussehen, freuen wir uns über viele gleiche Sachen <strong>und</strong> können<br />

sehr o gemeinsam lachen. Als <strong>Menschen</strong> sind wir auch alle gleich. Ist das wirklich so schwer zu<br />

begreifen?<br />

Ich wünschte nur, es könnte alles so wie bis jetzt sein, weil bis jetzt gab es fast nur Freude <strong>und</strong><br />

Liebe zwischen uns. Wie Kinder haben wir uns <strong>mit</strong> dem Herzen gesehen. Jetzt sollen wir plötzlich<br />

anders sein, obwohl uns das von alleine nie aufgefallen wäre…<br />

Überall auf der Welt, egal in welcher Religion, gibt es gute <strong>und</strong> schlechte Taten von <strong>Menschen</strong>.<br />

Als ich Heinrich Meinung erfahren habe, habe ich zu Gott gebetet, dass jemand kommen soll<br />

<strong>und</strong> mir erklärt, warum es keine Zukun zwischen mir <strong>und</strong> Heinrich geben kann? Am nächsten<br />

Tag habe ich zufällig in der Früh, in der Straßenbahn 67, Pfarrer Ron getroen. Pfarrer Ron hat<br />

der Situation oen entgegen geschaut <strong>und</strong> gesagt: „Es wird wohl Wege geben <strong>und</strong> dass wir immer<br />

nur kämpfen müssen, wenn wir uns wirklich lieben...»<br />

Ich habe nur gedacht, wenn schon Pfarrer Ron so positiv denkt, warum können wir das nicht<br />

alle?<br />

Es kann nicht falsch sein, was wir aneinander haben. Ich sehe meine Zukun immer in schönen<br />

Bildern, <strong>mit</strong> lieben <strong>Menschen</strong> <strong>und</strong> viel Freude. Wahre Freude <strong>und</strong> Gerechtigkeit.<br />

Ich will keinen Streit <strong>und</strong> ich will keinen Hass zwischen den <strong>Menschen</strong>. Ich will nur wissen,<br />

warum Heinrich <strong>und</strong> ich eigentlich nicht zusammenbleiben dürfen?<br />

Liebe Grüße

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