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biber - Ausgabe JUNI 2013 - Magazin für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund

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SELMA* UND HEINRICH* VERLIEBTEN SICH,<br />

WURDEN EIN PAAR. NACH EINEM JAHR KAM<br />

DAS PLÖTZLICHE AUS. HEINRICHS FAMILIE<br />

HATTE IHREM SOHN DAZU GERATEN, DIE<br />

BEZIEHUNG ZU BEENDEN. WARUM? SELMA<br />

IST MUSLIMIN, HEINRICH CHRIST.<br />

*(Namen von der Red. geändert)<br />

von Marie-Noel Ntwa <strong>und</strong> Amélie Chapelain (Fotos)<br />

ZWISCHEN SELMA UND HEINRICH hat es sofort<br />

mächtig geknistert. Durch gemeinsame Fre<strong>und</strong>e lernten<br />

sie sich kennen. Zuerst war es nur Smalltalk <strong>mit</strong> funkelnden<br />

Augen <strong>und</strong> Schmetterlingen im Bauch. Für<br />

beide war klar, nur Fre<strong>und</strong>e wollen sie nicht bleiben.<br />

Unzählige Flirts <strong>und</strong> lange Telefonate später ent ammte<br />

die Sehnsucht nach einem Kuss, einer zärtlichen Berührung.<br />

Dann kam das erste Date, ein zweites, ein drittes,<br />

bis es konkret wurde. Selma hätte sich in ihren kühnsten<br />

Träumen nicht vorstellen können, dass ihr Glaube ihrer<br />

großen Liebe einmal im Weg stehen würde. „Am Anfang<br />

spricht doch keiner über Religion. Man spricht über Interessen,<br />

Hobbys, Musik. Aber doch nicht, an welchen<br />

Gott man glaubt“, erzählt Selma.<br />

SELMA ODER JESUS?<br />

Selma sollte sich irren. Die Eltern von Heinrich sind<br />

streng katholisch. Die Erziehung ihres zukün igen Enkelkindes<br />

sahen sie eng in Verbindung <strong>mit</strong> dem Glauben,<br />

der dem Kind <strong>mit</strong>gegeben wird. Als sie erfuhren,<br />

dass Selmas Eltern bosnische Muslime sind, gab es <strong>für</strong><br />

sie nur eine logische Konsequenz – Liebesaus! Im Namen<br />

von Jesus. Selma bekam den Druck der Familie zu<br />

spüren. Heinrich war wütend, gereizt <strong>und</strong> hin- <strong>und</strong> hergerissen.<br />

Sollte er auf sein Herz hören, oder doch auf den<br />

Verstand? Allein die Tatsache, dass Heinrich überlegen<br />

musste, tat Selma weh. Ihre Eltern waren über den katholischen<br />

Schwiegersohn auch nicht gerade glücklich.<br />

Aber Selma war das egal – <strong>und</strong> genau diesen Willen, <strong>für</strong><br />

die Beziehung zu kämpfen, vermisste sie bei ihrem Herzblatt.<br />

Heinrich musste es sich gefallen lassen, er würde<br />

den Namen <strong>und</strong> die Tradition der Familie beschmutzen.<br />

Ein frommer Katholik, liiert <strong>mit</strong> einer Muslimin?<br />

Das geht gar nicht! Dabei kannten sich seine Eltern <strong>und</strong><br />

Selma. „Sie waren immer so nett <strong>und</strong> hö ich zu mir, als<br />

ich Heinrich ab <strong>und</strong> zu zu Hause besuchte. Ich hätte mir<br />

niemals gedacht, dass sie sich eines Tages gegen mich<br />

wenden.“<br />

Die anfängliche rosarote Brille, <strong>mit</strong> ihm nicht über<br />

die Religion zu sprechen, wobei die Familie streng katholisch<br />

ist, war ein Fehler. Davon ist die Bosnierin überzeugt.<br />

GLÜCKLICH GETAUFT<br />

Selma wollte keinesfalls konvertieren, nicht, weil sie eine<br />

praktizierende Gläubige ist, sondern aus Respekt vor<br />

ihren Eltern <strong>und</strong> der jüngsten Geschichte im Ex-Jugoslawien-Krieg.<br />

Ihre Familie ist aus Bosnien <strong>und</strong> trägt<br />

schlimme Erinnerungen <strong>mit</strong> sich, die genau durch die<br />

religiösen Kon ikte zu so viel Leid <strong>und</strong> Kriegsopfern<br />

in ihrer Heimat führten. „Dennoch war ich bereit, <strong>für</strong><br />

unsere Beziehung zu kämpfen, sie fühlte sich richtig an“,<br />

seufzt Selma. Vergebens! Es kam immer ö er zu Streit<br />

<strong>und</strong> Tränen. Vor allem das ema Kinder brachte Kon-<br />

iktpotenzial in die Beziehung. „Unsere Kinder können<br />

nur glücklich aufwachsen, wenn sie getau sind“, erklärte<br />

ihr Heinrich. Selma ist obendrauf nicht getau . „Bin<br />

ich deswegen ein schlechterer Mensch, oder weniger<br />

glücklich als andere?“, fragte sie ihren Fre<strong>und</strong> fassungslos.<br />

Die Antworten kamen in Form von abweisendem<br />

Benehmen. Heinrich war nicht mehr derselbe <strong>und</strong> lud<br />

sie zu einem letzten Date ein. Stille <strong>und</strong> verletzte Gefühle<br />

füllten den Raum. Selma war klar, das Ende ihrer Beziehung<br />

war gekommen. Mit einem letzten Kuss verabschiedete<br />

sich Heinrich von ihr <strong>und</strong> ging. Selma machte<br />

das auf ihre Art – <strong>mit</strong> einem Brief an seine Eltern! (siehe<br />

S. 36)<br />

RAMBAZAMBA<br />

35

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