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„Es ist an der Zeit“ - Viktor Orban hat viele Fre<strong>und</strong>e, trotz autoritärem Kurs. Kritisches Graffito in Budapest<br />
der Regierung geleitet. Auf diese Weise kontrollieren<br />
Orbán <strong>und</strong> Co. den gesamten Kulturbetrieb<br />
Ungarns.<br />
ZENSUR LIGHT<br />
Auch die Medien liegen seit 2011 in Fidesz‘<br />
Hand – dank der eigens gegründeten Medienbehörde<br />
NMHH. Ihre Aufgabe: Da<strong>für</strong> zu<br />
sorgen, dass sämtliche Medien des Landes<br />
ausgewogen über Politik <strong>und</strong> Parteien berichten.<br />
Die Behörde wird von einem fünöpgen<br />
Gremium geleitet, das ausschließlich von Fidesz<br />
ernannt wurde. Ob dessen Urteile wirklich<br />
neutral ausfallen, ist mehr als fraglich. Die<br />
Medienbehörde kann unter anderem empndliche<br />
Strafen bis zu 750.000 Euro gegen Medien<br />
aussprechen, die sich nicht an die Regeln<br />
halten. „Es gibt zwar auch weiterhin Medien,<br />
die sich dem widersetzen <strong>und</strong> unabhängig<br />
berichten“, sagt Dr. Vedran Džihić, Politikwissenschaler<br />
an der Universität Wien, „aber<br />
die stehen zunehmend unter politischem <strong>und</strong><br />
wirtschalichem Druck <strong>und</strong> können kaum<br />
überleben.“ Daher verzichten die meisten kleinen<br />
Sender, Verlage <strong>und</strong> Radiostationen lieber<br />
gleich ganz auf politische Berichterstattung.<br />
„Das führt zu einem zensurähnlichen Zustand,<br />
dem immer wieder der Anschein der Legiti<strong>mit</strong>ät<br />
gegeben wird“, so Džihić.<br />
„Ich habe das Gefühl, dass im Fernsehen<br />
vieles verschwiegen wird“, sagt Zsóa, Verkäuferin<br />
in einem Budapester Kleidungsgeschä.<br />
Und Klára, eine ehemalige Lehrerin, ist der<br />
Meinung, dass die Nachrichten im staatlichen<br />
Fernsehen Ähnlichkeiten <strong>mit</strong> Gute-Nacht-<br />
Geschichten haben. „Wir Ungarn sollen <strong>mit</strong><br />
einem guten Gefühl ins Bett gehen“, meint sie.<br />
16 POLITIKA & GESELLSCHAFT<br />
Das hat seine Gründe: Die öentlich-rechtlichen<br />
Radio- <strong>und</strong> Fernsehsender Ungarns sind<br />
gezwungen, die Nachrichten zu senden, die<br />
ihnen die staatliche Nachrichtenagentur MTI<br />
zur Verfügung stellt. So ist zumindest im Radio<br />
<strong>und</strong> TV nichts von Finanz- <strong>und</strong> sonstigen<br />
Krisen zu spüren.<br />
Trotzdem wird den ungarischen Fernsehzuschauern<br />
je nach politischer Ausrichtung<br />
das passende Programm geboten: Sind die öffentlich-rechtlichen<br />
Sender regierungsfre<strong>und</strong>lich,<br />
so haben die privaten eher eine kritische<br />
Färbung. „Seit ihrer Gründung im Jahr 1997<br />
sind die beiden größten privaten Fernsehsender<br />
Ungarns, RTL Klub <strong>und</strong> tv2, linksliberal<br />
eingestellt“, erklärt Dr. Zsolt Antal, Medienwissenschaler<br />
an der Katholischen Péter-Pázmány-Universität<br />
Budapest. Allerdings halten<br />
die privaten Sender den politischen Teil ihrer<br />
Nachrichten so kurz wie möglich. „Wie Medienanalysen<br />
zeigen, interessieren sich die Ungarn<br />
weit weniger <strong>für</strong> Politik als <strong>für</strong> Berichte<br />
über Kriminalität <strong>und</strong> Katastrophen", weiß<br />
Antal.<br />
Mediale Kritik an der ungarischen Regierung<br />
kommt vor allem von ausländischen<br />
Journalisten. Deren negative Äußerungen<br />
kommentiert Fidesz gerne als „ungarnfeindlich“<br />
<strong>und</strong> „linksgerichtet“. Als der deutsche<br />
Kinderkanal im März seine jungen Zuschauer<br />
über die Lage in Ungarn informierte, erklärte<br />
Viktor Orbán persönlich die deutschen Kinder<br />
zu „Opfern politischer Gehirnwäsche“. Selbst<br />
bei wiederholten Ermahnungen der EU, sich<br />
an die Verträge der Union zu halten, reagierte<br />
Orbán <strong>mit</strong> Beleidigungen <strong>und</strong> Hinhaltungen.<br />
Und er kann es sich leisten: Vor einem Aus-<br />
schluss aus der Europäischen Union <strong>für</strong>chtet<br />
er sich nicht, die kontinentale Staatengemeinscha<br />
entspricht <strong>ohne</strong>hin nicht seinen nationalistischen<br />
Plänen. Ganz nebenbei wird so,<br />
laut Džihić, „eines der Vorzeigeländer im Hinblick<br />
auf den Demokratisierungsprozess langsam<br />
zum Buhmann in Europa“.<br />
MACHT ERWEITERN, MACHT<br />
BEHALTEN<br />
Im nächsten Jahr wählt Ungarn wieder – <strong>und</strong><br />
Fidesz tut einiges, um auch danach noch die<br />
absolute Macht im Land zu haben. So wurde<br />
die Chen der schon erwähnten Medienbehörde<br />
gleich <strong>für</strong> neun Jahre vereidigt, also <strong>für</strong><br />
mehr als zwei präsidiale Legislaturperioden.<br />
Die Medien bleiben also noch eine Weile unter<br />
Fidesz‘ Kontrolle. Erstmal dürfen 2014 auch<br />
Ungarn an die Urne treten, die keinen festen<br />
Wohnsitz im Land haben. Das führt dazu, dass<br />
dann r<strong>und</strong> 2,5 Millionen Auslandsungarn,<br />
vor allem aus Rumänien, Serbien, der Slowakei<br />
<strong>und</strong> der Ukraine, das ungarische Parlament<br />
wählen dürfen. Für deren Kreuz an der<br />
richtigen Stelle sorgte Fidesz, als sie 2011 die<br />
Verleihung der doppelten Staatsbürgerscha<br />
erheblich vereinfachte. Da<strong>mit</strong> haben die Auslandsungarn<br />
fortan einen besseren Zugri auf<br />
das Ges<strong>und</strong>heitssystem <strong>und</strong> den Arbeitsmarkt<br />
im Inland – <strong>und</strong> sind schlagartig Fre<strong>und</strong>e von<br />
Fidesz.<br />
MEIN FREUND, DER NAZI<br />
Neben der rechtskonservativen Fidesz sitzt<br />
eine weitere nationalistische Partei im ungarischen<br />
Parlament: die rechtsextreme Jobbik.<br />
Deren Vorsitzender Gábor Vona forderte un-<br />
BALAZS MOHAI / EPA / picturedesk.com, JANOS MARJAI / EPA / picturedesk.com