Sebastian Kurtenbach
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Die Sockelbevölkerung einer urbanen Integrationsschleuse ist allerdings nicht losgelöst von den<br />
Zuwanderern zu betrachten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Sockelbevölkerung<br />
den Ankommenden erste Arbeits-‐ und Wohnmöglichkeiten vermittelt (vgl. Ceylan 2006, S. 86).<br />
Zudem finden sie dort Hilfe und Beratung durch informelle, ethnisch geprägte familiäre<br />
und/oder nachbarschaftliche Netzwerke. Solche Unterstützungsleistungen, die primär von der<br />
Sockelbevölkerung geleistet werden, können Arbeitsmöglichkeiten und Qualifizierungsangebote<br />
sein, aber z.B. auch Know-‐how-‐Transfer über beispielsweise das Schulsystem, von dem<br />
wiederum die Kinder der Zuwanderer profitieren können.<br />
Die Sockelbevölkerung fungiert als eine Art Brückenkopf in die alte und als Wegweiser in der<br />
neuen Heimat. Sie haben sich im Gebiet der urbanen Integrationsschleuse niedergelassen, halten<br />
Kontakt ins Migrationsquellgebiet und sind idealtypisch ökonomisch und sozial, aber nicht<br />
vollständig kulturell in ihrer neuen Heimat integriert. Letzteres ist die Voraussetzung dafür, als<br />
eine Art Mittler zwischen den Welten, den Ankommenden und der neuen Umwelt, aufzutreten.<br />
Durch dieses „Dazwischen“ gelingt es ihnen, Neuankömmlingen den Beginn in der neuen<br />
Umwelt zu organisieren. Die Sockelbevölkerung hilft dabei, dass diejenigen, die zuwandern, die<br />
Kompetenzen erhalten, die es ihnen ermöglichen, in der Aufnahmegesellschaft Fuß zu fassen.<br />
Denn idealtypisch ziehen Zuwanderer nach einer relativ kurzen Aufenthaltsdauer wieder aus<br />
dem Gebiet fort und erleben entweder einen sozialen Abstieg oder aber einen Aufstieg. Somit<br />
hat die urbane Integrationsschleuse ein zweites gewichtiges Merkmal neben der<br />
Brückenkopffunktion der Sockelbevölkerung: die Verteilerfunktion.<br />
1.6.3 Die Verteilerfunktion der urbanen Integrationsschleuse<br />
Zuwanderer verbleiben nicht allzu lange in der urbanen Integrationsschleuse, denn wie in der<br />
Literatur zur zone in transition der Chicagoer Schule beschrieben, sind die Wohnungen in relativ<br />
schlechtem Zustand (vgl. Strohmeier 1983, S. 99) und nicht allzu groß, mitunter auch<br />
überbelegt. Im Sinne der urbanen Integrationsschleuse verbleiben Migranten im<br />
Integrationsprozess, der ihnen einen gleichberechtigten Zugang zu gesellschaftlichen<br />
Ressourcen und Positionen verschafft, dort nicht sehr lange. Nach einigen Jahren ziehen die<br />
Migranten meist wieder fort, um in einem anderen Quartier hochwertigeren Wohnraum zu<br />
beziehen, den sie sich aufgrund der Qualifikations-‐ und Arbeitsmöglichkeiten, die sie im Quartier<br />
erfahren haben, nun bezahlen können. Wie lange die Aufenthaltsdauer in der urbanen<br />
Integrationsschleuse genau ist, hängt von spezifischen, kontextbezogenen Rahmenbedingungen<br />
ab und kann zwischen wenigen Monaten und mehreren Generationen liegen (vgl.<br />
Häußermann/Läpple/Siebel 2008, S. 325). Wer keinen sozialen Aufstieg erlebt etabliert sich im<br />
Milieu der verfestigten Armut und lebt zumeist in den urbanen Relegationszonen.<br />
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