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Sebastian Kurtenbach

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1.4.2 Sozialökologische Theorie der Stadt<br />

Die sozialökologische Theorie gehört zu den einflussreichsten und bekanntesten soziologischen<br />

Stadttheorien (vgl. Schnur 2008, S. 11) 11. Sie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts u.a. von den<br />

amerikanischen Soziologen Robert Ezra Park und Ernest Burgess begründet. Sie untersuchten<br />

Wachstums-­‐ und Segregationsprozesse am Beispiel der Stadt Chicago 12 . Ihre Methodik<br />

orientierte sich am Journalismus und war durch eigenes Begehen und Dokumentieren des<br />

Forschungsgebietes geprägt. Bekannt wurde dieses Vorgehen unter dem Schlagwort to see life.<br />

Im Kern bedient sich die Sozialökologie Analogien 13 aus der Natur (vgl. Häußermann/Siebel<br />

2004, S. 49f). Prozesse aus der Natur werden auf die städtische Umwelt übertragen. Dabei geht<br />

es um eine „Interdependenz zwischen Sozialem und Territorialem“. (Schnur 2008, S. 12) Das<br />

bedeutet, dass es Orte in der Stadt gibt, die spezifische Funktionen übernehmen (vgl. Schnur<br />

2008, S. 12), wie z.B. Wohnraum für eine spezifische Einwanderergruppe 14 . Solche<br />

Funktionsräume werden im Jargon der Sozialökologie als natural area bezeichnet (vgl. Park<br />

1974, S. 90). Sie sind Produkte eines Verteilungsprozesses und aus ökologischen Verhältnissen<br />

entstanden (vgl. Schnur 2008, S. 12). „Natural Areas sollten physisch abgrenzbar sein, eine nach<br />

sozialen, demografischen oder ethnischen Merkmalen relativ homogene Bevölkerung aufweisen,<br />

soziale Normen und Sanktionen besitzen und aggregierte Lebensstile oder Verhaltensweisen,<br />

die sich in der Summe von anderen Gebieten unterscheiden.“ (Schnur 2008, S. 13). Sie sind<br />

demnach hoch spezialisierte funktionale Räume. Damit bringen sie allerdings auch eigene<br />

Verhaltensweisen mit sich, die als Ausdruck der urbanen Kultur zu verstehen sind.<br />

Welche konkrete Form und welches Ausmaß die Spezialisierung innerhalb einer Stadt annimmt,<br />

hängt dabei vom gesamten innerstädtischen Beziehungsgefüge ab (vgl. McKenzie 1925, S. 77).<br />

Eine natural area ist somit nicht isoliert vom gesamtbiotopischen Zusammenhang. Vielmehr<br />

bildet die Verquickung mit anderen natural areas das sogenannte web of life (vgl. Park 1936,<br />

S. 1). Verbindungen im web of life werden nicht nur durch Kommunikation oder temporäre<br />

Mobilität, sondern auch durch Wanderungsbewegungen gehalten (vgl. Park 1936, S. 7ff). Durch<br />

die beschriebenen Mechanismen entstehen somit in ihrem sozialen Profil relativ klar<br />

voneinander abzugrenzende funktionale Zonen in der Stadt, die sich nach klaren Mustern<br />

11 Selbstverständlich gibt es neben der Sozialökologie noch zahlreiche weitere theoretische Ansätze. Einen guten<br />

Überblick bieten u.a. Saunders 1987, Friedrichs 1995, Schäfers 2010 oder auch eingeschränkt auf das europäische<br />

Stadtmodell Frey/Koch 2011.<br />

12 Deswegen ist auch die Bezeichnung „Chicago School“ für die sozialökologische Stadtsoziologie geläufig.<br />

13 Zur Kritik an der sozialökologischen Theorie siehe Abschnitt 1.4.6 der vorliegenden Arbeit.<br />

14 Die Sozialökologie ist im Hinblick auf wachsende Städte der frühen Industrialisierung entwickelt worden.<br />

19

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