Sebastian Kurtenbach
Sebastian Kurtenbach
Sebastian Kurtenbach
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Infrastruktur auf etc. Diese dinglichen Merkmale werden als Verstädterung (vgl.<br />
Häußermann/Siebel 2004, S. 19) bezeichnet. Zweitens charakterisieren Merkmale, wie sie<br />
Simmel beschrieben hat, also jene, die die spezifische Lebensart von Stadtbewohnern betreffen,<br />
den Begriff Urbanität. In Europa ging während der Industrialisierung die Verstädterung zeitlich<br />
einher mit der Urbanisierung, dies ist aber nicht zwingend der Fall (vgl. Häußermann/Siebel<br />
2004, S. 19). Die Stadtsoziologie betrachtet daher Phänomene städtischen Zusammenlebens<br />
unter Berücksichtigung der dinglichen Umwelt sowie auch der Veränderung in ihrer sozialen<br />
Struktur. In Teilbereichen der neueren stadtsoziologischen Literatur wird ebenfalls über den Ort<br />
des Städtischen gesprochen, also über raumsoziologische Aspekte der Stadt (vgl. u.a. Löw 2010;<br />
Löw/Steet/Stoetze 2007). Kern dieser Arbeiten ist es, Raum bzw. Stadt nicht mehr als Container<br />
zu begreifen, sondern als im weiteren Sinne als Anordnung von Räumen, die sozial und<br />
kommunikativ produziert und gegliedert werden (vgl. Friedrichs 2011, S. 35f.).<br />
Selbstverständlich ist, wie Friedrich schreibt, Raum wichtig für soziologische Untersuchungen,<br />
aber nicht „das entscheidende Merkmal des Städtischen“(Friedrichs 2011, S. 36). Das ist eher in<br />
der urbanen Opportunitätsstruktur zu sehen. Solche Opportunitätsstrukturen sind u.a. „Arbeit,<br />
Bevölkerung, Wohnen, Infrastruktur und Normen“. (Friedrichs 2011, S. 36) Die Verteilungen<br />
solcher Merkmale sind allerdings nur innerhalb eines klar abgrenzbaren Bereichs, also eines<br />
Containers, zu beobachten. Somit wird für die vorliegende Arbeit das Containerkonzept der<br />
Stadt akzeptiert. In diesem werden städtische Phänomene lokal verortet. Somit ergibt sich die<br />
Möglichkeit, Verteilungen und Prozesse im Raum zu beschreiben (vgl. Friedrichs 2011, S. 35) 4.<br />
Neben dem Containermodell ist zudem die Berücksichtigung der aktuellen Stadtentwicklung (in<br />
Deutschland) für die vorliegende Arbeit von grundlegender Bedeutung. Im Zuge der<br />
Industrialisierung sind die Städte gewachsen, und auch die Phase des Wiederaufbaus nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg hat an der industriellen Basis der Städte nichts geändert. Heute gibt es<br />
zunehmend weniger Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe in (deutschen) Städten. Diese<br />
Phase wird als postindustrielle Stadtentwicklung bezeichnet und wird im Folgenden näher<br />
erläutert.<br />
1.2 Die postindustrielle Stadt<br />
Während im 19. und in weiten Teilen des 20. Jahrhunderts Städte aufgrund der industriellen<br />
Entwicklung wuchsen, ist dieser Trend zu Beginn des 21. Jahrhunderts zum Erliegen gekommen<br />
(vgl. Siebel 2007, S. 5). Industrielle Arbeitsplätze haben die Städte verlassen, wenn sie überhaupt<br />
4Eine kurze Zusammenfassung der raumsoziologischen Überlegungen von Bourdieu, die in diesem Zusammenhang zu<br />
einem vertieften Verständnis beitragen können, findet sich in Teicke 2012, S. 16ff..<br />
11