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Das wettbewerbsrechtliche Dilemma bei hybriden Softwareprojekten

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Kommunikation<br />

&Recht<br />

Betriebs-Berater für<br />

Medien Telekommunikation Multimedia<br />

3<br />

K&R<br />

Editorial: Wegweisende Urteile des EGMR zum Presserecht<br />

Dr. Thomas Haug<br />

145 Reform des EU-Datenschutzrechts · Dr. Markus Lang<br />

151 Die Entwicklung des Datenschutzrechts im Jahr 2011<br />

Dr. Flemming Moos<br />

160 eBay & Recht – Rechtsprechungsübersicht zum Jahr 2011<br />

Dr. Uwe Schlömer und Jörg Dittrich<br />

169 <strong>Das</strong> <strong>wettbewerbsrechtliche</strong> <strong>Dilemma</strong> <strong>bei</strong> <strong>hybriden</strong> <strong>Softwareprojekten</strong><br />

Arndt Hengstler und Clemens Pfitzer<br />

174 Vom Profifußball als fragmentierter Öffentlichkeit<br />

Dr. iur. Thomas Feiler und Mirko Andreas Wieczorek<br />

177 Länderreport USA · Clemens Kochinke<br />

179 EGMR: Von Hannover II: Foto-Veröffentlichung verletzt keine<br />

Persönlichkeitsrechte Prominenter<br />

Übersetzung von Dr. Thomas Haug<br />

187 EGMR: Axel Springer AG: Untersagte Berichterstattung<br />

über Verhaftung bekannten Schauspielers verletzt Meinungsfreiheit<br />

Übersetzung von Dr. Thomas Haug<br />

204 BGH: Basler Haar-Kosmetik: Prüfpflicht des Admin-C<br />

<strong>bei</strong> Domaingrabbing-Verdacht<br />

mit Kommentar von Prof. Dr. Boris P. Paal<br />

212 BGH: Kfz-Angebot mit korrekten Angaben in falscher Suchrubrik<br />

nicht irreführend<br />

mit Kommentar von Dr. Stefan Maaßen<br />

226 BVerwG: Beurteilungsspielraum der Regulierungsbehörde<br />

<strong>bei</strong> Kostenorientierung für TAL-Zugang<br />

mit Kommentar von Dr. Christoph Werkmeister<br />

15. Jahrgang März 2012 Seiten 145 –232<br />

Deutscher Fachverlag GmbH · Frankfurt am Main<br />

kur_3_2012_titel.indd 1 23.02.12 08:08


K&R 3/2012 Hengstler/Pfitzer, Hybride Softwareprojekte 169<br />

wenn eBay nach den Umständen des Einzelfalls berechtigte<br />

Zweifel am Bestehen eines Schutzrechts, an der Befugnis<br />

zur Geltendmachung des Schutzrechts oder aber am<br />

Wahrheitsgehalt der mitgeteilten tatsächlichen Umstände<br />

haben darf und deshalb aufwendige eigene Recherchen<br />

anstellen müsste, um eine Rechtsverletzung hinreichend<br />

RA Arndt Hengstler und RA Clemens Pfitzer, Stuttgart *<br />

<strong>Das</strong> <strong>wettbewerbsrechtliche</strong> <strong>Dilemma</strong> <strong>bei</strong><br />

<strong>hybriden</strong> <strong>Softwareprojekten</strong><br />

Bei der Umsetzung von <strong>Softwareprojekten</strong> ist die Ar<strong>bei</strong>t<br />

mit Open Source Softwarse-Komponenten zwischenzeitlich<br />

weit verbreitet und etabliert, insbesondere der kombinierte<br />

Vertrieb von „proprietärer“ Software mit OSS-Komponenten.<br />

Dieser Beitrag soll im Folgenden die nach deutschem<br />

Wettbewerbsrecht problematische Einbeziehung<br />

von OSS-Lizenzbestimmungen in Projekte im B2B-Bereich<br />

aufzeigen und Mçglichkeiten aufzeigen, diesen Risiken aus<br />

Sicht des IT-Unternehmens bereits im Stadium der Vertragsgestaltung<br />

vorzubeugen. Hier<strong>bei</strong> wird als Beispiel der<br />

Umgang mit grundsätzlich kostenlos zur Verfügung stehender<br />

OSS aufgegriffen, die von IT-Unternehmen im<br />

Rahmen von <strong>Softwareprojekten</strong> kostenfrei an Kunden weitergegeben<br />

wird und deren Lizenzbestimmungen nicht dem<br />

deutschen Rechtsraum entstammen, was für die meisten<br />

OSS-Lizenzen zutreffen dürfte. 1<br />

I. Ausgangssituation<br />

Bei der Durchführung von <strong>Softwareprojekten</strong> unter Miteinbeziehung<br />

von Open Source Software (OSS), die neben<br />

der vom umsetzenden IT-Unternehmen eigens entwickelten<br />

Software an Kunden – wo<strong>bei</strong> es sich um Verbraucher<br />

oder Unternehmer handeln kann – mitgeliefert wird, sind<br />

bezüglich der Überlassung der OSS-Komponenten grundsätzlich<br />

drei Vertragsverhältnisse zu differenzieren: Der<br />

Vertrag zwischen dem Urheber (bzw. primär lizenzgebenden<br />

Anbieter) der OSS und dem IT-Unternehmen, zwischen<br />

dem IT-Unternehmen und dessen Kunden und dem<br />

Kunden wiederum mit dem Urheber. 2 Um gegenüber dem<br />

Urheber zur Weiterlizenzierung von OSS berechtigt zu<br />

sein, sind IT-Unternehmen häufig verpflichtet, wiederum<br />

ihre Kunden auf die Einhaltung von OSS-Lizenzbestimmungen<br />

zu verpflichten. Die Rechtmäßigkeit von OSS-<br />

Lizenzbestimmungen ist jedoch zumindest aus der Sicht<br />

des deutschen Rechts fraglich.<br />

II. OSS-Lizenzbestimmungen als AGB<br />

Nach wohl allgemeiner Ansicht sind OSS-Lizenzbestimmungen<br />

AGB i. S. d. § 305 BGB. 3 In Englisch abgefasste<br />

Lizenzbestimmungen kçnnten <strong>bei</strong> einem ansonsten in<br />

Deutsch abgefassten Projektvertrag einer wirksamen Einbeziehung<br />

entgegenstehen, da es an der zumutbaren<br />

Kenntnisnahme fehlen kçnnte. 4 Es ist allerdings zwischenzeitlich<br />

anerkannt, dass wenn sich die Parteien bezüglich<br />

sicher feststellen zu kçnnen. Bestehen derart berechtigte<br />

Zweifel, sei eBay grundsätzlich gehalten, dem Hinweisenden<br />

diese Zweifel mitzuteilen und nach den Umständen<br />

angemessene Belege für die behauptete Rechtsverletzung<br />

und die Befugnis des Hinweisenden zu ihrer Verfolgung zu<br />

verlangen.<br />

einzelner Teile der AGB einer ausländischen Vertragssprache<br />

bedienen, auch diese AGB wirksam einbezogen<br />

werden kçnnen. 5 Dies gilt umso mehr im unternehmerischen<br />

Geschäftsverkehr, da sich die Gegenmeinung vor<br />

allem an verbraucherschutzorientierten Gesichtspunkten<br />

festmacht, die im Bereich B2B nicht entscheidungserheblich<br />

sind. Die Wirksamkeit der Einbeziehung von englischsprachigen<br />

Lizenzbestimmungen stçßt auch deshalb auf<br />

keine Bedenken, da kein „Kontrahierungszwang“ besteht. 6<br />

III. Einzelne OSS-Lizenzen<br />

Nahezu alle OSS-Lizenzen haben ihren Ursprung in anderen<br />

Rechtsordnungen, vornehmlich den USA. Solche OSS-<br />

Lizenzverträge enthalten üblicherweise sehr weitreichende<br />

Gewährleistungs- und Haftungsausschlüsse, für die der<br />

deutsche Gesetzgeber strenge Schranken setzt. 7 Insbesondere<br />

scheitern vollumfängliche Gewährleistungs- und Haftungsausschlussklauseln<br />

<strong>bei</strong> der Beurteilung nach deutschem<br />

AGB-Recht. 8 Hier zeigt sich die Unvereinbarkeit<br />

mit deutschem Recht <strong>bei</strong>spielsweise darin, dass solche<br />

gängigen Gewährleistungs- und Haftungsausschlussklauseln<br />

die Haftung für Vorsatz im Vorhinein ausschließen,<br />

was gegen § 276 Abs. 3 BGB verstçßt. Ein solcher Ausschluss<br />

ist insofern im B2C Bereich gemäß § 309 Nr. 7 a)<br />

und b) BGB unzulässig. Ein solcher Ausschluss ist i. d. R.<br />

daneben auch wegen Verstoßes gegen den Gerechtigkeits-<br />

* RA und FA für IT-Recht Arndt Hengstler ist Syndikusanwalt <strong>bei</strong> der dmc<br />

digital media center GmbH in Stuttgart, RA und FA für gewerblichen<br />

Rechtsschutz Clemens Pfitzer ist Partner der Kanzlei Kurz Pfitzer Wolf<br />

Rechtsanwälte in Stuttgart. Mehr über die Autoren erfahren Sie auf S. VIII.<br />

1 So auch Thalhofer, CRi 2008, 129, 130.<br />

2 Jaeger/Metzger, Open Source Software, 3. Aufl. 2011, Rn. 249 f.<br />

3 LG München I, 19. 5. 2004 – 21 O 6123/04, MMR 2004, 693; Deike CR<br />

2003, 9, 13; Koch CR 2000, 333, 339; Plaß, GRUR 2002, 670, 678; LG<br />

Frankfurt a. M., 6. 9. 2006 – 2-06 O 224/06; LG München I, 19. 5. 2004 –<br />

21 O 6123/04, K&R 2004, 451; Paul, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht,<br />

26. EL 2010, Teil 7.4 Rn. 114.<br />

4 Plaß, GRUR 2002, 670, 678; Spindler, in: Spindler, Rechtsfragen <strong>bei</strong><br />

Open Source, 2004, S. 67 f.; a. A. Sester, CR 2000, 767, 804; Schulz,<br />

Dezentrale Softwareentwicklungs- und Softwarevermarktungskonzepte,<br />

2005, S. 200 ff.<br />

5 BGH, 10. 3. 1983 – VII ZR 302/82, NJW 1983, 1489; Jaeger/Metzer<br />

(Fn. 2), Rn. 181 m. w. N.<br />

6 Dieser Gedanke kommt z. B. in Ziffer 5 GPL zum Ausdruck: „[...] You are<br />

not required to accept this licence, ...[...]“.<br />

7 Grüneberg, in: Palandt, 70. Aufl. 2011, § 276 BGB Rn. 35.<br />

8 Metzger, in: Die GPL kommentiert und erklärt, 2005, S. 138; Martens,<br />

KommJur 2007 94, 97; für die GNU General Public License Version 3,<br />

Funk/Zeifang, CR 2007, 617, 624; Deike, CR 2003, 9, 14; Spindler, in:<br />

Spindler (Fn. 4), S. 165 ff.; Thalhofer, CRi 2008, 129, 131.


170 Hengstler/Pfitzer, Hybride Softwareprojekte 3/2012 K&R<br />

gehalt des dispositiven Rechts nach § 307 Abs. 2 Nr. 1<br />

BGB unzulässig, was über § 310 Abs. 1 S. 2 BGB auch<br />

für den B2B-Bereich gilt. 9 Als weiteres Beispiel für die<br />

Bedenklichkeit eines umfassenden Gewährleistungs- und<br />

Haftungsausschlusses ist der Verstoß gegen § 14 Prod-<br />

HaftG. Die vorherrschende Literaturmeinung subsumiert<br />

Software 10 unter den Produkthaftungsbegriff des Prod-<br />

HaftG, 11 womit das ProdHaftG unmittelbar oder zumindest<br />

entsprechend anwendbar ist. 12 Eine gegen § 14 Prod-<br />

HaftG verstoßende Klausel ist jedoch nichtig.<br />

Nach deutschem Recht unwirksame Klauseln finden sich<br />

in vielen namhaften OSS-Lizenzbestimmungen. Hierzu<br />

zählen u. a.:<br />

1. Apache License Version 2.0<br />

Ziff. 7 enthält einen weitgehenden Gewährleistungsausschluss:<br />

„Unless required by applicable law or agreed to<br />

in writing, Licensor provides the Work (and each Contributor<br />

provides its Contributions) on an ‚as is’ basis, without<br />

warranties or conditions of any kind, either express or<br />

implied, including, without limitation, any warranties or<br />

conditions of title, non-infringement, merchantability, or<br />

fitness for a particular purpose. You are solely responsible<br />

for determining the appropriateness of using or redistributing<br />

the Work and assume any risks associated with Your<br />

exercise of permissions under this License.“ 13<br />

Der Ausschluss dieser Klausel <strong>bei</strong>nhaltet einen umfassenden<br />

Gewährleistungsausschluss, in dem jegliche Gewährleistung<br />

für Mängel ausgeschlossen wird. Dieser vollständige<br />

Gewährleistungsausschluss verstçßt gegen § 309<br />

Nr. 8 b) aa) BGB, der auch im unternehmerischen Verkehr<br />

Anwendung findet. 14 Eine solche Klausel ist auch im<br />

unternehmerischen Verkehr nicht mit den wesentlichen<br />

Grundgedanken des Gewährleistungsrechts vereinbar und<br />

daher jedenfalls nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.<br />

15 Der Hinweis „Unless required by applicable law“<br />

(soweit gesetzlich zulässig) ist ein Verstoß gegen das<br />

Verbot der geltungserhaltenden Reduktion und ändert<br />

nichts an der Unwirksamkeit der Klausel. 16<br />

Ziff. 8 enthält ebenfalls einen weitgehenden Haftungsausschluss:<br />

„In no event and under no legal theory, whether in<br />

tort (including negligence), contract, or otherwise, unless<br />

required by applicable law (such as deliberate and grossly<br />

negligent acts) or agreed to in writing, shall any Contributor<br />

be liable to You for damages, including any direct,<br />

indirect, special, incidental, or consequential damages of<br />

any character arising as a result of this License or out of the<br />

use or inability to use the Work (including but not limited<br />

to damages for loss of goodwill, work stoppage, computer<br />

failure or malfunction, or any and all other commercial<br />

damages or losses), even if such Contributor has been<br />

advised of the possibility of such damages.“<br />

Diese Klausel <strong>bei</strong>nhaltet einen Haftungsausschluss für<br />

jeglichen Schaden außer soweit gesetzlich eine Haftung<br />

vorgeschrieben ist für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.<br />

§ 309 Nr. 7 BGB <strong>bei</strong>nhaltet Verbote für solch umfassende<br />

Haftungsausschlüsse. Diese Wertungen finden auch auf<br />

den Verkehr zwischen Unternehmern nach §§ 307 Abs. 2<br />

Nr. 1, 310 Abs. 1 BGB grundsätzlich Anwendung. 17 Zwar<br />

ermçglicht Ziff. 9, individuell eine rechtskonforme Ausgestaltung<br />

der Gewährleistungs- und Haftungssituation zu<br />

vereinbaren, was jedoch nichts an der Verwendung unzulässiger<br />

AGB-Klauseln in Ziff. 7 und 8 ändert, da diese<br />

weiter Bestandteil der AGB bleiben und diese somit jedenfalls<br />

intransparent nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind.<br />

2. GNU General Public License (GPL) Version 3.0/<br />

Lesser General Public License (LGPL) Version 3.0<br />

Ziff. 15 der GPL18 enthält einen weitgehenden Gewährleistungsausschluss:<br />

„There is no warranty for the program,<br />

to the extent permitted by applicable law. Except<br />

when otherwise stated in writing the copyright holders<br />

and/or other parties provide the program ‚as is’ without<br />

warranty of any kind, either expressed or implied, including,<br />

but not limited to, the implied warranties of merchantability<br />

and fitness for a particular purpose. The entire<br />

risk as to the quality and performance of the program is<br />

with you. should the program prove defective, you assume<br />

the cost of all necessary servicing, repair or correction.“<br />

Auch diese Klausel schließt jegliche Gewährleistung aus,<br />

soweit gesetzlich zulässig. Auch dieser Gewährleistungsausschluss<br />

verstçßt wie bereits erläutert gegen §§ 309<br />

Nr. 8 b aa), 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.<br />

Ziff. 16 der GPL enthält einen vollständigen Haftungsausschluss:<br />

„In no event unless required by applicable law or<br />

agreed to in writing will any copyright holder, or any other<br />

party who modifies and/or conveys the program as permitted<br />

above, be liable to you for damages, including any<br />

general, special, incidental or consequential damages arising<br />

out of the use or inability to use the program (including<br />

but not limited to loss of data or data <strong>bei</strong>ng rendered<br />

inaccurate or losses sustained by you or third parties or a<br />

failure of the program to operate with any other programs),<br />

even if such holder or other party has been advised of the<br />

possibility of such damages.“<br />

Diese Klausel schließt jegliche Haftung des Verwenders<br />

aus. Damit verstçßt auch dieser Haftungsausschluss gegen<br />

zwingendes deutsches Recht nach §§ 309 Nr. 7, 307 Abs. 2<br />

Nr. 1 BGB.<br />

Die LGPL19 verweist in deren Einleitung auf die Geltung<br />

der GPL: 20 „This version of the GNU Lesser General<br />

Public License incorporates the terms and conditions of<br />

version 3 of the GNU General Public License, supplemented<br />

by the additional permissions listed below.“<br />

Soweit Ziff. 7 a) der GPL die Gestaltung abweichender<br />

Regelungen zulässt, hilft dies nicht über die AGB-rechtliche<br />

Unwirksamkeit hinweg, da sich diese Öffnungsklausel<br />

auf Regelungen zu neuen Programmteilen beschränkt.<br />

21 Die in Ziff. 17 der GPL enthaltene Interpretationsregelung<br />

stellt eine nach deutschem Recht unzulässige<br />

Regelung zur geltungserhaltenden Reduktion dar. 22<br />

9 Lçwisch, in: Staudinger, BGB, 2004, § 276 Rn. 119; BGH, 19. 9. 2007 –<br />

VIII ZR 141/06, NJW 07, 3774; Grüneberg, in Palandt (Fn. 7), § 309<br />

Rn. 48.<br />

10 Unterstellt, der Programmierer stellte die OSS mit wirtschaftlichem<br />

Zweck und im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit her bzw. vertrieb sie<br />

in diesem Rahmen.<br />

11 Marly, Softwareüberlassungsverträge, 4. Aufl. 2004, S. 571 ff. m. w. N.<br />

12 Graf v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, Band 2, 2. Aufl. 1999,<br />

§ 73 Rn. 40.<br />

13 http://www.apache.org/licenses/LICENSE-2.0.html.<br />

14 BGH, 26. 6. 1991 – VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630; Grüneberg, in:<br />

Palandt (Fn. 7), § 309 Rn. 60.<br />

15 Jaeger/Metzer (Fn. 2), Rn. 220 m. w. N.<br />

16 von dem Bussche/Schelinski, in Leupold/Glossner: Münchener Anwaltshandbuch<br />

IT-Recht, 2. Aufl. 2011, Teil 1 Rn. 241.<br />

17 von dem Bussche/Schelinski, in Leupold/Glossner (Fn. 16), Teil 1 Rn. 242.<br />

18 http://www.gnu.org/licenses/gpl-3.0.html.<br />

19 http://www.gnu.org/licenses/lgpl.html.<br />

20 http://www.gnu.org/licenses/gpl-3.0.html.<br />

21 Jaeger/Metzger, GRUR 2008, 130, 136.<br />

22 Vgl. u. a. BGH, 11. 11. 1992 – VIII ZR 238/91; 3. 11. 1999 –<br />

VIII ZR 269/98; 17. 2. 2010 – VIII ZR 67/09.


K&R 3/2012 Hengstler/Pfitzer, Hybride Softwareprojekte 171<br />

3. Mozilla Public License (MPL) Version 1.1<br />

Ziff. 7 der MPL23 enthält ebenfalls einen vollständigen<br />

Gewährleistungsausschluss: „Covered code is provided<br />

under this license on an ‚as is’ basis, without warranty of<br />

any kind, either expressed or implied, including, without<br />

limitation, warranties that the covered code is free of<br />

defects, merchantable, fit for a particular purpose or noninfringing.<br />

The entire risk as to the quality and performance<br />

of the covered code is with you. Should any covered<br />

code prove defective in any respect, you (not the initial<br />

developer or any other contributor) assume the cost of any<br />

necessary servicing, repair or correction. This disclaimer<br />

of warranty constitutes an essential part of this license. No<br />

use of any covered code is authorized hereunder except<br />

under this disclaimer.“<br />

Auch dieser vollständige Gewährleistungsausschluss verstçßt<br />

gegen zwingendes deutsches Recht nach §§ 309<br />

Nr. 7, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.Ziff. 9 der MPL enthält einen<br />

weitgehenden Haftungsausschluss: „Under no circumstances<br />

and under no legal theory, whether tort (including<br />

negligence), contract, or otherwise, shall you, the initial<br />

developer, any other contributor, or any distributor of<br />

covered code, or any supplier of any of such parties, be<br />

liable to any person for any indirect, special, incidental, or<br />

consequential damages of any character including, without<br />

limitation, damages for loss of goodwill, work stoppage,<br />

computer failure or malfunction, or any and all other<br />

commercial damages or losses, even if such party shall<br />

have been informed of the possibility of such damages.<br />

This limitation of liability shall not apply to liability for<br />

death or personal injury resulting from such party’s negligence<br />

to the extent applicable law prohibits such limitation.<br />

Some jurisdictions do not allow the exclusion or limitation<br />

of incidental or consequential damages, so this<br />

exclusion and limitation may not apply to you.“<br />

Auch hier wird die Haftung weitgehend ausgeschlossen.<br />

So wird z. B. eine Haftung für Personenschäden soweit<br />

gesetzlich zulässig ausgeschlossen.<br />

Auch dieser Haftungsausschluss ist als Verstoß gegen<br />

§§ 309 Nr. 7, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig.<br />

Die Rechtswahlklausel in Ziff. 11 der MPL, die eine Anwendbarkeit<br />

kalifornischen Rechts vorsieht, dürfte in den<br />

meisten Fällen als überraschende Klausel nach § 305 c<br />

BGB nichtig sein. 24<br />

4. Common Public License (CPL) Version 1.0/Eclipse<br />

Public License (EPL) Version 1.0<br />

Ziffern 5 der CPL25 und EPL26 enthalten ebenfalls einen<br />

vollständigen Gewährleistungsausschluss: „Except as expressly<br />

set forth in this agreement, the program is provided<br />

on an ‚as is’ basis, without warranties or conditions of any<br />

kind, either express or implied including, without limitation,<br />

any warranties or conditions of title, non-infringement,<br />

merchantability or fitness for a particular purpose. Each<br />

recipient is solely responsible for determining the appropriateness<br />

of using and distributing the program and assumes<br />

all risks associated with its exercise of rights under this<br />

agreement, including but not limited to the risks and costs<br />

of program errors, compliance with applicable laws, damage<br />

to or loss of data, programs or equipment, and<br />

unavailability or interruption of operations.“<br />

Auch hier handelt es sich um einen vollständigen Gewährleistungsausschluss,<br />

der wie bereits ausgeführt gegen<br />

§§ 309 Nr. 7, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstçßt.<br />

Ziff. 6 der CPL und EPL enthalten einen vollständigen<br />

Haftungsausschluss: „Except as expressly set forth in this<br />

agreement, neither recipient nor any contributors shall<br />

have any liability for any direct, indirect, incidental, special,<br />

exemplary, or consequential damages (including without<br />

limitation lost profits), however caused and on any<br />

theory of liability, whether in contract, strict liability, or<br />

tort (including negligence or otherwise) arising in any way<br />

out of the use or distribution of the program or the exercise<br />

of any rights granted hereunder, even if advised of the<br />

possibility of such damages“<br />

Auch dieser umfassende Haftungsausschluss, der jegliche<br />

Haftung ausschließen soll, ist als Verstoß gegen §§ 309<br />

Nr. 7, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig.<br />

Die Rechtswahlklausel in Ziff. 7 Abs. 5 der CPL und EPL,<br />

die eine Anwendbarkeit des Rechts des Bundestaates New<br />

York vorsieht, dürfte in den meisten Fällen als überraschende<br />

Klausel nach § 305 c BGB nichtig sein. 27<br />

5. Common Development and Distribution License<br />

(CDDL) Version 1.0<br />

Auch Ziff. 5 der CDDL28 enthält einen vollständigen Gewährleistungsausschluss:<br />

„Covered software is provided<br />

under this license on an ‚as is’ basis, without warranty of<br />

any kind, either expressed or implied, including, without<br />

limitation, warranties that the covered software is free of<br />

defects, merchantable, fit for a particular purpose or noninfringing.<br />

The entire risk as to the quality and performance<br />

of the covered software is with you. Should any<br />

covered software prove defective in any respect, you (not<br />

the initial developer or any other contributor) assume the<br />

cost of any necessary servicing, repair or correction. This<br />

disclaimer of warranty constitutes an essential part of this<br />

license. No use of any covered software is authorized<br />

hereunder except under this disclaimer.“<br />

Auch diese Klausel <strong>bei</strong>nhaltet einen vollständigen Gewährleistungsausschluss<br />

ähnlich dem der MPL.<br />

Ziff. 7 der CDDL enthält ebenfalls einen weitgehenden<br />

Haftungsausschluss: „Under no circumstances and under<br />

no legal theory, whether tort (including negligence), contract,<br />

or otherwise, shall you, the initial developer, any<br />

other contributor, or any distributor of covered software, or<br />

any supplier of any of such parties, be liable to any person<br />

for any indirect, special, incidental, or consequential damages<br />

of any character including, without limitation, damages<br />

for lost profits, loss of goodwill, work stoppage,<br />

computer failure or malfunction, or any and all other<br />

commercial damages or losses, even if such party shall<br />

have been informed of the possibility of such damages.<br />

This limitation of liability shall not apply to liability for<br />

death or personal injury resulting from such party’s negligence<br />

to the extent applicable law prohibits such limitation.<br />

Some jurisdictions do not allow the exclusion or limitation<br />

of incidental or consequential damages, so this<br />

exclusion and limitation may not apply to you.“<br />

Dieser weitgehende Haftungsausschluss entspricht weitgehend<br />

dem der MPL. Auch diese Klauseln der CDDL<br />

verstoßen gegen §§ 309 Nr. 7, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, bzw.<br />

§§ 309 Nr. 7, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.<br />

23 http://www.mozilla.org/MPL/1.1/.<br />

24 Grüneberg, in: Palandt (Fn. 7), § 305 c Rn. 5.<br />

25 http://www.opensource.org/licenses/cpl1.0.<br />

26 http://www.opensource.org/licenses/EPL-1.0.<br />

27 Grüneberg, in: Palandt (Fn. 7), § 305 c Rn. 5.<br />

28 http://www.opensource.org/licenses/cddl1.txt.


172 Hengstler/Pfitzer, Hybride Softwareprojekte 3/2012 K&R<br />

IV. Wettbewerbsrechtliche Problematik<br />

Im Hinblick auf die AGB-rechtliche Problematik wurde<br />

bislang nur die vertragsrechtliche Konsequenz gesehen mit<br />

der Folge, dass die betreffenden AGB-Klauseln unwirksam<br />

sind und an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen<br />

treten. 29 Bei der Verwendung von OSS-Lizenzen im<br />

B2B-Bereich stellt sich jedoch spätestens seit der Umsetzung<br />

der UGP-Richtlinie 30 die Frage, ob die Verwendung<br />

unzulässiger Klauseln auch stets als unlauter i. S. d. Wettbewerbsrechts<br />

einzustufen ist. Ist dies der Fall, führt die<br />

Verwendung von OSS-Lizenzen mit unzulässigen Klauseln<br />

nicht nur zu deren Unwirksamkeit, sondern auch zu<br />

einem Wettbewerbsverstoß.<br />

1. Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG<br />

Die Verwendung unzulässiger AGB kann im <strong>wettbewerbsrechtliche</strong>n<br />

Sinne nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG (Vorsprung<br />

durch Rechtsbruch) unlauter sein, wenn es sich <strong>bei</strong> den<br />

AGB-rechtlichen Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB um<br />

Marktverhaltensregeln handelt.<br />

2. Alte Rechtslage<br />

Nach der alten Rechtslage vor Inkrafttreten der UGP-<br />

Richtlinie war umstritten, ob die Bestimmungen der<br />

§§ 305 ff. BGB als Marktverhaltensregeln im Sinne von<br />

§ 4 Nr. 11 UWG anzusehen und Verstçße dagegen daher<br />

als wettbewerbswidrig einzustufen sind. In der Rechtsprechung<br />

vertraten bereits vor Geltung der UGP-Richtlinie<br />

das KG Berlin31 und das OLG Frankfurt a. M. 32 die Auffassung,<br />

dass AGB marktbezogene Verhaltensregelungen<br />

sind und <strong>bei</strong> der Verwendung von unwirksamen AGB-<br />

Klauseln gegenüber Verbrauchern auch ein Verstoß gegen<br />

§ 4 Nr. 11 UWG vorliegt.<br />

Eine andere Auffassung vertraten das OLG Hamburg33 und das OLG Kçln. 34 Nach Auffassung des OLG Hamburg<br />

sollten AGB-Klauseln nur dann als Marktverhaltensregeln<br />

anzusehen sein, wenn sich die Klauseln auf die Nachfrageentscheidung<br />

des Kunden beziehen. AGB-Klauseln, die<br />

nur dem Schutz von Individualinteressen der Vertragsparteien<br />

dienen und sich erst nachvertraglich auswirken seien<br />

keine Marktverhaltensregeln und damit einer <strong>wettbewerbsrechtliche</strong>n<br />

Kontrolle entzogen. Nach dieser Auffassung<br />

waren Gewährleistungs- und Haftungsklauseln einer<br />

UWG-Kontrolle deshalb nicht zugänglich. Für diese Fälle<br />

sollte ausschließlich das UKlaG Anwendung finden, was<br />

dazu führte, dass nach dieser Auffassung nur nach UKlaG<br />

qualifizierte Einrichtungen gegen solche AGB-Klauseln<br />

vorgehen kçnnen sollten, da die Regelung in § 3 UKlaG<br />

ansonsten überflüssig wäre. 35<br />

Auch das OLG Kçln sah in den Vorschriften der §§ 305 ff.<br />

BGB keine generellen Marktverhaltensregeln. Nicht jede<br />

Norm, die dem Verbraucherschutz diene, sei auch als<br />

Marktverhaltensregelung anzusehen. So seien unwirksame<br />

Schriftform-, Selbstbelieferungs- und Nachbesserungsklauseln<br />

nicht als Marktverhaltensregelungen und dem<br />

entsprechend Verstçße nicht als unlauterer Wettbewerb<br />

nach § 4 Nr. 11 UWG einzustufen. 36<br />

In der Literatur wurde eine Anwendbarkeit von § 4 Nr. 11<br />

UWG <strong>bei</strong> Verstçßen gegen §§ 305 – 309 BGB ebenfalls<br />

vielfach abgelehnt oder zumindest die Notwendigkeit einer<br />

Begrenzung der Anwendbarkeit gesehen. 37<br />

3. Rechtslage seit Geltung bzw. Umsetzung<br />

der UGP-Richtlinie<br />

Durch die UGP-Richtlinie wurde das Wettbewerbsrecht<br />

auf europäischer Ebene für den B2C-Bereich vollharmonisiert,<br />

so dass die Richtlinie für die Auslegung der nationalen<br />

Vorschriften insoweit maßgeblich ist. Die Umsetzung<br />

der Richtlinie in deutsches Recht erfolgte zum 30. 12.<br />

2008 durch Novellierung des UWG. Auch wenn die UGP-<br />

Richtlinie nur den B2C-Bereich betraf, entschied sich der<br />

deutsche Gesetzgeber, die bislang im deutschen Recht<br />

bestehende Gleichbehandlung von Verbrauchern, Mitbewerbern<br />

und Marktteilnehmern im UWG weitgehend <strong>bei</strong>zubehalten<br />

und insoweit über den Umsetzungsbedarf aufgrund<br />

der UGP-Richtlinie hinauszugehen. 38<br />

Die aus der Umsetzung resultierenden ¾nderungen haben<br />

auch erhebliche Auswirkungen auf die Frage, inwieweit<br />

Verstçße gegen §§ 305 – 309 BGB durch das Wettbewerbsrecht<br />

verfolgt werden kçnnen.<br />

Einigen der Argumente wurde durch die gesetzliche ¾nderung<br />

der Boden entzogen. Die zuvor vom OLG Hamburg<br />

getroffene Unterscheidung zwischen Klauseln, die<br />

sich auf die Nachfrageentscheidung auswirken und solchen<br />

die sich bloß nachvertraglich auswirken, kann jedenfalls<br />

nicht mehr aufrecht erhalten werden, da der nun<br />

erweiterte Begriff der geschäftlichen Handlung in § 2<br />

Abs. 1 Nr. 1 UWG auch nachvertragliche Auswirkungen<br />

mit einschließt.<br />

Es wurde jedoch auch nach der neuen Rechtslage vielfach<br />

weiterhin das Argument vertreten, dass das UKlaG dem<br />

UWG vorgehe und es sich <strong>bei</strong> den AGB-rechtlichen Vorschriften<br />

nicht um Markverhaltensregeln i. S. v. § 4 Nr. 11<br />

UWG handele. 39<br />

Demgegenüber wurde zunehmend eine Anwendbarkeit des<br />

§ 4 Nr. 11 UWG <strong>bei</strong> Verstçßen gegen §§ 305 – 309 BGB<br />

bejaht und ein etwaiger Vorrang des UKlaG abgelehnt. 40<br />

4. Entscheidungen des BGH<br />

Mit seinen Entscheidungen „Gewährleistungsausschluss<br />

im Internet“ und „Vollmachtsnachweis“ hat der BGH der<br />

Auffassung einer vorrangigen Anwendbarkeit des UKlaG<br />

nun endgültig eine Absage erteilt. 41 Eine ausdrückliche<br />

29 so z. B. Jaeger/Metzger (Fn. 2), Rn. 222.<br />

30 RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie).<br />

31 KG Berlin, 3. 4. 2007 – 5 W 73/07 = GRUR-RR 2007, 291 = NJW 2007,<br />

2266.<br />

32 OLG Frankfurt a. M., 9. 5. 2007 – 6 W 61/07 = MMR 2007, 603.<br />

33 OLG Hamburg, 13. 11. 2006 – 5 W 162/06 = GRUR-RR 2007, 287 = MMR<br />

2007, 324 = NJW 2007, 2264.<br />

34 OLG Kçln – 30. 3. 2007 – 6 U 249/06 = GRUR-RR 2007, 285 = JuS 2008,<br />

566 = NJW 2007, 3647; OLG Kçln, 16. 5. 2008 – 6 U 26/08 = MMR 2008,<br />

540.<br />

35 OLG Hamburg, 13. 11. 2006 – 5 W 162/06 = GRUR-RR 2007, 287 = MMR<br />

2007, 324 = NJW 2007, 2264; Emmerich, JuS 2008, 566; Armgardt, WRP<br />

2009, 122, a. A. OLG Jena, 8. 3. 2006 – 2 U 990/05, GRUR-RR 2006, 283;<br />

OLG Hamm, 30. 3. 2006 – 4 U 3/06.<br />

36 OLG Kçln – 30. 3. 2007 – 6 U 249/06 = GRUR-RR 2007, 285 = JuS 2008,<br />

566 = NJW 2007, 3647; Emmerich, JuS 2008, 566.<br />

37 Woitkewitsch, GRUR-RR 2007, 287; Armgardt, WRP 2009 122, 126;<br />

Emmerich, JuS 2008, 566; Graf v. Westphalen, NJW 2008, 2234, 2241.<br />

38 RegE BR-Dr 345/08, S. 39; GUIDANCE ON THE IMPLEMENTATI-<br />

ON/APPLICATION OF DIRECTIVE 2005/29/EC ON UNFAIR COM-<br />

MERCIAL PRACTICES SEC (2009) 1666, S. 14.<br />

39 Emmerich, JuS 2008, 566; Armgardt, WRP 2009, 122; Ohly, in: Piper/<br />

Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. 2010, § 4 Rn. 11/78; Tüngler/Ruess, WRP<br />

2009, 1336.<br />

40 Kçhler, NJW 2008, 177; Kçhler, in: Kçhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl.<br />

2012, § 4 Rn. 11.156 e.<br />

41 BGH, 31. 3. 2010 – I ZR 34/08, K&R 2010, 737 ff. – Gewährleistungsausschluss<br />

im Internet; BGH, 19. 5. 2010 – I ZR 140/08, K&R 2010,<br />

809 ff. – Vollmachtsnachweis.


K&R 3/2012 Hengstler/Pfitzer, Hybride Softwareprojekte 173<br />

Vorrangregelung des UKlaG lasse sich weder dem UKlaG<br />

noch dem UWG entnehmen. Im Übrigen stelle das Unterlassungsklagengesetz<br />

kein in sich geschlossenes Rechtsschutzsystem<br />

dar, aus dem sich ein Ausschluss von Ansprüchen<br />

der Mitbewerber aus dem UWG ergebe.<br />

Auch geht der BGH jedenfalls für § 475 BGB von einer<br />

Marktverhaltensregel und damit einer Anwendbarkeit des<br />

§ 4 Nr. 11 UWG aus. Hierzu führt er folgende Argumente<br />

an:<br />

1. Die Vorschrift des § 475 BGB als eine Umsetzung der<br />

Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und damit Unionsrecht habe<br />

eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene<br />

Schutzfunktion und sei somit eine Marktverhaltensregel.<br />

2. Die Verwendung einer unwirksamen Klausel sei eine<br />

Verletzung der beruflichen Sorgfalt und damit nach Art. 5<br />

Abs. 2 lit. a der RL 2005/29/EG unter den weiteren<br />

Voraussetzungen in Art. 5 Abs. 2 lit. b der RL 2005/29/<br />

EG unlauter.<br />

3. Die Verwendung einer unwirksamen Klausel ist geeignet,<br />

dem Verwender der AGB Kosten zu ersparen und ihm<br />

einen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass der Vertragspartner<br />

von einer Geltendmachung seiner Rechte wegen<br />

der unwirksamen Klausel abgehalten werden kçnnte. Derartige<br />

Klauseln seien daher grundsätzlich geeignet, den<br />

Verbraucher daran zu hindern, eine informationsgeleitete<br />

Entscheidung zu treffen. 42<br />

5. Auswirkung der BGH-Rechtsprechung<br />

Die vorgenannte Argumentation des BGH lässt sich ohne<br />

weiteres auf die Vorschriften der §§ 305 – 309 BGB übertragen.<br />

Durch die Klauselrichtlinie 93/13/EWG haben<br />

viele Bedingungen der §§ 305 ff. BGB einen unionsrechtlichen<br />

Hintergrund. Dieser besteht zwar nur gegenüber<br />

Verbrauchern, aber die Rechtssprechung wendet <strong>bei</strong>spielsweise<br />

die §§ 308, 309 BGB über § 307 BGB vielfach auch<br />

im B2B-Bereich an, so dass jedenfalls ein unionsrechtlicher<br />

Hintergrund besteht.<br />

Durch die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln wird<br />

in gleicher Weise die berufliche Sorgfalt verletzt. Zwar<br />

bestehen nach der UGP-Richtlinie nur Ansprüche gegenüber<br />

Verbrauchern unter den weiteren Voraussetzungen<br />

des Art. 5 Abs. 2 lit. b der RL 2005/29/EG. Da der deutsche<br />

Gesetzgeber aber bewusst die Anforderungen der<br />

UGP-Richtlinie auch auf den unternehmerischen Verkehr<br />

ausdehnen wollte, 43 wird man dies entsprechend auf den<br />

unternehmerischen Verkehr anwenden müssen.<br />

Ebenso wie <strong>bei</strong> § 475 BGB versucht der Verwender unwirksamer<br />

AGB, sich einen Vorteil zu verschaffen. Denn<br />

der Verwender hofft, dass der Vertragspartner die Unwirksamkeit<br />

nicht erkennt und daher seine ihm zustehenden<br />

Rechte nicht geltend macht. AGB Klauseln dienen nicht<br />

nur dem Schutz der Vertragspartner, sondern auch der<br />

Vermeidung von Nachteilen, die dem Wirtschaftsverkehr<br />

durch den nicht funktionierenden Konditionenwettbewerb<br />

drohen. 44<br />

Es ist daher Kçhler zuzustimmen, wenn er schreibt, dass<br />

der BGH den Weg für <strong>wettbewerbsrechtliche</strong> Ansprüche<br />

gegen die Verwendung von unwirksamen AGB von Mitbewerber<br />

frei gemacht hat. 45 Da<strong>bei</strong> bezieht sich die Rechtsprechung<br />

des BGH zwar derzeit nur auf den Verbraucherbereich.<br />

Angesichts des vom Gesetzgeber gewünschten<br />

Gleichlaufs im UWG und der strengen deutschen AGB-<br />

Rechtsprechung, die die Wertungen der §§ 308, 309 BGB<br />

weitgehend auch auf den unternehmerischen Verkehr an-<br />

wendet, wird man <strong>bei</strong> Verstçßen gegen AGB-rechtliche<br />

Vorschriften künftig aber auch im unternehmerischen Verkehr<br />

von einem Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG ausgehen<br />

müssen, wenn unwirksame AGB-Klauseln verwendet werden.<br />

6. Konsequenz<br />

Die Mçglichkeit von <strong>wettbewerbsrechtliche</strong>n Unterlassungsansprüchen<br />

<strong>bei</strong> der Einbeziehung von OSS-Lizenzbestimmungen,<br />

die Klauseln enthalten, die nach deutschem<br />

AGB-Recht unwirksam sind, hat in Deutschland<br />

weitreichende Folgen. Den Verwendern solcher OSS-Lizenzen<br />

drohen kostenpflichtige, <strong>wettbewerbsrechtliche</strong><br />

Abmahnungen mit Ansprüchen auf Unterlassung, Aufwendungsersatz,<br />

Auskunft und Schadensersatz. 46 Ferner<br />

würden bezüglich der Haftungs- und Gewährleistungssituation<br />

die gesetzlichen Regelungen gelten. Es bleibt<br />

abzuwarten, ob dies dazu führt, dass die Verbreitung von<br />

OSS in Deutschland zurückgeht oder die OSS-Lizenzbestimmungen<br />

inhaltlich eine entsprechende Anpassung erfahren.<br />

V. Aussicht: Vertragsgestalterische Prävention<br />

Dem dargestellten Wettbewerbsverstoß und den daraus<br />

erwachsenden Folgen ist notwendigerweise entgegenzuwirken,<br />

insbesondere durch entsprechende Vertragsgestaltung<br />

und der sich daran anschließenden Gestaltung des<br />

Projektablaufs. Als Instrument kann hier<strong>bei</strong> die Vorhaltung<br />

der betreffenden OSS als vertragliche Mitwirkungspflicht<br />

seitens des Kunden dienen. Die eingangs dargestellte<br />

Situation, in der ein IT-Unternehmen verpflichtet wäre,<br />

nach deutschem AGB-Recht unwirksame und mithin wettbewerbswidrige<br />

OSS-Lizenzbestimmungen in Verträge<br />

mit seinen Kunden einzubeziehen, um die jeweilige OSS<br />

überhaupt an seine Kunden weitergeben zu kçnnen, wird<br />

vermieden, indem Kunden des IT-Unternehmens im Verhältnis<br />

zum OSS-Urheber direkte Lizenznehmer unter<br />

Nichteinbeziehung des IT-Unternehmens werden. Hierzu<br />

vereinbart das IT-Unternehmen mit dem Kunden dessen<br />

Mitwirkungspflicht, die für eine erfolgreiche Umsetzung<br />

der kundenseitigen Anforderungen an das umzusetzende<br />

IT-Projekt notwendigen OSS-Komponenten zu beschaffen<br />

und rechtzeitig im Projektverlauf vorzuhalten, damit das<br />

IT-Unternehmen auf diese zugreifen und in seine proprietäre<br />

Software integrieren kann. Hierfür sind die notwendigen<br />

OSS-Komponenten im Rahmen einer vorvertraglichen<br />

Beratung und Festlegung der Projektziele detailliert und<br />

differenziert zu ermitteln.<br />

Wie bereits dargestellt, resultiert die AGB-rechtliche Unwirksamkeit<br />

und mithin <strong>wettbewerbsrechtliche</strong> Problematik<br />

insbesondere umfassender Gewährleistungs- und Haftungsausschlussklauseln<br />

in OSS-Lizenzbestimmungen aus<br />

der Divergenz der Vertragsgestaltungsmçglichkeiten von<br />

deutschem Recht zu anderen Rechtsräumen, insbesondere<br />

im Vergleich zum US-amerikanischen Recht. Insofern<br />

wäre alternativ denkbar, diese Wertungsdiskrepanz auch<br />

42 BGH, 31. 3. 2010 – I ZR 34/08, K&R 2010, 737 ff. – Gewährleistungsausschluss<br />

im Internet.<br />

43 RegE BR-Dr 345/08, S. 39; GUIDANCE ON THE IMPLEMENTATI-<br />

ON/APPLICATION OF DIRECTIVE 2005/29/EC ON UNFAIR COM-<br />

MERCIAL PRACTICES SEC (2009) 1666, S. 14.<br />

44 Kçhler, in: Kçhler/Bornkamm (Fn. 40), § 4 Rn. 11.156 e.<br />

45 Kçhler, GRUR 2010, 1047; ebenso Graf v. Westphalen, NJW 2011, 2098,<br />

2100; etwas zurückhaltender Emerich, JuS 2011, 753, 755.<br />

46 Kçhler, NJW 2008, 177 ff.


174 Feiler/Wieczorek, Profifußball 3/2012 K&R<br />

über eine entsprechende (teilweise) Rechtswahlklausel zu<br />

kompensieren. Grundsätzlich kçnnen die Parteien eines<br />

schuldrechtlichen Vertrags das maßgebliche Recht (Vertragsstatut)<br />

durch Abschluss eines kollisionsrechtlichen<br />

Verweisungsvertrags gemäß Art. 3 Abs. 1 S. 1 der Verordnung<br />

(EG) Nr. 593/2008 (kurz „Rom I“) selbst bestimmen.<br />

47 Auch ist es mçglich die Rechtswahl auf bestimmte<br />

Teile eines Vertrags zu beschränken, Art. 3 Abs. 1 S. 3<br />

Rom I. Es besteht somit grundsätzlich die Mçglichkeit,<br />

den Vertragsteil von Softwareprojektverträgen einer teilweisen<br />

Rechtswahlklausel zu unterwerfen, der auf die<br />

OSS-Lizenzbestimmungen verweist, bzw. in den diese<br />

einbezogen werden. Ob dieses Gestaltungswerkzeug allerdings<br />

tatsächlich praktikabel und geeignet ist, ist kritisch<br />

zu hinterfragen.<br />

Die abschließende Erçrterung der vorstehenden Lçsungsansätze<br />

muss in Anbetracht des Schwerpunkts dieses Bei-<br />

trags, des Aufzeigens <strong>wettbewerbsrechtliche</strong>r Konsequenzen,<br />

einer gesonderten Darstellung vorbehalten bleiben.<br />

VI. Zusammenfassung<br />

IT-Unternehmen, die im Rahmen der Umsetzung von <strong>hybriden</strong><br />

<strong>Softwareprojekten</strong> OSS nutzen, deren Lizenzbestimmungen<br />

<strong>bei</strong> der Beurteilung nach deutschem AGB-<br />

Recht unwirksame Regelungen enthalten und an den Kunden<br />

weitergegeben, d. h. weiter- oder unterlizenziert werden<br />

müssen, verstoßen gegen deutsches Wettbewerbsrecht.<br />

Hierdurch drohen kostenpflichtige Abmahnungen<br />

und Rechtsstreitigkeiten mit nicht unerheblichen Risiken.<br />

Solchen Wettbewerbsverstçßen kann vertragsgestalterisch<br />

begegnet werden, so dass die rechtlichen und wirtschaftlichen<br />

Risiken <strong>bei</strong>m Einsatz von OSS beherrschbar bleiben.<br />

47 Thorn, in: Palandt (Fn. 7), Rom I 3, Rn. 3.<br />

RA Dr. iur. Thomas Feiler, LL.M. (Wellington/NZ) und Ref. Mirko Andreas Wieczorek, Frankfurt a. M. *<br />

Vom Profifußball als fragmentierter Öffentlichkeit<br />

Zugleich Kommentar zu LG München II, Urteil vom 25. 8. 2011 – 8 O 127/11,<br />

K&R 2012, 225<br />

I. Einführung<br />

Auf dem Fußballplatz wird seit jeher ein rauer Umgangston<br />

gepflegt. Während des Spielgeschehens entstandene<br />

Konflikte werden zunehmend auch nach dem Abpfiff des<br />

Schiedsrichters mit verbalen Mitteln fortgeführt. Dies<br />

stellt einerseits ein „gefundenes Fressen“ für die Medien<br />

dar. Andererseits ist aber auch nicht zu übersehen, dass<br />

Profisportler bzw. Funktionäre <strong>bei</strong> Auseinandersetzungen<br />

mit Konkurrenten vermehrt und bewusst den Weg über die<br />

Medien gehen. Selten fanden jene bisher aber den Weg vor<br />

die ordentlichen Gerichte. 1 Bereits deshalb verdient das<br />

Urteil des LG München II Aufmerksamkeit.<br />

Die Parteien des Rechtsstreits waren bzw. sind erfolgreiche<br />

Vereinsspieler und Nationaltorhüter, wo<strong>bei</strong> der Kläger<br />

seine aktive Laufbahn bereits beendet hat und nunmehr als<br />

Fernsehexperte ar<strong>bei</strong>tet. Beide Akteure waren für ihre teilweise<br />

extravaganten Auftritte, provokanten ¾ußerungen<br />

und kuriosen Spielszenen bekannt. Bereits während der<br />

aktiven Karriere des Klägers verband ihn mit dem Beklagten<br />

eine besondere sportliche Rivalität.<br />

Angesprochen auf eine kritische Kommentierung eines Gegentors<br />

seitens des Klägers entgegnete der Beklagte u. a.,<br />

„der [Kläger] soll in die Muppet Show gehen“ bzw. „gehçre<br />

auf die Couch“ oder sei einzuweisen, „am besten in die<br />

Geschlossene“. Im Anschluss daran wies der Beklagte die<br />

Kritik an seiner Spielweise als „Schwachsinn“ zurück. Daraufhin<br />

erwirkte der Kläger außerprozessual eine strafbewehrte<br />

Unterlassungserklärung und begehrte anschließend<br />

Geldentschädigung in Hçhe von 20 000 Euro. Über den<br />

Entschädigungsanspruch hatte das LG München II zu entscheiden<br />

und verneinte einen dahingehenden Anspruch.<br />

II. Problematik<br />

Kern des vorliegenden Rechtsstreits war neben der Frage,<br />

ob die ¾ußerungen des Beklagten eine sog. Schmähkritik<br />

darstellen, die Auflçsung der Interessenkollision zwischen<br />

dem Persçnlichkeitsinteresse des Klägers und dem ¾ußerungsinteresse<br />

des Beklagten.<br />

Der Kläger berief sich auf sein allgemeines Persçnlichkeitsrecht<br />

(Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG), der Beklagte auf<br />

sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 S. 1<br />

GG). Es trafen somit klassische Kontrastrechte2 aufeinander.<br />

<strong>Das</strong> Gericht musste in seiner (Abwägungs-) Entscheidung<br />

praktische Konkordanz3 herstellen, um <strong>bei</strong>den<br />

Grundrechten zu optimaler Wirksamkeit zu verhelfen.<br />

Die Optimierung hatte der Faustregel „je mehr Grundrechtsgehalt<br />

gewahrt wird, desto besser“ zu folgen, um<br />

das Maximum der grundsätzlich gleichwertigen Rechtspositionen<br />

zu gewährleisten. 4<br />

Ihre praktische Durchführung erwies sich jedoch auch im<br />

vorliegenden Fall als nicht einfach, 5 obwohl das Gericht<br />

* Bei der nachfolgenden Anmerkung handelt es sich um die persçnliche<br />

Meinung der Autoren. Mehr über die Autoren erfahren Sie auf S. VIII.<br />

1 Siehe aber bspw. OLG Saarbrücken, 8. 5. 1996 – 1 U 794/95, NJW-RR<br />

1996, 1048 – linke Bazille.<br />

2 Hufen, FS BVerfG, 2001, Bd. 2, 105, 111.<br />

3 Siehe dazu Hesse, Verfassungsrecht, 20. Aufl. 1999, Rn. 317 ff.; ferner<br />

BVerfG, 1 BvR 567/89; 1 BvR 1044/89 – 19. 10. 1993 – Bürgschaftsbeschluss,<br />

BVerfGE 89, 214, 232; Hoffmann-Riem, AçR 128 (2003), 173,<br />

191.<br />

4 Vgl. grundlegend Alexy, Grundrechte, 3. Aufl. 1996, S. 75 ff., der die<br />

Optimierung von Grundrechten als relativen Prinzipien vor dem Hintergrund<br />

des Machbaren betrachtet; siehe auch Couzinet, JuS 2009, 603, 604.<br />

5 Vgl. bspw. Klement, JZ 2008, 756, 757, der die abstrakten Abwägungsansätze<br />

deshalb als „praxisfern“ kritisiert.

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