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Betrifft: Betreuung 4

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Hans-Erich Jürgens<br />

De lege ferenda sollte die schon jetzt bestehende konkrete Berichtspflicht der<br />

Behörde mit einer obligatorischen Beteiligung an jedem Verfahren verknüpft<br />

werden.<br />

Mit der Einführung einer obligatorischen Berichtspflicht könnte die ungenügende<br />

bzw. verfehlte Regelung des § 68 b Abs. 1 Satz 5 FGG in Fortfall kommen,<br />

wonach der Arzt den Umfang der Aufgabenkreise vorschlagen soll. Nach<br />

ihrer Ausbildung und von ihrer Berufsneigung her sind Ärzte weder geschult<br />

noch motiviert, über die Anamnese hinaus soziale Daten zu erheben. Anamnesen<br />

sind zudem symptomorientiert - (das heißt defizit-) - und spiegeln erhaltene<br />

soziale Kompetenzen eines Betroffenen nicht wider. Sozialberichte sollten<br />

von Sozialarbeitern erstattet werden, die dafür ausgebildet und sensibilisiert<br />

sind.<br />

Die Einschaltung der <strong>Betreuung</strong>sbehörde, so hat in den 90er Jahren die Hamburger<br />

Praxis gezeigt, führt zu einer Reduzierung von <strong>Betreuung</strong>en in einer<br />

Größenordnung von ca. 25 bis 30 Prozent.<br />

Wenn es also gelingen würde, im Rahmen einer obligatorischen Berichts- und<br />

Gestellungspflicht der <strong>Betreuung</strong>sbehörden für diese, über gesetzlich normierte<br />

Soll-Personalstärken, Effektivität zu schaffen, ließe sich die Zahl der<br />

<strong>Betreuung</strong>en drastisch senken.<br />

2. Gerichte tun sich aus einer fürsorglichen (früher paternalistischen) Einstellung<br />

heraus schwer, in Kenntnis eines Hilfebedarfs von einer <strong>Betreuung</strong> Abstand<br />

zunehmen, selbst wenn der Betroffene einer <strong>Betreuung</strong> widerspricht.<br />

Dem Verfassungsrang des Erforderlichkeitsgrundsatzes, wie ihn das Bayerische<br />

Oberste Landesgericht betont hat (im FamRZ 93, 851 und FamRZ 94,<br />

155 = BtPrax 94, 209), wird zu selten Rechnung getragen. Danach führt eine<br />

verfassungskonforme Auslegung des § 1896 BGB zu dem Ergebnis, dass eine<br />

<strong>Betreuung</strong> nur notwendig ist, wenn der Betroffene auf Hilfe angewiesen ist,<br />

weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen würden und sein Widerspruch<br />

gegen die <strong>Betreuung</strong> darauf beruht, dass er aufgrund einer psychischen<br />

Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Das Grundrecht der Bürger<br />

auf Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung verbietet bis zu dieser<br />

Schwelle einen betreuungsrechtlichen Eingriff, denn der Staat hat von Verfassungs<br />

wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung<br />

fähigen Bürger zu erziehen, zu „bessern“ oder zu hindern, sich<br />

selbst zu schädigen (BVerfE 22, 219/58, 208, 225).<br />

Die Notwendigkeit einer <strong>Betreuung</strong> entfällt ebenso, wenn der angestrebte<br />

Zweck sich voraussichtlich durch die vorgesehene Maßnahme nicht erreichen<br />

lässt. Auch dieser Teilaspekt des Erforderlichkeitsgrundsatzes wird in der<br />

Praxis häufig missachtet, z. B. wenn im Rahmen einer Gesundheitssorge ein<br />

Kranker zu einer von ihm nicht gewünschten Therapie gebracht werden soll.<br />

92 VormundschaftsGerichtsTag e.V.

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