Betrifft: Betreuung 4
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Betrifft: Betreuung 4
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Rüdiger Pohlmann<br />
Sollte sich auf der Kommunikationsebene die Fehlentscheidung des Betreuers<br />
nicht korrigieren lassen, sind die Einrichtungen aufgefordert, in einer deutlichen<br />
und sachlichen Darstellung die Vormundschaftsgerichte zu benachrichtigen.<br />
Betreuergruppen<br />
Bevor ich die Handlungsmöglichkeiten gesetzlicher Betreuer in einigen ausgewählten<br />
Aufgabenkreisen darstelle, noch ein kurzer Blick auf die einzelnen<br />
Betreuergruppen. Ein Blick der erforderlich ist, um die Handlungen der unterschiedlichen<br />
Betreuergruppen einschätzen zu können. Hierzu im folgenden<br />
einige Zahlen. Derzeit haben wir in Deutschland ca. 1 Millionen Menschen mit<br />
gesetzlicher <strong>Betreuung</strong>. Hiervon haben 1/3 einen professionellen Betreuer<br />
(Amts- Vereins- und freiberufliche Betreuer) und 2/3 einen ehrenamtlichen<br />
Betreuer (Angehörige und sozial engagierte Bürger). Man geht davon aus, dass<br />
von den 2/3 ehrenamtlichen Betreuern knapp 3/4 Angehörige sind. Angehörige,<br />
die in unterschiedlichen Konstellationen (als Eltern, Kinder, Geschwister,<br />
Partner oder sonstige Verwandte) zum betreuten Menschen stehen.<br />
Eltern als Betreuer<br />
Bei Eltern als Betreuer ist es wichtig, die jeweilige individuelle biografische<br />
Situation zu betrachten, die natürlich ihre Prägung durch den zeitgeschichtlichen<br />
Kontext erhält: So war es in den alten Bundesländern bis in die 80-Jahre<br />
hinein sinnvoll, das erwachsene behinderte Kind im Hause zu lassen, da die<br />
Einrichtungen Anstaltscharakter hatten und mit Mehrbettzimmern aufwarteten.<br />
Nicht unerheblich ist bei Entscheidungen von Eltern als gesetzliche Betreuer<br />
die eigene finanzielle Situation. Bedeutet der Auszug des Kindes doch den<br />
Wegfall des Pflegegeldes und weiterer Sozialleistungen. Gerade für alleinerziehende<br />
Mütter, die auf Grund der Behinderung des Kindes nicht arbeiten<br />
konnten (zum Teil bedingt durch eine schlechte Versorgungsstruktur für behinderte<br />
Kinder) bedeutet der Auszug des Kindes häufig das eigene soziale<br />
Aus und der „Abstieg“ in die Sozialhilfe. Dies sind einfach tragische Lebensgeschichten.<br />
Finanzielle Abhängigkeit und die Angst vor dem sozialen Abstieg kann zu<br />
Handlungen führen, die Institutionen und ihre Mitarbeiter als Konfrontation<br />
empfinden. Professionalität bedeutet aber Zusammenhänge zu verstehen und<br />
nicht zu moralisieren.<br />
Ebenso wichtig erscheint mir an dieser Stelle die Feststellung, dass Eltern von<br />
Geburt des behinderten Kindes an eine Projektionsfläche für mildtätiges Handeln<br />
sind und nur selten als Fachleute ihrer Lebensgeschichte verstanden werden.<br />
Zu schnell sprechen wir Pädagogen von Symbiosen und diagnostizieren in<br />
Familien hinein. Man stelle sich das bitte einmal für seine eigene Familie vor.<br />
204 VormundschaftsGerichtsTag e.V.