Betrifft: Betreuung 4
Betrifft: Betreuung 4
Betrifft: Betreuung 4
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Weitere Fragen könnten sein:<br />
Migration und <strong>Betreuung</strong><br />
Wie leben Menschen in dem Land, welche Familienformen herrschen vor?<br />
Welchen gesellschaftlichen Einfluss haben Religion oder politische Macht?<br />
Wie geht man dort mit Raum und Zeit um? Raum umfasst die tatsächlichen<br />
Räume wie Wohnungen, Häuser, Siedlungen, Läden, Gesellschaftsräume, also<br />
die Architektur, aber auch den Raum, der die Entfernung zwischen Menschen,<br />
Nähe und Distanz in der Beziehung, bezeichnet. Wie nah kommt man sich bei<br />
verschiedenen Gelegenheiten, und was sagt die Entfernung über die Beziehung<br />
aus (vgl. Hinz-Rommel 1994, S. 43)? Hier geht es um die Frage: Wie sieht der<br />
‘ganz normale Alltag’ einer ‘ganz normalen Familie’ dort aus? Quellen, die<br />
dieses Wissen erschließen können, sind Bücher, Filme, Fort- und Weiterbildungen,<br />
Bildungsreisen und nicht zuletzt die Klientin selbst und die Menschen<br />
in ihrem Umfeld, die schließlich Expertinnen ihrer Lebenswelt sind.<br />
3. Professionelle sollten „kulturelles Wissen nicht stereotypisieren” (Hegemann<br />
a.a.O., S. 129). Was allgemein üblich ist, kann für die Klientin aufgrund<br />
ihrer eigenen Biografie und Entwicklung völlig unüblich sein. Hegemann<br />
verweist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, dass Migrantinnen<br />
häufig schon im Herkunftsland zu einer Minderheit gehörten, sei es, dass sie<br />
politisch abweichende Meinungen vertraten oder einer Volksgruppe oder religiösen<br />
Gemeinschaft angehören, die im Herkunftsland diskriminiert wurde,<br />
wie z.B. als Kurdin oder Alevitin in der Türkei oder als Tamilin in Sri Lanka.<br />
Auch wenn ein Spätaussiedler auf die Frage „Sie kommen also aus Russland?”<br />
sehr bestimmt antwortet: ”Nein, ich bin Deutscher!” ist dies ein Hinweis darauf,<br />
dass er nicht vor dem Hintergrund des Herkunftslandes gesehen werden<br />
möchte.<br />
Hier die deutsche Kultur – da die Herkunftskultur?<br />
Die meisten Migrantinnen repräsentieren längst nicht mehr die Kultur ihres<br />
Herkunftslandes: Insbesondere die Arbeitsmigrantinnen leben inzwischen so<br />
lange in der Bundesrepublik, dass sie einen großen Teil ihrer Identität auf dem<br />
Hintergrund der Lebensbedingungen hier entwickeln. Sie leben nicht zwischen<br />
zwei Kulturen, sondern in (oder vielleicht: aus) zwei Kulturen.<br />
Kultur ist nichts Statisches, sondern sie verändert sich in einem fortlaufenden<br />
Prozess, und Migrantinnen entwickeln folgerichtig neue kulturelle Verhaltensmuster,<br />
in denen sich Elemente der Herkunftskultur und der deutschen<br />
Kultur vermischen oder nebeneinander bestehen.<br />
Von besonderer Wichtigkeit: Rechtskenntnisse<br />
Neben dem Wissen über die Kultur des Herkunftslandes der Klientin sind<br />
insbesondere noch Kenntnisse im Ausländerrecht, welches den<br />
aufenthaltsrechtlichen Status von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit<br />
regelt, erforderlich. Es gibt allein sechs verschiedene Arten von<br />
<strong>Betrifft</strong>: <strong>Betreuung</strong> 4 197