Betrifft: Betreuung 4
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Betrifft: Betreuung 4
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Doris Kersten<br />
Lebenslagen von betreuten Menschen<br />
Margrit During: Lebenslagen von betreuten Menschen<br />
- Eine rechtssoziologische Untersuchung. Verlag Leske+Budrich,<br />
Opladen 2001. 214 Seiten, ISBN 3–8100–3333–2<br />
Buchbesprechung von Doris Kersten<br />
Wie in vielen Feldern professionellen Handelns mit Hilfsbedürftigen wird auch<br />
im <strong>Betreuung</strong>swesen der Fokus der öffentlichen Diskussion auf Verfahrensabläufe,<br />
Qualitätssicherung sowie juristische Fragestellungen gelegt.<br />
Zu kurz kommen dabei die Betroffenen, im <strong>Betreuung</strong>swesen die betreuten<br />
Menschen. Wie erleben sie ein <strong>Betreuung</strong>sverfahren? Wie ist es überhaupt<br />
dazu gekommen? Was hat sich durch die <strong>Betreuung</strong> verändert? Diese und<br />
andere Fragen wirft M. During in ihrem Buch auf, sucht nach Antworten und<br />
diskutiert die Ergebnisse.<br />
Mit dem Erhebungsinstrument narrativer Interviews, die im Mittelpunkt dieser<br />
empirischen Untersuchung stehen und die mit Methoden der qualitativen Sozialforschung<br />
analysiert werden, beschreibt M. During die Lebenswirklichkeit<br />
betreuter Menschen. Sie beleuchtet verschiedene Aspekte aus der Perspektive<br />
Betreuter: die Biographie, die Krise, die zur Einrichtung der <strong>Betreuung</strong> geführt<br />
hat sowie die aktuelle Lebenssituation mit gesetzlicher Vertretung. Hierbei<br />
wird insbesondere betrachtet, in welchen Lagen Menschen Handlungsfähigkeiten<br />
verlieren und welche Funktion der Betreuer übernimmt. Hinsichtlich der<br />
Ziele des <strong>Betreuung</strong>sgesetztes werden die Ergebnisse unter dem Gesichtspunkt<br />
diskutiert, welchen Stellenwert die Selbstbestimmung der Betroffenen hat und<br />
ob die gesetzliche Grundlage geeignet ist, die vorgegebenen Ziele, insbesondere<br />
die Stärkung der Autonomie zu erreichen.<br />
Aus der Beschreibung der Lebenslagen betreuter Menschen wird vor allem<br />
eines deutlich: Die Weichenstellung für eine <strong>Betreuung</strong> erfolgt nicht in der<br />
Wiege. Es sind Verlusterfahrungen von biographischer Relevanz, das Nicht<br />
(mehr)-Vorhandensein von signifikanten Anderen, die den Prozess der <strong>Betreuung</strong><br />
einleiten. <strong>Betreuung</strong> dient als Substitut und ersetzt nicht mehr vorhandene<br />
Strategien zur Lebensbewältigung.<br />
Deutlich wird besonders: Trotz des gesetzlichen Zieles der Förderung der<br />
Selbstbestimmung sind <strong>Betreuung</strong>en zunächst nicht darauf angelegt, kurzfristig<br />
wieder überflüssig zu werden. Die Angelegenheiten, die nicht mehr selbst<br />
geregelt werden können, werden stellvertretend wahrgenommen. Erfolgt so<br />
eine Stärkung der Autonomie, die voraussetzt, dass der Betroffene unter ver-<br />
192 VormundschaftsGerichtsTag e.V.