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Betrifft: Betreuung 4

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Hochaltrigkeit, Sterben und Tod<br />

heit sei „mit dem Fehlen bzw. Verlust des Personseins, das damit nur biologisch-menschliches<br />

Leben ist“, gleichzusetzen.<br />

Menschliches Leben darf nie als Mittel zum Zweck (z. B. therapeutischer oder<br />

auch rein wissenschaftlicher Art) gebraucht und verbraucht werden. Das verbietet<br />

es auch, Patientinnen und Patienten in Endphasen unheilbarer Erkrankungen,<br />

denen ein Weiterleben wegen entweder völlig verlorener Erlebnismöglichkeiten<br />

oder wegen nicht erträglicher Schmerzen nicht mehr sinnvoll<br />

erscheint und die entsprechende Wünsche äußern bzw. geäußert haben, mit<br />

ärztlicher Hilfe die Beendigung ihres Lebens zu ermöglichen.<br />

Die Gefährlichkeit einer solchen Orientierung wird spätestens dann erkennbar,<br />

wenn (wie z. B. in der Praxis der Niederlande) Lebensbeendigung bei Einhaltung<br />

vorgegebener formaler Kriterien auch dann ermöglicht wird, wenn die<br />

Kranken selbst sich nicht mehr äußern können oder zu eigener Willensbildung<br />

nicht mehr fähig sind, also z. B. bei schwer Demenzkranken.<br />

Der geäußerte Wunsch nach dem Suizid stellt unter Belastungen durch schwere<br />

Krankheit den Wunsch nach menschlicher Zuwendung dar und entspringt<br />

vielfach nicht dem freien überlegten Entschluss. Daher wird mit Recht bei<br />

Suizidwünschen in der Regel eine Beistands- und Hilfepflicht des behandelnden<br />

Arztes zur Lebenserhaltung aufgrund des ärztlichen Behandlungsauftrags<br />

oder nach § 323c StGB angenommen. Die Rechtsprechung will mit der Bestrafung<br />

unterlassener Hilfe in solchen Fällen sozialer Kälte und Gleichgültigkeit<br />

gegenüber einem Suizidenten entgegenwirken und für Hilfe bei Isolierung und<br />

Verzweiflung sorgen. Ernst (1995) äußert hierzu, dass auch der Alterssuizid<br />

keinen ethischen Sonderfall darstellt: „Auch betagte Verzweifelte soll man<br />

nicht gewähren lassen, sondern man soll sie gleich wie junge Menschen auch<br />

gegen ihren momentanen Willen am unmittelbar drohenden Suizid hindern und<br />

ihnen eine Behandlung ermöglichen.“ In Fällen freilich, in denen eine Lebenserhaltung<br />

sinnlos und eine bloße Verlängerung von nicht bekämpfbarem Leiden<br />

erscheint, gibt es keine Rechtsverpflichtung zur Erhaltung eines Lebens<br />

um jeden Preis. Maßnahmen zur Lebenserhaltung und Lebensbeendigung sind<br />

– so hat der Bundesgerichtshof festgestellt – nicht schon deshalb unerlässlich,<br />

weil sie technisch möglich sind (vgl. Schreiber 1998).<br />

In manchen Situationen hoffnungsloser Krankheit und schweren Leidens mag<br />

ein Verlangen nach aktiver Sterbehilfe verständlich sein. Man darf aber die<br />

Gefahren nicht übersehen, die mit einer solchen Zulassung der aktiven Sterbehilfe<br />

und des assistierten Suizids gerade für Hochaltrige verbunden wären.<br />

Man darf auch nicht übersehen, dass in solchen Situationen das nicht mehr<br />

Mitleidenwollen oder -können der Umgebung oft ununterscheidbar in die<br />

Motivation der Beteiligten mit eingeht. In der Situation knapper werdender<br />

medizinischer Ressourcen kann der von einem Kranken geäußerte Wunsch<br />

nach Lebensbeendigung der Verzweiflung über ungenügende Versorgung und<br />

<strong>Betrifft</strong>: <strong>Betreuung</strong> 4 167

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