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Betrifft: Betreuung 4

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Sterbebegleitung und Sterbehilfe<br />

diese in der Praxis meist sehr unterschiedlich eingeschätzt würde. Dies treffe<br />

insbesondere im Bereich Neugeborener mit schwersten Fehlbildungen oder<br />

schweren Stoffwechselstörungen zu. 893<br />

Kritisiert wird auch der Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen zur Vorenthaltung<br />

oder zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bei nicht sterbenden<br />

Patientinnen und Patienten, wie den Wach-Koma-Patientinnen und -Patienten,<br />

und der Verweis darauf, dass für die Gruppe der nicht-einwilligungsfähigen<br />

Menschen von der gesetzlichen Betreuerin bzw. dem gesetzlichen Betreuer<br />

eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die Beendigung lebenserhaltender<br />

Maßnahmen „im Vorfeld der Sterbephase“ eingeholt werden sollte.<br />

894 Damit würden das Urteil des Bundesgerichtshofs von 1994 895 , das von<br />

einem Grenzfall sprach und einem „ausnahmsweise zulässigen Sterbenlassen“,<br />

und das umstrittene Urteil des OLG Frankfurt von 1998 896 so extrapoliert, dass<br />

daraus ein Regelfall für eine ganze Gruppe von Betroffenen würde.<br />

Insgesamt bestünde die Gefahr, dass durch die Einbeziehung der nicht sterbenden<br />

unheilbar kranken Patientinnen und Patienten und den Rückgriff auf den<br />

mutmaßlichen Willen auch für diesen Personenkreis die Grenzen zwischen<br />

passiver und aktiver Sterbehilfe entgegen der Intention der „Grundsätze“ unkenntlich<br />

würden. Eine Evaluation der Praxis in den Krankenhäusern und der<br />

ambulanten Versorgung seit Verabschiedung der „Grundsätze“ könnte hier<br />

Klarheit schaffen und zu einer möglichen Überarbeitung und Präzisierung der<br />

Aussagen führen.<br />

2.3 Patientenverfügungen<br />

Unstrittig ist, dass der Wille der Patientin bzw. des Patienten für die behandelnde<br />

Ärztin bzw. den behandelnden Arzt maßgeblich ist. In diesem Zusammenhang<br />

wird diskutiert, dem Patientenwillen im Bereich der Unterlassung<br />

oder des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen durch Patientenverfügungen<br />

ein größeres Gewicht beizumessen. 897 Fraglich ist, ob Patientenverfügungen in<br />

jedem Fall diesen aktuellen Willen repräsentieren. Dabei gibt es erhebliche<br />

893 Vgl. Zimmermann et al. 1997.<br />

894 Vgl. Kutzer 2002.<br />

895 BGH, Urteil vom 13. September 1994, BGH St 40, S. 257-272, sog. „Kemptener<br />

Fall“, bei dem der BGH die Einstellung der künstlichen Ernährung bei einer Wach-<br />

Koma-Patientin aufgrund des mutmaßlichen Willens für Rechtens erklärte.<br />

896 OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. Juli 1998, NJW 1998, S. 2747- 2749, sog.<br />

„Frankfurter Fall“, bei dem das OLG Frankfurt den Abbruch der Sondenernährung<br />

bei einer „irreversibel komatösen“, also nicht sterbenden Patientin durch eine vormundschaftsgerichtlich<br />

bestätigte Betreuerentscheidung für zulässig erklärte. Nachfolgeurteile<br />

bestreiten eine solche Kompetenz der Vormundschaftsgerichte jedoch,<br />

z.B. LG München I, Beschluss vom 18. Februar 1999, NJW 1999, S. 1788-1789.<br />

897 Vgl. u. a. Klie/Student 2001; Luther 1999; Vollmann/Knöchler-Schiffer 1998.<br />

<strong>Betrifft</strong>: <strong>Betreuung</strong> 4 161

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