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Betrifft: Betreuung 4

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Enquete-Kommission Recht und Ethik<br />

2.2 Grundsätze der Bundesärztekammer<br />

Vor dem Hintergrund zunehmender Diskussion in der Ärzteschaft hat die<br />

Bundesärztekammer 1998 neue „Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung“<br />

891 vorgelegt. Damit sollte auf die seit Erlass der entsprechenden Richtlinien<br />

von 1993 eingetretenen Änderungen der Rechtsprechung, die medizinisch-technische<br />

Entwicklung und auf die zunehmend aus der Ärzteschaft<br />

selbst kommenden Fragen zur Behandlungsbegrenzung schwer kranker, aber<br />

nicht sterbender Menschen eingegangen werden.<br />

Die Grundsätze lehnen unmissverständlich die Tötung auf Verlangen ab, heben<br />

aber auch hervor, dass in bestimmten Situationen bei Sterbenden oder<br />

Patientinnen und Patienten mit infauster Prognose trotz der Pflicht der Ärztin<br />

bzw. des Arztes zur Lebenserhaltung Maßnahmen zur Lebenserhaltung nicht<br />

mehr angebracht sind. Statt eines Behandlungsabbruchs soll in diesen Fällen<br />

das Therapieziel in Richtung einer palliativmedizinischen Maßnahme geändert<br />

werden. Dies umfasst auch das Unterlassen bzw. die Nichtfortführung von<br />

lebenserhaltenden Maßnahmen bei schwerstgeschädigten Neugeborenen (von<br />

einigen als „Früheuthanasie“ bezeichnet) im Einvernehmen mit den Eltern.<br />

Die Grundsätze billigen jeder Patientin und jedem Patienten unabhängig von<br />

ihrem bzw. seinem Zustand eine Basisbetreuung zu, die menschenwürdige<br />

Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege, Lindern von Schmerzen, Atemnot<br />

und Übelkeit sowie das Stillen von Hunger und Durst umfasst. Die Grundsätze<br />

betonen das Selbstbestimmungsrecht der Patientin bzw. des Patienten. Ihr bzw.<br />

sein Wille soll über den Wechsel von lebenserhaltenden zu palliativmedizinischen<br />

Maßnahmen entscheiden. Sind die Patientin bzw. der Patient aber nicht<br />

mehr aktuell zustimmungsfähig, soll ihr bzw. sein mutmaßlicher Wille entscheidend<br />

sein, wobei eine eventuell ausgestellte Patientenverfügung als wesentliche<br />

Hilfe betrachtet wird.<br />

Kritisch beurteilt werden die „Grundsätze“ hinsichtlich der Einbeziehung nicht<br />

sterbender schwerkranker Menschen und des Rückgriffs auf den mutmaßlichen<br />

Willen für diese Gruppe. 892 Insbesondere für schwerstgeschädigte Neugeborene,<br />

die keinen eigenen Willen bilden konnten, kann die Rechtsfigur „mutmaßlicher<br />

Wille“ nicht verwendet werden.<br />

Der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bei Patientinnen und Patienten<br />

mit infauster Prognose oder sonstigen lebensbedrohlichen Schädigungen sei<br />

nicht gleichzusetzen mit dem Abbruch solcher Maßnahmen bei Sterbenden.<br />

Die Nicht-Verlängerung des Sterbeprozesses Sterbender sei ethisch wie rechtlich<br />

zu unterscheiden von einer Abkürzung des Lebensprozesses schwer Kranker.<br />

Das Abheben auf die Prognose bei diesem Patientenkreis sei riskant, da<br />

891 Bundesärztekammer 1998d.<br />

892 Wunder 2000a, S. 264.<br />

160 VormundschaftsGerichtsTag e.V.

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