Betrifft: Betreuung 4
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Sterbebegleitung und Sterbehilfe<br />
Sterbebegleitung und Sterbehilfe<br />
Auszug aus dem Schlussbericht der Enquete-Kommission<br />
„Recht und Ethik der modernen Medizin“ *<br />
Das Thema Sterbebegleitung und Sterbehilfe ist in der Praxis des modernen<br />
Gesundheitswesens ein Gebiet ständiger Auseinandersetzungen. Seit Mitte des<br />
20. Jahrhunderts haben sich die Fragen, die sich zum Thema Sterben und Tod<br />
stellen, durch die Fortschritte der Medizin grundlegend geändert. Dies betrifft<br />
- den Zeitpunkt des Todeseintritts, der durch die Möglichkeiten der Reanimation<br />
und der künstlichen Lebensverlängerung dem medizinischen Handeln<br />
und damit der verantwortbaren Entscheidung unterliegt,<br />
- den Ort des Sterbens, der überwiegend das Krankenhaus als Ort professioneller<br />
Rettungsmöglichkeiten oder das Pflegeheim geworden ist,<br />
- und die Bedingungen des Sterbens, die in zunehmendem Maße von Fremdbestimmtheit<br />
durch eine übermächtige Medizin und sozialer Isolation bedroht<br />
sind.<br />
Eine Zuspitzung der Debatte erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Möglichkeiten<br />
der Intensivmedizin bei gleichzeitiger Abnahme paternalistischer<br />
Konzepte in der Medizinethik und einer stärkeren Betonung der Selbstbestimmung<br />
der Patientin bzw. des Patienten. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen<br />
in den Niederlanden wird wieder verstärkt über die Tötung auf Verlangen<br />
(aktive Sterbehilfe) diskutiert. Dies wiederum ruft Warnungen vor dem Hintergrund<br />
der geschichtlichen Erfahrungen hervor, dass die Idee der selbstbestimmten<br />
Tötung schwerstkranker Menschen auf deren Verlangen untrennbar<br />
mit der fremdbestimmten Tötung von Menschen mit einer Behinderung und<br />
anderer für „lebensunwert“ gehaltener Menschen verbunden sei. Hinzu kommen<br />
die Debatte über die Defizite in der pflegerischen Versorgung und Probleme<br />
der Isolation Pflegebedürftiger in den Heimen sowie die Frage der Therapiebegrenzung<br />
bei Schwerstpflegebedürftigen und unheilbar Kranken, insbesondere<br />
Wach-Koma-Patientinnen und -Patienten.<br />
Auch lässt sich ein zunehmender Konflikt zwischen dem wachsenden Anspruch<br />
auf humanes Sterben, die Intimität wahrende Sterbebegleitung und dem<br />
Verständnis des Sterbens als Teil des Lebens auf der einen Seite und den Be-<br />
* Bundestags-Drucksache 14/9020 vom 14.05.2002 – dokumentiert ist hier das Kapitel<br />
1.3, S. 196-200; die Nummerierung der Fußnoten entspricht der im Abschlussbericht<br />
<strong>Betrifft</strong>: <strong>Betreuung</strong> 4 155