Betrifft: Betreuung 4
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Volker Lipp<br />
Maßgebend ist also in dieser Konstellation, ob und welche Behandlung dem<br />
Interesse des Patienten entspricht. Häufig wird die Frage allerdings dahin<br />
formuliert, ob der Abbruch der Behandlung und damit der Tod im Interesse<br />
des Patienten liege 31 . Damit stünde die Antwort bereits fest, weil der staatlich<br />
bestellte Betreuer im Hinblick auf Art. 2 II 1 GG das Leben des Patienten nicht<br />
bewerten und deshalb nicht sagen kann, dass er besser sterben solle 32 . Dabei<br />
wird übersehen, dass schon die Zustimmung des Betreuers zur Behandlung -<br />
und d.h. auch zur weiteren Behandlung - dem Interesse des Patienten entsprechen<br />
muss. Nicht der Abbruch, sondern die Behandlung bedarf daher der<br />
Rechtfertigung aus dem Interesse des Patienten 33 . Diese Unterscheidung gewinnt<br />
um so größere praktische Bedeutung, je mehr die Medizin das Leben<br />
verlängern kann, denn nicht alles, was medizinisch möglich ist, entspricht dem<br />
Interesse des Patienten.<br />
Die folgenden Hinweise mögen diese allgemeine Aussage verdeutlichen: Stets<br />
dem Interesse des Patienten entsprechen Basispflege und Basisversorgung,<br />
Schmerzbehandlung und ggf. Sterbebegleitung 34 . Eine Behandlung des Grundleidens<br />
oder akuter Krankheiten dürfte dagegen nur dann im Interesse des<br />
Patienten liegen, soweit sie noch ärztlich sinnvoll erscheint und nicht nur das<br />
Leiden verlängert 35 . Auch eine Weiterbehandlung nach dem irreversiblen Verlust<br />
des Bewusstseins über die eben beschriebene Basisversorgung hinaus<br />
dürfte vom Interesse des Patienten her nicht begründbar zu sein 36 . Problematisch<br />
ist hier weniger die rechtliche als vielmehr die tatsächliche Frage, wann<br />
der Verlust des Bewusstseins wirklich unwiderruflich ist. Ausgeschlossen sind<br />
dagegen alle wirtschaftlichen Überlegungen zu den Kosten der weiteren Behandlung,<br />
weil sie nicht vom Wohl des Betreuten her legitimierbar sind. Das<br />
Vermögen des Betreuten dient ihm und nicht den mutmaßlichen Erben, ist<br />
daher auch nicht für sie zu erhalten. Auch die Verteilung knapper medizinischer<br />
Ressourcen ist keine Frage seines Wohls.<br />
<strong>Betreuung</strong>srecht, 1992, 124 ff.; MünchKommBGB/Schwab (Fn. 25), § 1901 BGB<br />
Rn. 4.<br />
31 Merkel, ZStW 107 (1995), 545 (573 f.); Vogel, MDR 1995, 337; Bienwald, FamRZ<br />
1998, 1138 f.; Nickel, MedR 1998, 520 (522); vgl. auch die Nachweise in Fn. 32.<br />
32 So z.B. AG Hanau BtPrax 1997, 82 (83); Jürgens, BtPrax 1998, 159 (160); Seitz,<br />
ZRP 1998, 417 (419); dagegen zutreffend Saliger, KritV 81 (1998), 118 (132 ff.).<br />
33 Taupitz (Fn. 8), A 18 f.<br />
34 Ebenso Spickhoff, NJW 2000, 2297 (2298); Taupitz (Fn. 8), A 17 f.<br />
35 Insoweit besteht Übereinstimmung mit den Richtlinien der Ärzteorganisationen in<br />
Deutschland und der Schweiz (oben Fn. 19); vgl. auch Opderbecke/Weißauer,<br />
MedR 1998, 395 (397); Verrel, JR 1999, 5 (6).<br />
36 Vgl. Schönke/Schröder/Eser (Fn. 8), Vorbem. §§ 211 ff. StGB Rn. 29 mwN.<br />
146 VormundschaftsGerichtsTag e.V.