Betrifft: Betreuung 4
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Betrifft: Betreuung 4
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Volker Lipp<br />
Zwar entscheidet in einem solchen Notfall nicht der Patient selbst, sondern der<br />
Arzt über die Behandlung; er ist dabei aber inhaltlich an den mutmaßlichen<br />
Willen des Patienten gebunden. Maßgeblich für das ärztliche Handeln ist dann,<br />
wie der Patient selbst entscheiden würde. Dabei sind vor allem seine früheren<br />
Äußerungen und Einstellungen von Bedeutung. Nur wenn der Arzt davon<br />
nichts weiß, darf auf das objektive Interesse des Patienten abgestellt werden 18 .<br />
Eine frühere Erklärung eines Patienten, in der er Anweisungen für seine Behandlung<br />
gibt, also eine sog. Patientenverfügung, ist somit von zentraler Bedeutung.<br />
Sie ist eine Entscheidung des Patienten in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts<br />
19 . Sie ist damit für den Arzt verbindlich, solange der Patient<br />
seinen Willen nicht erkennbar geändert hat.<br />
Dies alles gilt natürlich auch für die Behandlung eines Patienten am Ende<br />
seines Lebens. Ärztliche Maßnahmen sind nur zulässig, wenn und soweit sie<br />
dem gegenwärtigen mutmaßlichen Willen des Patienten entsprechen. Selbst<br />
eine medizinisch notwendige Behandlung ist demnach unzulässig, wenn sie<br />
nicht vom mutmaßlichen Willen des Patienten getragen wird. Das gilt auch<br />
dann, wenn er deshalb stirbt. Dies ist zwar Anlass, genau zu prüfen, ob dies<br />
seinem mutmaßlichen Willen tatsächlich entspricht. Es ist aber kein Grund,<br />
ihm sein Recht auf einen selbstbestimmten Tod abzuerkennen 20 .<br />
3. Als erstes Zwischenergebnis ist demnach festzuhalten, daß die ärztliche<br />
Behandlung nur so lange zulässig ist, wie sie vom Willen des Patienten getragen<br />
wird. Ist er nicht mehr entscheidungsfähig, muß mit allen aufschiebbaren<br />
Maßnahmen zugewartet werden, bis er wieder selbst darüber entscheiden kann.<br />
18 BGHSt 40, 257 (263); 35, 246 (249 f.); RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl. 1978, vor<br />
§ 677 BGB Rn. 74 f.. Auskünfte von Angehörigen des Patienten und von anderen<br />
ihm nahestehenden Personen sind allein für die Ermittlung seines mutmaßlichen<br />
Willens von Bedeutung, BGHZ 29, 46 (52); Olzen, ArztR 2001, 116 (118); Scheffen,<br />
ZRP 2000, 313 (316); Berger, JZ 2000, 797 (798).<br />
19 Vgl. Ziff. II.3.4. der „Medizinisch-Ethischen Richtlinien für die ärztliche <strong>Betreuung</strong><br />
sterbender und zerebral schwerst geschädigter Patienten“ der Schweizerischen Akademie<br />
der Medizinischen Wissenschaften vom 24.2.1995 (NJW 1996, 767 ff.) und<br />
Ziff. V. der „Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung“<br />
vom 11.9.1998 (NJW 1998, 3407); Uhlenbruck, Patiententestament, <strong>Betreuung</strong>sverfügung<br />
und Vorsorgevollmacht: Zur Selbstbestimmung im Vorfeld des Todes, 1996,<br />
10 ff.; ausführlich Eisenbart, Patienten-Testament und Stellvertretung in Gesundheitsangelegenheiten,<br />
1998, 47 ff.. Dagegen z.B. Spann, MedR 1983, 13 ff. Zurückhaltend<br />
Laufs, NJW 1997, 1609 (1616); ders., NJW 1998, 3399 (3400); Roxin (Fn.<br />
10), § 13 Rn. 66. Ihre eigentliche rechtliche Problematik liegt jedoch nicht in der<br />
Frage ihrer Verbindlichkeit für den Arzt, sondern darin, die Möglichkeit zum Widerruf<br />
oder zur Änderung auch dann sicherzustellen, wenn der Patient entscheidungsunfähig<br />
geworden ist (dazu unten IV.3., V.).<br />
20 BGHSt 40, 257 (260); 37, 376 (378); OLG Frankfurt/M. NJW 1998, 2747 (2748).<br />
142 VormundschaftsGerichtsTag e.V.