Betrifft: Betreuung 4
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Patientenautonomie und Sterbehilfe<br />
Behandlung auf Wunsch des Patienten. Die rechtliche Zulässigkeit der „passiven<br />
Sterbehilfe“ – oder besser: des Sterbenlassens - ist also nichts anderes als<br />
die Kehrseite des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten über seine Behandlung<br />
13 .<br />
„Aktive Sterbehilfe“ zielt demgegenüber nicht auf die Behandlung des Patienten<br />
und seiner Krankheit, sondern allein auf seine Tötung. Der Patient kann<br />
über seine Behandlung frei entscheiden, nicht aber seine Tötung gestatten. Sie<br />
liegt außerhalb seines Selbstbestimmungsrechts. Die Patientenautonomie vermag<br />
deshalb die „aktive Sterbehilfe“ in keinem Fall zu rechtfertigen. Zwischen<br />
dem Recht jedes Menschen auf den eigenen Tod in Würde und der „aktive<br />
Sterbehilfe“ genannten Tötung auf Wunsch des Patienten besteht demnach ein<br />
prinzipieller Unterschied!<br />
2. Problematisch wird die Selbstbestimmung des Patienten über seine Behandlung,<br />
wenn er entscheidungsunfähig ist (Geschäftsunfähigkeit, Einwilligungsunfähigkeit).<br />
Die fehlende tatsächliche Fähigkeit zur Selbstbestimmung lässt<br />
allerdings das Recht des Patienten zur Selbstbestimmung nicht entfallen 14 .<br />
Kann mit der Maßnahme zugewartet werden, bis der Patient wieder entscheidungsfähig<br />
wird, ohne ihn zu gefährden, muss der Arzt so lange warten und<br />
dessen Entscheidung einholen, um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten<br />
zu wahren 15 .<br />
Schwebt der Patient in Lebensgefahr, wahrt ein Zuwarten sein Selbstbestimmungsrecht<br />
allerdings nicht. Denn mit seinem Tod endet auch seine Möglichkeit<br />
zur Selbstbestimmung. In einem solchen Fall kann der Patient vor Beginn<br />
der Behandlung nicht gefragt werden. Das hebt das Selbstbestimmungsrecht<br />
des Patienten jedoch nicht auf 16 . An die Stelle seines erklärten Willens tritt<br />
dann sein mutmaßlicher Wille - und nicht etwa die Ansicht des Arztes 17 .<br />
13<br />
Es ist daher wenig hilfreich, wenn man - wie der BGH (BGHSt 40, 257 [260]) und<br />
ihm folgend das OLG Frankfurt (NJW 1998, 2747 [2748]) - zusätzlich zwischen<br />
„Sterbehilfe“ als Hilfe beim Sterben in der unmittelbaren Sterbephase und der „Hilfe<br />
zum Sterben“ in allen anderen Fällen unterscheidet. Denn diese tatsächlich durchaus<br />
unterschiedlichen Situationen unterscheiden sich rechtlich in keiner Weise.<br />
14<br />
Giesen, JZ 1990, 929 (938); Bernsmann, ZRP 1996, 87 (92).<br />
15<br />
BGH NJW 1977, 337 - OP-Erweiterung; BGH JZ 1985, 236; BGH VersR 1985,<br />
1187 (1188); BGH NJW 1993, 2372 (2374); Deutsch, Medizinrecht, 4. Aufl. 1997,<br />
Rn. 109 f.; Giesen JZ 1988, 1030 (1031); Voll (Fn. 3), 56, 141 f.; Roxin (Fn. 10),<br />
§ 18 Rn. 10 ff., 24. Unzutreffend daher BGHSt 35, 246 ff. - OP-Erweiterung.<br />
16<br />
OLG Düsseldorf, BtPrax 2001, 170; Giesen, JZ 1990, 929 (938); Bernsmann, ZRP<br />
1996, 87 (92).<br />
17<br />
BGH NJW 1993, 2372 (2374); BGHSt 12, 379 (384); RGZ 151, 349 (354); vgl.<br />
auch §§ 677, 680, 683 S. 1 BGB; Taupitz (Fn. 8), A 39.<br />
<strong>Betrifft</strong>: <strong>Betreuung</strong> 4 141