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Zur Situation der Kinderkrippen in den neuen Bundesländern - Infans

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um je<strong>den</strong> Preis, <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en, auch fachfrem<strong>den</strong> Berufen unterzukommen.<br />

26<br />

Alternativ zur Kündigung gehen e<strong>in</strong>zelne Geme<strong>in</strong><strong>den</strong> <strong>den</strong> Weg <strong>der</strong> zwangsweisen<br />

Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstun<strong>den</strong>, notfalls auch gegen <strong>den</strong> Willen <strong>der</strong> Betroffenen.<br />

5. Die Krippen <strong>der</strong> <strong>neuen</strong> Bundeslän<strong>der</strong>n im Spannungsfeld e<strong>in</strong>es West-Ost-<br />

Gegensatzes<br />

Die Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> bei<strong>den</strong> deutschen Teilstaaten hat zwei Systeme <strong>der</strong> Frühsozialisation<br />

zusammengeführt, die unterschiedlicher nicht se<strong>in</strong> könnten. Während sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

alten Bundesrepublik Kernfamilie und Großeltern die Betreuungsaufgabe für K<strong>in</strong><strong>der</strong> unter 3<br />

Jahren im wesentlichen teilen, stan<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR für 55.6% <strong>der</strong> Altersgruppe Krippenplätze<br />

zur Verfügung, berücksichtigt man das von fast allen Müttern <strong>in</strong> Anspruch genommene<br />

Babyjahr, für mehr als 80% <strong>der</strong> e<strong>in</strong>- und zweijährigen K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Nur knapp 2% <strong>der</strong> unter<br />

dreijährigen K<strong>in</strong><strong>der</strong> können demgegenüber <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten Bundesrepublik <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Krippe betreut<br />

wer<strong>den</strong>. Rechnet man die Plätze <strong>in</strong> staatlich kontrollierten und nicht-kontrollierten<br />

Tagespflegestellen h<strong>in</strong>zu, kommt man auf e<strong>in</strong>en Versorgungsgrad von maximal 6% <strong>der</strong><br />

Altersgruppe (vgl. Tietze & Roßbach, 1991).<br />

Krippenbetreuung steht <strong>in</strong> <strong>den</strong> Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> alten Bundesrepublik im Verdacht, die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und ihr Wohl ernsthaft zu gefähr<strong>den</strong>. Krippen wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fachzeitschriften als Institutionen <strong>der</strong> "Gefährdungsbetreuung" bezeichnet und zugleich wird<br />

gefor<strong>der</strong>t: "E<strong>in</strong> 'bedarfsorientiertes Angebot' von Krippenplätzen, das sich e<strong>in</strong>fach an e<strong>in</strong>er<br />

unreflektierten Nachfrage ohne Kenntnis und ohne Warnung vor <strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

orientiert, darf es nicht geben. ... Im Bereich <strong>der</strong> DDR bedeutet das: weitgehende Auflösung des<br />

Krippensystems bis auf unseren Notlagen-Level und gleichzeitige massive Aufwertung <strong>der</strong><br />

Familie."(Pechste<strong>in</strong> 1990, S. 266)<br />

Es ist an <strong>der</strong> Zeit, die Diskussion um Risiken und Chancen e<strong>in</strong>er Krippenbetreuung <strong>in</strong> Ost und<br />

West neu zu beg<strong>in</strong>nen. E<strong>in</strong>e auf Glaubensgrundsätzen beruhende Kritik an <strong>den</strong> Krippen <strong>der</strong><br />

ehemaligen DDR und ihrer Pädagogik als e<strong>in</strong>er Ersche<strong>in</strong>ung "aus dem Reich des Bösen" ist<br />

dabei wenig hilfreich und durch die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise<br />

zu rechtfertigen. Der Stand <strong>der</strong> Forschung verweist vielmehr auf die Bedeutung von<br />

qualitativen Betreuungsparametern und läßt ke<strong>in</strong>e Hoffnung, das auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n existierende Problem <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>betreuung mit e<strong>in</strong>er "das-K<strong>in</strong>d-gehört-zur-<br />

Mutter"-Formel lösen zu können.<br />

Diffamierende Äußerungen gegenüber <strong>den</strong> Krippen <strong>der</strong> <strong>neuen</strong> Bundeslän<strong>der</strong> wie die oben<br />

zitierte verlangen (noch e<strong>in</strong>mal: ohne wissenschaftliche Legitimation) <strong>den</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Krippen und <strong>den</strong> Eltern das E<strong>in</strong>geständnis ab, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Dekade <strong>der</strong> Existenz<br />

<strong>der</strong> DDR so gut wie alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> durch <strong>den</strong> Besuch <strong>der</strong> Krippen <strong>in</strong> ihrer Entwicklung<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt und <strong>in</strong> ihren Chancen auf e<strong>in</strong> glückliches Leben verkürzt zu haben. Nach<br />

anfänglicher Verunsicherung ist <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>neuen</strong> Bundeslän<strong>der</strong>n Verbitterung und<br />

äußerste <strong>Zur</strong>ückhaltung gegenüber <strong>der</strong>artigen Stellungnahmen aus dem Westen zu beobachten.<br />

Wohl ist bei Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>neuen</strong> Bundeslän<strong>der</strong>n gelegentlich e<strong>in</strong>e im Westen<br />

ungewohnte Gefühlskontrolle auch schon im frühen Alter zu beobachten: Videoaufnahmen von<br />

e<strong>in</strong>em soeben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kita aufgenommenen knapp 3-jährigen K<strong>in</strong>d z. B. zeigen, wie beim<br />

Anblick <strong>der</strong> nach e<strong>in</strong>er ersten Trennung zurückkehren<strong>den</strong> Mutter <strong>der</strong> Junge e<strong>in</strong>en Jubelruf<br />

ausstößt: "Da ist die Mutti!" dann aber nicht, was zu erwarten gewesen wäre, auf die Mutter<br />

zuläuft, son<strong>der</strong>n die Arme vor se<strong>in</strong>er Brust verschränkt (sich zurückhält) und auf se<strong>in</strong>em Platz<br />

bleibt. Diese an <strong>den</strong> von H.-J Maaz geprägten Begriff e<strong>in</strong>es "Gefühlsstau" mahnende Verhalten<br />

hatte das K<strong>in</strong>d jedoch nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krippe erworben (die es garnicht besucht hatte), son<strong>der</strong>n <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Familie. Das Beispiel illustriert, daß an Krippenk<strong>in</strong><strong>der</strong>n beobachtbares Verhalten<br />

i nfans

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