Zur Situation der Kinderkrippen in den neuen Bundesländern - Infans
Zur Situation der Kinderkrippen in den neuen Bundesländern - Infans
Zur Situation der Kinderkrippen in den neuen Bundesländern - Infans
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten konnte sich auf Ansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> westdeutschen Vorschulpädagogik berufen, wie sie<br />
etwa mit dem Erprobungsprogramm während <strong>der</strong> 70er Jahre entwickelt wor<strong>den</strong> waren<br />
(Stichwort: <strong>Situation</strong>sansatz, e<strong>in</strong> Begriff, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>neuen</strong> Bundeslän<strong>der</strong>n über e<strong>in</strong>ige Zeit e<strong>in</strong><br />
magisches Wort war, das alle kannten, aber worunter sich wenige etwas genaueres vorstellen<br />
konnten), o<strong>der</strong> aber an<strong>der</strong>e Modelle wie Waldorf, Montessori o<strong>der</strong> Reggio als Orientierung<br />
heranziehen. Speziell für <strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR so umfassend ausgebauten Krippenbereich lagen und<br />
liegen <strong>der</strong>artige Modelle nicht vor.<br />
Es begann für die Krippen e<strong>in</strong>e Zeit <strong>der</strong> Orientierungslosigkeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Krippenordnung <strong>der</strong><br />
DDR und die pädagogischen Programme zwar außer Kraft gesetzt, jedoch ke<strong>in</strong>e <strong>neuen</strong><br />
Richtl<strong>in</strong>ien an ihre Stelle getreten waren. Zudem waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mit dem Beg<strong>in</strong>n des<br />
Aufbaus <strong>der</strong> Jugendämter die alten regionalen und überregionalen (An-)Leitungsstrukturen<br />
verschwun<strong>den</strong>, so daß die Krippen sich aus allen Zusammenhängen herausgelöst sahen, die<br />
doch <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR e<strong>in</strong>e so große Rolle für sie gespielt hatten.<br />
In vielen Fällen hielten die alten Verb<strong>in</strong>dungen zwischen <strong>den</strong> Leiter<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Grenzen <strong>der</strong> alten Krippenvere<strong>in</strong>igungen noch und wur<strong>den</strong> zunächst für<br />
wechselseitige Information, Erfahrungsaustausch und Selbstverständigung genutzt. Pr<strong>in</strong>zipiell<br />
aber sahen sich die E<strong>in</strong>richtungen vor die Notwendigkeit gestellt, ihren Betrieb ohne die<br />
gewohnte Anleitung und ohne ausreichende Information über die <strong>neuen</strong> organisatorischen<br />
Regularien, die auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> entstehen<strong>den</strong> Jugendämtern häufig unbekannt waren,<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
In dieser Lage g<strong>in</strong>gen zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>zelne Krippen neue Wege:<br />
- Durch Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Raumgestaltung und -zuordnung konnte das günstige<br />
Raumangebot <strong>der</strong> Zweckbauten besser genutzt wer<strong>den</strong>. Insbeson<strong>der</strong>e die E<strong>in</strong>führung<br />
von Stapelliegen bzw. Matratzen ermöglichte es, <strong>den</strong> zweiten Gruppenraum, <strong>der</strong> zuvor<br />
als Schlafraum genutzt wurde, für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> auch während <strong>der</strong> Spielzeiten zugänglich<br />
zu halten.<br />
- Durch Raumteiler (Vorhänge, Schränke) wur<strong>den</strong> Rückzugsmöglichkeiten für die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
geschaffen, die von <strong>der</strong> Erzieher<strong>in</strong> nicht ohne weiteres e<strong>in</strong>gesehen wer<strong>den</strong> konnten - e<strong>in</strong><br />
krasser Gegensatz zu <strong>der</strong> Verpflichtung zu unablässiger Beaufsichtigung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
zuvor. (Ich werde nie das bleiche Gesicht e<strong>in</strong>er Potsdamer Krippenleiter<strong>in</strong> vergessen,<br />
die es e<strong>in</strong>er von e<strong>in</strong>er West-Berl<strong>in</strong>er Fortbildung zurückgekehrten Erzieher<strong>in</strong> erlaubt<br />
hatte, e<strong>in</strong>en solchen W<strong>in</strong>kel für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu schaffen. Beaufsichtigung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />
Unfallverhütung wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR bis zur Skurrilität ernst genommen und spielen<br />
auch heute noch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Krippen und K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten <strong>der</strong> <strong>neuen</strong> Bundeslän<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />
herausragende Rolle. Der Versuch <strong>der</strong> DDR, alle Risiken für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu vermei<strong>den</strong>,<br />
trug wesentlich zu dem starren Reglement <strong>in</strong> <strong>den</strong> Krippen bei.)<br />
- Die Krippen wur<strong>den</strong> für die Eltern geöffnet, die früher außerhalb <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>gewöhnungszeit zu <strong>den</strong> Gruppenräumen ke<strong>in</strong>en Zutritt hatten.<br />
- Die größtenteils noch homogene Altersstruktur <strong>der</strong> Gruppen wurde zunächst durch<br />
Formen <strong>der</strong> "kle<strong>in</strong>en Altersmischung" (1-3 Jahre) aufgelockert.<br />
- Die strikten Hygieneregeln, die regelmäßige, häufig tägliche Des<strong>in</strong>fektion <strong>der</strong><br />
Krippenräume, <strong>der</strong> Möbel und Gebrauchsgegenstände vorschrieben, wur<strong>den</strong> gelockert.<br />
Der Geruch nach Des<strong>in</strong>fektionsmitteln ist heute fast völlig aus <strong>den</strong> Krippen<br />
verschwun<strong>den</strong>.<br />
- Die "Beschäftigungen" wur<strong>den</strong> h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Dauer, ihrer Systematik und <strong>der</strong><br />
Striktheit ihrer Durchführung liberalisiert, selten ganz aufgegeben.<br />
i nfans