Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche ... - BSCW
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Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich<br />
Departement 2 / Psychomotoriktherapie 0609<br />
Wissenschaftliche Arbeit: Bachelor-Arbeit<br />
<strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> -<br />
Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />
als pädagogisch-therapeutisches Konzept zur Behandlung von<br />
Patienten mit Störung im Sozialverhalten<br />
Eingereicht von: Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Begleitung: Beatrice Uehli Stauffer<br />
Datum der Abgabe: 12.02.2009
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Abstract<br />
Im Rahmen unserer Bachelorarbeit an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik<br />
schreiben wir über die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> die<br />
psychomotorische Arbeit mit Patienten der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie. Wir fragen<br />
danach, wie Herzka <strong>und</strong> Hüther die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong><br />
beschreiben <strong>und</strong> wie in Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien in Hamm, Amersfoort <strong>und</strong> Basel in<br />
der Psychomotoriktherapie gearbeitet wird. Weiter beschäftigen wir uns mit dem<br />
Erscheinungsbild der Störung des Sozialverhaltens, den Zielen in der Arbeit mit betroffenen<br />
Patienten <strong>und</strong> den Möglichkeiten, mittels psychomotorischer Spielideen daran zu arbeiten.<br />
Wir beantworten die Fragestellungen mittels Literaturrecherchen, Fragebogen <strong>und</strong> eigenen<br />
Erfahrungen. Im Weiteren entstehen psychomotorische Spielideen in acht Phasen, welche<br />
nach Zielen orientiert sind <strong>und</strong> aufeinander aufbauen.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 7<br />
1.1 Persönlicher Bezug zur Fragestellung 7<br />
1.2 Erläuterung <strong>und</strong> Begründung der Themenwahl 9<br />
1.3 Genaue Formulierung der Forschungsfragen 10<br />
1.4 Rahmenbedingungen 11<br />
1.5 Forschungsmethoden 11<br />
2 <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> 14<br />
2.1 Einleitung 14<br />
2.2 Die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> nach Herzka 14<br />
2.2.1 Heinz-Stefan Herzka 14<br />
2.2.2 Das dialogische Konzept von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> 15<br />
2.2.3 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie 19<br />
2.2.4 Persönliche Stellungnahme 20<br />
2.3 Embodiment nach Hüther 22<br />
2.3.1 Gerald Hüther 22<br />
2.3.2 Prinzip des Embodiment 22<br />
2.3.3 Die Wechselbeziehung <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> aus<br />
neurobiologischer Sicht 23<br />
2.3.4 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie 29<br />
2.3.5 Persönliche Stellungnahme 30<br />
2.4 Erkenntnisse zur <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> nach<br />
Herzka <strong>und</strong> Hüther 31<br />
3 Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie 33<br />
3.1 Einleitung 33<br />
3.2 Beispiele der Psychomotoriktherapie in Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien<br />
im Ausland 33<br />
3.2.1 LWL Klinik in Hamm, Deutschland 33<br />
3.2.2 Symfora Groep in Amersfoort, Holland 38<br />
3.3 Aktuelle Lage der Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie der Schweiz 40<br />
3.3.1 Beschäftigungslage der Psychomotoriktherapie im KJPK Basel 40<br />
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3.3.2 Persönliche Stellungnahme 41<br />
3.4 Erkenntnisse aus den Beispielen der Psychomotoriktherapie in Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendpsychiatrien 42<br />
4 Störung im Sozialverhalten in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie 43<br />
4.1 Begründung der Themenwahl 43<br />
4.2 Definition 44<br />
4.3 Klassifikation 44<br />
4.3.1 Klinisch-kategoriale Ansätze 44<br />
4.3.2 Empirisch-taxonomische Ansätze 45<br />
4.4 Diagnostik 47<br />
4.4.1 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach<br />
DSM-IV 47<br />
4.4.2 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach<br />
ICD-10 47<br />
4.4.3 Inhaltliche Unterschiede <strong>zwischen</strong> DSM-IV <strong>und</strong> ICD-10 bezogen<br />
auf die Störungen im Sozialverhalten 48<br />
4.5 Häufigkeit 48<br />
4.6 Komorbidität 49<br />
4.7 Ätiologie 49<br />
4.7.1 Konstitutionelle Faktoren 49<br />
4.7.2 Soziale <strong>und</strong> familiäre Faktoren 49<br />
4.7.3 Peer Gruppe <strong>und</strong> Schule 50<br />
4.7.4 Massenmedien 50<br />
4.8 Verlauf 50<br />
5 Psychomotorische Spielideen zur Behandlung von Patienten mit<br />
Störungen im Sozialverhalten 51<br />
5.1 Eingrenzung des Themas 51<br />
5.2 Theoretische Ableitung der Interventionen 52<br />
5.3 Anleitung zu den psychomotorischen Spielideen in acht Phasen 53<br />
5.4 Psychomotorische Spielideen 55<br />
5.4.1 Phase 1 55<br />
5.4.2 Phase 2 58<br />
5.4.3 Phase 3 60<br />
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5.4.4 Phase 4 62<br />
5.4.5 Phase 5 65<br />
5.4.6 Phase 6 67<br />
5.4.7 Phase 7 70<br />
5.4.8 Phase 8 72<br />
5.5 Diskussion der psychomotorischen Spielideen 75<br />
6 Schlussdiskussion 76<br />
6.1 Wichtigste Ergebnisse unserer Arbeit in Bezug auf unsere<br />
Fragestellungen 76<br />
6.2 Kritische Diskussion unserer Arbeit 79<br />
6.3 Konsequenzen <strong>und</strong> Schlussfolgerungen für die pädagogisch-<br />
therapeutische Praxis 79<br />
6.4 Visionen 80<br />
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Vorwort<br />
Wir bedanken uns herzlich für die Unterstützung durch Beatrice Uehli Stauffer. Sie nahm<br />
unsere Anliegen ernst <strong>und</strong> stand uns bei Fragen stets zur Verfügung.<br />
Weiterer Dank geht an alle Damen <strong>und</strong> Herren, die uns beim Erstellen unserer Arbeit<br />
unterstützt haben, sei dies beim Gegenlesen, bei der Formatierung oder beim Ausdrucken<br />
<strong>und</strong> Binden.<br />
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1 Einleitung<br />
1.1 Persönlicher Bezug zur Fragestellung<br />
Die Themengebiete der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong><br />
<strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> haben uns beide aus persönlichen Gründen interessiert. Sie schienen für<br />
uns in der Praxis untrennbar voneinander zu sein.<br />
In der Zeit vor dem Studium der Psychomotoriktherapie an der Interkantonalen Hochschule<br />
für Heilpädagogik in Zürich arbeiteten wir beide im Klinischen Bereich <strong>und</strong> hatten da<br />
Berührung mit der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong>. Diese Erfahrungen<br />
prägten uns stark.<br />
Simone Rüegg war im Kindergarten des Kinderspitals Zürich tätig, wo Kinder oft körperlich<br />
<strong>und</strong> psychisch stark belastet waren. Sie machte dort die Erfahrung, dass sich die Kinder mit<br />
Zuwendung, Akzeptanz <strong>und</strong> Freude am Spiel während diesen St<strong>und</strong>en als selbstwirksam<br />
erleben konnten. Dadurch konnte die psychische Verfassung stark verbessert werden. Die<br />
Kinder sagten jeweils, die Kindergartenst<strong>und</strong>e sei ihre “Sternst<strong>und</strong>e des Tages“ gewesen.<br />
Von Seiten der Eltern waren ebenfalls positive Rückmeldungen zu vernehmen. In einem<br />
Pflegepraktikum mit Erwachsenen in der Hirslanden Klinik in Zürich wurde im täglichen<br />
Kontakt mit den Patienten deutlich, dass sich körperliche Belastungen stark auf die <strong>Psyche</strong><br />
niederschlagen. Die Patienten zeigten beispielsweise aggressives Verhalten oder schienen<br />
deprimiert, wenn sie tagelang an ihr Bett geb<strong>und</strong>en waren.<br />
Angela Wyler arbeitete in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie in Rüfenach. Sie konnte dort<br />
den Alltag mit psychisch kranken Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen gestalten <strong>und</strong> hautnah<br />
miterleben. Ihr wurde vor allem in der Freizeitgestaltung der Patienten bewusst, wie wichtig<br />
Bewegung <strong>und</strong> das Ausleben der Kreativität für das Wohlbefinden der Patienten sind. Im<br />
Weiteren weckte diese Zeit bei ihr ein grosses Interesse an psychischen Krankheiten <strong>und</strong><br />
deren Therapiemöglichkeiten – vor allem bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />
Das Studium an der Hochschule für Heilpädagogik <strong>und</strong> dessen Curricula mit Fächern wie<br />
Psychologie (Entwicklungspsychologie, Gr<strong>und</strong>strömungen, Lern- <strong>und</strong> Wahrnehmungs-<br />
Psychologie), Entwicklungstheorien (Psychosoziale Entwicklung <strong>und</strong> Beobachtung),<br />
Entwicklungsstörungen (im emotionalen <strong>und</strong> sozialen Erleben <strong>und</strong> Verhalten) sowie Medizin<br />
(Anatomie <strong>und</strong> Physiologie, Entwicklungspsychopathologie, Neurophysiologie, Neuro-<br />
anatomie <strong>und</strong> Sinnesphysiologie) konnte uns dafür begeistern, uns weiter mit diesen<br />
Themen auseinander zu setzen.<br />
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Mit dem erworbenen Basiswissen in den oben genannten Fächern trauen wir uns zu, unsere<br />
Bachelorarbeit im Themengebiet der Medizin <strong>und</strong> der Psychologie, sprich der Psychiatrie, zu<br />
schreiben.<br />
Im Rahmen einer Studienreise hatten wir die Möglichkeit, eine Psychiatrie der Symfora<br />
Groep in Amersfoort (NL) zu besuchen. Dort konnten wir die psychomotorische Arbeit in der<br />
Psychiatrie kennen lernen. Dies motivierte uns, ein Praktikum im klinischen Bereich zu<br />
suchen. Wir weiteten die Suche in den deutschsprachigen Raum im Ausland aus, da sich in<br />
der Schweiz keine Möglichkeiten eröffneten. Wir bekamen die Möglichkeit, an die Wurzeln<br />
der Psychomotorik im klinischen Bereich zu gehen <strong>und</strong> ein Praktikum in der LWL Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie in Hamm (D) zu absolvieren. Diese in Deutschland gewonnenen<br />
Erfahrungen möchten wir gerne in unsere Arbeit einfliessen lassen.<br />
Wir verwenden in unserer Arbeit den Begriff der “Patienten“ in der männlichen Mehrzahl. Im<br />
Berufsfeld der Psychiatrie wird vor allem der Begriff des Patienten gebraucht. Er beschreibt<br />
eine vom Arzt oder angehörige anderer Heilberufe behandelte Person (vgl. Wermke, Kunkel-<br />
Razum & Scholze-Stubenrecht, 2007). Da wir uns in unserer Arbeit vertieft mit dem Bereich<br />
der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie beschäftigen, wählten wir diesen klinisch gefärbten<br />
Begriff. Wir wählten ihn in männlicher Mehrzahl, um den Text leserlicher zu gestalten,<br />
meinen damit aber stets weibliche <strong>und</strong> männliche Personen. In der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie trifft man zudem zu einem grösseren Teil männliche Patienten an. Auch<br />
dies bewog uns, die männliche Form zu wählen.<br />
Psychomotoriktherapie verstehen wir, in Anlehnung an die Begriffsdefinition der<br />
Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik, wie folgt:<br />
„Bei der Psychomotoriktherapie handelt es sich um ein pädagogisch-therapeutisches<br />
Konzept der kindlichen Entwicklungsförderung, bei dem Spiel <strong>und</strong> Bewegung als zentrale<br />
Erfahrungs- <strong>und</strong> Interaktionsmedien eingesetzt werden. Ziel ist eine ganzheitliche Förderung<br />
der Persönlichkeitsentwicklung in den Dimensionen Ich-, Sach- <strong>und</strong> Sozialkompetenz“<br />
(Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, 2009).<br />
Wir sprechen ebenfalls, um die Leserlichkeit zu unterstützen, nur von (Psychomotorik-)<br />
Therapeuten <strong>und</strong> meinen damit jeweils (Psychomotorik-)Therapeutinnen <strong>und</strong> (Psycho-<br />
motorik-)Therapeuten.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
1.2 Erläuterung <strong>und</strong> Begründung der Themenwahl<br />
Wie es in unserer Berufsbezeichnung schon anklingt, werden <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> als Ganzes<br />
oder in <strong>Wechselwirkung</strong> stehende Teile eines Ganzen verstanden. In der alltäglichen<br />
Erfahrung scheint dies selbstverständlich <strong>und</strong> auch in der Sprache finden sich zahlreiche<br />
Redewendungen, welche dieses Zusammenspiel ausdrücken, wie zum Beispiel: “Dies<br />
(Problem, Konflikt) schlägt mir auf den Magen.“ Gleichzeitig werden auf der Sachebene<br />
jedoch <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> noch getrennt dargestellt <strong>und</strong> behandelt, was einige Nachteile mit<br />
sich bringt. Unter anderem führt dies dazu, dass in der Medizin teilweise die <strong>Psyche</strong><br />
vernachlässigt wird, während in der Psychiatrie der <strong>Körper</strong> wenig Beachtung findet.<br />
Wir entschieden uns, wegen den genannten einseitigen Sichtweisen, uns mit einem<br />
bestehenden Konzept <strong>und</strong> einem Prinzip auseinanderzusetzen: zum einen mit dem Konzept<br />
der Dialogik von Herzka (1992, 2004, 2005) <strong>und</strong> zum anderen mit dem Prinzip des<br />
Embodiment aus neurobiologischer Sicht nach Hüther (Storch, Cantieni, Hüther &<br />
Tschacher, 2006).<br />
Herzka spielt eine wichtige Rolle in der Psychiatrie für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche der Schweiz.<br />
Er kennt das Gebiet ausgezeichnet <strong>und</strong> ist einer der herausragendsten Spezialisten der<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie unseres Landes. Mit seinen vielen Veröffentlichungen <strong>und</strong><br />
Vorträgen prägt er das Denken der Menschen, die sich mit den Schwierigkeiten psychisch<br />
belasteter Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen auseinandersetzen. Neben seinen supervisorischen<br />
Aufgaben bei Psychomotoriktherapeuten ist er auch als Dozent an der Hochschule für<br />
Heilpädagogik tätig <strong>und</strong> vermittelt dort Psychomotoriktherapeuten sein Wissen. Somit verfügt<br />
er über ein enormes Hintergr<strong>und</strong>wissen über Psychomotoriktherapie. Er beschäftigt sich<br />
schon lange mit dem Zusammenspiel <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> vertritt eine<br />
dialogische Auffassung, die von einem Zwei-Einheiten-Denken ausgeht, wie später genauer<br />
beschrieben wird.<br />
Er scheint uns ein idealer Bezugspunkt für unsere Arbeit, da sich wahrscheinlich kaum<br />
jemand so gut mit den Eigenschaften der Schweizer Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie, sowie<br />
der aktuellen Lage der Psychomotoriktherapie in der Schweiz auskennt. Herzka beschreibt<br />
die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> interessant. Er beleuchtet die<br />
gegenseitige Abhängigkeit von <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> in der Entwicklung, die Bedeutung der<br />
Motorik, sowie Zusammenhänge <strong>zwischen</strong> Pathologien <strong>und</strong> motorischen Auffälligkeiten. Dies<br />
konnten wir sehr gut als Theorieinhalte für unsere Arbeit nutzen.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Weiter entschieden wir uns dazu, das Prinzip des Embodiment nach Hüther genauer zu<br />
erläutern, weil einerseits das Prinzip des Embodiment, aber auch die Psychomotoriktherapie<br />
davon ausgehen, dass es ein Wechselspiel <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> gibt. Hüther ist<br />
einer der führenden Neurobiologen. Er argumentiert auf neurobiologischer Ebene <strong>und</strong> kann<br />
die Ursachen <strong>und</strong> Zusammenhänge von <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> auf dieser Ebene erläutern. Dies<br />
schien uns für unsere Arbeit sehr interessant, da die Medizin häufig entweder nur die Seite<br />
der <strong>Psyche</strong> oder die des Köpers analysiert. Hüther arbeitet an mehreren wissenschaftlichen<br />
Studien zu solchen Vorgängen, was unsere Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Im Umfeld der<br />
Psychiatrie ist es wichtig, auf der neurobiologischer Ebene zu argumentieren <strong>und</strong> erklären zu<br />
können, dass ein Wechselspiel <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> besteht, denn diese<br />
medizinisch orientierte Fachrichtung beschäftigt sich ebenfalls mit Neurobiologie. Die<br />
Psychomotoriktherapie arbeitet im therapeutischen Prozess unter Berücksichtigung dieses<br />
Wechselspiels. Hüther beschreibt, dass er die motorische Ebene als einen sehr guten<br />
Zugang zur sensorischen <strong>und</strong> affektiven Ebene eines Menschen ansieht. Da<br />
Psychomotoriktherapie Spiel <strong>und</strong> Bewegung als Zugangsmedium zum Menschen betrachtet,<br />
stimmen wir dort sehr mit seinen Ansichten überein.<br />
Hüther ist auch der Meinung, dass unsere Kultur von einer Trennung <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Psyche</strong> geprägt ist. Er beschreibt das Erstaunen des Einzelnen, wenn er sich der<br />
<strong>Wechselwirkung</strong> bewusst wird <strong>und</strong> ist der Meinung, wir sollten uns auf die Einheit besinnen.<br />
Das verstärkte Interesse an der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> führte uns<br />
zurück in den klinischen Bereich. Bei uns stellte sich die Frage, weshalb die<br />
Psychomotoriktherapie in diesem Gebiet noch nicht Fuss gefasst hat, da wir sie als ideale<br />
Therapiemöglichkeit, besonders für das klinische Arbeitsfeld, ansehen. Auf Gr<strong>und</strong> dessen<br />
möchten wir in dieser Arbeit beschreiben, wie die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Psyche</strong> aussieht, wo in der klinischen Praxis die Psychomotoriktherapie bereits<br />
Berücksichtigung findet. Wir möchten herleiten, wie wir an der konkreten Diagnose der<br />
“Störung im Sozialverhalten“ psychomotorisch ansetzten würden.<br />
1.3 Genaue Formulierung der Forschungsfragen<br />
Für unsere Bachelorarbeit ergaben sich folgende Fragestellungen:<br />
− Welche Argumente aus dem Konzept der Dialogik von Herzka <strong>und</strong> dem Prinzip des<br />
Embodiment von Hüther machen eine relevante Aussage über die <strong>Wechselwirkung</strong><br />
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<strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> lassen sich in Bezug zur Psychomotoriktherapie<br />
setzen?<br />
− Wie gestaltet sich die psychomotorische Arbeit in Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien in<br />
Hamm (D), Amersfoort (NL) <strong>und</strong> Basel (CH)?<br />
− Wie lässt sich die Diagnose „Störung im Sozialverhalten“ in der Kinder- <strong>und</strong> Jugend-<br />
psychiatrie beschreiben <strong>und</strong> welche Ziele lassen sich in der Therapie mittels eigener<br />
psychomotorischer Spielideen erreichen?<br />
1.4 Rahmenbedingungen<br />
Im Rahmen unserer Ausbildung an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in<br />
Zürich, genauer im Studiengang Psychomotoriktherapie, schreiben wir eine<br />
wissenschaftliche Bachelorarbeit. Diese wird im Zeitraum von Sommer 2008 bis Februar<br />
2009 verfasst werden.<br />
Für allfällige Kosten kommen die Verfasserinnen selbst auf.<br />
An der Hochschule für Heilpädagogik werden wir von Dr. phil. Beatrice Uehli Stauffer<br />
begleitet <strong>und</strong> unterstützt.<br />
1.5 Forschungsmethoden<br />
Im Kapitel 2, in der Auseinandersetzung mit der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Psyche</strong>, nahmen wir als erstes eine Analyse der vorhandenen Literatur vor. Da sich die<br />
Auswahl zu diesem Thema als sehr breit erwies <strong>und</strong> das Thema von sehr verschiedenen<br />
Standpunkten her beleuchtet wurde, beschränkten wir uns auf zwei ausgewählte<br />
Sichtweisen.<br />
Das Themengebiet der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie umfasst im Wesentlichen die Bereiche<br />
der Psychologie <strong>und</strong> Medizin. Aufgr<strong>und</strong> dessen entschieden wir uns für Literatur aus diesen<br />
beiden Bereichen. Herzka beschreibt aus psychologischer Sichtweise die <strong>Wechselwirkung</strong><br />
<strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> nimmt Bezug zur Psychomotorik, dies überzeugte uns<br />
sehr (Herzka, 1992, 2004, 2005).<br />
Anhand einer Dokumentenanalyse beschreiben wir in groben Zügen das Prinzip des<br />
Embodiment (Storch et al., 2006), um uns einen Überblick zu verschaffen. Wir gehen<br />
genauer auf die Beschreibung der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> ein, da sie<br />
zentral in unserer Arbeit ist <strong>und</strong> von Hüther prägnant <strong>und</strong> einleuchtend beschrieben wurde.<br />
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Um im Kapitel 3 Kenntnisse über die Anwendung von Psychomotoriktherapie im Bereich der<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie zu schaffen, beschrieben wir Beispiele aus Hamm (D),<br />
Amersfoort (NL), <strong>und</strong> Basel (CH). Im Sommer 2008 konnten wir ein Praktikum in einer<br />
deutschen Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie in Hamm absolvieren.<br />
Die Geburtsst<strong>und</strong>e der Deutschen Psychomotoriktherapie ist mit Ernst „Jonny“ Kiphard im<br />
Bereich der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie zu finden. Dies haben wir anhand einer<br />
Dokumentenanalyse (Hanne-Behnke, 2001; Kiphard, 2001; Köckenberger & Hammer, 2004;<br />
Zimmer, 2006) zusammengefasst.<br />
Hamm beschreiben wir aus eigener Erfahrung <strong>und</strong> Gesprächen mit dem Leiter der<br />
Psychomotorikabteilung. Ebenfalls aus eigener Erfahrung beschrieben wir die Arbeit der<br />
Psychomotoriktherapie in der Psychiatrie in Amersfoort (NL).<br />
Für die Darstellung der aktuellen Lage der Psychomotoriktherapie in der Schweizer Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendpsychiatrie konsultierten wir eine Liste des VSKJ (Vereinigung der Leiter/inner<br />
von stationären Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrischen Einrichtungen, siehe Anhang). Unsere<br />
Recherchen ergaben, dass in der Schweiz lediglich zwei Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrische<br />
Institutionen Psychomotoriktherapie anbieten, die Tagesklinik in Fribourg <strong>und</strong> das KJPK in<br />
Basel. Wir fragten per Mail <strong>und</strong> Telefon an <strong>und</strong> baten sie, uns einen kurzen E-Mail-<br />
Fragebogen auszufüllen. Aus zeitlichen Gründen entschieden wir uns für einen Fragebogen<br />
<strong>und</strong> nicht für ein persönliches Interview. Wir bekamen von beiden Institutionen eine<br />
Bestätigung für die Beantwortung des Fragebogens, wegen Arbeitsunfähigkeit einer<br />
Therapeutin erhielten wir aber nur einen Fragebogen zurück, den wir qualitativ auswerten<br />
konnten.<br />
In der Ausarbeitung der Fragen wollten wir über folgende Bereiche mehr erfahren:<br />
− Stand der aktuellen Beschäftigungslage (Wieso wird Psychomotoriktherapie ange-<br />
boten? Wie viel Stellenprozent Psychomotoriktherapie hat es? Wer überweist die<br />
Patienten? Problemstellungen der Patienten? Frequenz der Therapiest<strong>und</strong>en?)<br />
− Konzepte/ Theoretische Hintergründe der praktischen Arbeit<br />
− Anknüpfungspunkte zu unserer Arbeit (<strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong>)<br />
Um im Kapitel 4 an einem konkreten Beispiel aufzuzeigen, wie die psychomotorische Arbeit<br />
in einer Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie aussehen könnte, haben wir mittels<br />
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Dokumentenanalysen (Sass, Wittchen & Zaudig, 1996; Klinik Sonnenhof, 2008) <strong>und</strong> eigener<br />
Datenerhebung (der gestellten Diagnosen in Hamm) das Thema “Störung im<br />
Sozialverhalten“ konkretisiert. Die Daten aus Hamm konnten wir aus Patientenakten<br />
herauslesen <strong>und</strong> notieren. Wir haben die Daten in zwei Tabellen zusammengefasst. Eine<br />
tabellarische Darstellung zeigt die Anzahl gestellter Ein- oder Mehrfachdiagnosen mit<br />
Störung im Sozialverhalten (F 92.0, F 90.1, F 92.8) <strong>und</strong> weitere komorbide Störungen. Im<br />
Anhang ist eine Gesamttabelle zu finden mit allen erfassten Patienten <strong>und</strong> Diagnosen.<br />
Wir haben uns einen theoretischen Hintergr<strong>und</strong> zum Thema “Störung im Sozialverhalten“<br />
anhand von weiteren Dokumentenanalysen (Beelmann & Raabe, 2007; ICD-10, 2005;<br />
Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996) verschafft <strong>und</strong><br />
schriftlich dokumentiert.<br />
Für die theoretische Ableitung von Interventionen haben wir weitere Dokumente (Beelmann<br />
& Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007)<br />
analysiert, wie auch bei der Beschreibung der unterstützenden therapeutischen Haltung<br />
(Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Steiner, 2001).<br />
Für den Aufbau der Spielideen im Kapitel 5 lehnten wir uns an das „Dina Dinosaurier Social<br />
Skills and Problem-Solving Curriculum“ (Beelmann & Raabe, 2007) an. Wir glichen es mit<br />
der theoretischen Ableitung der Interventionen (Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera &<br />
Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000; Weinberger, 2007) ab <strong>und</strong> ergänzten mit eigenen<br />
Ideen. So sind wir zu einer Therapieplanung in acht Phasen gelangt, wobei für jede Phase<br />
eine eigene Zielsetzung formuliert wurde. Wir entschieden uns, zu jeder Phase vier<br />
Spielideen zu gestalten, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen <strong>und</strong> trotzdem eine<br />
Auswahl geben zu können.<br />
Die Spielideen haben wir grösstenteils selbst entwickelt <strong>und</strong> einige aus<br />
Dokumentenanalysen ausgewählt (Erkert, 2003; Heine, 2008; Krowatschek, 2008; Schilling,<br />
2000; SVSS, 2006; Zebenli-Sigrist, 2007).<br />
Damit man herauslesen kann, für welche Altersgruppe eine Spielidee geeignet ist, haben wir<br />
drei Altersgruppen kategorisiert <strong>und</strong> mit Kreuzen gekennzeichnet, für welches Alter die<br />
Spielideen gedacht sind.<br />
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2 <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong><br />
2.1 Einleitung<br />
Wie die Berufsbezeichnung der Psychomotoriktherapie schon besagt, ist die Wechsel-<br />
wirkung <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> als untrennbare Einheit zu sehen. Was auf den ersten<br />
Blick logisch erscheint, ist im allgemeinen Sprachgebrauch <strong>und</strong> somit auch in unserem<br />
Denken noch nicht verwurzelt. In der Praxis ist es häufig der Fall, dass beispielsweise in der<br />
Medizin die <strong>Psyche</strong> zu wenig Beachtung findet, während in der Psychiatrie der <strong>Körper</strong><br />
vernachlässigt wird. Wir haben einen Vertreter aus der Psychiatrie <strong>und</strong> einen aus der<br />
Medizin ausgewählt, die beide die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> erkennen<br />
<strong>und</strong> beschreiben.<br />
In unserer Arbeit soll dieses Kapitel als theoretisches F<strong>und</strong>ament für die Auseinander-<br />
setzung der Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie dienen.<br />
2.2 Die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> nach<br />
Herzka<br />
2.2.1 Heinz-Stefan Herzka<br />
(Herzka, 2009)<br />
Herzka wurde 1935 in Wien geboren <strong>und</strong> immigrierte 1938 mit seinen Eltern in die Schweiz.<br />
Nach seinem Medizinabschluss arbeitete er als Assistenzarzt in der Kinderklinik des<br />
Kantonsspitals Aarau. 1964 wurde er Assistenzarzt des Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrischen<br />
Dienstes Zürich. Er bildete sich weiter <strong>und</strong> erhielt den Facharzttitel FMH für Pädiatrie. Es<br />
folgten verschiedene Anstellungen in Psychiatrien (Assistenzarzt Burghölzli, Oberarzt<br />
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Psychiatrische Universitätspoliklinik für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, Zürich). Herzka erwarb sich<br />
den Facharzttitel FMH für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie.<br />
1969 wurde Herzka als Privatdozent für Kinder <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie an der medizinischen<br />
Fakultät der Universität Zürich angestellt. 2 Jahre später übernahm er als leitender Arzt die<br />
Zweig- <strong>und</strong> Regionalstellen des Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrischen Dienstes des Kantons<br />
Zürich.<br />
Später war er auch leitender Arzt der Tagesklinik für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie.<br />
1977 machte Herzka ein persönliches Extraordinariat für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie,<br />
speziell Psychopathologie <strong>und</strong> war leitender Dozent des Fachs "Psychopathologie des<br />
Kindes- <strong>und</strong> Jugendalters", ein Nebenfach an der Fakultät Phil. I. der Universität Zürich.<br />
Zurzeit ist Herzka noch Supervisor für therapeutisch tätige Fachpersonen (auch Psycho-<br />
motoriktherapeuten) unterschiedlicher Gr<strong>und</strong>ausbildung <strong>und</strong> hält zusätzlich noch einige<br />
Dozentenstellen inne, unter anderem an der Hochschule für Heilpädagogik (Herzka, 2008).<br />
2.2.2 Das dialogische Konzept von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong><br />
2.2.2.1 Definitionen<br />
Herzka nimmt in seinem Vortrag am Kinderspital (Herzka, 2004) Bezug auf die<br />
geschichtlichen Sichtweisen von <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> Seele. Er definiert den Begriff der Seele wie<br />
folgt: „Unter Seele verstehe ich das individuelle Denken <strong>und</strong> Fühlen, Kognition <strong>und</strong> Emotion“<br />
(Herzka, 2004, S. 1). Seele setzt Herzka gleich mit dem Begriff der <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> verwendet<br />
hauptsächlich diesen Begriff. Er verwendet hauptsächlich den Begriff <strong>Körper</strong>, teilweise setzt<br />
er auch das Synonym Soma ein. Ist etwas somatisch, so versteht er dies gleich wie<br />
motorisch. Die Motorik selbst beschreibt er als die Bewegungsmuster des <strong>Körper</strong>s.<br />
2.2.2.2 Die Integration <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong><br />
Die menschliche Entwicklung ist immer eine Bewegung von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong>, meint<br />
Herzka. Entwicklungsschritte der <strong>Psyche</strong> sind begleitet von Bewegungsschritten des<br />
<strong>Körper</strong>s. Als Beispiel dafür führt er an, wie das Kind lernt sich aufzurichten <strong>und</strong> zu gehen, die<br />
Laut- <strong>und</strong> Sprachentwicklung, das Kritzeln <strong>und</strong> später das Erlernen des Schreibens.<br />
In seinem Referat am Kinderspital nimmt Herzka Bezug zur historischen Sichtweise des<br />
Verhältnisses von Seele <strong>und</strong> <strong>Körper</strong>:<br />
In der Auffassung des abendländischen Mittelalters war der <strong>Körper</strong> als der Seele Untertan<br />
<strong>und</strong> damit weniger Wert dargestellt. Die Seele wurde als ursprünglicher beschrieben <strong>und</strong><br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
herrschte über den <strong>Körper</strong>. Der <strong>Körper</strong> wurde auch als das Gefängnis der Seele bezeichnet.<br />
In der Psychologie, Psychosomatik <strong>und</strong> vor allem in der Esoterik wird diese Vorstellung<br />
weiter geführt. Herzka nennt diese Auffassung Psychismus.<br />
Dem Psychismus stellt er den Biologismus gegenüber, der im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert entstand <strong>und</strong><br />
auch heute noch beliebt ist. Empfindungen, seelische Regungen <strong>und</strong> Impulse werden im<br />
Biologismus als kausal biologischen Prozessen zugr<strong>und</strong>e liegend beschrieben. Folglich sind<br />
alle Krankheiten biologisch bedingt <strong>und</strong> somit mit materiellen Mitteln zu behandeln. Herzka<br />
bemerkt zu diesem Ansatz, dass dieser sich nicht um die Komplexität menschlicher<br />
Beziehungen <strong>und</strong> sozialer Bedingungen kümmere. Der Ansatz entspreche der Konsum-<br />
gesellschaft, weil er gute Umsätze für die Pharma-Industrie <strong>und</strong> für die Hersteller von<br />
technischen Geräten zur Folge haben (Herzka, 2004).<br />
Herzka teilt selbst keine der genannten Auffassungen. „Ich betrachte <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma,<br />
Seele <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> als gleichwertig, gleichzeitig aktive Partner dessen, was den lebendigen<br />
Menschen ausmacht, mit je eigenen Regeln <strong>und</strong> Lebensgeschichten“ (Herzka, 2004, S. 1).<br />
Es gibt wichtige Parallelen, aber auch Widersprüche <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma. Sowohl<br />
<strong>Psyche</strong> als auch Soma sind als selbstständige Teile zu sehen, bilden aber immer<br />
gemeinsam den Menschen. Dies nennt er ein Denken in Zwei-Einheiten was einem<br />
dialogischen Prinzip entspricht. Denn das Denken in Zwei- Einheiten ist nicht gleichzeitig<br />
möglich, der <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> die <strong>Psyche</strong> schliessen sich als Begriffe gegenseitig aus <strong>und</strong> doch<br />
sind sie gleichzeitig, sowie gleichwertig <strong>und</strong> machen gemeinsam den ganzen Menschen aus.<br />
Herzka definiert das dialogische Prinzip wie folgt:<br />
Das dialogische Prinzip besagt, dass zwei Gedanken, die niemand gleichzeitig denken<br />
kann, oder zwei Strebungen, die niemand gleichzeitig verwirklichen kann, oder zwei<br />
Begriffe, die sich gegenseitig ausschliessen <strong>und</strong> je einen Bereich für sich bezeichnen,<br />
gleichzeitig (das heisst nicht nacheinander) <strong>und</strong> gleichwertig (d.h. ohne<br />
Überlegenheitsanspruch <strong>und</strong> Unterordnung) gemeinsam ein Ganzes ausmachen.<br />
(Herzka, 1992)<br />
Der dialogische Teil des Konzeptes baut zum einen auf die Getrenntheit, die Verschiedenheit<br />
<strong>und</strong> Eigengesetzlichkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma <strong>und</strong> zum anderen auf deren<br />
Zusammengehörigkeit. Diese Widersprüchlichkeit bildet auch den Konflikt <strong>zwischen</strong> beiden<br />
Existenzformen.<br />
Sein Konzept ist sowohl dialogisch, wie oben beschrieben, als auch dualistisch. Dualistisch<br />
ist es, weil weder die <strong>Psyche</strong> den Menschen <strong>und</strong> damit den <strong>Körper</strong> schafft, noch die<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
seelischen Prozesse <strong>und</strong> insbesondere die Gefühle aus biochemischen oder anderen<br />
biologischen Prozessen entstehen.<br />
Der Dualismus beschreibt die Zweiheit oder Gegensätzlichkeit zweier Faktoren. Häufig wird<br />
er auch als die philosophisch-religiöse Lehre beschrieben, nach der es nur zwei voneinander<br />
unabhängige ursprüngliche Prinzipien im Weltgeschehen gibt. Es werden sich dabei<br />
materielle <strong>und</strong> immaterielle Arten gegenübergestellt (vgl. Wermke et al., 2007).<br />
Herzka grenzt sich klar von den Monisten ab, die z.B. dem Biologismus oder dem<br />
Psychismus angehören. Er bemerkt aber auch, dass man sich so lange nicht von den<br />
getrennten Begrifflichkeiten <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> lösen könne, bis nicht auch ein sinnvolles<br />
Konzept für die Zwei-Einheit besteht, die diese Begriffe ersetzen kann.<br />
Auf die Frage, wie die beiden Existenzformen des Menschen miteinander kommunizieren,<br />
gibt er keine Antwort <strong>und</strong> verweist auf den Hirnforscher Sir John Eccles. Dieser sei<br />
überzeugt, eine Antwort gef<strong>und</strong>en zu haben, welche Herzka aber, mit dem Zusatz „wie so<br />
vieles in der Wissenschaft“, als vorläufig bezeichnet.<br />
Wie in seiner Definition des dialogischen Konzeptes beschrieben, stellt Herzka <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong><br />
Soma als absolut gleichberechtigt <strong>und</strong> gleichwertig dar. Kein Teil ist dem Anderen Untertan,<br />
beide stellen sie ihre eigenen Ansprüche, wollen je für sich wahrgenommen werden <strong>und</strong><br />
doch sind sie immer aufeinander bezogen. Daraus abgeleitet betrachtet er<br />
psychosomatische Symptome nicht als die Folge einer besonderen Veränderung oder einer<br />
psychischen Dekompensation, die an den <strong>Körper</strong> weitergereicht wird. Er betrachtet sie als<br />
die unverwechselbare eigene Antwort, den leiblichen Selbstheilungsversuch in einer<br />
bestimmten realen Lebenslage. Gegeben wird diese Antwort aufgr<strong>und</strong> einer<br />
<strong>Körper</strong>biographie, in der dem <strong>Körper</strong> eigenen Sprache, ähnlich wie auch die Seele ihre<br />
eigene Sprache (beispielsweise in Stimmungen oder Gefühlen) hat.<br />
Neben der je eigenen Sprache <strong>und</strong> Biographie haben <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma ihre eigene<br />
Bildhaftigkeit; die <strong>Psyche</strong> äussert sich in Symbolen etwa im Traum <strong>und</strong> in den Phantasien.<br />
Der <strong>Körper</strong> verbildlicht mittels Haltungs- <strong>und</strong> Tonusveränderungen.<br />
Ausschlaggebend für die Entwicklung der Bereiche betrachtet Herzka Anlage <strong>und</strong> Umwelt,<br />
Biographie <strong>und</strong> das „Hier <strong>und</strong> Jetzt“ als zusammen wirkend.<br />
Herzka beschreibt deutlich, wie vernetzt er die Rolle von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma bei der<br />
Entstehung <strong>und</strong> der Manifestierung von Krankheiten sieht. Besonders deutlich wird dies bei<br />
folgendem Zitat:<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
„Alle Krankheiten haben eine psychische <strong>und</strong> eine somatische Erscheinungsform <strong>und</strong><br />
Ursachenfaktoren in beiden Bereichen. So genannte somatische Krankheiten haben ihre<br />
psychische Seite <strong>und</strong> psychische Krankheiten <strong>und</strong> Verhaltensstörungen haben immer ihre<br />
körperliche Seite“ (Herzka, 2004, S. 3).<br />
Als Beispiele dazu wären Erkältung oder Unfall zu nennen, denn keine der beiden<br />
körperlichen Einschränkungen gehen spurlos an der <strong>Psyche</strong> vorbei (ganz zu schweigen von<br />
schwerwiegenderen Erkrankungen, wie Diabetes oder einem Malignom). Jede<br />
Entwicklungsstörung oder psychische Krankheit bringt körperliche <strong>und</strong> motorische<br />
Symptome mit sich, meint Herzka.<br />
In der folgenden Übersicht stellt Herzka die Verknüpfung von körperlichen Symptomen mit<br />
einigen psychopathologischen Bef<strong>und</strong>en her, um zu verdeutlichen, was oben gemeint wurde:<br />
Psychopathologie: Motorik:<br />
Hemmung, Ängste, Depression Schlaffe Haltung, Verlangsamung, kleinräumige<br />
Bewegungen, fehlende Bewegungsfreude, Clownerien<br />
Aggressionsstörungen Abrupte Bewegungen, ausfahrend, „unerwartet“,<br />
ungesteuert<br />
Emotionale Deprivation Hypotonie, Ev. Bewegungsunruhe, schlaffe Mimik<br />
Ausbeutung <strong>und</strong> Misshandlung Resignierte Haltung, „Wachsamkeit“ der Mimik,<br />
Veränderungen im Blickkontakt<br />
Autismus Steife Bewegungen, inadäquat zur Situation bzw.<br />
Stimmung ( „Dissonanzen“)<br />
ADHS, HKS Hyper- oder Hypotonus, Tempo, Rhythmus,<br />
Impulskontrolle<br />
Sprach- <strong>und</strong> Sprechstörungen Tonus, Rhythmus, Tempo, Spannungszustand, etc.<br />
Tic Motorik als Leitsymptom!<br />
Übersicht: Psychopathologie <strong>und</strong> Motorik (Herzka, 2004, S. 3)<br />
18/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Wie weiter oben beschrieben, misst Herzka der Motorik einen mit der <strong>Psyche</strong> gleichwertigen<br />
Stellenwert in der menschlichen Entwicklung bei. Für Kinder sei es deshalb besonders<br />
wichtig, Bewegungsaspekte ebenfalls zu fokussieren <strong>und</strong> in der Arbeit mit einzubeziehen.<br />
Motorik beschreibt er als<br />
− Ausdrucksmittel, welches durch Haltung, Mimik, Gestik <strong>und</strong> Atmung das Befinden<br />
mitteile.<br />
− veränderbar, wobei jede Veränderung auch eine psychische Veränderung mit sich<br />
bringe.<br />
− besonders wichtig in der sozialen Integration - durch „motorisches“ Verhalten <strong>und</strong><br />
dessen soziale Abstimmung mit anderen sei soziale Integration erst möglich.<br />
− Indikator, denn jede Entwicklungsstörung <strong>und</strong> psychische Krankheit äussere sich<br />
motorisch.<br />
− Teil der Kommunikation (<strong>Körper</strong>sprache).<br />
Die Untrennbarkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma, <strong>und</strong> somit auch von Motorik, ist nach Herzka ein<br />
Paradigmawechsel, der schon weit fortgeschritten ist, sich aber noch nicht genügend in<br />
Fachkreisen herumgesprochen hat. Der Paradigmawechsel besteht darin, nicht nur über<br />
<strong>Körper</strong> <strong>und</strong> Seele zu reden <strong>und</strong> zu schreiben, sondern mit beiden zu leben, unterwegs zu<br />
bleiben <strong>und</strong> zwar im mit Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Krankheit gestalteten Alltag wie auch im<br />
therapeutischen Prozess.<br />
2.2.3 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie<br />
Herzka bietet keine neue Behandlungstechnik an, sondern plädiert für ein<br />
Verknüpfungsprinzip der bereits bekannten Methoden der Psycho- <strong>und</strong> der <strong>Körper</strong>therapie.<br />
Er erwähnt, dass auch die Psychotherapie mit Kindern das Bewegungsverhalten anspreche.<br />
In Spieltherapien, beim Malen <strong>und</strong> Zeichnen wie auch beim Sprechen, ist das Kind ständig in<br />
Bewegung. Durch Psychotherapien bewirkte Veränderungen bedeuten auch immer ein<br />
gewandeltes Bewegungsverhalten, das beispielsweise weniger gehemmt oder weniger<br />
aggressiv ist. Allerdings hat die Psychotherapie über einen langen Zeitabschnitt ihrer<br />
Geschichte die körperlichen Aspekte ignoriert <strong>und</strong> tabuisiert.<br />
Es sei besonders wichtig, unterwegs in jeder therapeutischen Entwicklungsarbeit sowohl den<br />
psychischen, wie auch den körperlichen Prozessen je für sich Raum zu schaffen <strong>und</strong> weder<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
die <strong>Psyche</strong> noch den <strong>Körper</strong> zu vernachlässigen. Ziel wäre es, sich mit beiden gemeinsam,<br />
einzeln <strong>und</strong> zusammengehörig auf die Entwicklungsreise zu begeben.<br />
In der Arbeit über die Motorik, wie bei der Psychomotoriktherapie, kann oft ein wesentlicher<br />
Beitrag an die Verbesserung der Lebensqualität <strong>und</strong> die Heilung des Kindes auch dann<br />
geleistet werden, wenn die Bewegungsstörung oder -auffälligkeit mehr Begleit- als<br />
Leitsymptom ist. Der gemeinsame Einstieg mit dem Kind über das Bewegungsangebot<br />
beschreibt Herzka als sinnvollen <strong>und</strong> wirksamen Zugang zur gesamten Persönlichkeit <strong>und</strong><br />
Symptomatik des Kindes. Harmonisierung der Koordination, Regulation des <strong>Körper</strong>tonus,<br />
Arbeit am <strong>Körper</strong>bild, Umsetzung von Emotionen <strong>und</strong> Ideen in Bewegung durch das Spiel<br />
<strong>und</strong> weitere Themen der Psychomotoriktherapie sind Herzka zufolge effiziente<br />
Heilungsansätze auch für psycho- soziale Symptome.<br />
Dazu sind die aus der Therapieforschung bekannten Faktoren der Persönlichkeit der<br />
Psychomotoriktherapeuten, wie z.B. Einfühlung, Verständnis, Reflexion oder Anregung,<br />
gleich wie in der Psychotherapie gegeben. Ebenso tragen die situativen Faktoren wie feste<br />
Behandlungszeiten, kindgemässe Behandlungsräume <strong>und</strong> -materialien <strong>und</strong> anderes zu einer<br />
heilenden Wirkung bei.<br />
Will man den Paradigmawechsel nicht nur als theoretische Spielerei auffassen, sondern<br />
damit auch fachlich ernst machen, würde dies für die Arbeit mit Kindern heissen, dass wir<br />
sowohl beim ges<strong>und</strong>en Kind, wie erst recht in der Therapie, jeweils sowohl im körperlichen<br />
Bereich, wie auch im psychischen arbeiten. Dies verlangt in fachlicher Hinsicht unter<br />
Spezialisten viel Verständnis füreinander, für die Andersartigkeit des anderen <strong>und</strong> eine<br />
Menge an Kooperation <strong>und</strong> Koordination. Für den Weg, der bis dahin zu gehen ist, meint<br />
Herzka, besteht noch keine genaue Landkarte, sondern erst eine Skizze. Der Weg liege<br />
noch weitgehend vor uns. „Aber wir in unseren therapeutischen Berufen besitzen das<br />
Privileg, K<strong>und</strong>schafter sein zu dürfen“ (Herzka, 2005, S. 66).<br />
2.2.4 Persönliche Stellungnahme<br />
Herzka beschreibt das Konzept der Zwei-Einheiten von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma sehr spannend<br />
<strong>und</strong> einleuchtend. Wir erachten es gerade für die Arbeit als Psychomotoriktherapeutin als<br />
besonders wichtig <strong>und</strong> bereichernd, sich mit seinem Konzept auseinander zu setzen, denn<br />
schon unsere Berufsbezeichnung definiert sich mit der Untrennbarkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma<br />
<strong>und</strong> damit auch der Motorik.<br />
Sehr deutlich wird die Untrennbarkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong>, wenn Herzka die Parallelität<br />
der Entwicklung der beiden Teile beschreibt. Als gingen sie Hand in Hand <strong>und</strong> jeder brauche<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
den anderen, um einen Schritt weiter zu kommen. Auf dem Entwicklungsweg werden beide<br />
Bereiche geprägt <strong>und</strong> bilden eine je eigene Biografie aus, die es wahrzunehmen <strong>und</strong> in<br />
unsere Arbeit als Therapeuten einzubeziehen gilt.<br />
Im Laufe der Entwicklung können auch Schwierigkeiten <strong>und</strong> Störungen auftreten, welche<br />
nach Herzkas Konzept nie nur abgetrennt in einem Bereich stattfinden oder gar durch den<br />
Konflikt der beiden Einheiten entstanden sind. Deshalb erscheint es uns absolut notwendig,<br />
in der Therapie- <strong>und</strong> Förderplanung eines Kindes stets beide Existenzformen einzubeziehen.<br />
Teilweise haben uns in seinen Erklärungen noch weitere Hintergr<strong>und</strong>informationen gefehlt:<br />
Er sprach von der Parallelität <strong>und</strong> den Widersprüchen <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong>, ohne zu<br />
nennen, welche das sind.<br />
Bei der theoretischen Umsetzung dieses Paradigmawechsels stossen wir uns häufig an<br />
Begrifflichkeiten. Das dialogische Prinzip dieses Konzeptes macht es uns unmöglich die<br />
Zwei- Einheiten gleichzeitig zu denken. Wir benennen die beiden Bereiche getrennt <strong>und</strong><br />
haben nur mangelhafte oder verwirrende Begriffe für die Untrennbarkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong><br />
Soma. Nahe liegend wäre da der Begriff der Psychosomatik. Herzka schreibt ihn aber klar<br />
der <strong>Körper</strong>ebene zu, sie sei die „unverwechselbar eigene Antwort, allenfalls der leibliche<br />
Selbstheilungsversuch, aufgr<strong>und</strong> einer <strong>Körper</strong>biografie, in der dem <strong>Körper</strong> eigenen Sprache“<br />
(Herzka, 2005, S. 64).<br />
Auch bei der praktischen Umsetzung dieses Wissens um die Untrennbarkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong><br />
Soma liegt noch viel Pionierarbeit vor uns. Herzka hat dies sehr schön formuliert, indem er<br />
als Privileg der Therapeuten bezeichnet, K<strong>und</strong>schafter sein zu dürfen. Wir erachten es als<br />
notwendig, Neugierde <strong>und</strong> Mut zu zeigen, sich mit neuen Konzepten <strong>und</strong> der<br />
interdisziplinären Vernetzung auseinander zu setzen.<br />
Herzka vermittelt eine optimistische Auffassung von Entwicklung <strong>und</strong> Therapie, dies hat uns<br />
Mut gemacht für die therapeutische Arbeit. Veränderung kann über <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong>/oder den<br />
<strong>Körper</strong> geschehen <strong>und</strong> hat immer Einfluss auf den anderen Bereich. Im Speziellen nimmt<br />
Herzka auch Bezug zur Psychomotoriktherapie <strong>und</strong> beschreibt diese als eine wichtige <strong>und</strong><br />
wirksame Therapiemethode.<br />
Zentral für die therapeutische Arbeit finden wir dabei auch folgende Aussage:<br />
„Um die Entwicklung eines Kindes zu fördern, um seine Entwicklungsstörungen vollständig<br />
zu diagnostizieren <strong>und</strong> es als ganzen Menschen zu behandeln, ist eine Verknüpfung von<br />
körperorientierten <strong>und</strong> seelisch orientierten therapeutischen Zugängen zweckmässig “<br />
(Herzka, 2005, S. 61).<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Auch weitere Aussagen, wie „alle Entwicklungsstörung <strong>und</strong> psychischen Krankheiten<br />
äussern sich motorisch“ (Herzka, 2004, S. 4) oder „Veränderungen der Motorik bewirken<br />
immer psychische Veränderungen“ (ebd.) bestärken die Wirksamkeit <strong>und</strong> den Nutzen von<br />
Psychomotoriktherapie, sowohl im Alltag wie auch im therapeutischen Setting beispielsweise<br />
der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie.<br />
2.3 Embodiment nach Hüther<br />
2.3.1 Gerald Hüther<br />
(Erfahrung ist Zukunft, 2008)<br />
Gerald Hüther wurde 1951 geboren. Er studierte <strong>und</strong> promovierte in Biologie an der<br />
Universität Leipzig. Danach arbeitete er an Hirnentwicklungsstörungen am Max-Planck-<br />
Institut für experimentelle Medizin in Göttingen. Ebenfalls an der Universität Göttingen<br />
habilitierte er in Medizin <strong>und</strong> erhielt schliesslich die Venia legendi für Neurobiologie.<br />
Anschliessend baute er eine Abteilung für neurobiologische Gr<strong>und</strong>lagenforschung auf, die er<br />
auch heute, neben der Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung der<br />
Universität Göttingen <strong>und</strong> von Mannheim/Heidelberg, noch leitet (Hüther, 2007;<br />
Psychophysik.com, 2005).<br />
2.3.2 Prinzip des Embodiment<br />
2.3.2.1 Definitionen<br />
Die Erläuterungen zur <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> Köper <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> aus neurobiologischer<br />
Sicht beziehen sich, sofern nichts anderes angegeben, auf ein Kapitel, welches Hüther im<br />
Buch "Embodiment“ (Storch et al., 2006) darlegt. Im ersten Kapitel beschreibt der Co-Autor<br />
Wolfgang Tschacher das Prinzip des Embodiment <strong>und</strong> definiert Begriffe. Hüther verwendet in<br />
seinem Teil des Buches dieselben Begrifflichkeiten wie Tschacher. Auf Gr<strong>und</strong> dessen<br />
werden im Folgenden das Prinzip des Embodiment <strong>und</strong> die Definitionen von Tschacher<br />
verwendet.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Das Prinzip des Embodiment geht davon aus, dass es eine <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong><br />
<strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> gibt, die akzeptiert <strong>und</strong> verstanden werden soll, um diesen Tatbestand<br />
nutzen zu können <strong>und</strong> mit einer körperlichen zu einer psychischen Veränderung zu kommen.<br />
Die Autoren des Embodiment sind der Meinung, dass dieses Wechselspiel heutzutage zu<br />
wenig Beachtung findet <strong>und</strong> von Seiten der Psychotherapeuten mehr genutzt werden sollte,<br />
gerade auch um wissenschaftlich seriös zu werden. Die Autoren fordern sogar, dass jede<br />
Fachperson, die Menschen in Beratung nimmt, eine Erklärung abgeben müsse, weshalb sie<br />
mit dem Menschen arbeitet, ohne den <strong>Körper</strong> mit einzubeziehen. Storch et al. versuchen die<br />
<strong>Wechselwirkung</strong> aus Sichtweise der Kognitionswissenschaften, der Psychologie, der<br />
Neurobiologie <strong>und</strong> der <strong>Körper</strong>therapie zu erläutern.<br />
Unter Embodiment (deutsch etwa „Verkörperung“) verstehen wir, dass der Geist (also:<br />
Verstand, Denken, das kognitive System, die <strong>Psyche</strong>) mitsamt seinem Organ, dem<br />
Gehirn, immer in Bezug zum gesamten <strong>Körper</strong> steht. Geist/Gehirn <strong>und</strong> <strong>Körper</strong><br />
wiederum sind in die restliche Umwelt eingebettet. (Storch et al., 2006, S. 15)<br />
Hüther spricht in seinem Kapitel vor allem vom Gehirn <strong>und</strong> weniger von der <strong>Psyche</strong> selbst.<br />
Das Gehirn sei die Ebene des Denkens, Fühlens oder Verhaltens. Daraus leiten wir ab, dass<br />
im Gehirn, welches das Organ der <strong>Psyche</strong> ist, die Vorgänge ablaufen, welche die <strong>Psyche</strong><br />
ausmachen.<br />
2.3.3 Die Wechselbeziehung <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> aus<br />
neurobiologischer Sicht<br />
Hüther beschreibt die Wechselbeziehung <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> aus<br />
neurobiologischer Sichtweise, diese werden wir im Folgenden erläutern. Wie schon erwähnt<br />
werden wir uns an die oben definierten Begrifflichkeiten der Autoren des Embodiment<br />
(Storch et al., 2006) halten <strong>und</strong> diese im folgenden Abschnitt übernehmen.<br />
Der Blutkreislauf sowie afferente <strong>und</strong> efferente Nervenbahnen verbinden das Gehirn mit den<br />
restlichen Teilen des <strong>Körper</strong>s. Die afferenten Nervenbahnen melden dem Gehirn fortlaufend,<br />
was im <strong>Körper</strong> passiert. Anderseits gibt das Gehirn über die efferenten Nervenbahnen<br />
Befehle an den <strong>Körper</strong>. <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> Gehirn stehen immer in einer <strong>Wechselwirkung</strong>. Diese<br />
Tatsache zeigt auf, dass die <strong>Psyche</strong> über ihr Organ, das Gehirn, mit dem <strong>Körper</strong> verb<strong>und</strong>en<br />
ist <strong>und</strong> ein Austausch besteht. Auf der Sachebene findet diese Tatsache wenig<br />
Berücksichtigung. Bis Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts sei kaum beachtet worden, dass Denken<br />
untrennbar mit Fühlen vereint oder das Gehirn untrennbar mit dem <strong>Körper</strong> verb<strong>und</strong>en ist,<br />
meint Hüther. Dies ist vor allem in den westlichen Kulturkreisen so, während im asiatischen<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Raum beispielsweise schon seit Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>Körper</strong>therapien praktiziert werden, in denen<br />
dieser Zusammenhang Berücksichtigung findet. In unseren Kulturkreisen hingegen war man<br />
lange der Ansicht vom „nackten Verstand“, also ein kognitiver Ansatz, während der <strong>Körper</strong><br />
keine Berücksichtigung fand <strong>und</strong> die Gefühle gar unterdrückt wurden. Laut Hüther hat die<br />
Diskussion um den Zusammenhang oder die Trennung von <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> Gehirn eine lange<br />
Tradition <strong>und</strong> ist eine Weiterführung der Diskussion über die Trennung von <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> Geist.<br />
Die Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO) prognostiziert laut Hüther für die kommenden Jahre<br />
einen drastischen Anstieg der psychosomatischen Krankheiten in hoch entwickelten<br />
Industriestaaten, die durch Depressionen oder Angst bedingt sind. Zur heutigen Zeit ist es<br />
bereits so, dass die Anzahl körperlich erkrankter oder seelisch leidender Menschen immer<br />
höher wird. Hüther sieht den Gr<strong>und</strong> dieser dramatisch ansteigenden Zahl darin, dass wir in<br />
den letzten Jahren, wie oben schon angetönt, vor allem auf unsere Vernunft gehört haben.<br />
Wir haben nach ihr entschieden <strong>und</strong> gehandelt <strong>und</strong> dabei das Gefühl gehabt, zur<br />
bestmöglichen Lösung zu kommen, wenn wir rationell entscheiden. Dennoch steigt die Zahl<br />
leidender Menschen stetig <strong>und</strong> viele Menschen sind nicht zufrieden mit ihrer Lebenssituation.<br />
Um zufrieden, glücklich, mutig <strong>und</strong> zuversichtlich leben zu können, sei es notwendig, dass<br />
wir in der Lage sind, Emotionen zu empfinden, zuzulassen <strong>und</strong> die Intuition zu nutzen.<br />
„Wir müssen versuchen, die verloren gegangene Einheit von Denken, Fühlen <strong>und</strong> Handeln,<br />
von Rationalität <strong>und</strong> Emotionalität, von Geist, Seele <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> wieder zu finden. Sonst<br />
laufen wir Gefahr, uns selbst zu verlieren“ (Storch et al., 2006, S. 77).<br />
Jeder Mensch erfährt Tag für Tag, dass die körperlichen Veränderungen auch Auswirkungen<br />
auf das Zentralnervensystem haben <strong>und</strong> somit auch psychische Veränderungen mit sich<br />
bringen können. Allerdings ist uns dieser Zusammenhang nur dann bewusst, wenn es zu<br />
spürbaren Störungen der Prozesse im <strong>Körper</strong> kommt, was mit der Funktionsweise unseres<br />
Zentralnervensystems zu tun hat. Erst wenn genügend starke Verschiebungen des<br />
Ionengleichgewichts an die Aussenwand eines Neuron des peripheren Nervensystems<br />
kommen, wird das Aktionspotential ausgelöst <strong>und</strong> werden somit die Impulse an das Gehirn<br />
weitergeleitet. Ist dann die Erregung im Gehirn wiederum stark genug, wird dort ein<br />
spezifisches sensorisches Erregungsmuster erzeugt, welches die Aktivierung bestimmter<br />
neuronaler Netzwerke steuert <strong>und</strong> somit ein charakteristisches reaktions- oder<br />
handlungsleitendes Erregungsmuster erzeugt. Wird die Erregung so intensiv, dass sie auch<br />
limbische <strong>und</strong> hypothalamische Hirnregionen erfasst, wird eine Notfallreaktion in Gang<br />
gesetzt. Es folgt Angriff, Flucht oder Erstarrung. Gleichzeitig werden auch zentralvenöse <strong>und</strong><br />
somatische Veränderungen aktiviert. Alles was im <strong>Körper</strong> abläuft, führt bei längerem<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Anhalten zu Anpassungen der davon betroffenen neuronalen Regelkreise <strong>und</strong> synaptischen<br />
Verbindungen.<br />
Spannend erscheint in Hüthers Kapitel auch, dass man in den letzten Jahren immer mehr<br />
Einflussmöglichkeiten von körperlichen Veränderungen auf zentralnervöse Prozesse<br />
gef<strong>und</strong>en hat. Beispielsweise wurde entdeckt, dass im Gehirn gebildete Hormone, die als<br />
Botenstoffe freigesetzt werden, auch im Darm <strong>und</strong> anderen inneren Organen produziert<br />
werden können. Sie gelangen über den Blutkreislauf in das Gehirn <strong>und</strong> nehmen dort Einfluss<br />
auf die Aktivität spezifischer neuronaler Netzwerke <strong>und</strong> somit auch auf psychische Zustände.<br />
Es laufen noch weitere Untersuchungen <strong>und</strong> es werden bestimmt noch weitere<br />
Entdeckungen in dieser Art gemacht werden. Hüther glaubt, dass noch besser beschreibbar<br />
wird, wie spezifische Erregungsmuster entstehen <strong>und</strong> damit psychische Prozesse<br />
beeinflussen können.<br />
Wie der Titel dieses Abschnittes sagt, ruft nicht nur der <strong>Körper</strong> Veränderungen in der <strong>Psyche</strong><br />
hervor, sondern haben auch psychische Veränderungen Auswirkungen auf den <strong>Körper</strong>.<br />
Wieder kennen wir unzählige Beispiele aus dem Alltag, die uns diese Beziehung deutlich<br />
machen. Sind wir verliebt, haben wir Schmetterlinge im Bauch; sind wir gestresst, schlägt es<br />
uns auf den Magen; sind wir traurig, verändert sich unsere <strong>Körper</strong>haltung <strong>und</strong> die Mimik des<br />
Gesichtes, usw. Wir werden uns dessen am stärksten bewusst, wenn das seelische<br />
Gleichgewicht gestört wird. Ist dies der Fall, kommt es zu einer Aktivierung des emotionalen<br />
Zentrums, also des limbischen Systems im Gehirn. Es kommt zu Notfallreaktionen des<br />
<strong>Körper</strong>s, wenn die Situation im Vergleich mit den bisherigen Erlebnissen als bedrohlich<br />
empf<strong>und</strong>en wird. Diese Notfallreaktion ist stark spürbar, da das neuroendokrine Stress-<br />
System aktiviert wird: das Herz pocht stark, der Atem stockt, der <strong>Körper</strong>tonus ist massiv<br />
erhöht <strong>und</strong> teilweise stellen sich sie <strong>Körper</strong>haare auf. Wird die Situation von einem selbst<br />
besser gelöst, als man es aufgr<strong>und</strong> der eigenen Erfahrungen erwartete, wird das<br />
Belohnungssystem im Gehirn aktiv. Dies bedeutet, dass Dopamin freigesetzt wird, welches<br />
eine stabilisierende Wirkung auf die neuronalen Verhaltensmuster hat, die an der Lösung<br />
des Problems beteiligt waren. Lebt man aber beispielsweise in einer immer wiederkehrenden<br />
Angst, kann es eine anhaltende Veränderung der Haltung <strong>und</strong> des Muskeltonus geben, was<br />
eine chronische Verspannung zur Folge haben kann. Weiter können immer wiederkehrende,<br />
psychische Belastungen zur Veränderung von Funktion <strong>und</strong> Struktur einzelner Organe<br />
führen, was im Extremfall eine chronisch entzündliche Krankheit zur Folge haben kann.<br />
Hüther versucht damit deutlich zu machen, dass besonders negativ bewertete Situationen<br />
Aktivität, Funktion <strong>und</strong> Struktur von Organen oder ganzer Organstrukturen langfristig<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
verändern kann. Die Zellen können Signale senden, die eine andere Zelle nur oberflächlich<br />
beeinflussen. Sie sind aber auch in der Lage, starke Signale zu senden, die andere Zellen<br />
dazu veranlassen, ihre Intensität zu erhöhen oder ihr Leistungsspektrum ganz<br />
umzugestalten, damit sie bis anhin ungenutzte Möglichkeiten zu eröffnen. Diese Art von<br />
Kommunikation <strong>zwischen</strong> den Zellen ist besonders während der embryonalen Entwicklung<br />
wichtig, da in dieser Zeit die Entwicklung zur Lenkung <strong>und</strong> Steuerung von somatischen <strong>und</strong><br />
neuronalen Differenzierungsprozessen entwickelt wird.<br />
Der Hirnstamm <strong>und</strong> der Hypothalamus sind bereits vor der Geburt weitgehend ausgereift <strong>und</strong><br />
bilden neuronale Netzwerke zur Kontrolle <strong>und</strong> Aufrechterhaltung des inneren <strong>Körper</strong>milieus.<br />
Dies bedeutet, dass die Zusammensetzung <strong>und</strong> Eigenschaft des zirkulierenden Blutes im<br />
<strong>Körper</strong> ständig kontrolliert <strong>und</strong> angepasst wird, damit die Homöostase (Konstanz der<br />
Konzentration gelöster Stoffe, Temperatur, pH-Wert) gewährleistet werden kann. Dieser<br />
Informationsfluss an das Gehirn läuft konstant <strong>und</strong> unbewusst ab. Hüther zitiert an dieser<br />
Stelle den Hirnforscher Damasio, der diesen körperlichen <strong>und</strong> unbewussten Prozess als<br />
Gr<strong>und</strong>lage des psychischen Selbst sieht. Hüther nennt dies das “Protoselbst“. Später in der<br />
Entwicklung werden das limbische System <strong>und</strong> der assoziative Cortex ausgereift. Dies macht<br />
es uns möglich, uns an ein Ereignis zu erinnern <strong>und</strong> die <strong>Körper</strong>gefühle nachzuempfinden. Es<br />
ist ein bewusstes Selbst, welches sich nicht über die Sprache ausdrückt. Das <strong>Körper</strong>gefühl,<br />
kann auch empf<strong>und</strong>en werden, wenn der äussere Reiz aktuell nicht vorhanden ist - rein<br />
durch die Erinnerung daran: Es wird das gefühlte Kernselbst. Auch diesen Begriff hat Hüther<br />
von Damasio übernommen <strong>und</strong> ergänzt, dass das Protoselbst <strong>und</strong> das gefühlte Kernselbst<br />
unter dem Begriff "<strong>Körper</strong>-Selbst" zusammengefasst werden können. Das Kernselbst bildet<br />
die Gr<strong>und</strong>lage für einen weiteren Aufbau der „Ich“-Vorstellung. Erfahrungen werden<br />
verankert <strong>und</strong> bewertet auf der Basis von <strong>Körper</strong>signalen. Deshalb ist das <strong>Körper</strong>-Selbst<br />
sehr individuell, kann aber durch andere Personen beeinflusst werden, beispielsweise durch<br />
Zuschreibungen <strong>und</strong> Bewertungen. Dies kann dazu führen, dass die eigenen Gefühle<br />
verdrängt oder unterdrückt werden, das heisst, es besteht keine ursprüngliche Verbindung<br />
mehr zum eigenen <strong>Körper</strong>. Wir versuchen dies mit einem Beispiel zu verdeutlichen: Ein Kind<br />
ist sehr aktiv <strong>und</strong> bewegungsfreudig, es verspürt also den Drang, sich draussen zu bewegen<br />
<strong>und</strong> sich dadurch auch automatisch von seinem Vater räumlich ein Stück zu entfernen.<br />
Immer wenn es sich bewegt, geht es ihm gut. Der Vater möchte aber, dass das Kind an<br />
seiner Seite geht <strong>und</strong> ruft es immer wieder zu sich zurück, sobald sich dieses entfernt. Mit<br />
der Zeit verinnerlicht das Kind die Rückmeldungen <strong>und</strong> geht ruhig neben dem Vater her <strong>und</strong><br />
bewegt sich nicht mehr so wie früher. Seine Bedürfnisse werden unterdrückt <strong>und</strong> es hat nun<br />
von sich den Eindruck, es sei nun ein artiges Kind, weil es dem Vater gehorche <strong>und</strong> sich<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
nicht mehr entfernt. Es hat den Eindruck, es sei gar nicht bewegungsfreudig. Die Verbindung<br />
<strong>zwischen</strong> dem <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> dem Selbstbild ist nicht mehr die wahre, die ursprüngliche,<br />
sondern diejenige, die es von anderen aufgenommen hat. Hüther meint, der Gr<strong>und</strong> dafür,<br />
dass Menschen ihr Gefühl vom Verstand <strong>und</strong> ihren <strong>Körper</strong> vom Gehirn trennen, darin liege,<br />
dass jeder Einzelne das Bedürfnis nach Zugehörigkeit hat, die man nur mit dem von der<br />
Gesellschaft oder Kultur erwartetem Verhalten erlangt. Es findet also immer eine gewisse<br />
Anpassung statt, denn ganz ohne Anpassung an die gesellschaftlichen Normen <strong>und</strong> ohne<br />
soziale Kontakte könnte man nicht überleben. Ein gewünschtes Verhalten kann von<br />
Erwachsenen durch Angst einflössen erzielt werden oder es findet über die Spiegelneuronen<br />
statt, wodurch das Wahrnehmungs-, Bewertungs- <strong>und</strong> Verhaltensmuster des Kindes geprägt<br />
wird <strong>und</strong> somit über mehrere Generationen weiter gegeben werden kann. Die Orientierung<br />
an Idolen (Erwachsene, Geschwister, Fre<strong>und</strong>e, Stars usw.) führt auch dazu, dass das Kind<br />
ab vier Jahren in der Lage ist, seine Gefühle zu beherrschen <strong>und</strong> sie einzusetzen, um<br />
bestimmte Dinge zu erreichen. Der eigentliche emotionale Ausdruck wird nicht mehr<br />
öffentlich gezeigt, sondern zunehmend internalisiert. Dies bedeutet, dass die Gefühle mit der<br />
Zeit stark kontrolliert <strong>und</strong> vom <strong>Körper</strong>empfinden abgelöst werden.<br />
Affektive, sensorische <strong>und</strong> motorische wie auch alle frühen Erfahrungen werden im Gehirn<br />
abgespeichert. Diese Abspeicherung wird “implizites Gedächtnis“ genannt, was bedeutet,<br />
dass der Wissensstand nicht bewusst reproduziert werden kann. Es bildet die Basis des<br />
Unbewussten, was nicht ganz deckend mit dem Unbewussten in der Psychoanalyse<br />
gleichgesetzt werden kann. Der Inhalt des impliziten Gedächtnisses ist der Eindruck, den<br />
das Kind von sich selbst hat <strong>und</strong> davon, womit es in Verbindung tritt. Dazu gehören auch die<br />
dabei aufkommenden Gefühle. Dies wird im affektiven, sensorischen <strong>und</strong> motorischen Teil<br />
des Cortex <strong>und</strong> im limbischen System abgespeichert. Diese Abspeicherungen bestimmen<br />
die erlebte Wirklichkeit <strong>und</strong> beeinflussen somit immer das seelische Erleben <strong>und</strong> folglich<br />
auch die <strong>Psyche</strong> mit. Dies betrifft auch Abwehrvorgänge. Dürfen in einer Beziehung zu<br />
einem Menschen negative Gefühle wie Schmerz, Trauer, Wut nicht gezeigt, sondern müssen<br />
unterdrückt werden, kann eine Abwehrhaltung den eigenen Gefühlen gegenüber entstehen,<br />
die sich auch in muskulären Anspannungen abzeichnet. Erinnert man sich später wieder an<br />
diese Situation, werden alle Erinnerungen wach, auch die an die muskulären<br />
Verspannungen <strong>und</strong> der <strong>Körper</strong> beginnt sich erneut zu verspannen. Vor allem negative<br />
Erfahrungen in der frühen Kindheit wie Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ablehnung <strong>und</strong> Entwertung<br />
hinterlassen eine besonders markante <strong>und</strong> starke Verkörperung. Während die Gefühle oder<br />
Erinnerungen an die damalige Situation später überw<strong>und</strong>en werden können, wird die<br />
verkrampfte oder resignierte Haltung meist ein Leben lang sichtbar bleiben.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Die abgespeicherten Erfahrungen werden immer wieder in derselben Weise verknüpft, wie<br />
wir sie einmal abgespeichert, das heisst „verkörpert“ haben. Diese Muster verfestigen sich<br />
immer mehr, denn im Gehirn werden Verbindungen, die oft gebraucht werden, immer fester<br />
<strong>und</strong> stärker, solche, die wir nicht brauchen, werden abgebaut („use it or lose it“). Dies<br />
veranlasst uns dazu, immer etwa in der gleichen Weise zu agieren. Wir haben das Gefühl,<br />
dass wir eben so sind. Wie oben angedeutet, kommt dies daher, dass wir unbewusst die alte<br />
Struktur der Erlebnisse <strong>und</strong> unseres Verhaltens wieder aufrufen <strong>und</strong> somit stabilisieren. Es<br />
bedeutet aber nicht, wie im Alltag oft angenommen, dass wir uns nicht ändern, also keine<br />
neuen Verhalten erlernen können. Unser Gehirn lernt nicht nur in der Kindheit, sondern es<br />
bleibt ein Leben lang aktiv <strong>und</strong> kann neue Verknüpfungen aufbauen. Wenn wir also ein<br />
altbekanntes motorisches, sensorisches oder affektives Muster verlassen, hat dies dank der<br />
engen neuronalen Verknüpfung zur Folge, dass sich auch die zwei anderen Muster<br />
verändern lassen. Im Prinzip des Embodiment werden diese Kenntnisse genutzt <strong>und</strong> es wird<br />
auf der motorischen Ebene angeknüpft, was automatisch auch eine Veränderung auf den<br />
anderen zwei Ebenen mit sich bringt. Je vielfältiger ein Erlebnis abgespeichert wird, desto<br />
intensiver kann sich später daran erinnert werden. Es braucht später nur eine kleine<br />
Erinnerung, wie beispielsweise ein Geruch oder ein Geräusch (sensorische Ebene), um ein<br />
bestimmtes Gefühl (affektive Ebene) <strong>und</strong> meist auch eine Anpassung der <strong>Körper</strong>haltung<br />
(motorische Ebene) auszulösen. Dies erlebt man bei schönen, aber auch bei schrecklichen<br />
oder traumatischen Erlebnissen.<br />
Für uns Menschen ist es nicht einfach, unsere alten Muster aufzugeben, da man sich meist<br />
auch nicht bewusst ist, wie verstrickt sie sind <strong>und</strong> was sie alles mit sich bringen. Hüther<br />
verwendet ein sehr passendes Bild dazu: der Besitzer eines Hauses sieht von innen her<br />
nicht, wie schief sein Haus geworden ist. Wir müssen etwas Neues erlernen <strong>und</strong> dafür<br />
braucht es laut Hüther zuerst die Einsicht <strong>und</strong> dann einen starken Willen, etwas zu<br />
verändern. Hüther sieht dabei die Motorik als einen besonders guten Anknüpfungspunkt:<br />
Weil er ursprünglich so eng mit dem Gehirn <strong>und</strong> allem, was dort geschah, verb<strong>und</strong>en<br />
war, bietet der <strong>Körper</strong> einen besonders leichten Zugang zu allen Ebenen des Erlebens<br />
<strong>und</strong> Verhaltens, zu den im Gehirn abgespeicherten Sinneseindrücken, den Gefühlen,<br />
den unbewusst gesteuerten Verhaltensmustern, <strong>und</strong> nicht zuletzt zu den frühen<br />
Erinnerungen. (Storch et al., 2006, S. 97)<br />
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2.3.4 Schlussfolgerung für die Psychomotoriktherapie<br />
Wir versuchten, basierend auf der Neurobiologie, aufzuzeigen, wie die <strong>Wechselwirkung</strong><br />
<strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> erklärt werden kann. Wir gehen davon aus, dass der <strong>Körper</strong><br />
Ausdruck der <strong>Psyche</strong> sein kann, aber auch, dass der <strong>Körper</strong> Auswirkungen auf die <strong>Psyche</strong><br />
haben kann. Diesen Ansatz teilen wir mit dem Prinzip des Embodiment. Herzka <strong>und</strong> Hüther<br />
nutzen diese Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> setzen auf der motorischen Ebene an, um eine sensorische<br />
oder eine affektive Veränderung zu erreichen. In die Psychomotoriktherapie kommen zu<br />
einem grossen Teil Kinder, die motorische Schwierigkeiten aufweisen, deren Gründe in der<br />
<strong>Psyche</strong> des Kindes zu finden sind. Wir nutzen also neben dem Spiel auch die Motorik oder<br />
eine sensorische Erfahrung, um dem Kind psychische Stabilität zu ermöglichen, zum<br />
Beispiel das Selbstwertgefühl aufzubauen. In der Psychomotorik nutzen wir die Abhängigkeit<br />
der affektiven, sensorischen <strong>und</strong> motorischen Ebene. Wir gehen nicht ausschliesslich von<br />
der motorischen Ebene aus auf das Kind ein, sondern versuchen auch auf der psychischen<br />
Ebene anzusetzen, um eine Veränderung in der Motorik zu erreichen. Um nochmals auf das<br />
Beispiel des Selbstkonzepts zurück zu kommen, wird es einem Kind beispielsweise möglich,<br />
seine Angst zu überwinden <strong>und</strong> die Sprossenwand hochzuklettern.<br />
Hüther hat aufgezeigt, dass die immer wieder gebrauchten Verbindungen im Gehirn immer<br />
stärker werden <strong>und</strong> es nicht ganz einfach ist, zu erkennen, wie schief das eigene Haus <strong>und</strong><br />
wie eine Veränderung angestrebt werden könnte. Deshalb ist es wichtig, dass wir möglichst<br />
früh diese teilweise unerwünschten, immer stärker werdenden Verbindungen abschwächen<br />
<strong>und</strong> vergessene wieder zu aktivieren versuchen oder neue Verknüpfungen ermöglichen. Die<br />
Psychomotorik kann dazu einen grossen Beitrag leisten. Einerseits, weil sich die meisten<br />
Patienten im Kindes- oder Jugendalter befinden <strong>und</strong> Veränderungen stattfinden können,<br />
bevor das Haus schon ganz schief ist <strong>und</strong> es immer schwieriger wird, diesen starken<br />
Verbindungen abzuschwächen. Anderseits auch, wie Hüther bemerkt, dass sich über die<br />
Motorik ein besonders guter Zugang finden lässt.<br />
Hüther schreibt, dass ein Erlebnis möglichst vielfältig abgespeichert werden soll, um sich<br />
später gut daran erinnern zu können. Auch hier lässt sich eine Parallele zur<br />
Psychomotoriktherapie ziehen, in der wir bemüht sind, bei schon Bekanntem anzuknüpfen<br />
<strong>und</strong> immer wieder kleine Variationen einzubauen. Das Kind zeigt uns, wie gross oder klein<br />
diese Variationen sein sollen <strong>und</strong> wann die Erfahrungen genügend stark abgespeichert sind,<br />
um einen Schritt weiter zu gehen <strong>und</strong> sich etwas Neuem widmen zu können.<br />
Weiter wird erwähnt, dass negative Gefühle in unserer Gesellschaft oft unterdrückt werden<br />
müssen <strong>und</strong> dies sich in muskulären Anspannungen manifestieren kann. In „Kinder – <strong>Körper</strong><br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
– Sprache Psychomotorisch fördern“ setzen sich Zimmer <strong>und</strong> Vahle (2005) mit Kindern <strong>und</strong><br />
ihren Emotionen auseinander <strong>und</strong> machen Vorschläge, wie sie in der Psychomotoriktherapie<br />
thematisiert werden können. Sie erachten es als sehr wichtig, dass Kinder ihre positiven, wie<br />
auch negativen Gefühle zeigen können. Müssen die Gefühle unterdrückt werden, kann das<br />
Kind sie nicht verarbeiten, sie bleiben im Innern, bringen die Seele in ein Ungleichgewicht<br />
<strong>und</strong> können teilweise auch somatische Beschwerden auslösen. Deshalb ist eine Plattform für<br />
die Gefühle der Kinder zu bieten.<br />
2.3.5 Persönliche Stellungnahme<br />
Hüther beschreibt die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>und</strong> die Abhängigkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> auf<br />
einer medizinischen Ebene. Aus seinen Beschreibungen ist klar zu entnehmen, dass er wie<br />
Herzka <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> als eine Einheit versteht, dass <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> untrennbar<br />
sind <strong>und</strong> sich gegenseitig beeinflussen. Dennoch scheint er nicht drauf zu beharren, alles<br />
aus medizinischer Sicht zu beweisen. Er beschreibt beispielsweise sehr schön, dass wir<br />
Menschen viel mehr auf unser Bauchgefühl hören sollten. Allgemeiner plädiert er dafür, dass<br />
das Zusammenspiel <strong>und</strong> die Einheit <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> vermehrt wieder<br />
berücksichtigt werden sollen.<br />
Weiter geht er auf das <strong>Körper</strong>selbst ein, deren Entstehung er in Anlehnung an Damasio auf<br />
der medizinischen Ebene beschreibt. Er besagt aber auch, dass das <strong>Körper</strong>selbst sehr<br />
individuell ist <strong>und</strong> von aussen, also vom sozialen Umfeld, beeinflusst werden kann. Dem ist<br />
zu entnehmen, dass Hüther von einem Zusammenspiel <strong>zwischen</strong> Anlage <strong>und</strong> Umwelt<br />
ausgeht. Für die Arbeit als Therapeutin bestärkt uns dies, da es für uns bedeutet, dass wir<br />
auch einen positiven Einfluss auf das Kind nehmen können. Es macht aber gleichzeitig auch<br />
deutlich, welche Folgen es haben kann, wenn das Kind negative Erfahrungen macht. Dies<br />
bestätigt die Praxis der Psychomotoriktherapie, in der wir sehr darauf achten, dass das Kind<br />
positive Erlebnisse machen kann.<br />
Hüther beschreibt sehr überzeugend, dass die motorische, sensorische <strong>und</strong> affektive Ebene<br />
ebenfalls stark aufeinander reagieren <strong>und</strong> zusammenspielen. Wir stimmen Hüther klar zu,<br />
wenn er äussert, dass er die motorische Ebene als besonders guten Zugang zu den anderen<br />
Ebenen sieht. Dies bestätigt einen grossen Teil der Psychomotoriktherapie, in der wir genau<br />
auch über die Motorik <strong>und</strong> das Spiel einen Zugang zum Kind suchen.<br />
Die Betrachtung aus neurobiologischer Sicht von Hüther entspricht den Ansichten, welche<br />
die Psychomotoriktherapie vertritt. Es könnte unserer Meinung nach gut als theoretisches<br />
F<strong>und</strong>ament für einen Teil der psychomotorischen Arbeit dienen.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
2.4 Erkenntnisse zur <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Körper</strong> nach Herzka <strong>und</strong> Hüther<br />
Sowohl Herzka wie auch Hüther haben uns aus unterschiedlichen Gesichtspunkten<br />
aufgezeigt, wie die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> beschrieben werden kann.<br />
Beide sind sich aber einig, dass es eine <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> gibt<br />
<strong>und</strong> dass eine Erfahrung auf der einen Seite auch auf der anderen Seite erfahren <strong>und</strong><br />
abgespeichert wird. Herzka spricht dabei von der “<strong>Körper</strong>biografie“, während Hüther von<br />
“Verkörperung“ spricht. Sie messen nicht nur der <strong>Psyche</strong> einen besonderen Stellenwert zu:<br />
auch der <strong>Körper</strong> trägt eine Biografie in sich. Dies beispielsweise in Form von Mustern, die in<br />
intensiver Arbeit verändert werden können.<br />
Aus den Arbeiten von Herzka <strong>und</strong> Hüther lassen sich wichtige Argumente für die<br />
psychomotorische Arbeit ableiten. Unter anderem beschreiben sie die gegenseitige<br />
Beeinflussung in der parallelen Entwicklung von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> deutlich, was sich z.B.<br />
beim Lernen des Kriechens <strong>und</strong> der Autonomieentwicklung als zusammengehörig zeigt.<br />
Weiter wird deutlich, dass sie davon ausgehen, dass ein Teil der menschlichen Entwicklung<br />
genetisch veranlagt ist, dass aber die Umwelt <strong>und</strong> somit wir Therapeuten, einen Einfluss auf<br />
die Patienten nehmen können.<br />
Weiter lässt sich ableiten, dass in der Therapie der Patienten sowohl auf der körperlichen<br />
wie auch auf der psychischen Ebene Einfluss auf die Gesamtentwicklung einer<br />
Persönlichkeit genommen werden kann, da sie eng miteinander verb<strong>und</strong>en sind. Der <strong>Körper</strong><br />
kann Ausdruck des psychischen Befindens sein, während sich das körperliche Befinden in<br />
der <strong>Psyche</strong> niederschlagen kann. Beiden Teilen, also körperlichen wie auch psychischen<br />
Prozessen, sollten in der Therapie genügend Raum gelassen werden. Beide Autoren<br />
betonen ausdrücklich, dass das Zusammenspiel in unseren Köpfen <strong>und</strong> in unserem Handeln<br />
noch nicht verinnerlicht ist <strong>und</strong> es Zeit für diesen Paradigmawechsel oder die Rückbesinnung<br />
in der westlichen Welt braucht.<br />
Die Beiträge von Herzka <strong>und</strong> Hüther liefern Argumente dafür, dass psychomotorische Arbeit<br />
in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie einen wichtigen Beitrag leisten kann. Die<br />
Psychomotoriktherapie berücksichtigt die Untrennbarkeit von <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong>, wie sie<br />
auch Herzka <strong>und</strong> Hüther beschrieben haben <strong>und</strong> findet über beide Ebenen Zugang zum<br />
Patienten. Beispielsweise kann über körperliche Erfahrungen positiver Einfluss auf die<br />
<strong>Psyche</strong> genommen werden. Sowohl Herzka als auch Hüther erachten Bewegungsangebote,<br />
beziehungsweise die Ebene der Motorik, als einen besonders sinnvollen <strong>und</strong> wirksamen<br />
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Zugang zu einem Menschen. Wir betrachten die Psychomotorik nicht als alleinige<br />
Therapiemethode, sondern als eine Ergänzung zu bestehenden Therapien.<br />
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3 Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie<br />
3.1 Einleitung<br />
Die Erkenntnisse des vorhergehenden Kapitels zeigten, dass die Psychomotoriktherapie<br />
einen wesentlichen, wichtigen <strong>und</strong> ergänzenden Beitrag zum bereits bestehenden Angebot<br />
in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie leisten könnte. In diesem Kapitel beschreiben wir nun<br />
bestehende Berührungspunkte der Psychomotoriktherapie mit der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie.<br />
Wie im Kapitel 1.5 bereits beschrieben, schauen wir in diesem Kapitel in die Geschichte der<br />
deutschen Psychomotoriktherapie <strong>und</strong> deren Geburtsst<strong>und</strong>e mit Ernst „Jonny“ Kiphard.<br />
Weiter beschreiben wir, wie die Arbeit seines direkten Nachfolgers Horst Göbel in der<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie Hamm aussieht.<br />
Weiter zeigen wir die aktuelle Arbeit der Psychomotorik in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />
in Amersfoort (NL) auf.<br />
Mit der Psychomotoriktherapeutin des Kinder- <strong>und</strong> Jungendpsychiatrischen Dienstes Basel<br />
konnten wir eine E-Mail-Befragung durchführen <strong>und</strong> somit einen kleinen Einblick in ihre<br />
Arbeit erhalten.<br />
3.2 Beispiele der Psychomotoriktherapie in Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrien im Ausland<br />
3.2.1 LWL Klinik in Hamm, Deutschland<br />
Wir hatten die grosse Chance, ein Praktikum in der Ursprungsstätte der Deutschen<br />
Psychomotoriktherapie, der Klinik für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie in Hamm, zu<br />
absolvieren. Horst Göbel ist der jetzige Leiter der Psychomotorik in der Klinik <strong>und</strong> direkter<br />
Nachfolger Kiphards. Wir erhielten in zwei Wochen Hospitationen, Selbsterfahrungen <strong>und</strong><br />
vielen wertvollen Gesprächen einen sehr umfassenden Einblick in die klinische<br />
psychomotorische Arbeit.<br />
3.2.1.1 Geschichtlicher Hintergr<strong>und</strong><br />
Wir bereiteten uns auf das Praktikum vor, indem wir uns die Geburtsst<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geschichte<br />
der Deutschen Psychomotoriktherapie anschauten.<br />
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In den 50er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts gelangte man in der klinischen Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie zur Einsicht, dass es Bewegung als eines der wichtigsten kindgerechten<br />
Mittel braucht, um eine ganzheitliche Entwicklung zu ermöglichen. In diesem Verständnis<br />
wurzelt die Deutsche Psychomotorik. Die Entwicklung der Psychomotorik begann 1951 in<br />
der Klinik für Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie in Gütersloh (Köckenberger & Hammer, 2004).<br />
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe beauftragte Frau Dr. med. Elisabeth Hecker, eine<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie aufzubauen <strong>und</strong> diese zu leiten. Chefarzt der Klinik in<br />
Gütersloh wurde der Kinderpsychiater Dr. med. Helmut Hünnekens. Hecker <strong>und</strong> Hünnekens<br />
lernten den Zirkusclown <strong>und</strong> Sportstudenten Ernst „Jonny“ Kiphard kennen. Er bekam in der<br />
Klinik eine Anstellung mit der Aufgabe, sensomotorisch entwicklungsgestörte <strong>und</strong> in ihrer<br />
psychomotorischen Entfaltung behinderte Kinder über die Bewegung in ihrer Gesamt-<br />
entwicklung zu fördern (Hanne-Behnke, 2001).<br />
1965 zog die Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie von Gütersloh nach Hamm, ebenfalls in<br />
Westfalen, um. Zusammen mit Hünnekens entdeckte Kiphard, dass sich Bewegungstherapie<br />
auch positiv auf die <strong>Psyche</strong> auswirken kann. Kiphard entwickelte die „Psychomotorische<br />
Übungsbehandlung“. Für die Auswahl der Übungen <strong>und</strong> um Ideen zu finden, konsultierte er<br />
teilweise die heilpädagogische Rhythmik von Mimi Scheiblauer <strong>und</strong> Charlotte Pfeffer, die<br />
Sinneserziehung von Maria Montessori <strong>und</strong> Erfahrungen aus dem Orff-Schulwerk bezog er<br />
ebenfalls mit ein (Zimmer, 2006). Zum ersten Mal wurde damals das Trampolin zur<br />
Förderung der Bewegung <strong>und</strong> der Koordination, aber auch als diagnostisches Mittel<br />
eingesetzt. Schon bald darauf hat Kiphard den Trampolinkoordinationstest entwickelt.<br />
Zwischen 1957 <strong>und</strong> 1958 entstand eine Arbeit, die zeigte, dass ein sechswöchiges psycho-<br />
motorisches Trainingsprogramm die motorische Leistungsfähigkeit massiv verbessern kann.<br />
Dank diesem intensiven Training liessen sich zwei Jahre in der Bewegungsentwicklung<br />
aufholen.<br />
Nach dem Training durchgeführte psychologische Tests zeigten folgende bemerkenswerte<br />
Fakten:<br />
− Abnahme der psychischen Desintegration, verb<strong>und</strong>en mit einer Stärkung <strong>und</strong><br />
Stabilisierung innerseelischer Kräfte<br />
− Nachlassen der Intensität psychomotorischer Enthemmung <strong>und</strong> des Störverhaltens<br />
− Vermehrte Anstrengungsbereitschaft <strong>und</strong> Konzentrationsfähigkeit bei Bewegungs-<br />
aufgaben<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
− Gleichbleibend geringe Konzentrationsfähigkeit bei schulischen Arbeitsproben, wenn<br />
auch in der Verteilung über einen längeren Zeitraum ausgeglichener<br />
(Kiphard,2001, S. 13)<br />
Eltern, Heimerzieher oder Lehrer bemerkten eine positive Verhaltensänderung bei den<br />
Kindern nach Beendung dieser Übungsbehandlung. Es wurde allerdings auch erkannt, dass<br />
es innerhalb eines halben Jahres eine weitere psychomotorische Betreuung brauchte, damit<br />
die neuen Verhaltensweisen nicht wieder verloren gingen (Kiphard, 2001).<br />
Bei Kiphard standen nicht mehr die Defizite <strong>und</strong> Schwächen des Kindes, sondern das Kind<br />
mit seinen Stärken <strong>und</strong> Schwächen als ganze Persönlichkeit im Zentrum. Kiphard erkannte,<br />
dass sich motorische Beeinträchtigungen oftmals behindernd auf die perzeptive, kognitive,<br />
affektive <strong>und</strong> soziale Entwicklung auswirken. Hingegen kann eine gestörte Wahrnehmung<br />
<strong>und</strong> Intelligenz negative Auswirkungen auf beispielsweise motorische, verbale, emotionale<br />
<strong>und</strong> soziale Bereiche haben. Eine der ersten Erkenntnisse war, dass sich eine Verbesserung<br />
der motorischen Fähigkeiten positiv auf das niedrige Selbstwertgefühl von motorisch<br />
frustrierten Kindern auswirkte. Mit der Steigerung des Selbstwertgefühls gelang es diesen<br />
Kindern immer besser, ihre Handlungskompetenzen zu nutzen <strong>und</strong> soziale Kontakte zu<br />
knüpfen. Kiphard meinte laut Zimmer (Zimmer, 2006, S. 39), dass das Kind in drei grossen<br />
Bereichen gefördert <strong>und</strong> ihm Erfahrungen ermöglicht werden müssen, um erfolgreich<br />
handlungsfähig zu sein: Im Wahrnehmungsbereich, im Bewegungsbereich <strong>und</strong> im emotional-<br />
sozialen Bereich. Im Gegensatz zu den gängigen Methoden der sportmotorischen <strong>und</strong><br />
anderen Trainingsmethoden wurden in den psychomotorischen Übungsbehandlungen keine<br />
isolierten Übungen mehr durchgeführt, sondern es wurde über das Spiel eine ganzheitliche<br />
Förderung angestrebt. Ausnahmen bildeten einige Übungen aus der Physio- <strong>und</strong><br />
Ergotherapie, um tonische Reflexe zu mindern. Seither ist das Spiel ein zentrales Element<br />
der Psychomotorik <strong>und</strong> nicht mehr daraus weg zu denken. Kinder, die z.B. Höhenangst<br />
hatten, kletterten ohne zu zögern als Affen die Kletterwand hoch, was Kiphard selbst stolz<br />
machte. Psychomotorik war in der Medizin, Therapie <strong>und</strong> in der Pädagogik noch unbekannt<br />
<strong>und</strong> die Idee neu. Sie verbreite sich aber bald im Bereich der Sonderschule für<br />
Erziehungshilfe, Lernbehinderte <strong>und</strong> geistig Behinderte.<br />
Die Psychomotorik entwickelte sich nicht nach einer bestehenden Theorie oder<br />
Wissenschaft, sondern direkt in der Praxis. Das theoretische Gerüst folgte später. Die<br />
Entwicklung ist heute noch im Gange <strong>und</strong> noch nicht vollständig ausgereift <strong>und</strong> einheitlich<br />
gestaltet. Ergebnisse verschiedener Effizienzkontrollen konnten folgende positive<br />
Veränderungen bestätigen:<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
− Anstieg der <strong>Körper</strong>- <strong>und</strong> Bewegungsbeherrschung<br />
− Verbesserung <strong>und</strong> Stabilisierung des Selbstwertgefühls<br />
− Anstieg des Aktivationsniveaus <strong>und</strong> der Handlungsbereitschaft<br />
− Erhöhung der Motivation, Neugier <strong>und</strong> Begeisterungsfähigkeit<br />
− Verbesserung der Aufmerksamkeitsspanne <strong>und</strong> Konzentration<br />
− Verbesserung der Handlungs- <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle<br />
− Erhöhung der sozialen Interaktion <strong>und</strong> Kommunikation<br />
(Köckenberger & Hammer, 2004, S. 41)<br />
3.2.1.2 Aktuelle Lage der Psychomotoriktherapie in Hamm<br />
Heute betreut die LWL Klinik in Hamm jährlich r<strong>und</strong> 900 Patienten stationär oder ambulant.<br />
Die Patienten sind im Alter von vier bis 18 Jahren, in Ausnahmefällen auch bis 20 Jahre. Die<br />
Aufenthaltsdauer beträgt ca. drei Monate. Die Klinik wird von Krankenkassen finanziert <strong>und</strong><br />
der Landschaftsverband Westfalen Lippe steuert einen Teil der Kosten durch<br />
Regierungsgelder bei. Ein bis zwei Wochen nach der stationären Aufnahme eines Patienten<br />
wird die erste Behandlungsplanungssitzung einberufen. Daran nehmen Erzieher, Ärzte,<br />
Psychotherapeuten, Psychomotoriktherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten,<br />
Heilpädagogen <strong>und</strong> Lehrer teil. Es wird besprochen, wo das Kind aktuell steht <strong>und</strong> wie die<br />
weitere Behandlung aussehen soll. Diese Sitzung wird spätestens alle drei Wochen<br />
wiederholt (in Notfällen auch früher). Am Schluss der Behandlung wird ein<br />
Abschlussgespräch im selben Rahmen durchgeführt.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich besuchen alle stationären Patienten, ausser die Patienten des geschlossenen<br />
Bereichs, die Psychomotoriktherapie mit zwei bis vier Lektionen pro Woche. Zur Abklärung<br />
wird der standardisierte <strong>Körper</strong>koordinationstest (KTK) von Schilling durchgeführt, welcher<br />
quantitativ <strong>und</strong> qualitativ ausgewertet wird. Im Weiteren wird das Trampolinspringen<br />
beobachtet, der Hampelmann <strong>und</strong> das Seilspringen analysiert. Im Fein- <strong>und</strong><br />
grafomotorischen Bereich wird der Punktiertest von Schilling durchgeführt <strong>und</strong> ausgewertet.<br />
In der LWL Klinik in Hamm wurden ausserdem verschiedene motorische Screenings<br />
entwickelt. So lernten wir von Detlef Panten das HamMotScreening für Vorschulkinder<br />
kennen, welches er gemeinsam mit Horst Göbel entwickelt hat. Zurzeit befindet sich das<br />
Screening im Standardisierungsprozess.<br />
In der Psychomotorik wird in Hamm nach folgendem Konzept gearbeitet:<br />
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− Motodiagnostik (KTK, Trampolinspringen, Hampelmann <strong>und</strong> Seilspringen)<br />
− Kleingruppen als wichtigstes methodisches Mittel<br />
− Grosstrampoline<br />
− Behandlungsfrequenz zwei bis vier Therapieeinheiten/Woche<br />
− Konstanz der Rahmenbedingungen<br />
− Zwei-Therapeuten-Modell<br />
− Sechs der sieben Mitarbeiter besitzen einen Universitätsabschluss<br />
− Ambulanz: ärztliche Verantwortung der Behandlungsplanung<br />
− Elternarbeit<br />
− Vernetzung der KPT (Klinische Psychomotorische Therapie)<br />
− Multiplikatoren/ Tätigkeiten ( Mitarbeiter sind Lehrer/Dozenten/Referenten)<br />
− Wissenschaftliches Arbeiten<br />
Wie dem Konzept zu entnehmen ist, finden die Einheiten immer in Gruppen von höchstens<br />
sechs bis acht Kindern statt. Es wird in unterschiedlichen Hallen gearbeitet. Während in der<br />
einen eine Kletterwand steht, kann in der anderen gut eine Bewegungslandschaft aufgebaut<br />
werden. In einer weiteren Halle findet das grosse Luftkissen Platz. In jeder Halle ist<br />
mindestens ein Grosstrampolin aufgebaut, welches sich als sehr wertvolles Gerät für die<br />
Abklärung, aber auch für die folgende Therapie erweist. Neben allgemeinen Regelspielen<br />
wird Kickboard auf eigens mit Kreide auf den Boden gemalten Strassen gefahren,<br />
geschaukelt, Seil gesprungen, gerannt, entspannt, usw. Neben der motorischen Förderung<br />
finden auch gruppendynamische Prozesse statt. Ängste werden beispielsweise überw<strong>und</strong>en,<br />
indem ein Fre<strong>und</strong> gut zuredet. Es wird aber auch gestritten <strong>und</strong> sich wieder vertragen, die<br />
Patienten lernen voneinander <strong>und</strong> erleben gemeinsame Momente. Soziale <strong>und</strong> emotionale<br />
Themen werden meist direkt in der St<strong>und</strong>e angesprochen, ebenso positive wie negative<br />
Seiten eines jeden Einzelnen.<br />
Neben der Psychomotoriktherapie werden folgende Therapien angeboten: Heilpädagogik,<br />
Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie.<br />
3.2.1.3 Persönliche Stellungnahme<br />
Dank Horst Göbel, der sich sehr für uns einsetzte, erhielten wir einen sehr guten Einblick in<br />
die Arbeit der Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie in Hamm. Es war<br />
sehr hilfreich, dass wir, unter Wahrung des Datenschutzes, Einsicht in alle Akten erhielten,<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
um genauer zu erfahren, welche Geschichten hinter den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen stehen.<br />
Dabei ist uns stark aufgefallen, dass viele Kinder mit Störungen im sozialen <strong>und</strong> emotionalen<br />
Bereich diagnostiziert werden. In Gesprächen <strong>und</strong> Sitzungen wurde auch deutlich, dass die<br />
meisten Patienten aus sozial tieferen Schichten kommen <strong>und</strong> die Familiensysteme häufig<br />
erheblich gestört sind.<br />
In den St<strong>und</strong>en mit den Kindern wurde für uns eindeutig spür- <strong>und</strong> sichtbar, wie die Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen diese St<strong>und</strong>en genossen <strong>und</strong> wie sie teilweise ihre störenden<br />
Verhaltensweisen reduzieren konnten. Natürlich harmonierte es nicht durchwegs in der<br />
St<strong>und</strong>e, aber im Grossen <strong>und</strong> Ganzen bekamen wir den Eindruck, dass ein<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl da war <strong>und</strong> die Kinder aufeinander Acht gaben.<br />
Es war schön zu sehen, wie anerkannt die Psychomotoriktherapie bei Klinikangestellten war,<br />
seien dies Ärzte, Psychologen oder Betreuer von Abteilungen. Sie waren vom Verständnis<br />
geprägt, dass die <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> die Bewegung eng zusammen hängen <strong>und</strong> Psychomotorik-<br />
therapie hilfreich <strong>und</strong> unterstützend für den gesamten therapeutischen Prozess ist. Wir sind<br />
überzeugt davon, dass Horst Göbel mit seiner Persönlichkeit <strong>und</strong> mit seinem Engagement<br />
ein grosser Verdienst zukommt, dass die Psychomotoriktherapie in Hamm zu dem geworden<br />
ist, was sie heute ist.<br />
Es ist noch anzumerken, dass dies ein Beispiel einer Arbeit der Psychomotoriktherapie in der<br />
deutschen Psychiatrielandschaft ist <strong>und</strong> es in Deutschland keineswegs üblich ist, ein so<br />
grosses <strong>und</strong> gut angesehenes Therapieangebot zu haben.<br />
Das Praktikum hat uns gezeigt, wie wertvoll die Arbeit der Psychomotoriktherapie im<br />
klinischen Bereich ist <strong>und</strong> hat uns motiviert, in diesem Bereich aktiv zu werden. Wir hoffen<br />
mit dieser Bachelorarbeit einen Schritt in diesen in der Schweiz noch nicht bekannten<br />
Bereich zu machen.<br />
3.2.2 Symfora Groep in Amersfoort, Holland<br />
Wir waren auf unserer Studienreise in Holland <strong>und</strong> besuchten dort die Symfora Groep, eine<br />
grosse Psychiatrie in Amersfoort (NL) mit einer jährlichen Behandlungsquote von 18 000<br />
Patienten.<br />
Durch unsere Studienreise konnten wir uns ein gutes Bild vom Arbeitsfeld der Psychomotorik<br />
in Holland machen. Wir haben einige Unterschiede zur Schweizer Psychomotorik festgestellt<br />
<strong>und</strong> diese auch in der Literatur wieder gef<strong>und</strong>en.<br />
38/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
„In den Niederlanden ist die psychomotorische Therapie eine angesehene Therapie in der<br />
Psychiatrie. Psychomotorische Therapie wird beschrieben als eine Behandlung von<br />
Menschen mit psychischen <strong>und</strong> psychosozialen Problemen. Die Interventionen richten sich<br />
auf die Leibeserfahrung <strong>und</strong>/oder Handlungen in Bewegungssituationen“ (Hanne-Behnke,<br />
2001, S. 27).<br />
Im Unterschied zur Schweiz, wo das Hauptarbeitsfeld in Schulen <strong>und</strong> Ambulatorien liegt,<br />
wird in Holland vorwiegend in Kliniken gearbeitet, aber auch auf privater Basis, in<br />
Rehabilitationen <strong>und</strong> Altersheimen. Die Psychomotorik- Therapie konzentriert sich in Holland<br />
hauptsächlich auf den Bereich der Grobmotorik <strong>und</strong> findet in grossen Sporthallen statt,<br />
während in der Schweiz häufig auch im Bereich der Fein- <strong>und</strong> Grafomotorik gearbeitet wird.<br />
Links für weitere Informationen über die Psychiatrie in Amersfoort <strong>und</strong> der Fachhochschule<br />
mit dem Studiengang Psychomotoriktherapie sind im Anhang zu finden.<br />
3.2.2.1 Die Symfora Groep<br />
Wir konnten während mehreren Tagen die Psychiatrie besuchen, Therapeuten kennen<br />
lernen, Selbsterfahrung machen, Gespräche führen <strong>und</strong> sogar an einer Sportlektion mit<br />
Patienten teilnehmen.<br />
Zu den Patienten der Klinik gehören Kinder <strong>und</strong> Jugendliche von vier bis 18 Jahren,<br />
Erwachsene <strong>zwischen</strong> 18-65 Jahren <strong>und</strong> Menschen, die 65 <strong>und</strong> mehr Jahre alt sind.<br />
Die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr unterschiedlich. Neben den akuten Stationen<br />
werden ebenfalls mittel- <strong>und</strong> langfristige Therapie- <strong>und</strong> Wohnmöglichkeiten angeboten.<br />
Die Patienten besuchen während den stationären Aufenthalten <strong>und</strong> teilweise als<br />
Anschlusslösung daran verschiedene Therapien. Zum Angebot gehören Sozialtherapie,<br />
Psychotherapie, Psychodrama, Kunsttherapie, Musiktherapie <strong>und</strong> Psychomotoriktherapie.<br />
Bei diesem vielfältigen Angebot wird grosser Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
gelegt. Gruppendynamische Prozesse dienen als wichtiges Arbeitsinstrument <strong>und</strong><br />
Therapiemedium. Die Therapie findet fast ausschliesslich in einer festen Gruppe statt. Die<br />
Mitglieder der Gruppe wohnen zusammen <strong>und</strong> besuchen die meisten Therapien wie auch die<br />
Psychomotorik als Gruppe.<br />
Die Psychomotoriktherapeuten in Amersfoort arbeiten in grossen Sporthallen <strong>und</strong> dem<br />
Schwimmbad. Im Zentrum stehen grobmotorische Angebote, soziale Interaktion <strong>und</strong><br />
Reflexionen der gruppendynamischen Prozesse.<br />
Beispiel einer psychomotorischen Sequenz:<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Die Gruppe bekommt die Aufgabe, sich frei im Raum zu bewegen. Auf ein vereinbartes<br />
Zeichen soll sich jeder wortlos einen Partner suchen <strong>und</strong> mit diesem in Interaktion treten.<br />
Nach einem anderen Zeichen bewegt sich jeder wieder alleine durch den Raum. Dies wird<br />
einige Male wiederholt <strong>und</strong> anschliessend trifft man sich gemeinsam im Kreis. Die Patienten<br />
werden nach ihren Erfahrungen <strong>und</strong> Empfindungen befragt <strong>und</strong> zur Reflexion angeregt.<br />
Mögliche Fragen sind: „Welche Rolle hast du eingenommen?“ oder „ Wie hast du Kontakt<br />
aufgenommen?“. Die Fragen hängen vom Thema der St<strong>und</strong>e ab. In weiteren St<strong>und</strong>en<br />
könnte die Gruppe auch dazu aufgefordert werden, sich in einer Rolle zu bewegen, die sie<br />
sonst nicht haben.<br />
3.2.2.2 Persönliche Stellungnahme<br />
Es war sehr eindrücklich, die Psychomotoriktherapie in Holland kennen zu lernen. Die<br />
grossen Unterschiede im Arbeitsfeld haben uns einerseits überrascht <strong>und</strong> andererseits<br />
neugierig gemacht. Die Psychomotoriktherapie ist in der Gesellschaft stark verwurzelt <strong>und</strong><br />
findet hauptsächlich im klinischen Bereich Beschäftigung.<br />
In der praktischen Arbeit ist die Psychomotoriktherapie sehr gruppenorientiert. Gruppen-<br />
dynamische Prozesse bilden ein wichtiges Arbeitsinstrument, was sich in der ganzen<br />
Tagesstruktur der Psychiatriepatienten zeigt.<br />
Die Psychomotoriktherapie ist im Vergleich mit der Schweiz eher grobmotorisch orientiert.<br />
Die Interdisziplinarität in der Symfora Groep beeindruckte uns durch die Qualität des<br />
Austausches.<br />
3.3 Aktuelle Lage der Psychomotoriktherapie in der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie der Schweiz<br />
Um mehr über das aktuelle Arbeitsfeld der Psychomotoriktherapie in den Schweizer Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendpsychiatrien zu erfahren, haben wir einen kurzen Fragebogen entworfen <strong>und</strong> per<br />
E-Mail versendet. Genauere Angaben über die Entwicklung des Fragebogens ist im Kapitel<br />
1.5 enthalten, der Fragebogen selbst ist im Anhang zu finden.<br />
3.3.1 Beschäftigungslage der Psychomotoriktherapie im KJPK Basel<br />
Wir haben den per E-Mail retournierten Fragebogen aus Basel qualitativ ausgewertet <strong>und</strong> die<br />
wichtigsten Ergebnisse im Folgenden festgehalten.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
In der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrischen Klinik (KJPK) Basel ist eine Psychomotorik-<br />
therapeutin zu 40% angestellt. Sie bekommt ihre Patienten durch Psychologen, Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiater zugewiesen.<br />
Die Therapie findet ein bis zweimal wöchentlich statt <strong>und</strong> zurzeit nur im Einzelsetting.<br />
Die Problemstellungen der Patienten sind sehr verschieden. Gemeinsam ist ihnen, dass sie<br />
alle aus dem kinderpsychiatrischen Bereich kommen. Einige werden ambulant, andere<br />
stationär behandelt. Neben Ess- <strong>und</strong> Fütterungsstörungen, autistischen Problematiken,<br />
Wahrnehmungs- <strong>und</strong> <strong>Körper</strong>schemaschwierigkeiten, mangelndem <strong>Körper</strong>-Ich, Übergewicht,<br />
Ängsten <strong>und</strong> Aggressionsproblematiken, zwanghaftem Verhalten, Tics <strong>und</strong> mangelnder<br />
Bewegungsfreude sind auch Hyper- <strong>und</strong> Hypoaktivität Themen der Patienten.<br />
In Basel wird für diese Patienten Psychomotoriktherapie angeboten, da es dem KJPD Basel<br />
wichtig erschien, eine Bewegungstherapie als Ergänzung des restlichen Therapieangebots<br />
zu ermöglichen.<br />
Im Hintergr<strong>und</strong> der psychomotorischen Arbeit dieser Therapeutin steht das psycho-<br />
analytische Konzept von Bernard Aucouturier.<br />
Als Beispiel für den Nutzen der Psychomotoriktherapie für die Patienten beschreibt die<br />
Psychomotoriktherapeutin das Bild eines impulsiven, aggressiven Kindes, welches sich in<br />
der Psychomotoriktherapie mit seiner heftigen Aktivität nicht als negativ erleben muss <strong>und</strong> so<br />
akzeptiert ist. Die Therapeutin versucht, das Bewegungsverhalten des Patienten als<br />
Ausdruck seiner Persönlichkeit zu verstehen.<br />
3.3.2 Persönliche Stellungnahme<br />
Da sich die Auswertung der Daten hier nur auf einen einzelnen Fragebogen beschränkt,<br />
kann nicht von einer grossen Aussagekraft, bezogen auf die Arbeit der Psychomotorik-<br />
therapeuten in der schweizerischen Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie, gesprochen werden. Es<br />
wird allerdings deutlich, dass sich die Psychomotoriktherapie bisher nur an Pionierstellen<br />
innerhalb der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien in der Schweiz etabliert hat.<br />
Die Patienten kommen ein- bis zweimal wöchentlich einzeln in die Psychomotoriktherapie.<br />
Einzeltherapie ist sicherlich für einige Fälle wichtig <strong>und</strong> indiziert, trotzdem w<strong>und</strong>ert es uns,<br />
dass keine Gruppentherapien angeboten werden.<br />
In Basel stützt sich die psychomotorische Arbeit auf Konzepte mit psychoanalytischem<br />
Hintergr<strong>und</strong>. Bewegung wird als gutes Medium angesehen, um Kontakt <strong>und</strong> Beziehung zu<br />
den Patienten herzustellen, wie dies auch schon Herzka <strong>und</strong> Hüther beschreiben.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
3.4 Erkenntnisse aus den Beispielen der Psychomotoriktherapie<br />
in Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien<br />
Im Ausland sind mehrere gute Beispiele zu finden, wie in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />
psychomotorisch gearbeitet werden kann. In der Schweiz lassen sich bislang nur wenige<br />
Pionierstellen finden.<br />
Das Praktikum in Hamm gab uns einen persönlichen Eindruck <strong>und</strong> Erfahrungen in der<br />
psychomotorischen Arbeit in einer Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie. Wir profitierten in der<br />
Praxis von der Bearbeitung verschiedener Problemstellungen.<br />
Vor allem durch diese persönlichen Erfahrungen konnten wir den positiven Beitrag der<br />
psychomotorischen Arbeit zur Therapie <strong>und</strong> Lebensqualität der Patienten erkennen. Wir<br />
konnten von aussen beobachten, wie zufrieden die Kinder waren, weil unter anderem ihre<br />
Impulsivität nicht negativ bewertet wurde <strong>und</strong> positiv in einem Spiel erlebt werden konnte.<br />
Die Patienten konnten sich teilweise in einzelnen Settings positiv erleben, während dies in<br />
anderen Settings weniger der Fall war, was uns bei den Besprechungen über die jeweiligen<br />
Kinder aufgefallen war.<br />
Die Erkenntnisse bieten uns weitere Argumente für den Nutzen der Psychomotoriktherapie in<br />
der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie.<br />
Am meisten fiel uns die Häufigkeit der Störung im Sozialverhalten auf. Dies motivierte uns<br />
persönlich, uns in einem nächsten Schritt konkret mit diesem Thema auseinanderzusetzen<br />
<strong>und</strong> praktische Interventionen zu planen.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
4 Störung im Sozialverhalten in der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie<br />
4.1 Begründung der Themenwahl<br />
Durch unser Praktikum in Hamm haben wir festgestellt, dass Störungen im Sozialverhalten<br />
auffällig häufig diagnostiziert werden. Dies motivierte uns, in anderen Quellen zu<br />
recherchieren, ob diese Erkenntnis der Hauptdiagnose in Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien<br />
entspricht. Wir haben zwei weitere Quellen gef<strong>und</strong>en, die dies bestätigen. Dazu gehören der<br />
Jahresbericht 2007 des Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrischen Zentrums Klinik Sonnenhof in<br />
Ganterschwil <strong>und</strong> das DSM-IV, das diagnostische <strong>und</strong> statistische Manual psychischer<br />
Störungen. Im Folgenden werden wir kurz auf die gestellten Hauptdiagnosen eingehen.<br />
Dem Jahresbericht des kinder- <strong>und</strong> jugendpsychiatrischen Zentrums der Klinik Sonnenhof in<br />
Ganterschwil (Klinik Sonnenhof, 2008) ist zu entnehmen, dass 47 der r<strong>und</strong> 134 Kinder die<br />
Diagnose im Bereich „emotionale Störung“ <strong>und</strong> „Störung sozialer Funktionen des<br />
Kindesalters“ gestellt bekommen haben, was eindeutig die häufigsten Diagnosen sind.<br />
Gefolgt werden sie von „Störungen des Sozialverhaltens, hyperkinetische <strong>und</strong> kombinierte<br />
Störung“, die bei 37 Kindern diagnostiziert wurde.<br />
Das diagnostische <strong>und</strong> statistische Manual psychischer Störungen DSM-IV (Sass et al.,<br />
1996) besagt, dass Störungen im Sozialverhalten eine der am häufigsten gestellten<br />
Diagnosen bei stationären <strong>und</strong> nicht-stationären therapeutischen Einrichtungen für Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendpsychiatrie ist.<br />
Während unseres Praktikums in Hamm haben wir Diagnosen von denjenigen Kindern notiert,<br />
die wir auch im Setting der Psychomotoriktherapie gesehen haben.<br />
Die Anzahl der erfassten Patienten betrug 20, davon waren 3 Mädchen <strong>und</strong> 17 Jungen. Es<br />
wurden bei 14 Personen eine oder mehrere Diagnosen mit Störungen im Sozialverhalten<br />
gestellt. Bei den verbleibenden sechs Patienten wurden andere Mehrfachdiagnosen<br />
vermerkt.<br />
Trotz kleiner Untersuchungsmenge entsprechen einige der in Hamm gesammelten<br />
Informationen denen aus der Literatur. Beispielsweise wird die Störung im Sozialverhalten<br />
als der häufigste oder zweithäufigste Bef<strong>und</strong> im stationären Bereich der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie dargestellt, was sich mit den von uns erfassten Daten deckt. Deutlich wird<br />
auch, dass Störungen im Sozialverhalten nur selten als Einfachdiagnose gestellt werden.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Häufig treten diese in Kombination mit anderen Störungen im Sozialverhalten oder weiteren<br />
Entwicklungsstörungen auf. Zwei von drei Mädchen hatten keine Diagnose mit Störung im<br />
Sozialverhalten, während nur vier von 17 Jungen keinen Bef<strong>und</strong> in diesem Bereich auf-<br />
zeigten. Dies stimmt im Wesentlichen mit den in der Literatur gef<strong>und</strong>enen Werten überein,<br />
nach welchen Mädchen drei bis viermal weniger häufig diesen Bef<strong>und</strong> gestellt bekommen<br />
(vgl. 4.4). Generell war auffällig, dass nur zwei von 20 Patienten eine Einfachdiagnose<br />
gestellt bekommen <strong>und</strong> sonst alle mindestens Zweifachdiagnosen erhalten haben.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> dessen, dass Störung im Sozialverhalten zu den Hauptdiagnosen in der Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendpsychiatrien zählt, entschieden wir uns dazu, diesen Bef<strong>und</strong> genauer zu<br />
betrachten <strong>und</strong> heraus zu finden, wie Psychomotoriktherapie als pädagogisch-<br />
therapeutisches Konzept daran arbeiten kann.<br />
4.2 Definition<br />
„Bei allen Störungen des Sozialverhaltens handelt es sich um Verhaltensweisen, mit denen<br />
altersgemässe Normen, Regeln <strong>und</strong>/oder Rechte anderer beeinträchtigt werden“<br />
(Steinhausen, 1996, S. 219). Damit werden vier Gruppen von Problemverhaltensweisen von<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen zusammengefasst: oppositionelles, aggressives, delinquentes <strong>und</strong><br />
kriminelles Verhalten (vgl. Beelmann & Raabe, 2007).<br />
Synonym für Störung im Sozialverhalten werden in der Literatur auch die Begriffe<br />
"Dissozialität" <strong>und</strong> "antisoziales Verhalten" verwendet.<br />
Wir werden in unserer Arbeit den Begriff "Störung im Sozialverhalten" verwenden, um für<br />
Klarheit in der Begrifflichkeit zu sorgen <strong>und</strong> zur Leserlichkeit beizutragen.<br />
4.3 Klassifikation<br />
4.3.1 Klinisch-kategoriale Ansätze<br />
Klinisch-kategoriale Ansätze beziehen sich auf Verhaltenssyndrome, welche den<br />
Störungsdefinitionen internationaler psychiatrischer Klassifikationssystemen DSM-IV <strong>und</strong><br />
ICD-10 entsprechen. Klinisch-kategorial wird der Ansatz genannt, da er sich auf den<br />
psychiatrischen <strong>und</strong> damit klinischen Bereich bezieht <strong>und</strong> ein Klassifikationssystem mit<br />
Kategorien bildet.<br />
Für Störung im Sozialverhalten mit Beginn in der Kindheit <strong>und</strong> Jugend werden nach DSM-IV<br />
<strong>und</strong> ICD-10 Verhaltensstörungen wie folgt klassifiziert:<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
DSM-IV ICD-10<br />
Störung des Sozialverhaltens (312.8)<br />
Oppositionelles Trotzverhalten (313.81)<br />
Aufmerksamkeits- <strong>und</strong><br />
Hyperaktivitätsstörung (314.0)<br />
− Unaufmerksamkeit (314.00)<br />
− Hyperaktivität / Impulsivität (314.01)<br />
Kombiniert<br />
Hyperkinetische Störung (F90)<br />
− Einfache Aktivitäts- <strong>und</strong><br />
Aufmerksamkeitsstörungen (F90.0)<br />
− Hyperkinetische Störungen des<br />
Sozialverhaltens (F91.0)<br />
Störungen des Sozialverhaltens (F91)<br />
− Auf den familiären Rahmen<br />
beschränkt (F91.0)<br />
− Bei fehlenden sozialen Bindungen<br />
(F91.1)<br />
− Bei vorhandenen sozialen Bindungen<br />
(F91.2)<br />
− Mit oppositionellem/ aufsässigem<br />
Verhalten (F91.3)<br />
Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens<br />
<strong>und</strong> Emotion (F92)<br />
− Mit depressiver Störung (F92.0)<br />
− Sonstige kombinierte Störungen des<br />
Sozialverhaltens <strong>und</strong> der Emotionen<br />
(F92.8)<br />
Nicht näher bezeichnete kombinierte<br />
Störungen des Sozialverhaltens <strong>und</strong> der<br />
Emotionen (F92.9)<br />
(Beelmann & Raabe, 2007, S. 20)<br />
4.3.2 Empirisch-taxonomische Ansätze<br />
Unter dem Begriff der Taxonomie wird die Einordnung der Lebewesen in ein biologisches<br />
System verstanden. Taxonomisch ist das Adjektiv zur systematischen Vorgehensweise nach<br />
der Methode der Taxonomie (vgl. Wermke et al., 2007).<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Empirische Ansätze stützen sich auf Erfahrungen, Beobachtungen <strong>und</strong> Experimente (vgl.<br />
Wermke et al., 2007).<br />
Einzelne Problemverhaltensweisen werden in den empirisch-taxonomischen Ansätzen mit<br />
dimensionalen Verfahren zu Symptomgruppen zusammengefasst. Es werden dabei<br />
internalisierende (u.a. Ängstlichkeit, Depression, psychosomatische Störungen),<br />
externalisierende (Aggression, Delinquenz) <strong>und</strong> gemischte Symptomgruppen gebildet<br />
(Beelmann & Raabe, 2007).<br />
Externalisierendes Verhalten kann mit der Definition von Störung im Sozialverhalten<br />
gleichgesetzt werden.<br />
Mit den folgenden Quadranten können die verschiedenen Systeme aufgezeigt werden, in die<br />
Patienten mit Störung im Sozialverhalten empirisch-taxonomisch eingeteilt werden können.<br />
Verdeckt<br />
Quadrant A:<br />
Eigentumsverletzungen<br />
(Bsp. Stehlen)<br />
Quadrant C:<br />
Statusverletzungen (z.B.<br />
Schule schwänzen)<br />
Destruktiv<br />
Nichtdestruktiv<br />
Quadrant B:<br />
Aggressives Verhalten<br />
(Bsp. Schlagen)<br />
Quadrant D:<br />
Oppositionelles<br />
Verhalten (z.B.<br />
Wutanfälle)<br />
( Beelmann & Raabe, 2007, S. 18)<br />
Offen<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
4.4 Diagnostik<br />
4.4.1 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach DSM-IV<br />
Die Diagnostik nach DSM-IV mit Störung im Sozialverhalten (312.8) besteht aus 15 Kriterien,<br />
die in vier Kategorien eingeteilt sind (die vollständige Übersicht ist im Anhang zu finden). In<br />
der ersten Kategorie ist aggressives Verhalten gegenüber Mensch <strong>und</strong> Tier zu finden (u.a.<br />
beginnt der Patient häufig Schlägereien, ist körperlich grausam zu Mensch <strong>und</strong> Tier, zwingt<br />
andere zu sexuellen Handlungen). Die zweite beinhaltet das Zerstören von Eigentum<br />
(Brandstiftung, vorsätzliche Zerstörung). In der dritten Kategorie sind die Kriterien Betrug <strong>und</strong><br />
Diebstahl (Einbrüche, häufiges Lügen, um sich Vorteile zu verschaffen). In der vierten <strong>und</strong><br />
letzten Kategorie finden sich schwere Regelverstösse (häufiges Wegbleiben über Nacht,<br />
Schulschwänzen) (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007).<br />
Mindestens drei der 15 Kriterien müssen für eine Diagnosestellung während den letzten<br />
zwölf Monaten aufgetreten sein. Eine der drei Kriterien muss sich im Zeitraum der letzten<br />
sechs Monate gezeigt haben. Die Verhaltensstörungen bringen zudem Beeinträchtigungen in<br />
sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen mit sich, die klinisch bedeutsam<br />
sind (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007).<br />
Weiter wird in der Diagnosestellung nach Alter der Betroffenen bei Störungsbeginn unter-<br />
schieden. Beginnt eines der oben genannten charakteristischen Symptome vor dem zehnten<br />
Lebensjahr, ist dies der Typus mit Beginn in der Kindheit. Treten erst nach dem zehnten<br />
Lebensjahr Symptome auf, spricht man vom Typus mit Beginn in der Adoleszenz.<br />
Als diagnostisches Kriterium kann nach dem Schweregrad unterschieden werden. Treten<br />
zusätzlich zu den notwendigen Kriterien für die Diagnose nur wenige oder gar keine weiteren<br />
Probleme im Sozialverhalten auf <strong>und</strong> wird Anderen durch ihr Sozialverhalten zudem nur<br />
geringer Schaden zugefügt, wird nach dem DSM-IV die leichte Form des Schweregrades<br />
angegeben. Die schwere Form kennzeichnet sich dadurch, dass neben den erforderlichen<br />
diagnostischen Symptomen viele weitere Probleme des Sozialverhaltens auftreten oder dass<br />
Anderen durch die Störung des Sozialverhaltens beträchtlich Schaden zugefügt wird<br />
(Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007).<br />
4.4.2 Kriterien zur Diagnose der Störung des Sozialverhaltens nach ICD-10<br />
Beim diagnostischen Instrument ICD-10 werden 23 Verhaltensweisen zur Diagnostik von<br />
Störungen im Sozialverhalten (F91) angegeben (die vollständige Übersicht ist im Anhang zu<br />
finden).<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Die ersten acht Kriterien beschreiben oppositionelles Trotzverhalten (häufiges Streiten, Wut-<br />
ausbrüche). Diese Kriterien sind nicht so auffällig <strong>und</strong> führen zu einem grossen Spektrum<br />
des Vorkommens.<br />
Die folgenden 15 Kriterien entsprechen ungefähr den Kategorien aus dem DSM-IV mit<br />
aggressivem Verhalten gegenüber Mensch <strong>und</strong> Tier, Zerstörung von Eigentum, Betrug oder<br />
Diebstahl <strong>und</strong> schwere Regelverstösse.<br />
Für eine Diagnose der Störung im Sozialverhalten müssen drei Kriterien der<br />
Verhaltensweisen neun bis 23 gegeben sein, die über mindestens sechs Monate aufgetreten<br />
sind. Einzelne Kriterien wie Gebrauch von Waffen, körperliche Grausamkeit gegenüber<br />
Menschen, absichtliche Destruktivität gegenüber dem Eigentum anderer (ausser<br />
Brandstiftung), absichtliches Feuerlegen, kriminelle Handlungen (direkter Angriff auf Opfer),<br />
Zwingen einer anderen Person zu sexuellen Aktivitäten <strong>und</strong> Einbruch reichen schon bei<br />
einmaligem Vorkommen zu einer Diagnose (Dilling, Mombour & Schmidt, 2005; Klicpera &<br />
Gasteiger-Klicpera, 2007).<br />
4.4.3 Inhaltliche Unterschiede <strong>zwischen</strong> DSM-IV <strong>und</strong> ICD-10 bezogen auf die<br />
Störungen im Sozialverhalten<br />
Bei DSM-IV werden Störungen des Sozialverhaltens <strong>und</strong> oppositionelles Trotzverhalten<br />
getrennt klassifiziert <strong>und</strong> schliessen sich als Diagnose gegenseitig aus. Oppositionelles<br />
Trotzverhalten geht nach DSM-IV oftmals der Störung des Sozialverhaltens voraus.<br />
Hingegen bilden bei ICD-10 die ersten acht Kriterien eine Unterkategorie der Störung des<br />
Sozialverhaltens in Form des oppositionellen Verhaltens.<br />
4.5 Häufigkeit<br />
Die Häufigkeit der Störung im Sozialverhalten liegt <strong>zwischen</strong> 2-9 % der Gesamtpopulation<br />
(Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007). Bei Jungen wird die Störung drei bis viermal so häufig<br />
diagnostiziert wie bei Mädchen. Die Häufigkeit wird bei zehn- bis zwölfjährigen Jungen mit<br />
4-8% angegeben (Steinhausen, 1996).<br />
Im Geschlechtervergleich wird in der Literatur deutlich, dass Mädchen vermehrt verbale<br />
Aggressivität, Jungen hingegen mehr körperliche Aggressivität zeigen.<br />
Risikofaktoren für die Entwicklung einer Störung im Sozialverhaltens sind soziale<br />
Schichtzugehörigkeit (untere Schicht häufiger betroffen), ungünstige soziale <strong>und</strong> familiäre<br />
Faktoren (Grossfamilien, grosse Kinderzahl), psychische Störungen der Eltern (Alkohol-<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
missbrauch, Delinquenz des Vaters, emotionale Störung der Mutter). Die Störung tritt<br />
ausserdem häufiger in Städten auf (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996;<br />
Steinhausen, 1996).<br />
4.6 Komorbidität<br />
In der Literatur werden im Zusammenhang mit Störungen im Sozialverhalten folgende<br />
Begleitstörungen angegeben:<br />
− Dissoziale Störungen begleitet durch emotionale Störungen<br />
− Hyperkinetische Störungen<br />
− Organische Psychosyndrome<br />
− Spezifische Lernstörungen mit der Folge von Schulversagen<br />
− Drogenmissbrauch<br />
− Psychosen<br />
− Angststörungen (komplexer Zusammenhang)<br />
− Depressive Störungen<br />
(Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Steinhausen, 1996)<br />
4.7 Ätiologie<br />
4.7.1 Konstitutionelle Faktoren<br />
Zu den konstitutionellen Faktoren gehört die Temperamentsstruktur des Kindes. Die<br />
Vulnerabilität wird beeinflusst durch Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum sowie dissoziale oder<br />
psychopathologische Persönlichkeitsstruktur der biologischen Eltern. Eine Tendenz zu<br />
unsicheren Bindungen zu primären Bezugspersonen wird erwähnt. Die Fähigkeit, Affekte im<br />
speziellen Ärger regulieren zu können, ist beeinflusst durch die Konstitution. Das männliche<br />
Geschlecht gilt als weiterer Risikofaktor (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al.,<br />
1996; Steinhausen, 1996).<br />
4.7.2 Soziale <strong>und</strong> familiäre Faktoren<br />
Im familiären Bereich gibt es mehrere Risikofaktoren, unter anderem anhaltende<br />
Disharmonie <strong>und</strong> aggressives, antisoziales Verhalten von Eltern <strong>und</strong> Geschwistern (soziale<br />
Lerntheorie, wie auch Erleben am eigenen <strong>Körper</strong> durch Misshandlung oder sexueller<br />
Missbrauch). Grosse Familien <strong>und</strong> sozioökonomische Belastungen steigern das Risiko für<br />
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eine Störung im Sozialverhalten. Ein weiterer Risikofaktor ist ein stark strafender, restriktiver,<br />
inkonsequenter <strong>und</strong> wenig anregender Erziehungsstil wie auch eine fehlende Betreuung.<br />
Frühe Einweisung in eine Anstalt <strong>und</strong> häufiger Wechsel der Pflege- <strong>und</strong> Bezugspersonen<br />
erhöhen das Risiko weiter (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Sass et al., 1996;<br />
Steinhausen, 1996).<br />
4.7.3 Peer Gruppe <strong>und</strong> Schule<br />
Aggressive Modelle finden sich vor allem unter Gleichaltrigen. Die innere Organisation <strong>und</strong><br />
das Klima einer Schule tragen dazu bei, dass Kinder Schule schwänzen, eine geringe<br />
Arbeitsmotivation entwickeln <strong>und</strong> z.B. Schulräume verunstalten (Klicpera & Gasteiger-<br />
Klicpera, 2007; Sass et al., 1996; Steinhausen, 1996).<br />
4.7.4 Massenmedien<br />
Massenmedien, wie Fernsehen, Videofilme <strong>und</strong> Computerspiele beeinflussen, insbesondere<br />
durch Gewaltdarstellungen, die Entwicklung von aggressivem Verhalten (Klicpera &<br />
Gasteiger-Klicpera, 2007).<br />
4.8 Verlauf<br />
Der Störung im Sozialverhalten geht häufig eine Auffälligkeit mit oppositionellem<br />
Trotzverhalten voraus. Dies zeigt sich vor allem in Unfolgsamkeit <strong>und</strong> häufigen Zorn-<br />
ausbrüchen der Kinder. Im Schulalter kommen Zündeln, Stehlen sowie aggressives<br />
Verhalten gegen andere Kinder <strong>und</strong> schliesslich Schulschwänzen hinzu. Im Jugendalter<br />
können Vandalismus, Alkohol- <strong>und</strong> Drogenmissbrauch folgen.<br />
Störungen des Sozialverhaltens bringen eine weitaus weniger günstige Prognose mit sich,<br />
als andere kinder- <strong>und</strong> jugendpsychiatrische Störungen. Aufgr<strong>und</strong> dessen ist es besonders<br />
wichtig, effiziente therapeutische Massnahmen für die Betroffenen <strong>und</strong> ihre Eltern zu finden<br />
(Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007).<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
5 Psychomotorische Spielideen zur Behandlung von Patienten mit<br />
Störungen im Sozialverhalten<br />
5.1 Eingrenzung des Themas<br />
Um aufzuzeigen, wie die Psychomotoriktherapie im Themengebiet der Störung im<br />
Sozialverhalten ansetzen kann, ist es notwendig, die Psychomotoriktherapie zu definieren.<br />
Wir entschieden uns für folgende Definition:<br />
„Bei der Psychomotoriktherapie handelt es sich um ein pädagogisch-therapeutisches<br />
Konzept der kindlichen Entwicklungsförderung, bei dem Spiel <strong>und</strong> Bewegung als zentrale<br />
Erfahrungs- <strong>und</strong> Interaktionsmedien eingesetzt werden. Ziel ist eine ganzheitliche Förderung<br />
der Persönlichkeitsentwicklung in den Dimensionen Ich-, Sach- <strong>und</strong> Sozialkompetenz.“<br />
(Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, 2009)<br />
In der Psychomotoriktherapie wird unter anderem:<br />
− das Selbstwertgefühl gestärkt<br />
− Empathiefähigkeit gefördert<br />
− der Umgang mit Gefühlen erlernt<br />
− das Regelverständnis erarbeitet<br />
− Handlungsalternativen erprobt<br />
− Spannung reguliert<br />
− Soziales Verhalten vermittelt<br />
Die Psychomotoriktherapie kann mit diesen Eigenschaften einen wesentlichen Beitrag an die<br />
psychosoziale Gesamtentwicklung leisten, zu der auch das Sozialverhalten <strong>und</strong> ihre<br />
Störungen gehören.<br />
Wie bereits beschrieben, setzt sich die Störung des Sozialverhaltens aus oppositionellem,<br />
aggressivem, delinquentem <strong>und</strong> kriminellem Verhalten zusammen. Mit dem dargelegten<br />
Verständnis von Psychomotoriktherapie kann anhand psychomotorischer Interventionen<br />
direkt an oppositionellem <strong>und</strong> aggressivem Verhalten gearbeitet werden. Beispielhaft<br />
beschreiben wir später Therapiephasen <strong>und</strong> psychomotorische Spielideen dazu.<br />
51/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Gegen delinquentes <strong>und</strong> kriminelles Verhalten planen wir keine direkten Interventionen, da<br />
dies ausserhalb unseres Aufgabengebietes liegt. Wir vermuten jedoch, durch die gesamte<br />
Persönlichkeitsentwicklung aufgr<strong>und</strong> der Psychomotoriktherapie ebenfalls Einfluss auf diese<br />
Verhaltensweisen nehmen zu können.<br />
Im Kontext der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie möchten wir betonen, dass wir in der<br />
Psychomotoriktherapie nicht die einzige Therapiemassnahme für Störungen im Sozial-<br />
verhalten sehen, sondern sie als hilfreiches Ergänzungsangebot zu bereits bestehenden<br />
Therapien verstehen.<br />
5.2 Theoretische Ableitung der Interventionen<br />
Um psychomotorische Interventionen für die Störung im Sozialverhalten zu planen, leiteten<br />
wir aus der Literatur Ziele in der Arbeit mit Patienten mit Störungen im Sozialverhalten ab<br />
<strong>und</strong> entwickelten Spielideen, um die Ziele zu erreichen.<br />
Folgende Bereiche sollten in der Therapie von Störungen im Sozialverhalten gefördert<br />
werden:<br />
− Fähigkeit zum Emotionsverständnis<br />
− Fähigkeit, Emotionen zu äussern <strong>und</strong> allgemeine Kommunikationsfähigkeit zu<br />
verbessern<br />
− Perspektivenübernahmen <strong>und</strong> Empathiefähigkeit<br />
− Erweiterung des Selbstkonzeptes des Kindes (abgewehrte Erfahrungen integrieren,<br />
Selbstwertgefühl)<br />
− Fähigkeit zur Emotionskontrolle<br />
− Fähigkeit zur Verhaltenskontrolle (Wünsche, Gefühle, Bedürfnisse vs. Verhalten)<br />
− Angemessene soziale Verhaltensfertigkeiten<br />
− Schrittweises Erlernen, Probleme zu lösen, Handlungsplanung<br />
− Unabhängiges Denken (Entscheidungen treffen, Verantwortlichkeitsübernahme für die<br />
Lösung eigener Probleme)<br />
− Positiver Selbstwert<br />
(Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000;<br />
Weinberger, 2007)<br />
Weiter finden wir in der Literatur folgende unterstützende Haltungen im Umgang mit<br />
aggressiven Kindern:<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
− Wachheit <strong>und</strong> Momentzentriertheit, um auf blitzschnelle Reaktionen des Kindes zu<br />
reagieren<br />
− Genaues Wahrnehmen des Stimmungszustandes des Kindes, um rechtzeitig<br />
reagieren können, Grenzen zu setzten <strong>und</strong> eine mögliche Eskalation verhindern zu<br />
können.<br />
− Benennen <strong>und</strong> Beachten von erwünschten Verhaltensweisen <strong>und</strong> positives Feedback<br />
dafür geben<br />
− Innerhalb der erreichten Fähigkeiten des Kindes Wahlmöglichkeiten offen lassen<br />
− Positives, unkritisches Interesse vermitteln<br />
− Einfühlendes Verstehen (Empathie)<br />
− Unbedingte Wertschätzung des Kindes, was nicht heisst, dass sein Verhalten gebilligt<br />
wird<br />
− Echtheit <strong>und</strong> Kongruenz vermitteln, um ein klares Modell für das Kind zu sein<br />
(Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Weinberger, 2007)<br />
Damit der therapeutische Prozess möglichst fruchtbar ist, ist allgemein eine vertrauensvolle<br />
Beziehung <strong>zwischen</strong> den Patienten <strong>und</strong> den Therapeuten Voraussetzung.<br />
5.3 Anleitung zu den psychomotorischen Spielideen in acht<br />
Phasen<br />
Wir entwickelten psychomotorische Spielideen für Patienten mit Störungen im<br />
Sozialverhalten im Alter von sechs-14 Jahren in acht Phasen. Die Spielideen sind skizziert<br />
<strong>und</strong> sollen als Anstoss für eine Therapieplanung dienen. Die Therapeuten entscheiden,<br />
welche Spiele geeignet sind <strong>und</strong> wie sie für die jeweilige Gruppe konkretisiert, angepasst<br />
<strong>und</strong> umgesetzt werden können.<br />
Wir konzentrierten uns bei der Entwicklung der Spielideen auf das oppositionelle <strong>und</strong><br />
aggressive Verhalten <strong>und</strong> schliessen kriminelles <strong>und</strong> delinquentes Verhalten aus.<br />
Die Spielideen sind für Gruppen von fünf bis acht Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen gedacht. Bei der<br />
Zusammensetzung der Gruppe ist darauf zu achten, dass die Altersunterschiede nicht zu<br />
gross sind, damit die Entwicklungsthemen nicht zu unterschiedlich sind <strong>und</strong> eine<br />
gemeinsame Durchführung der Übungen möglich ist. Die Therapeuten entscheiden, ob<br />
besonders schwere Fälle zuerst Einzeltherapie bekommen <strong>und</strong> erst später in eine Gruppe<br />
eintreten oder ob sie schon zu Beginn in eine Gruppe kommen.<br />
53/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Für jede Phase haben wir Ziele formuliert, damit deutlich wird, an welchen Schwerpunkten in<br />
einer Phase gearbeitet wird <strong>und</strong> worauf die Spielideen aufgebaut sind. Die Ziele haben wir<br />
aus dem „Dina Dinosaurier Sozial Skills and Problem- Solving Curriculum“ (Bellmann &<br />
Raabe, 2007) <strong>und</strong> weiterer Literatur (Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000;<br />
Weinberger, 2007) abgeleitet. Teilweise haben wir die Ziele aus der Literatur etwas verfeinert<br />
<strong>und</strong> in kleinere Schritte aufgeteilt. Der Schwerpunkt der Therapiest<strong>und</strong>e ist durch die<br />
formulierten Ziele gesetzt <strong>und</strong> kann zu verschiedenen Zeitpunkten der St<strong>und</strong>e umgesetzt<br />
werden. Ein Ziel kann über mehrere St<strong>und</strong>en hinweg zentral sein. Neben dem Fokus auf die<br />
Ziele sollten in jeder St<strong>und</strong>e auch Aggressions- <strong>und</strong> Spannungsabbau, Reflexion <strong>und</strong><br />
Entspannung Platz finden.<br />
Die Phasen bauen aufeinander auf <strong>und</strong> beginnen bei gr<strong>und</strong>legenden Kompetenzen (z. B.<br />
Regelverständnis, Kommunikationsfähigkeit). Die erworbenen Ziele der vorhergehenden<br />
Phasen sind Voraussetzungen, um die Ziele der nächsten Phase erreichen zu können. Wie<br />
lange eine Phase dauert, ist abhängig von der jeweiligen Gruppenzusammensetzung <strong>und</strong><br />
kann von den Therapeuten selbst angepasst werden. Die Übergänge der Phasen sind<br />
fliessend.<br />
Zu jeder Phase erarbeiteten wir vier Spielideen, von denen die Therapeuten selbst<br />
diejenigen auswählen können, welche sie für die Gruppe geeignet finden. Die Spielideen<br />
sind so gestaltet, dass sie eine gute Gr<strong>und</strong>lage bilden, aber auch Möglichkeiten zur<br />
Variationen offen lassen <strong>und</strong> der jeweiligen Gruppe angepasst werden können. Ausserdem<br />
sind sie so ausgewählt, dass sie zur Erarbeitung der Ziele beitragen. Sie sind für eine oder<br />
mehrer Altersstufen geeignet, was bei der Beschreibung des Spiels jeweils durch ein Kreuz<br />
in der entsprechenden Altersgruppe angegeben wird.<br />
Abgeleitet durch unsere Erfahrung im therapeutischen Setting, erachten wir folgende Regeln<br />
als sinnvoll:<br />
− Stoppregel<br />
− Einander psychisch <strong>und</strong> körperlich nicht verletzen<br />
− Keine vorsätzliche Sachbeschädigung<br />
− Safeplace: Das Kind kann den Ausstieg <strong>und</strong> Einstieg in das Spiel selbst bestimmen<br />
<strong>und</strong> sich an einen sicheren Platz zurückziehen.<br />
− Time out: Die Therapeuten bestimmen, wann sich ein Kind auf einen von ihnen<br />
bestimmten Platz im Raum zurückziehen soll <strong>und</strong> wann es wieder ins Spiel einsteigen<br />
kann. Es wird thematisiert, dass dies nicht eine Strafe ist, sondern eine Möglichkeit,<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
sich zu sammeln. Bevor das Time out aufgelöst wird, reflektiert das Kind mit den<br />
Therapeuten, weshalb es zu einem Time out kam <strong>und</strong> ob es bereit sei, wieder<br />
einzusteigen.<br />
Es wird angestrebt, dass die Kinder mit der Zeit nicht mehr von den Therapeuten in das Time<br />
out geschickt werden, sondern selbst merken, dass sie eine Auszeit brauchen <strong>und</strong><br />
selbstständig in den Safeplace gehen.<br />
5.4 Psychomotorische Spielideen<br />
5.4.1 Phase 1<br />
Ziele der Phase:<br />
− Beziehungsaufbau<br />
− Bedeutsamkeit von Regeln kennen<br />
− Folgen von Regelverletzungen thematisieren<br />
− Strukturen <strong>und</strong> Regeln im therapeutischen Setting sind klar <strong>und</strong> werden akzeptiert<br />
Phase 1<br />
1.Spiel<br />
Titel: Gruppierungsspiel<br />
Ziel: Beziehungsaufbau<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Kinder sind verteilt im Raum. Die Therapeuten stellen die Aufgabe, sich nach beispiels-<br />
weise Anzahl Geschwister, Lieblingsmusik, Schuhgrösse usw. zu gruppieren. Es können<br />
bestimmte Orte zugewiesen werden (alle Einzelkinder gehen in die rechte Ecke, alle mit<br />
einem Geschwister in die Linke usw.) oder es den Kindern selbst überlassen, wie sie sich<br />
gruppieren. Das Spiel wird mit verschiedenen Themen wiederholt.<br />
Phase 1<br />
55/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
2.Spiel<br />
Titel: Königsspiel<br />
Ziel: Bedeutung von Regeln kennen<br />
lernen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Die Kindergruppe wird in zwei Hälften geteilt. In der einen Gruppe sind alles Könige <strong>und</strong><br />
in der anderen sind alle Wächter. Jeder König baut sich aus Bauklötzen am Rand des<br />
Raumes den Gr<strong>und</strong>riss eines Hauses, wo er Sandsäcke aufbewahren kann. In der Mitte<br />
des Raumes liegt eine Matte. Die Könige versuchen nun, ihre Sandsäcke einzeln zur<br />
Matte zu transportieren. Die Wächter versuchen, dies durch Berührung zu verhindern <strong>und</strong><br />
die Säcke dadurch zu rauben. Im Haus <strong>und</strong> auf der Matte sind die Könige sicher.<br />
Anhand des Spieles kann thematisiert werden, dass es Regeln braucht, Regelverstösse<br />
nervend sind <strong>und</strong> das Spiel aus dem Ruder laufen kann.<br />
Mögliche Schwierigkeit: Es ist möglich, dass das Spiel recht laut wird <strong>und</strong> die Patienten<br />
sich ungerecht behandelt fühlen. Diese emotionalen Reaktionen dienen dazu, den<br />
Nutzen von Regeln zu verstehen.<br />
Phase 1<br />
3.Spiel<br />
Titel: Ballspiel<br />
Ziel: Bedeutung von Regeln kennen<br />
lernen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Die Kindergruppe wird in zwei Hälften geteilt. Jede Hälfte erhält einen oder mehrere Bälle<br />
<strong>und</strong> wird einem Tor zugewiesen. Die Aufgabe besteht darin, auf der anderen Seite ein<br />
Tor zu machen. Ansonsten gibt es keine Regeln.<br />
Die Therapeuten pfeifen nur bei einem Tor. Im Verlauf des Spieles können Reflexions-<br />
r<strong>und</strong>en einberufen werden, wo thematisiert wird, was gut <strong>und</strong> was weniger gut<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
funktioniert <strong>und</strong> woran das liegen könnte. Mit den Kindern wird ausgehandelt, welche<br />
Regeln eingeführt werden <strong>und</strong> wie mit Regelverstössen umgegangen wird.<br />
Im nächsten Schritt kann das Spiel mit den neuen Regeln gespielt werden.<br />
Wichtig: Die Regeln des Therapieraumes bleiben bestehen.<br />
Phase 1<br />
4.Spiel<br />
Titel: „ Wenn du dich nicht an die<br />
Regeln hältst, dann...“<br />
Ziel: Folgen von Regelverletzungen<br />
erleben. Mitbestimmen können.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Es wird ein beliebiges Regelspiel gewählt <strong>und</strong> mit den Kindern ausgehandelt, welche<br />
Konsequenzen ein Regelverstoss hat. Die Konsequenzen werden von den Patienten<br />
selbst auf Karten geschrieben oder gezeichnet.<br />
Kommt es beim Regelspiel zu einem Verstoss gegen die Regeln, wird eine Karte<br />
gezogen <strong>und</strong> die Konsequenz durchgeführt.<br />
Beispiele: Eine R<strong>und</strong>e rennen, 5 Liegestützen, Time out...<br />
Mögliche Schwierigkeit: Je nachdem, was auf die Karten geschrieben wird, kann die<br />
Konsequenz Anreiz geben oder abschreckend wirken. Die Therapeuten coachen die<br />
Patienten in der Entwicklung sinnvoller Konsequenzen, indem ungeeignete Karten nach<br />
der Erprobung überarbeitet werden können.<br />
57/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
5.4.2 Phase 2<br />
Ziele der Phase:<br />
− Zuhören können<br />
− Sich mitteilen können<br />
− Andere Meinungen wahrnehmen<br />
Phase 2<br />
1.Spiel<br />
Titel: Führen <strong>und</strong> geführt werden<br />
Ziel: Zuhören üben<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Es werden Zweiergruppen gebildet. Einem Kind werden die Augen verb<strong>und</strong>en. Das<br />
andere Kind führt es über verbale Anweisungen durch den Raum. Dann werden die<br />
Rollen gewechselt.<br />
Mögliche Schwierigkeiten: Das Spiel ist schwierig für Patienten, die sich verbal nicht gut<br />
ausdrücken können sowie für fremdsprachige Patienten.<br />
Phase 2<br />
2.Spiel<br />
Titel: Einführung des Talking Sticks<br />
Ziel: Zuhören üben, sich mitteilen üben,<br />
andere Meinungen anhören<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Der Talking Stick ist ein Stab, der in einer Diskussion gebraucht wird <strong>und</strong> dem Träger das<br />
Wort gibt. Alle anderen hören zu <strong>und</strong> können mit Hand erheben den Talking Stick ein-<br />
fordern. (Der Talking Stick kann für kleinere Kinder auch durch eine Tierfigur ersetzt<br />
58/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
werden.)<br />
Weiter kann der Talking Stick in Reflexionen oder Gruppendiskussionen (auch bei der<br />
Entwicklung eines Spieles) eingesetzt werden.<br />
Wenn der Talking Stick eingesetzt wird, stellt sich die Frage: Welche Spiele werden<br />
gespielt? Wo finden wir einen Kompromiss, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind?<br />
Welche Regeln brauchen wir?<br />
Die Therapeuten übernehmen die Moderation des Gespräches, sie coachen die Gruppe<br />
<strong>und</strong> können sich ohne den Talking Stick einbringen.<br />
Phase 2<br />
3.Spiel<br />
Titel: Was hörst du?<br />
Ziel: Einander zuhören üben, sich<br />
mitteilen üben, andere Meinungen<br />
wahrnehmen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Die Therapeuten lassen ein (klassisches) Musikstück laufen. Die Patienten hören zu <strong>und</strong><br />
malen während oder nach dem Lied Stimmungen <strong>und</strong> Bilder zum Lied. Anschliessend<br />
wird in der Gruppe ausgetauscht, was gehört wurde.<br />
Phase 2<br />
4.Spiel<br />
Titel: Der König regiert<br />
Ziel: Einander zuhören üben, sich<br />
mitteilen üben, andere Meinungen<br />
wahrnehmen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X<br />
59/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Die Therapeuten erzählen zum Einstieg eine kurze Geschichte, welche die Patienten in<br />
eine vergangene Zeit reisen lässt. Dort gibt es immer einen König, der durch ein Kind<br />
gespielt wird. Jedes Kind darf einmal König sein <strong>und</strong> das Geschehen der Gruppe<br />
bestimmen, indem er klare Befehle gibt. Der König ist gekennzeichnet durch eine Krone<br />
<strong>und</strong> sitzt auf einem Thron. Die anderen Kinder hören dem König gut zu <strong>und</strong> gehorchen<br />
seinen Befehlen.<br />
Die Therapeuten achten darauf, dass jedes Kind gleich lang König sein darf <strong>und</strong> seine<br />
Befehle befolgt werden.<br />
Mögliche Schwierigkeit: Das Spiel ist schwierig für Patienten, die sich verbal nicht gut<br />
ausdrücken können sowie für fremdsprachige Patienten.<br />
5.4.3 Phase 3<br />
Ziele der Phase:<br />
− Eigene Stärken <strong>und</strong> Schwächen kennen lernen<br />
− Selbstwirksamkeit erleben<br />
− Entscheidungen treffen<br />
Phase 3<br />
1.Spiel<br />
Titel: Bazar<br />
Ziel: Eigene Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />
kennen lernen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
Die Kinder machen sich Gedanken über ihre Stärken <strong>und</strong> Schwächen. Im nächsten<br />
Schritt bereiten sie einen Verkaufsstand vor, den sie schön gestalten <strong>und</strong> ihre Stärken<br />
<strong>und</strong> Schwächen auf Papierstreifen zum Tausch anbieten. Der Bazar wird eröffnet <strong>und</strong><br />
das Tauschgeschäft kann beginnen. Jeder kann selbst bestimmen, wie viel er von einer<br />
Eigenschaft ergattern oder tauschen möchte (z.B. 1/2 Ordentlichkeit, 2/3 Fröhlichkeit<br />
usw.).<br />
X<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 3<br />
2.Spiel<br />
Titel: Das freie Spiel<br />
Ziel: Sich selbstwirksam erleben,<br />
Entscheidungen treffen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
In einer freien Spielsituation wird dem Kind die Möglichkeit geboten, sich eine Aktivität<br />
auszuwählen, die es gut beherrscht <strong>und</strong> gerne macht. Das Kind kann den<br />
Schwierigkeitsgrad <strong>und</strong> das Ziel der Aktivität selbst bestimmen <strong>und</strong> erlebt sich so als<br />
selbstwirksam. In der Gruppe wird jedem Kind die Möglichkeit gegeben, vorzustellen,<br />
was es gemacht hat.<br />
Schwierigkeit: Es gibt Kinder, die sich selbst wenig zutrauen <strong>und</strong> nicht wissen, was sie<br />
wählen könnten. Mit diesen Kindern können die Therapeuten vorbesprechen <strong>und</strong><br />
thematisieren, was sie in der freien Spielsituation wählen könnten <strong>und</strong> so die Kinder auf<br />
der Suche nach Ideen unterstützen.<br />
Phase 3<br />
3.Spiel<br />
Titel: Bewegungslandschaften<br />
Ziel: Sich selbstwirksam erleben<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Es wird eine Bewegungslandschaft aufgebaut (mit oder ohne Hilfe der Kinder), die<br />
verschiedenen Schwierigkeitsgrade beinhaltet. Das Kind wählt aus, womit (d.h. mit<br />
welchem Material, Spielzeug, etc.) mit was <strong>und</strong> wie lange es sich an einem Bereich<br />
aufhält.<br />
Ideen für Bewegungslandschaften:<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
− SVSS Schweizerischer Verband für Sport in der Schule (Hrsg.). (2006). Mut tut gut!.<br />
Bewegen, riskieren, erleben auf der Basisstufe (4. Auflage). Lenzburg: Kromer Print<br />
AG.<br />
− Zebenli-Sigrist, E., (2007). Bewegungslandschaften. Psychomotorisches Konzept<br />
Bewegungslandschaften (2. Auflage). Bern: Schulverlag blmv AG.<br />
Phase 3<br />
4.Spiel<br />
Titel: Feedbackr<strong>und</strong>e<br />
Ziel: Eigene Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />
durch eigene Reflexion <strong>und</strong> Feedback<br />
Anderer kennen lernen.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Gesprächsr<strong>und</strong>e, bei der zu jedem Mitglied der Gruppe etwas Positives gesagt wird („ ich<br />
finde toll an dir, dass du ...“). Ist dies möglich, können in einem weiteren Schritt<br />
Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt werden („ ich fände es schön, wenn du...“) oder<br />
Unterschiede <strong>zwischen</strong> den einzelnen Gruppenmitgliedern aufgezeigt werden („ich bin<br />
weniger ordentlich als du, dafür kann ich besser backen“)<br />
Wichtig: Positive Gesprächskultur als Gr<strong>und</strong>regel beachten<br />
5.4.4 Phase 4<br />
Ziele der Phase:<br />
− Verschiedene Gefühle kennen<br />
− Verschiedene Gefühle am eigenen <strong>Körper</strong> wahrnehmen <strong>und</strong> beschreiben können<br />
− Ursachen für Gefühle finden<br />
62/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 4<br />
1.Spiel<br />
Titel: Befindlichkeiten äussern<br />
Ziel: Verschiedene Gefühle kennen<br />
<strong>und</strong> äussern lernen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Am Anfang oder am Schluss der St<strong>und</strong>e können die Kinder anhand von verschiedenen<br />
Hilfsmitteln Befindlichkeiten äussern:<br />
− Smilies<br />
− Gefühlsbarometer<br />
− Gefühlsdinos<br />
− Gefühlskarten<br />
− Knete: Darin ist ein Schatz der St<strong>und</strong>e (d.h. etwas was ihnen besonders gut gefallen<br />
hat) als glänzender Stein <strong>und</strong> etwas, was ihnen nicht gefallen hat, als einen weniger<br />
schönen Stein, vergraben. Die Kinder graben diesen aus <strong>und</strong> benennen ihn.<br />
− Befindlichkeiten können auch gezeichnet oder nur verbalisiert werden.<br />
Die Therapeuten können den Kindern zu Beginn auch helfen, indem sie anhand von „Ich-<br />
Botschaften“ die Gefühle der Kinder einschätzen. Bsp. „ Ich habe den Eindruck, dass du<br />
heute wütend warst.“<br />
Phase 4<br />
2.Spiel<br />
Titel: Gefühlsmasken<br />
Ziel: Verschiedene Gefühle kennen<br />
lernen <strong>und</strong> am eigenen <strong>Körper</strong><br />
wahrnehmen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Die Kinder stellen aus Papptellern Gefühlsmasken her (siehe Anhang). Die Masken<br />
werden in Bewegung einander gezeigt <strong>und</strong> mit <strong>Körper</strong>sprache untermalt. Dazu wird<br />
thematisiert: „Wie gehe ich, wenn ich wütend bin“, „Wie gehe ich, wenn ich traurig bin“<br />
oder „Wie gehe ich, wenn ich fröhlich bin“.<br />
− Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don<br />
Bosco Verlag.<br />
Phase 4<br />
3.Spiel<br />
Titel: Geschichte spielen<br />
Ziel: Verschiedene Gefühle am<br />
eigenen <strong>Körper</strong> wahrnehmen <strong>und</strong><br />
beschreiben können<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
Die Therapeuten erzählen eine Geschichte, in welcher der Hauptakteur verschiedene<br />
Gefühle durchlebt (z.B. „Die Wut des kleinen Tigers“ Erkert (2003), siehe Anhang). Die<br />
Kinder setzten die Geschichte in Bewegung um.<br />
− Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don<br />
Bosco Verlag.<br />
Phase 4<br />
4.Spiel<br />
Titel: „Warum bin ich so wütend“<br />
Ziel: Ursachen für Gefühle finden<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
X<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
Ein Kind aus der Gruppe wird gebeten, eine Situation zu beschreiben, in der es wütend,<br />
traurig, fröhlich usw. war. Die Situation wird mit der Gruppe nachgespielt <strong>und</strong><br />
X<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
anschliessend wird reflektiert, was die Ursache des Gefühls war.<br />
In der Schlussreflexion kann allgemein gesammelt werden, welche Situationen welche<br />
bestimmten Gefühle bei uns auslösen.<br />
5.4.5 Phase 5<br />
Ziele der Phase:<br />
− Die Perspektive eines anderen übernehmen können<br />
− Unterschiede in nonverbale Kommunikation sehen<br />
Phase 5<br />
1.Spiel<br />
Titel: Rollen erproben<br />
Ziel: Perspektive eines anderen<br />
übernehmen können<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Die Therapeuten geben eine Situation vor. Die Kinder spielen diese nach oder verändern<br />
sie. Dabei werden die Rollen immer wieder getauscht, damit die Situation aus<br />
verschiedenen Perspektiven wahrgenommen werden kann.<br />
Für elf bis 14-Jährige wäre eine weitere Variation, Rollen zu erproben, indem sie<br />
verschiedene Charaktere spielen (Bsp. ängstlicher, wortkarger Herr Meier oder nervöse<br />
<strong>und</strong> ungeduldige Frau Hunziker usw.) <strong>und</strong> in diesen Rollen in einer Diskussion<br />
argumentieren.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 5<br />
2.Spiel<br />
Titel: Rollentausch<br />
Ziel: Erfahren, wie eigenes Verhalten<br />
auf andere wirkt, wie sich die Rolle der<br />
Therapeuten anfühlt.<br />
Perspektivenübernahme.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Für diese St<strong>und</strong>e werden die Rollen getauscht <strong>und</strong> jedes Kind ist einmal Therapeut <strong>und</strong><br />
leitet einen Teil der St<strong>und</strong>e. Die Therapeuten versetzen sich in die Rolle der Kinder <strong>und</strong><br />
spielen deren Verhaltensweisen übertrieben nach.<br />
Phase 5<br />
3.Spiel<br />
Titel: „ohne Worte“<br />
Ziel: Unterschiede in nonverbaler<br />
Kommunikation erleben<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
Die Therapeuten begegnen den Kindern in verschiedenen <strong>Körper</strong>- <strong>und</strong> Gangarten. Die<br />
Kinder bleiben dabei stehen <strong>und</strong> beobachten.<br />
In der R<strong>und</strong>e wird berichtet, wie die <strong>Körper</strong>haltung auf die Kinder wirkte, wie sie sich<br />
gefühlt haben. Ebenso erzählen die Therapeuten, wie sie sich dabei gefühlt haben.<br />
In einem weiteren Schritt können die Rollen gewechselt werden.<br />
X<br />
66/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 5<br />
4.Spiel<br />
Titel: Pantomime<br />
Ziel: Unterschiede in nonverbaler<br />
Kommunikation erleben<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
Pantomimisch Gefühle, Berufsgruppen, Tiere usw. darstellen.<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Zu zweit Begrüssungen, Streit, Versöhnung, Fre<strong>und</strong>schaft, Feindschaft usw. darstellen.<br />
Die Therapeuten wählen die Themen je nach Altersgruppe angepasst.<br />
5.4.6 Phase 6<br />
Ziele der Phase:<br />
− Gefühle der Anderen wahrnehmen<br />
− Gefühle Anderer nachvollziehen können<br />
− Empathiefähigkeit entwickeln<br />
Phase 6<br />
1.Spiel<br />
Titel: Geschichten spielen<br />
Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen<br />
üben. Gefühle der Anderen nachvoll-<br />
ziehen üben, Empathievermögen<br />
entwickeln.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Die Therapeuten erfinden eine oder mehrere Geschichten (kann auch aus Literatur<br />
genommen werden), in denen Kinder vor verschiedenen Schwierigkeiten stehen. Sie wird<br />
in eigenen Worten den Kindern erzählt. Die Geschichten können nachgespielt werden.<br />
67/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Mit den Kindern werden die Gefühle der Hauptpersonen thematisiert <strong>und</strong> nach-<br />
empf<strong>und</strong>en, indem die Therapeuten den Kindern verschiedene Fragen zur Geschichte<br />
stellen. Die Therapeuten machen den Kindern bewusst, dass das Nachempfinden von<br />
Gefühlen Einfühlungsvermögen ist.<br />
− Schilling, D.(2000). Soziales Lernen in der Gr<strong>und</strong>schule. 50 Übungen, Aktivitäten <strong>und</strong><br />
Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.<br />
Phase 6<br />
2.Spiel<br />
Titel: Puppenspiel<br />
Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen<br />
üben. Gefühle der Anderen nachvoll-<br />
ziehen üben, Empathievermögen<br />
entwickeln.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Die Therapeuten bauen mit einer Handpuppe eine Beziehung zur Gruppe auf. Diese<br />
Puppe erlebt in einem Spiel verschiedene Situationen (z.B. dramatische, gefährliche,<br />
glückliche, lustige, usw. Situationen). Das Rollenspiel wird <strong>zwischen</strong>durch unterbrochen,<br />
um mit den Kindern die Befindlichkeit der Puppe zu thematisieren <strong>und</strong> die Ursachen für<br />
die verschiedenen Gefühle zu finden.<br />
In einem weiteren Schritt können die Kinder selbst eine Situation entwerfen, in der eine<br />
Puppe ein bestimmtes Gefühl erlebt. Das Publikum darf dann raten, warum diese Puppe<br />
am Ende dieses Gefühl hatte.<br />
68/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 6<br />
3.Spiel<br />
Titel: Gefühlsspiegel<br />
Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen <strong>und</strong><br />
nachahmen üben<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
Die Gruppe geht im Kreis herum. Das erste Kind bekommt einen Hut als Zeichen, dass<br />
es das erste Gefühl vormachen darf Die Kinder können die Gefühle selbst auswählen<br />
oder sie können zu Beginn gemeinsam besprochen werden. Die ganze Gruppe<br />
übernimmt <strong>und</strong> spiegelt dieses Gefühl. Wenn die ganze Gruppe das Gefühl richtig<br />
gespiegelt hat, geben die Therapeuten ein Zeichen für die Weitergabe des Hutes. Der<br />
Nächste ist nun an der Reihe, ein Gefühl zu spielen.<br />
Phase 6<br />
4.Spiel<br />
Titel: Grimassen raten<br />
Ziel: Gefühle Anderer wahrnehmen<br />
üben<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Die Kinder rennen frei im Raum herum, während die Therapeuten trommeln. Wird das<br />
Trommeln gestoppt, stehen sich zwei Kinder gegenüber. Eines macht eine<br />
Gefühlsgrimasse vor <strong>und</strong> sein Gegenüber erratet das Gefühl. Danach werden die Rollen<br />
getauscht.<br />
X<br />
69/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
5.4.7 Phase 7<br />
Ziele der Phase:<br />
− Ärger bei sich <strong>und</strong> Anderen erkennen<br />
− Umgang <strong>und</strong> Kontrolle für ärgerliche Reaktionen finden<br />
− Alternative Lösungen für Problemsituationen<br />
Phase 7<br />
1.Spiel<br />
Titel: „Stress-Alarm“<br />
Ziel: Ärger <strong>und</strong> Stress bei sich<br />
wahrnehmen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Jedes Kind legt sich auf ein Packpapier. Seine <strong>Körper</strong>umrisse werden von einem Partner<br />
mit einem Stift nachgefahren. Mit Wasserfarben <strong>und</strong> Pinsel werden auf dem<br />
<strong>Körper</strong>umriss die verschiedenen körperlichen Signale bei Ärger aufgemalt.<br />
Mit den Kindern wird thematisiert, dass psychischer Stress körperliche Signale hervorruft<br />
<strong>und</strong> diese als Alarmzeichen erkannt werden können.<br />
(Beispiel siehe Anhang)<br />
− Schilling, D. (2000). Soziales Lernen in der Gr<strong>und</strong>schule. 50 Übungen, Aktivitäten <strong>und</strong><br />
Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.<br />
Phase 7<br />
2.Spiel<br />
Titel: „Ich werde wütend, was nun?“<br />
Ziel: Umgang <strong>und</strong> Kontrolle für<br />
ärgerliche Reaktionen finden<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Mit der Gruppe wird Bezug genommen auf die Alarmsignale für Ärger. Darauf aufbauend<br />
werden Strategien gesucht, die zum Spannungsabbau beitragen <strong>und</strong> Wutausbrüche<br />
verhindern sollen. Die Strategien werden in kurzen Rollenspielen erprobt. Für jedes<br />
Gruppenmitglied soll eine oder mehrere persönliche Strategien gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Beispiele:<br />
− Zähle auf zehn<br />
− Schliesse die Augen <strong>und</strong> atme tief durch<br />
− Nimm dich kurz aus der Situation <strong>und</strong> mache deine Entspannungsübung, z.B. den<br />
Yogabaum oder die Windmühlen- Atmung (siehe Anhang)<br />
− Wasche dir das Gesicht mit kaltem Wasser<br />
− Erinnere dich an das Bild vom Gummimenschen <strong>und</strong> mache dich ganz locker<br />
− Ziehe dich für zwei Minuten aus der Situation heraus, sage du kommst gleich wieder<br />
− Nimm einen Schwamm mit <strong>und</strong> drücke deine Wut hinein<br />
− Nimm dich kurz aus der Situation, boxe <strong>und</strong> kicke deine Wut in die Luft<br />
Die Therapeuten machen das Kind in den weiteren St<strong>und</strong>en bei aufkommendem Ärger<br />
auf ihre persönliche Strategie aufmerksam.<br />
Sobald das Kind die Strategie ohne Aufforderung der Therapeuten anwendet, kann<br />
darauf hin gearbeitet werden, diese Strategie auch in den Alltag zu integrieren.<br />
− Schilling, D. (2000). Soziales Lernen in der Gr<strong>und</strong>schule. 50 Übungen, Aktivitäten <strong>und</strong><br />
Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.<br />
Phase 7<br />
3.Spiel<br />
Titel: Powerball<br />
Ziel: Alternative Lösung für<br />
Problemsituation durch<br />
Aggressionsabbau kennen lernen.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Die Gruppe <strong>und</strong> der Raum werden in zwei Hälften geteilt. Die beiden Mannschaften<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
bekommen diverse Gymnastikbälle <strong>und</strong> schiessen damit auf die gegnerischen Tore. Es<br />
gibt einen Torwart, der Rest sind Feldspieler, die den Ball nur mit dem Fuss schiessen<br />
dürfen. Abwehren mit den Armen ist erlaubt. Die Mittellinie darf nicht überschritten<br />
werden.<br />
Als Variation könnte das Spielfeld für Sechs- bis Achtjährige kleiner gemacht werden.<br />
Phase 7<br />
4.Spiel<br />
Titel: Strategien zur Konfliktlösung<br />
Ziel: Alternative Lösungen für<br />
Problemsituationen finden <strong>und</strong><br />
erproben.<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Mit der Gruppe werden verschiedene, persönliche Konfliktsituationen besprochen. „Was<br />
ist passiert? Wie hast du den Konflikt gelöst? Wie hättest du sonst reagieren können? “<br />
Um den Kindern weitere Alternativen näher zu bringen, werden neun Strategien für<br />
Konfliktlösungen aus Schilling (2000) angeschaut <strong>und</strong> nachgespielt. Die neun Strategien<br />
sind im Anhang zu finden.<br />
− Schilling, D. (2000). Soziales Lernen in der Gr<strong>und</strong>schule. 50 Übungen, Aktivitäten <strong>und</strong><br />
Spiele. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.<br />
5.4.8 Phase 8<br />
Ziele der Phase:<br />
− Bedeutung von Fre<strong>und</strong>schaften kennen<br />
− Anderen helfen <strong>und</strong> mit Anderen teilen<br />
− Teamarbeit ist möglich<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 8<br />
1.Spiel<br />
Titel: Fre<strong>und</strong>ebuch<br />
Ziel: Bedeutung von Fre<strong>und</strong>schaft<br />
kennen lernen<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Mit den Kindern wird ein Bilderbuch („Fre<strong>und</strong>e“, Heine (2008)) angeschaut <strong>und</strong> das<br />
Thema Fre<strong>und</strong>schaft besprochen. Es können auch Themen aus dem Buch nachgespielt<br />
werden. Die Kinder können von ihren Fre<strong>und</strong>schaften erzählen <strong>und</strong> berichten, was<br />
Fre<strong>und</strong>e für sie ausmachen <strong>und</strong> was ihnen an einer Fre<strong>und</strong>schaft wichtig ist.<br />
− Heine, H. (2008). Fre<strong>und</strong>e (7. Auflage). Weinheim: Beltz & Gelberg.<br />
Phase 8<br />
2.Spiel<br />
Titel: Turmbau<br />
Ziel: Anderen helfen, Teamarbeit<br />
fördern<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X X<br />
Die Kinder bekommen die Aufgabe, als ganze Gruppe einen möglichst hohen Turm zu<br />
bauen. Dabei sollen sie sich erst absprechen, welches Material sie für geeignet halten. In<br />
der Umsetzung ist die Gruppe frei. Einzige Bedingung ist, dass der Turm nicht umfallen<br />
darf, sonst muss neu begonnen werden.<br />
(Beispiel siehe Anhang)<br />
− Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don<br />
Bosco Verlag.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Phase 8<br />
3.Spiel<br />
Titel: Werfen <strong>und</strong> klatschen<br />
Ziel: Teamarbeit fördern<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
X X<br />
Die Kinder werden in zwei Gruppen aufgeteilt <strong>und</strong> stehen sich im Abstand von ca. vier<br />
Metern gegenüber. Eine Gruppe wirft den Ball einem Spieler der anderen Gruppe zu, der<br />
ihn fangen soll. Wird der Ball geworfen, klatschen alle Kinder in die Hände, wird er<br />
gefangen, stampfen alle mit dem Fuss. Wird der Ball nicht gefangen, wird auch nicht<br />
gestampft. Ziel ist es, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden.<br />
− Krowatschek, D. (2008). Wenn Kinder rot sehen. Aggressionen erfahren, austragen<br />
<strong>und</strong> verhindern (8. Auflage). Lichtenau: AOL Verlag.<br />
Phase 8<br />
4.Spiel<br />
Titel: Diamantenschmuggel<br />
Ziel: Anderen helfen <strong>und</strong> mit Anderen<br />
den Sieg teilen, Teamarbeit fördern<br />
Beschreibung des Spiels:<br />
Geeignet für folgende Altersgruppen:<br />
6-8 Jahre 8-11 Jahre 11-14 Jahre<br />
Die Gruppe soll als Ganzes einen Gegenstand (grosser Diamant) von Punkt A nach<br />
Punkt B befördern. Der Gegenstand darf zum Transport nicht berührt werden, sondern<br />
wird auf Schnüren oder Seilen befördert. Es dürfen nur fünf bis sechs Schnüre verwendet<br />
werden. Niemand darf eine Schnur mit zwei Händen berühren, mehrere Personen dürfen<br />
jedoch mit einer Hand eine Schnur berühren.<br />
X<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
5.5 Diskussion der psychomotorischen Spielideen<br />
Wir haben die psychomotorischen Spielideen auf einer theoretischen Ebene geplant <strong>und</strong><br />
durchdacht. Die formulierten Übungsideen sind skizziert <strong>und</strong> lassen Spielraum für Weiter-<br />
entwicklung. In der Erarbeitung der Ideen haben wir uns immer wieder in unsere praktischen<br />
Erfahrungen zurückversetzt <strong>und</strong> versucht, diese einzubringen. Die zeitlichen Ressourcen<br />
reichten nicht aus, um eine Institution zu suchen, in welcher wir die erarbeiteten Spielideen<br />
ausführlich ausprobieren konnten. Deshalb ist eine Evaluierung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der<br />
Umsetzungsmöglichkeiten zurzeit nicht möglich. Wir können uns bei den Zielen für die<br />
verschiedenen Phasen auf Literatur abstützen. Ohne praktische Erprobung können wir aber<br />
keine sichere Aussage darüber machen, wie weit sich die Spielideen in der Praxis umsetzen<br />
lassen, wie weit beziehungsweise wie effektiv sich die gesetzten Ziele erreichen lassen <strong>und</strong><br />
wie weit Veränderungen angebracht werden müssten.<br />
75/84
Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
6 Schlussdiskussion<br />
6.1 Wichtigste Ergebnisse unserer Arbeit in Bezug auf unsere<br />
Fragestellungen<br />
In der ersten Fragestellung haben wir uns mit der Auseinandersetzung der <strong>Wechselwirkung</strong><br />
<strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> auseinandergesetzt <strong>und</strong> aus dem Konzept der Dialogik von<br />
Herzka <strong>und</strong> dem Prinzip des Embodiment von Hüther relevante Aussagen dazu abgeleitet<br />
<strong>und</strong> in Bezug zur Psychomotoriktherapie gesetzt.<br />
Herzka beschreibt <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma als dialogisches Prinzip, indem sich die beiden Pole<br />
gegenseitig abstossen müssten <strong>und</strong> doch als gleichwertige, gleichzeitig aktive Partner<br />
dessen fungieren, was den lebendigen Menschen als Ganzes ausmacht. Kein Teil ist dem<br />
anderen Untertan. Beide stellen ihre eigenen Ansprüche, jeder will für sich wahrgenommen<br />
werden, aber dennoch sind sie immer aufeinander bezogen. Das Denken der beiden selbst-<br />
ständigen Einzelteile, die zusammen das Ganze bilden, nennt er ein Denken in Zwei-<br />
Einheiten.<br />
Herzka plädiert für ein Verknüpfungsprinzip der bereits bekannten Methoden der Psycho-<br />
<strong>und</strong> <strong>Körper</strong>therapie. Psychotherapie mit Kindern spreche immer auch ihr<br />
Bewegungsverhalten an, denn in Spieltherapien, beim Malen <strong>und</strong> Zeichnen, wie auch beim<br />
Sprechen sei das Kind immer in Bewegung. Herzka erwähnt, dass es besonders wichtig sei,<br />
in der therapeutischen Entwicklungsarbeit sowohl den seelischen wie auch den körperlichen<br />
Prozessen Raum zu schaffen. In der Psychomotoriktherapie schenken wir diesen beiden<br />
Ebenen Beachtung <strong>und</strong> nutzen Bewegung <strong>und</strong> Spiel als Medium, was Herzka als einen<br />
sinnvollen <strong>und</strong> wirksamen Zugang zur gesamten Persönlichkeit <strong>und</strong> Symptomatik des Kindes<br />
ansieht. Nach Herzka bietet die Psychomotoriktherapie effiziente Heilungsansätze für die<br />
Harmonisierung der Koordination, Regulation des <strong>Körper</strong>tonus, Arbeit am <strong>Körper</strong>bild,<br />
Umsetzung von Emotionen wie auch für psycho-soziale Symptome.<br />
Hüther beschreibt die <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Körper</strong> aus neurobiologischer<br />
Sicht. Er geht davon aus, dass der <strong>Körper</strong> Ausdruck der <strong>Psyche</strong> sein kann, dass umgekehrt<br />
aber auch der <strong>Körper</strong> Auswirkungen auf die <strong>Psyche</strong> haben kann. Dies begründet er dadurch,<br />
dass jede Erfahrung, die gemacht wird, sowohl im affektiven, sensorischen <strong>und</strong> im<br />
motorischen Teil des Cortex wie auch im limbischen System abgespeichert wird. Die<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
abgespeicherten Erfahrungen werden immer wieder in derselben Weise verknüpft, wie wir<br />
sie einmal abgespeichert, das heisst "verkörpert“ haben.<br />
Neben Herzka sieht daher auch Hüther die motorische Ebene als einen sinnvollen Zugang<br />
zum Menschen, da die Verknüpfung <strong>zwischen</strong> dem Gehirn <strong>und</strong> der Motorik über beispiels-<br />
weise den Blutkreislauf <strong>und</strong> die Nervenbahnen so eng ist. Über die Motorik kann ein<br />
besonders leichter Zugang zu allen Ebenen des Erlebens <strong>und</strong> Verhaltens gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Verkörperung von Erfahrung kann die sensorische <strong>und</strong> affektive Ebene über<br />
die Motorik angesprochen werden. Wie oben erwähnt, nutzt die Psychomotoriktherapie die<br />
motorische Ebene als Zugang zum Kind.<br />
Hüther beschreibt, dass ein Erlebnis möglichst vielfältig abgespeichert werden soll, damit wir<br />
uns später intensiver daran erinnern können. In der Psychomotoriktherapie setzen wir dies<br />
um, indem wir an schon Bekanntem ansetzen <strong>und</strong> immer wieder kleine Variationen<br />
einbauen.<br />
Hüther geht im Prinzip des Embodiment auf den Umgang mit Gefühlen ein. Die<br />
Zuschreibungen <strong>und</strong> Bewertungen anderer Personen können dazu führen, dass die eigenen<br />
Gefühle verdrängt oder unterdrückt werden. Es besteht keine ursprüngliche Verbindung<br />
mehr zum eigenen Köper. Die Gefühle werden stark kontrolliert <strong>und</strong> vom <strong>Körper</strong>empfinden<br />
abgelöst. Die Psychomotoriktherapie beachtet die affektive Ebene, übt, Gefühle auszu-<br />
drücken, zu beschreiben <strong>und</strong> einen Umgang damit zu finden.<br />
Beide Autoren betonen ausdrücklich, dass das Zusammenspiel in unseren Köpfen <strong>und</strong> in<br />
unserem Handeln noch nicht verinnerlicht ist <strong>und</strong> es Zeit für diesen Paradigmawechsel <strong>und</strong><br />
die Rückbesinnung in der westlichen Welt braucht. Bei der praktischen Umsetzung des<br />
Wissens um die Untrennbarkeit von <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma, liegt laut Herzka noch viel<br />
Pionierarbeit vor uns.<br />
Bezogen auf die zweite Fragestellung konnten wir klären, wie sich die psychomotorische<br />
Arbeit in Hamm (D), Amersfoort (NL) <strong>und</strong> Basel (CH) gestaltet. Die Patienten der Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendpsychiatrie Hamm (D) besuchen die Psychomotoriktherapie fast täglich in fixen<br />
Therapiegruppen. Neben der grobmotorischen Förderung finden auch gruppendynamische<br />
Prozesse statt. Die Psychomotoriktherapie ist ein fester Bestandteil der Therapieplanung <strong>und</strong><br />
ist nach einem eigenen Therapiekonzept aufgebaut. Amersfoort (NL) ist eine Psychiatrie für<br />
Patienten im Alter ab vier Jahren. Die Wohngruppen bilden gleichzeitig die Therapiegruppen,<br />
in denen sie ein- bis zweimal wöchentlich in die Psychomotoriktherapie kommen. Es wird<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
auch schwerpunktmässig grobmotorisch <strong>und</strong> gruppendynamisch gearbeitet. In Amersfoort<br />
wie auch in Hamm wird grosser Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt.<br />
In Basel wird vom Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrischen Dienst (KJPD) Psychomotoriktherapie<br />
angeboten. Die Therapie findet ein- bis zweimal wöchentlich statt. Zurzeit wird nur im<br />
Einzelsetting nach dem psychoanalytischen Konzept von Aucouturier gearbeitet.<br />
In der dritten Fragestellung haben wir die Diagnose der „Störung im Sozialverhalten“<br />
beschrieben, nach Zielen in der Arbeit mit betroffenen Patienten, der Kinder- <strong>und</strong> Jugend-<br />
psychiatrie gefragt <strong>und</strong> gesucht, welche von ihnen mittels eigener psychomotorischen<br />
Spielideen erreicht werden können.<br />
Bei Störungen des Sozialverhaltens handelt es sich um ein häufiges Störungsbild in der<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie. Es werden Verhaltensweisen beschrieben, mit denen<br />
altersgemässe Normen, Regeln <strong>und</strong>/oder Rechte Anderer beeinträchtigt werden<br />
(Steinhausen, 1996). Es werden vier Gruppen von Problemverhaltensweisen von Kindern<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen genannt: das oppositionelle, aggressive, delinquente <strong>und</strong> kriminelle<br />
Verhalten (Beelmann & Raabe, 2007).<br />
Aus der Literatur haben sich für uns folgende Ziele in der Therapie als zentral erwiesen:<br />
− Fähigkeit zum Emotionsverständnis<br />
− Fähigkeit, Emotionen zu äussern <strong>und</strong> allgemeine Kommunikationsfähigkeit zu<br />
verbessern<br />
− Perspektivenübernahmen <strong>und</strong> Empathiefähigkeit<br />
− Selbstkonzept des Kindes erweitern (abgewehrte Erfahrungen integrieren,<br />
Selbstwertgefühl stärken)<br />
− Fähigkeit zur Emotionskontrolle<br />
− Fähigkeit zur Verhaltenskontrolle (Wünsche, Gefühle, Bedürfnisse vs. Verhalten)<br />
− Angemessene soziale Verhaltensfertigkeiten<br />
− Schrittweises Erlernen, Probleme zu lösen, Handlungsplanung<br />
− Unabhängiges Denken (Entscheidungen treffen, Verantwortlichkeitsübernahme für die<br />
Lösung eigener Probleme)<br />
− Positiver Selbstwert<br />
(Beelmann & Raabe, 2007; Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 2007; Schilling 2000;<br />
Weinberger, 2007)<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Wir haben auf diesen Zielen aufbauend eine Therapieplanung in acht Phasen entworfen, in<br />
der Spielideen skizziert werden <strong>und</strong> dazu dienen sollen, schrittweise die oben genannten<br />
Ziele zu erreichen.<br />
6.2 Kritische Diskussion unserer Arbeit<br />
Schon zu Beginn der Arbeit stellte sich für uns das Problem der Eingrenzung des<br />
Themengebietes. Obwohl wir die zu Beginn grossräumig gestellten Fragestellungen immer<br />
wieder bearbeitet <strong>und</strong> eingegrenzt haben, sind sie nach wie vor noch breit gefasst.<br />
Die Wahl von Herzka als ein Theoretiker zur Beschreibung der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong><br />
<strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> lässt uns im Nachhinein etwas verunsichert zurück, da er häufig aus<br />
seiner persönlichen Sichtweise <strong>und</strong> Erfahrung aus der Praxis schreibt. Er präsentiert dabei<br />
spannende <strong>und</strong> einleuchtende Argumente, uns fehlt jedoch teilweise die stichhaltige<br />
Begründung dazu. Beispielsweise spricht er von der Parallelität <strong>und</strong> den Widersprüchen<br />
<strong>zwischen</strong> <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> Soma, nennt diese aber nicht explizit.<br />
Aus Mangel an zeitlichen Ressourcen war es uns nicht möglich, eine Institution zu finden, die<br />
bereit wäre, uns einen Rahmen zur Verfügung zu stellen, um die theoretisch f<strong>und</strong>ierten<br />
Spielideen auszuprobieren. Dies wäre für eine Evaluierung <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />
unabdingbar.<br />
Bei der Evaluierung des Fragebogens hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse daraus nicht<br />
sehr aussagekräftig sind: Unsere Fragen waren nicht eng genug gefasst <strong>und</strong> wir konnten nur<br />
eine Befragung durchführen.<br />
6.3 Konsequenzen <strong>und</strong> Schlussfolgerungen für die pädagogisch-<br />
therapeutische Praxis<br />
Das Theorief<strong>und</strong>ament aus Kapitel 2 dient uns zur Argumentation, weshalb der <strong>Körper</strong> <strong>und</strong><br />
die Motorik einen geeigneten Zugang zur Entwicklung <strong>und</strong> Persönlichkeit eines Menschen<br />
darstellen. Die beschriebene <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong> besagt, dass<br />
sowohl Psycho- als auch <strong>Körper</strong>therapie, in der die Psychomotoriktherapie eingeschlossen<br />
ist, auf den <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> die <strong>Psyche</strong> einwirken. Aufgr<strong>und</strong> dessen ist es in der Praxis sinnvoll,<br />
beiden Bereichen Aufmerksamkeit zu schenken <strong>und</strong> Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten.<br />
Durch unsere praktischen Erfahrungen im Ausland haben wir bereits bestehende <strong>und</strong> gut<br />
funktionierende Beispiele kennen gelernt, bei denen Psychomotoriktherapie <strong>und</strong> Psychiatrie<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
zusammen arbeiten. In der Schweizer Praxis der Psychiatrie gibt es bislang nur einzelne<br />
Pionierstellen, wo diese Zusammenarbeit zu finden ist. Uns motivierten diese Erfahrungen,<br />
im Bereich der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie aktiv zu werden <strong>und</strong> unsere Bachelorarbeit in<br />
diesem Gebiet zu schreiben.<br />
Aus unserer Arbeit geht eine Spielsammlung hervor, die in der Praxis zur Anwendung<br />
kommen könnte. Sie bietet Spielideen für drei Altersklassen <strong>und</strong> einen nach Zielen<br />
orientierten Aufbau in acht Phasen.<br />
6.4 Visionen<br />
Die theoretische Auseinandersetzung mit der <strong>Wechselwirkung</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Körper</strong> <strong>und</strong> <strong>Psyche</strong><br />
zeigte uns vertieft die Zusammenhänge auf. Sie f<strong>und</strong>ierte unsere Überzeugung, dass über<br />
<strong>Körper</strong> <strong>und</strong> somit Motorik ein geeigneter Zugang zur Gesamtpersönlichkeit des Menschen<br />
gef<strong>und</strong>en werden kann. Die Psychomotoriktherapie stellt daher eine wirksame Therapie dar,<br />
die sowohl <strong>Körper</strong> wie auch <strong>Psyche</strong> berücksichtigt <strong>und</strong> in die Praxis einbezieht. Aufgr<strong>und</strong><br />
dessen sehen wir die Psychomotoriktherapie als eine sinnvolle Ergänzung des bereits<br />
bestehenden Therapieangebots in der Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie, was uns auch die<br />
Beispiele LWL Hamm (D) <strong>und</strong> Symfora Groep Amersfoort (NL) zeigten. Wir sind der<br />
Meinung, dass die Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien der Schweiz aus den Beispielen des<br />
Auslandes profitieren könnten <strong>und</strong> ein Austausch für beide Seiten bereichernd wäre.<br />
Bezogen auf unsere Arbeit haben wir die Vision, in der Zukunft ein psychomotorisches<br />
Projekt in einer Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie zu lancieren. Unter anderem möchten wir die<br />
nach Zielen orientierten, aufeinander aufbauenden Phasen <strong>und</strong> die jeweiligen Spielideen<br />
ausprobieren <strong>und</strong> evaluieren.<br />
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Bachelor-These Simone Rüegg & Angela Wyler<br />
Literaturverzeichnis<br />
Beelmann, A. & Raabe, T. (2007). Dissoziales Verhalten von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />
Erscheinungsformen, Entwicklung, Prävention <strong>und</strong> Intervention. Göttingen: Hogrefe<br />
Verlag.<br />
Dilling, H., Mombour, W., Schmidt (Hrsg. Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation). (2005).<br />
Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-<br />
diagnostische Leitlinien (5., durchgesehene <strong>und</strong> ergänzte Auflage). Bern: Verlag Hans<br />
Huber.<br />
Erkert, A. (2003). Spiele zum Abbau von Aggressivität (1. Auflage). München: Don Bosco<br />
Verlag.<br />
Hanne-Behnke, G. (2001). Klinisch orientierte Psychomotorik. Kompetenzerwerb im Spiel.<br />
München: Richard Pflaum Verlag.<br />
Heine, H. (2008). Fre<strong>und</strong>e (7. Auflage). Weinheim: Beltz & Gelberg.<br />
Herzka, H.-S. (1992). Umschreibung („Definitionen“) zur Dialogik. Internet:<br />
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