Untersuchungen zur ergonomischen Gestaltung von VR-Systemen
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Diplomarbeit „<strong>Untersuchungen</strong> <strong>zur</strong> <strong>ergonomischen</strong> <strong>Gestaltung</strong> <strong>von</strong> <strong>VR</strong>-<strong>Systemen</strong>“ <strong>von</strong> Andreas Pusch, FHF 2003/2004<br />
1.3 Erleben virtueller Umgebungen<br />
Dieser Abschnitt soll klären, wie sich das Zusammentreffen <strong>von</strong> Mensch und virtueller<br />
Realität abspielt, welche Größen Einfluss nehmen, auf welchen Ebenen die Mensch-<br />
Maschine-Interaktion (HCI: Human-Computer-Interaction) abläuft und welche Relevanz dies<br />
für die folgenden ergonomiebezogenen Betrachtungen hat. Im Fokus stehen dafür Immersion,<br />
Präsenz, die Rolle der Aftereffects und die Interaktion.<br />
1.3.1 Immersion<br />
Dieser Begriff (dt.: Eintauchen) spielt eine zentrale Rolle innerhalb virtueller Umgebungen.<br />
Er beschreibt sowohl ein phänomenologisches Erlebnis, als auch einen der wichtigsten<br />
Qualitäts- und damit Erfolgsfaktoren eines <strong>VR</strong>-Systems. Biocca und Levy formulierten 1995<br />
dazu: „The <strong>VR</strong> environment surrounds the senses. The optimist would say <strong>VR</strong> embraces the<br />
senses; the pessimist would say it kidnaps them.“ [7, S. 15] Weiter führt Biocca aus:<br />
„Immersive is a term that refers to the degree to which a virtual environment submerges the<br />
perceptual system of the user in virtual stimuli. The more the system captivates the senses and<br />
blocks out stimuli from the physical world, the more the system is considered immersive.“<br />
[30, S. 25] Schon diese wenigen Worte legen treffend dar, worum es der Immersion im Kern<br />
geht: die möglichst realitätsäquivalente Simulation perzeptiver Prozesse mit dem Ziel, die<br />
Sinne des eintauchenden Benutzers über möglichst vielen Kanäle künstlich, d.h. virtuell zu<br />
bedienen, während die Realität im Idealfall völlig ausgeblendet wird.<br />
Aktuell ist ein effektives künstliches Stimulieren des visuellen und auditiven, in Ansätzen<br />
auch des kinästhetischen Apparates des Menschen relativ problemlos realisierbar (vgl. 1.2.3).<br />
Damit liegen diese Faktoren im bevorzugten Einzugsbereich der <strong>VR</strong> und unterstützen<br />
ihrerseits das Immersionsbemühen beachtlich. Insbesondere die visuellen Reize befinden sich<br />
aufgrund der sehr hohen Bedeutung seitens der menschlichen Wahrnehmung im<br />
Betrachtungsfokus. Olfaktorische (Geruchsinn) und gustatorische (Geschmackssinn)<br />
Momente hingegen sind zwar Objekt <strong>von</strong> Forschungsstudien, im Realeinsatz jedoch kaum<br />
verbreitet.<br />
Auch der Grad der Intuition während der gerätenahen Interaktion (vgl. 1.3.3) spielt eine<br />
erhebliche Rolle für die Immersion, ebenso wie ein intuitives Szenen- und softwareseitiges<br />
Interaktionsdesign.<br />
Jedoch darf man nicht uneingeschränkt annehmen, dass Immersion ein stets anzuvisierendes<br />
Ziel <strong>von</strong> virtuellen Umgebungen ist. So gibt es v.a. im Bereich der Augmented Reality<br />
(„angereicherte“ Realität, Compositings aus <strong>VR</strong> und Wirklichkeit) Anwendungsfälle, wo es<br />
bewusst darauf ankommt, das Künstlich im realen Umfeld identifizieren zu können.<br />
Aus ergonomischer Sicht spielen beinahe alle Aspekte der Immersion eine große Rolle.<br />
Wichtig dafür ist eine objektive Messbarkeit der zu berücksichtigenden Größen und<br />
Elemente. Dazu gehören insbesondere die Aus- und Eingabesysteme (Gestalt, Qualität,<br />
Kenngrößen uvm.), das hard- bzw. softwarespezifische Interaktionsdesign und das<br />
Szenendesign. Die detaillierte Auseinandersetzung mit diesen Umständen wird Gegenstand<br />
der folgenden Kapitel sein. Inwieweit die Immersion selbst zum Objekt ergonomischer<br />
Betrachtungen werden könnte, ist bislang noch nicht erörtert worden. Deshalb wird dieser<br />
Tatsache ebenfalls in den nachfolgenden Kapiteln besondere Aufmerksamkeit geschenkt.<br />
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