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Gendefekt verursacht neues Syndrom mit Taubheit ... - Uniklinik Köln

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Presse<strong>mit</strong>teilung 64/2010 6.12.2010<br />

<strong>Gendefekt</strong> <strong>verursacht</strong> <strong>neues</strong> <strong>Syndrom</strong> <strong>mit</strong> <strong>Taubheit</strong><br />

und Herzrhythmusstörungen<br />

Forscher der <strong>Uniklinik</strong> <strong>Köln</strong> rät zu Herzcheck bei <strong>Taubheit</strong><br />

Die komplexen Zusammenhänge im menschlichen Organismus<br />

sind oft nicht auf den ersten Blick erkennbar: So hat ein<br />

internationales Forscherteam um den Humangenetiker PD Dr.<br />

Hanno J. Bolz vom Institut für Humangenetik der <strong>Uniklinik</strong> <strong>Köln</strong><br />

jetzt herausgefunden, dass angeborene <strong>Taubheit</strong> und<br />

Herzrhythmusstörungen eng zusammenhängen können. Aufgrund<br />

der soeben in Nature Neuroscience erschienen Studie raten die<br />

Mediziner allen Patienten <strong>mit</strong> unklarer angeborener <strong>Taubheit</strong>,<br />

auch ihr Herz untersuchen zu lassen.<br />

Die Wissenschaftler berichten, dass der Funktionsverlust des Calcium-<br />

Kanals Cav1.3, hervorgerufen durch eine Mutation des Gens<br />

CACNA1D, nicht nur für die angeborene <strong>Taubheit</strong> der Betroffenen,<br />

sondern auch für subjektiv weitgehend unbemerkte<br />

Herzrhythmusstörungen verantwortlich ist. Das neue <strong>Syndrom</strong><br />

bezeichneten sie <strong>mit</strong> dem Akronym „SANDD“: Sinoatrial Node<br />

Dysfunction and Deafness. Bei der Untersuchung zweier<br />

pakistanischer Familien <strong>mit</strong> vielen tauben Angehörigen entdeckten die<br />

Forscher die Mutation des Gens, das den Calcium-Kanal kodiert.<br />

Dieser ist essentiell für die Umwandlung von Schallwellen in<br />

elektrische Signale im Innenohr und steuert gleichzeitig die<br />

Herzfrequenz im Sinusknoten, dem wichtigsten Schrittmacher des<br />

Herzens.<br />

„Von Mäusen war bekannt, dass der Funktionsverlust des Gens nicht<br />

nur zu <strong>Taubheit</strong>, sondern auch zu Herzrhythmusstörungen führt. Wir<br />

führten darauf EKG-Untersuchungen bei Patienten <strong>mit</strong> CACNA1D–<br />

Mutationen durch und stellten fest, dass sie tatsächlich auch eine<br />

Herzrhythmusstörung <strong>mit</strong> deutlich erniedrigter Ruheherzfrequenz<br />

aufwiesen“, so Dr. Bolz.


Diese betrug teilweise kaum mehr als 30 Schläge pro Minute – der<br />

normale Ruhepuls liegt bei etwa 70 Schlägen pro Minute.<br />

„Wir wissen noch wenig über die Häufigkeit des SANDD-<strong>Syndrom</strong>s bei<br />

Menschen <strong>mit</strong> Hörstörungen“, so Bolz. Da die Herzrhythmus-Störung<br />

von keinem der Patienten bemerkt worden war, ist denkbar, dass bei<br />

einigen Patienten, bei denen eine isolierte Hörstörung diagnostiziert<br />

wurde, ein SANDD-<strong>Syndrom</strong> vorliegt. Auch wenn es sich offenbar um<br />

eine gutartige Form der Herzrhythmusstörung handelt, sollten die<br />

neuen Erkenntnisse Anlass sein, alle Menschen <strong>mit</strong> unklarer<br />

angeborener Hörstörung kardial zu untersuchen – eine erste wichtige<br />

Information erhält man bereits durch das Tasten des Ruhepulses. „Ist<br />

dieser auffällig niedrig oder unregelmäßig, so sollte man dem durch<br />

Ableitung eines Langzeit-EKGs nachgehen“. Eine Mutationsanalyse im<br />

CACNA1D-Gen kann dann klären, ob das SANDD-<strong>Syndrom</strong> vorliegt.<br />

Ein großer Teil der angeborenen Hörstörungen ist genetisch bedingt.<br />

Weil aber Mutationen in vermutlich mehr als 100 Genen ursächlich<br />

sein können, ist eine genetische Diagnosestellung heute noch eher die<br />

Ausnahme. Bolz: „Durch die immensen Fortschritte im Bereich neuer<br />

Hochdurchsatz-Sequenziertechnologien sind diese Probleme lösbar<br />

geworden. Dadurch wird die simultane Analyse aller bekannten<br />

Hörstörungsgene möglich, und so<strong>mit</strong> können SANDD-Patienten in<br />

Zukunft über einen solchen „genotype-first“-Ansatz erkannt werden.“<br />

Für Rückfragen:<br />

PD Dr. Hanno Jörn Bolz<br />

Institut für Humangenetik der <strong>Uniklinik</strong> <strong>Köln</strong><br />

Telefon: 06132 781-206<br />

(Jetzt am Zentrum für Humangenetik, Bioscientia, Ingelheim)<br />

E-Mail: hanno.bolz@uk-koeln.de<br />

Christoph Wanko<br />

Pressesprecher <strong>Uniklinik</strong> <strong>Köln</strong><br />

Stabsabteilung Kommunikation<br />

Telefon: 0221 478-5548<br />

E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de<br />

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