Status - Institut für angewandte Erkenntnistheorie und medizinische

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03.06.2013 Aufrufe

IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 414 von 534 Ärzte sein. In einer qualitativen Studie aus Deutschland wurde als eine Zielsetzung Anthroposophischer Ärzte identifiziert, ihre Patienten so lange als möglich selbst zu behandeln, statt sie stationär einzuweisen [325]. Im Rahmen der Basisevaluation sind die Möglichkeiten beschränkt, diesen Faktor zu quantifizieren. Es wurde bei Studienaufnahme nicht nach Dauer des Behandlungsverhältnisses zum Studienarzt gefragt, weshalb unbekannt ist, ab welchem Zeitpunkt die Studienärzte ggf. eine solche restriktive Einweisungspraxis ausüben konnten. Außerdem wurde nicht dokumentiert, welche Ärzte die Patienten ins Krankenhaus eingewiesen haben. Für diesen Fragekomplex ist Deutschland ohnehin, als Land mit einer häufigen Inanspruchnahme mehrerer Ärzte gleichzeitig ohne formale Bindung der Patienten an einem Hausarzt und ohne Überweisungspflicht zum Facharzt, als Studienort wenig geeignet. Ähnliche Ergebnisse aus anderen Ländern Die beobachtete Verminderung der Krankenhaustage bei Anwendern anthroposophischer Therapien steht mit Ergebnissen aus anderen Ländern im Einklang. In einer Studie von niederländischen Krankenkassen aus dem Jahre 1988 hatten die Patienten der anthroposophischen Hausärzte 16% weniger Krankenhauseinweisungen und 10% weniger Krankenhaustage als im Landesdurchschnitt [852]. In einer zweiten niederländischen Studie aus dem Jahr 1995 hatten die Patienten der anthroposophischen Hausärzte 30% weniger Krankenhaustage pro Jahr als im Durchschnitt [169]. Im Rahmen eines 1999 durchgeführten Audits des britischen National Health Service in einer anthroposophischen hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Gloucestershire wurden 35% weniger Krankenhaustage als der lokale Durchschnitt ermittelt [23]. 12.8.10 Günstiges Kostenprofil der anthroposophischen Therapien Kostenbilanz der anthroposophischen Therapien Die Anthroposophische Medizin war in der Basisevaluation mit keinen kostentreibenden ärztlichen Verhaltensweisen verbunden, sondern mit einer netto Kostenverminderung für die Gesetzliche Krankenversicherung. Die Modellprojektleistungen HE, KT, RM und AÄL kosteten im Vorjahr 152 € und im ersten Jahr 490 € pro Patient (Zunahme von 338 € pro Patient), dagegen wurden durch die Verringerung der Anzahl der Krankenhaustage eine Verringerung der Kosten um 623 € pro Patient beobachtet. Insgesamt verringerten sich die Kosten aller dokumentierten Leistungen um 152 € pro Patient. Warum hat die Anthroposophische Medizin eine günstige Kostenbilanz? Die Modellprojektleistungen haben relativ bescheidene Honorarsätze, der Zugang zu diesem Honorartopf ist durch spezielle Qualifikationsforderungen geregelt und es gibt Höchstanzahlen der abrechnungsfähigen Leistungen. Die Modellprojektleistungen sind also kostenmäßig gut steuerbar. Ursachen für die Verringerung der Krankenhaustage wurden im Absatz 11.8.8 oben diskutiert. Aber auch die Anzahl der Arztbesuche, der Verbrauch von nichtanthroposophischen Arznei-

IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 415 von 534 mitteln und der Umfang von medizinischen Untersuchungen nahmen nicht bedeutsam zu, obwohl für alle Patienten eine neue (anthroposophische) Therapie für nötig erachtet wurde und ein Drittel der Patienten sogar neu in Behandlung zum Studienarzt kam. Diese kostenneutrale Entwicklung wurde auf der Ebene spezifischer Kostenfaktoren bei einzelnen Erkrankungen bestätigt (Antidepressiva bei Depression; NSAR, Analgetika und LWS-relevante Arztbesuche bei LWS-Syndrom). Mögliche Erklärungen hierfür sind: Anthroposophische Ärzte sind bemüht, ihre Patienten zu verstärkter Eigenverantwortung im Umgang mit ihren Erkrankungen zu schulen [632]. Bei etwa der Hälfte (53%) der Patienten der Basisevaluation trat eine Verminderung der Anzahl der Arztbesuche im ersten Jahr nach Studienaufnahme ein, bei knapp der Hälfte (44%) eine Vermehrung. Eine denkbare Interpretation dieser gegenläufigen Entwicklung ist, dass ein Teil der Patienten aufgrund ihrer Erkrankung eine intensivere ärztliche Betreuung benötigte, der günstige Behandlungsverlauf bei anderen Patienten jedoch zu einem geringeren Bedarf an ärztlichen Leistungen führte und die Gesamtbilanz der Anzahl der Arztbesuche somit neutral blieb. Die starke Betonung der Anamneseerhebung in der Anthroposophischen Medizin [665,869] als Gegengewicht zur apparativen Diagnostik führt möglicherweise zu einer Vermeidung unnötiger apparativer Untersuchungen. Die Rückgriffsmöglichkeiten auf das breite Therapieangebot der Anthroposophischen Medizin [33,769] und die Betonung regulativer und aktiv-übender Therapieprinzipien in dieser Therapierichtung [19] führen evtl. zu einem kritischeren und spärlicheren Einsatz von konventionellen Arzneimitteln durch Anthroposophische Ärzte als in anderen Arztpraxen. Schlussfolgerung Im Gegensatz zu anderen, z. T. teuren medizinischen Leistungen (technologische Krankenhausmedizin, neue Arzneimittel mit hohen Investitionskosten) ist die sprechende (Anthroposophisch-ärztliche Leistung), behandelnde (Rhythmische Massage) und übende (Heileurythmie, Kunsttherapie) Anthroposophische Medizin nach den Ergebnissen dieser Studie kostengünstig und kostenmäßig gut steuerbar. 12.9 Diagnostische Untergruppen und Therapiegruppen 12.9.1 Einleitung Nach der obigen (Absatz 11.8) indikationsübergreifenden Diskussion der Bedeutung der Studienergebnissen wird in diesem Absatz auf die diagnose- und -therapiebezogenen Untergruppen der Basisevaluation eingegangen. Zuerst (Absätze 11.9.2 bis 11.9.10) werden für die häufigsten Indikationen der Basisevaluation (die Zusatzevaluationen Depression und LWS-Syndrom sowie die Diagnosegruppen Kopfschmerzen, HWS-Syndrom, Asthma, Malignome, ADHS-SSV, Angststörungen und Sinusitis) die folgenden Themen erörtert und kurz kommentiert:

IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 415 von 534<br />

mitteln <strong>und</strong> der Umfang von <strong>medizinische</strong>n Untersuchungen nahmen nicht bedeutsam zu,<br />

obwohl <strong>für</strong> alle Patienten eine neue (anthroposophische) Therapie <strong>für</strong> nötig erachtet wurde <strong>und</strong><br />

ein Drittel der Patienten sogar neu in Behandlung zum Studienarzt kam. Diese kostenneutrale<br />

Entwicklung wurde auf der Ebene spezifischer Kostenfaktoren bei einzelnen Erkrankungen<br />

bestätigt (Antidepressiva bei Depression; NSAR, Analgetika <strong>und</strong> LWS-relevante Arztbesuche<br />

bei LWS-Syndrom). Mögliche Erklärungen hier<strong>für</strong> sind:<br />

Anthroposophische Ärzte sind bemüht, ihre Patienten zu verstärkter Eigenverantwortung<br />

im Umgang mit ihren Erkrankungen zu schulen [632]. Bei etwa der Hälfte (53%) der Patienten<br />

der Basisevaluation trat eine Verminderung der Anzahl der Arztbesuche im ersten<br />

Jahr nach Studienaufnahme ein, bei knapp der Hälfte (44%) eine Vermehrung. Eine<br />

denkbare Interpretation dieser gegenläufigen Entwicklung ist, dass ein Teil der Patienten<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer Erkrankung eine intensivere ärztliche Betreuung benötigte, der günstige<br />

Behandlungsverlauf bei anderen Patienten jedoch zu einem geringeren Bedarf an ärztlichen<br />

Leistungen führte <strong>und</strong> die Gesamtbilanz der Anzahl der Arztbesuche somit neutral blieb.<br />

Die starke Betonung der Anamneseerhebung in der Anthroposophischen Medizin [665,869]<br />

als Gegengewicht zur apparativen Diagnostik führt möglicherweise zu einer Vermeidung<br />

unnötiger apparativer Untersuchungen.<br />

Die Rückgriffsmöglichkeiten auf das breite Therapieangebot der Anthroposophischen<br />

Medizin [33,769] <strong>und</strong> die Betonung regulativer <strong>und</strong> aktiv-übender Therapieprinzipien in<br />

dieser Therapierichtung [19] führen evtl. zu einem kritischeren <strong>und</strong> spärlicheren Einsatz<br />

von konventionellen Arzneimitteln durch Anthroposophische Ärzte als in anderen Arztpraxen.<br />

Schlussfolgerung<br />

Im Gegensatz zu anderen, z. T. teuren <strong>medizinische</strong>n Leistungen (technologische Krankenhausmedizin,<br />

neue Arzneimittel mit hohen Investitionskosten) ist die sprechende (Anthroposophisch-ärztliche<br />

Leistung), behandelnde (Rhythmische Massage) <strong>und</strong> übende (Heileurythmie,<br />

Kunsttherapie) Anthroposophische Medizin nach den Ergebnissen dieser Studie kostengünstig<br />

<strong>und</strong> kostenmäßig gut steuerbar.<br />

12.9 Diagnostische Untergruppen <strong>und</strong> Therapiegruppen<br />

12.9.1 Einleitung<br />

Nach der obigen (Absatz 11.8) indikationsübergreifenden Diskussion der Bedeutung der Studienergebnissen<br />

wird in diesem Absatz auf die diagnose- <strong>und</strong> -therapiebezogenen Untergruppen<br />

der Basisevaluation eingegangen. Zuerst (Absätze 11.9.2 bis 11.9.10) werden <strong>für</strong> die häufigsten<br />

Indikationen der Basisevaluation (die Zusatzevaluationen Depression <strong>und</strong> LWS-Syndrom<br />

sowie die Diagnosegruppen Kopfschmerzen, HWS-Syndrom, Asthma, Malignome,<br />

ADHS-SSV, Angststörungen <strong>und</strong> Sinusitis) die folgenden Themen erörtert <strong>und</strong> kurz kommentiert:

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