Status - Institut für angewandte Erkenntnistheorie und medizinische

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03.06.2013 Aufrufe

IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 306 von 534 und Nimodipin [207,208,840]. Mehrere dieser Arzneimittel können z. T. gefährliche Nebenwirkungen verursachen [74,209,604]. Es wurde geschätzt, dass ein Drittel aller Migränepatienten auch auf eine optimale medikamentöse Behandlung nicht ansprechen [283,338]. Alternativen sind nicht-pharmakologische Verfahren, wie Biofeedback und Entspannungsübungen, die in einer Meta-Analyse von 60 kontrollierten Studien vergleichsweise wirksam wie Propranolol waren [351]. Vertreter von sieben US-amerikanischen Fachgesellschaften haben die Ergebnisse randomisierter oder quasi-randomisierter Studien zu Entspannungsverfahren, Hypnose, Biofeedback, kognitiver Verhaltenstherapie und Kombinationen dieser Therapieformen zusammengestellt. In diesem Review wurden hinsichtlich Häufigkeit, Dauer und Intensität der Kopfschmerzen Verbesserungen um 30%-50% in den Therapiegruppen gefunden [153]. Auch die Akupunktur ist, laut eines Cochrane-Review kontrollierter Studien, bei Migräne wirksam [524]. Schließlich profitieren viele Migräniker von einem regelmäßigen Lebensstil unter Beachtung der Schlaf- und Essensrhythmen und Vermeidung von Stress und bekannten anfallsauslösenden Nahrungsmitteln [283]. Als Standardtherapie bei chronischen Spannungskopfschmerzen gilt die Behandlung mit dem trizyklischen Antidepressivum Amitryptilin [20]. Die Wirksamkeit dieser Therapie war in randomisierten Studien gegenüber Placebo signifikant überlegen [98,286,350]; unter Amitryptilin verminderte sich die Häufigkeit oder Dauer der Kopfschmerzen (z. B. Verminderung der durchschnittlichen täglichen Kopfschmerzdauer um 30% [286]), die Intensität jedoch nicht [98,159]. Mundtrockenheit und Müdigkeit sind häufige Nebenwirkungen von Amitryptilin [98,286], seltener treten schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, Blutbildstörungen und Delir auf. Zu den nichtmedikamentösen Therapien bei Spannungskopfschmerzen gehören Biofeedback, Entspannungsübungen und die kognitive Therapie. In einer Meta-Analyse diesbezüglicher klinischer Studien wurde eine Verbesserung der Dauer, Häufigkeit oder Intensität der Kopfschmerzen um 36% (Entspannung) bis 56% (Biofeedback + Entspannung) beobachtet, während Patienten unter Arzneimitteltherapie (u. a. Antidepressiva, Nichtsteoridale Antirheumatika) im Durchschnitt eine 39%ige Verbesserung erfuhren [110]. In einer randomisierten Studie war die kombinierte Behandlung mit Antidepressiva und Stressbewältigung (Entspannungsübungen + kognitive Therapie) wirksamer als Antidepressiva oder Stressbewältigung alleine [350]. Standardtherapien bei Kopfschmerzsyndromen: Durchführung in der Bevölkerung und in der Praxis Nicht nur die Ausprägung und die gesundheitliche Auswirkung von Kopfschmerzen, sondern auch ihre tatsächliche Behandlung unterscheidet sich, je nachdem, ob man Bevölkerungsstichproben oder Patientenklientel der primären, sekundären oder tertiären Versorgung oder Studienteilnehmer untersucht.

IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 307 von 534 Z. T. suchen Kopfschmerzpatienten gar keinen Arzt auf. In der o. g. Bevölkerungsstichprobe aus Deutschland hatten 38% der Personen mit Migräne, 64% der Betroffenen mit episodischem Spannungskopfschmerz und 57% der Personen mit chronischem Spannungskopfschmerz wegen ihrer Kopfschmerzen noch nie einen Arzt aufgesucht [285]. International wurde geschätzt, dass zwei Drittel aller Patienten mit Migräne entweder nie einen Arzt aufgrund dieser Erkrankung konsultierten oder nicht mehr konsultieren[491]. Zum Teil wird die Migräne vom Arzt gar nicht identifiziert. In einer großen US-amerikanischen Bevölkerungsstichprobe war die Migräne bei nur 41% der Frauen und 29% der Männer von einem Arzt erkannt worden. Die Ausprägung und Häufigkeit der Migräneanfälle war bei den vom Arzt als nicht an Migräne erkrankt eingestuften Patienten zwar etwas geringer, 80% der Migräniker ohne Arztdiagnose waren jedoch durch ihre Anfälle beeinträchtigt [490]. Zum Teil wird bei diagnostizierter Migräne bzw. Spannungskopfschmerzen trotz eines Bedarfs gemäß Leitlinien keine prophylaktische Therapie verschrieben. Ein Grund hierfür könnten die nur mäßig guten Ergebnisse der prophylaktischen Behandlung sein. Hierbei ist zu beachten, dass die meisten randomisierten Studien zur Kopfschmerzprophylaxe eine kurze Beobachtungszeit von wenigen Monaten haben, während die empfohlene medikamentöse Therapie sich bis zu einem Jahr erstrecken kann (siehe oben). Bei langer Behandlungszeit wird die Therapie evtl. häufiger abgebrochen, weshalb auch die Ergebnisse der randomisierten Studien nicht unbedingt auf die Primärversorgung übertragbar sind. So haben Langzeitstudien oft eine hohe Dropoutquote. In einer eigenen Medline-Recherche aus dem Jahr 1998 wurden vier klinischen Studien zur medikamentösen Migräne-Prophylaxe mit einer Beobachtungszeit von mehr als sechs Monaten gefunden. Der Anteil der auswertbaren Patienten betrug nach neun Monaten 86% [399], nach zwölf Monaten 48% [512], nach 15 Monaten 47% [587], nach zwei Jahren 37% [113]. Im Rahmen eines Modellprojekts zur Verbesserung der Versorgung von Kopfschmerzpatienten wurde die Behandlung von 80 Patienten aus 24 mittelfränkischen Arztpraxen dokumentiert [468]. Einschlusskriterien waren Migräne ( 2 Anfälle pro Monat) und/oder Spannungskopf- schmerzen (an 8 Tagen pro Monat) nach den IHS-Kriterien. Zwei Drittel der Patienten wurden durch niedergelassene Fachärzte rekrutiert, vorwiegend von Neurologen (40%) und Orthopäden (17%), ein Viertel durch Allgemeinärzte / praktische Ärzte. 81% der Patienten erhielten Medikamente; die medikamentöse Behandlung entsprach in etwa der Hälfte der Fälle den Empfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Nichtmedikamentöse Behandlungen wurden seltener angewendet: Chirotherapie bei 21% der Patienten, Akupunktur bei 16%, Verhaltenstherapie oder Entspannungsübungen bei nur 10%. In der oben erwähnten kanadischen Bevölkerungsstudie [230] nahmen nur 5% der Migräniker und nur 2% der Personen mit Spannungskopfschmerzen eine prophylaktische Medikation wegen ihrer Kopfschmerzen in Anspruch. Dagegen nahmen 20% der Migräniker und 17% der Personen mit Spannungskopfschmerzen Analgetika mehr als einmal wöchentlich ein. Laut

IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 307 von 534<br />

Z. T. suchen Kopfschmerzpatienten gar keinen Arzt auf. In der o. g. Bevölkerungsstichprobe<br />

aus Deutschland hatten 38% der Personen mit Migräne, 64% der Betroffenen<br />

mit episodischem Spannungskopfschmerz <strong>und</strong> 57% der Personen mit chronischem Spannungskopfschmerz<br />

wegen ihrer Kopfschmerzen noch nie einen Arzt aufgesucht [285]. International<br />

wurde geschätzt, dass zwei Drittel aller Patienten mit Migräne entweder nie<br />

einen Arzt aufgr<strong>und</strong> dieser Erkrankung konsultierten oder nicht mehr konsultieren[491].<br />

Zum Teil wird die Migräne vom Arzt gar nicht identifiziert. In einer großen<br />

US-amerikanischen Bevölkerungsstichprobe war die Migräne bei nur 41% der Frauen <strong>und</strong><br />

29% der Männer von einem Arzt erkannt worden. Die Ausprägung <strong>und</strong> Häufigkeit der<br />

Migräneanfälle war bei den vom Arzt als nicht an Migräne erkrankt eingestuften Patienten<br />

zwar etwas geringer, 80% der Migräniker ohne Arztdiagnose waren jedoch durch ihre<br />

Anfälle beeinträchtigt [490].<br />

Zum Teil wird bei diagnostizierter Migräne bzw. Spannungskopfschmerzen trotz eines<br />

Bedarfs gemäß Leitlinien keine prophylaktische Therapie verschrieben. Ein Gr<strong>und</strong><br />

hier<strong>für</strong> könnten die nur mäßig guten Ergebnisse der prophylaktischen Behandlung sein.<br />

Hierbei ist zu beachten, dass die meisten randomisierten Studien zur Kopfschmerzprophylaxe<br />

eine kurze Beobachtungszeit von wenigen Monaten haben, während die empfohlene<br />

medikamentöse Therapie sich bis zu einem Jahr erstrecken kann (siehe oben). Bei<br />

langer Behandlungszeit wird die Therapie evtl. häufiger abgebrochen, weshalb auch die<br />

Ergebnisse der randomisierten Studien nicht unbedingt auf die Primärversorgung übertragbar<br />

sind. So haben Langzeitstudien oft eine hohe Dropoutquote. In einer eigenen Medline-Recherche<br />

aus dem Jahr 1998 wurden vier klinischen Studien zur medikamentösen<br />

Migräne-Prophylaxe mit einer Beobachtungszeit von mehr als sechs Monaten gef<strong>und</strong>en.<br />

Der Anteil der auswertbaren Patienten betrug nach neun Monaten 86% [399], nach zwölf<br />

Monaten 48% [512], nach 15 Monaten 47% [587], nach zwei Jahren 37% [113].<br />

Im Rahmen eines Modellprojekts zur Verbesserung der Versorgung von Kopfschmerzpatienten<br />

wurde die Behandlung von 80 Patienten aus 24 mittelfränkischen Arztpraxen dokumentiert<br />

[468]. Einschlusskriterien waren Migräne ( 2 Anfälle pro Monat) <strong>und</strong>/oder Spannungskopf-<br />

schmerzen (an 8 Tagen pro Monat) nach den IHS-Kriterien. Zwei Drittel der Patienten<br />

wurden durch niedergelassene Fachärzte rekrutiert, vorwiegend von Neurologen (40%) <strong>und</strong><br />

Orthopäden (17%), ein Viertel durch Allgemeinärzte / praktische Ärzte. 81% der Patienten<br />

erhielten Medikamente; die medikamentöse Behandlung entsprach in etwa der Hälfte der Fälle<br />

den Empfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Nichtmedikamentöse<br />

Behandlungen wurden seltener angewendet: Chirotherapie bei 21% der Patienten,<br />

Akupunktur bei 16%, Verhaltenstherapie oder Entspannungsübungen bei nur 10%.<br />

In der oben erwähnten kanadischen Bevölkerungsstudie [230] nahmen nur 5% der Migräniker<br />

<strong>und</strong> nur 2% der Personen mit Spannungskopfschmerzen eine prophylaktische Medikation<br />

wegen ihrer Kopfschmerzen in Anspruch. Dagegen nahmen 20% der Migräniker <strong>und</strong> 17% der<br />

Personen mit Spannungskopfschmerzen Analgetika mehr als einmal wöchentlich ein. Laut

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