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Status - Institut für angewandte Erkenntnistheorie und medizinische

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IFAEMM e. V. Modellprojekt Anthroposophische Medizin: Abschlussbericht Seite 286 von 534<br />

Hausärztliche Interventionen bei depressiven Störungen: Dokumentation<br />

Seit der 1990er Jahre wurden viele Interventionsstudien in Hausarztpraxen durchgeführt, um<br />

die Effekte einer intensivierten oder stärker strukturierten hausärztlichen Versorgung von<br />

Patienten mit depressiven Störungen zu untersuchen. In einer Zusammenstellung von zwölf<br />

randomisierten Studien zu solchen Interventionen bei Patienten mit Major Depression (Leitlinienimplementierung,<br />

screeningbasierte Diagnostik, strukturierte Patientenaufklärung, strukturierte<br />

Überwachung des Behandlungsverlaufs, z. T. unter Miteinbeziehung fachärztlicher<br />

Hilfe) waren die Ergebnisse in den Interventionsgruppen im Vergleich zu treatment-as-usual in<br />

sechs Studien signifikant besser, in einer Studie teilweise besser, in fünf Studien gab es keine<br />

signifikanten Unterschiede zwischen den Interventions- <strong>und</strong> Kontrollgruppen. In allen sechs<br />

Studien mit positiven Ergebnissen wurde der Behandlungsverlauf strukturiert überwacht mit<br />

der Möglichkeit, fachärztliche Hilfe einzubeziehen; diese Maßnahmen wurden jedoch in keiner<br />

der Studien mit negativem Ergebnis erprobt. Leitlinienbefolgung, Screeningverfahren <strong>und</strong><br />

Patientenaufklärung als Intervention verteilten sich relativ gleich zwischen Studien mit positiven<br />

<strong>und</strong> negativen Ergebnissen [820].<br />

In einer Meta-Analyse von 28 randomisierten Studien zur hausärztlichen Therapie mit neuen<br />

Antidepressiva im Vergleich zu trizyklischen Antidepressiva oder Placebo bei Patienten mit<br />

depressiven Störungen fanden sich ähnliche Responderquoten (Anteil der Patienten mit einer<br />

50%igen Verminderung der Symptomatik oder ähnlichem Kriterium) wie in Studien aus anderen<br />

Settings: 63% bei neuen Antidepressiva, 60% bei Trizyklika, 35% bei Placebo. In 22 der<br />

28 Studien betrug die Behandlungszeit 6-8 Wochen. Die Dropoutraten wegen Unerwünschter<br />

Ereignisse waren 13% bei Trizyklika, 8% bei neueren Antidepressiva <strong>und</strong> 2% in den Placebogruppen;<br />

insgesamt lagen die Dropoutraten in zwölf von 27 auswertbaren Studien unter 20%,<br />

in zwölf Studien zwischen 20% <strong>und</strong> 30% <strong>und</strong> in drei Studien über 30% [549].<br />

Standardtherapien bei depressiven Störungen: Durchführung in der Praxis<br />

Zusätzlich zum Problem der Unterdiagnostik depressiver Störungen bei Hausärzten zeigen<br />

mehrere Studien, dass Hausärzte nur zum Teil die leitlinienbasierte Therapie durchführen oder<br />

veranlassen, während viele behandlungsbedürftige Erkrankte keine Therapie erhalten [323]. So<br />

hatten beispielsweise in der bevölkerungsbasierten WHO International Consortium in Psychiatric<br />

Epidemiology-Studie nur 29% der Respondenten aus Deutschland mit einer depressiven<br />

Störung innerhalb der letzten zwölf Monate hier<strong>für</strong> irgendeine Behandlung erhalten [856]. In<br />

der Depression 2000-Studie aus 412 deutschen Hausarztpraxen erhielten 40% der Patienten mit<br />

Major Depression nach DSM-IV keine Intervention [853].<br />

Kritiker argumentieren hingegen, dass die unkritische Kopplung von Prävalenzzahlen aus<br />

psychiatrischen Screeninguntersuchungen mit Behandlungsergebnissen aus randomisierten<br />

Studien zu einer empirisch nicht belegten hausärztlichen Übertherapierung von Personen mit<br />

depressiven Störungen – vor allem mit Antidepressiva – führen kann [411,533,562] <strong>und</strong> dass<br />

die gängigen Leitlinien in zu geringem Ausmaß die Häufigkeit der Mischformen psychiatri-

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