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Schweizer Heli-Spezialausgabe 2005 - SkyNews.ch

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der letzten Minuten des Fluges die grosse Mas<strong>ch</strong>ine<br />

von Hand zu fliegen. Die Vorflügelklappen<br />

werden ausgefahren, dann folgen die Landeklappen<br />

und das zehnrädrige Fahrwerk. Mit<br />

einem dumpfen S<strong>ch</strong>lag s<strong>ch</strong>liessen si<strong>ch</strong> die<br />

grossen Fahrwerktore.<br />

Um 9.30 Uhr Feierabend<br />

Auf dem Gleitpfad des Instrumentenlandesystems<br />

segelt der Airbus in Ri<strong>ch</strong>tung Piste 16,<br />

der Wind bläst böig, und nur mit Aufwand lässt<br />

si<strong>ch</strong> die grosse Mas<strong>ch</strong>ine auf Kurs halten: Etwas<br />

mehr S<strong>ch</strong>ub, S<strong>ch</strong>ub ein wenig raus, ein<br />

wenig runter, ein wenig links. Die Computerstimme<br />

zählt die Höhe über der Piste in Fuss:<br />

«50, 40, 30, 20...». Tou<strong>ch</strong>down – etwas härter<br />

als gewüns<strong>ch</strong>t setzt Markus den Airbus auf die<br />

Piste, in Anbetra<strong>ch</strong>t des Windes aber eine solide<br />

Landung, wel<strong>ch</strong>e au<strong>ch</strong> vom Captain gelobt<br />

wird. Die eingespielte Crew grinst trotzdem,<br />

der Copilot s<strong>ch</strong>erzt: «S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> sollen die<br />

<strong>S<strong>ch</strong>weizer</strong>-Passagiere an Bord au<strong>ch</strong> merken,<br />

dass Sie wieder zuhause sind!» Während des<br />

Aussteigens sind es dann au<strong>ch</strong> vermehrt die<br />

<strong>S<strong>ch</strong>weizer</strong> Passagiere die vorne in den «Führerstand»<br />

s<strong>ch</strong>ielen, na<strong>ch</strong> dem Landsmann fragen,<br />

und mit einem «Merci» oder «dankä villmol»<br />

zeigen, dass der Traumjob des Piloten<br />

Bewunderung findet.<br />

Das Logbu<strong>ch</strong> wird ausgefüllt, die Mängelliste<br />

na<strong>ch</strong>geführt, und das Cockpit aufgeräumt.<br />

Ers<strong>ch</strong>öpft und do<strong>ch</strong> zufrieden wird das Flugzeug<br />

der neuen Besatzung übergeben, wel<strong>ch</strong>e<br />

s<strong>ch</strong>on 50 Minuten später von Basel na<strong>ch</strong> Kos<br />

und dann weiter na<strong>ch</strong> Frankfurt fliegen wird.<br />

Für Frank Niebel und Markus Rohrer heisst es<br />

jetzt – morgens um 9.30 Uhr – s<strong>ch</strong>on Feierabend.<br />

Kurz vor der Landung in Basel.<br />

SkyLine<br />

Mit der Aviatik kommt der am 22. Februar 1976 geborene und in Rors<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong> aufgewa<strong>ch</strong>sene<br />

Markus Rohrer s<strong>ch</strong>on in jungen Jahren in Kontakt. Er begleitet ab und zu<br />

seinen Vater, damals in seiner Freizeit als Rundflug- und Taxiflugpilot in Altenrhein<br />

tätig, wenn auf Rundflügen ein Sitzplatz frei bleibt. Die Faszination des Fliegens lässt<br />

ihn ni<strong>ch</strong>t mehr los, au<strong>ch</strong> wenn es no<strong>ch</strong> über 20 Jahre dauern sollte, bis er selbst<br />

Flugzeuge pilotiert. Abgesehen von einigen wenigen Linienflügen in die Ferien<br />

s<strong>ch</strong>lummert der aviatis<strong>ch</strong>e Traum, bis während der Mittels<strong>ch</strong>ulzeit ein Kollege die<br />

fliegeris<strong>ch</strong>e Vors<strong>ch</strong>ulung absolviert, und ihn ans<strong>ch</strong>liessend regelmässig auf Cessna-<br />

Rundflüge mitnimmt.<br />

Nun kristallisiert si<strong>ch</strong> die gewüns<strong>ch</strong>te Berufslaufbahn heraus: Do<strong>ch</strong> eine lei<strong>ch</strong>te Kurzsi<strong>ch</strong>tigkeit<br />

verhindert Markus Rohrer den Zugang zu den fliegeris<strong>ch</strong>en Vors<strong>ch</strong>ulungskursen<br />

des Bundes. Allerdings stehen no<strong>ch</strong> andere Wege offen, unter anderem der<br />

Direkteinstieg bei Swissair. Um im Fall einer Fluguntaugli<strong>ch</strong>keit ein berufli<strong>ch</strong>es Auffangnetz<br />

zu haben, und den te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Horizont etwas zu erweitern, ents<strong>ch</strong>liesst<br />

er si<strong>ch</strong>, na<strong>ch</strong> dem Militärdienst ein ETH-Studium in Mas<strong>ch</strong>inenbau zu absolvieren,<br />

und s<strong>ch</strong>liesst na<strong>ch</strong> fünf Jahren mit dem Diplom in Lei<strong>ch</strong>tbau und Flugzeugte<strong>ch</strong>nik ab.<br />

No<strong>ch</strong> während dem Studium besteht er das se<strong>ch</strong>stägige Auswahlverfahren der<br />

Swissair als selektionierter Kandidat, und tritt direkt na<strong>ch</strong> dem Studium im Herbst<br />

2001 in die Pilotenklasse 4/01 ein – nur gerade Wo<strong>ch</strong>en vor dem altersmässig letztmögli<strong>ch</strong>en<br />

Termin (27 Jahre war damals bei Swissair das Einstellungslimit).<br />

Dort ist die Enttäus<strong>ch</strong>ung gross, als mitten im Kurs die Swissair wegen des Groundings<br />

ihre Vorverträge aufkündigt, und den Kandidaten nur zwei Wege offen lässt:<br />

Abbru<strong>ch</strong> der Ausbildung, oder Eigenfinanzierung des gesamten Kurses. Dank grosser<br />

Mithilfe von allen Seiten gelingt ihm das finanzielle Abenteuer, und er s<strong>ch</strong>liesst<br />

den Kurs im Frühjahr 2003 mit der «eingefrorenen» Linienpilotenlizenz (frozen ATPL)<br />

und 15 Stunden auf dem A320-Simulator ab. Seine Swissairklasse bewirbt si<strong>ch</strong> bei<br />

weltweit über 120 Fluggesells<strong>ch</strong>aften, do<strong>ch</strong> die Absagen häufen si<strong>ch</strong>. Zusammen<br />

mit einigen Kollegen zei<strong>ch</strong>net er bei der Lufthansa-Kartographieto<strong>ch</strong>ter Lido Flight<br />

Nav in Glattbrugg monatelang An- und Abflugkarten für Piloten.<br />

Im Herbst 2003 dann der grosse Dur<strong>ch</strong>bru<strong>ch</strong>: Aufgebot zum Assessment bei der<br />

deuts<strong>ch</strong>en Charterfluggesells<strong>ch</strong>aft Hapag-Lloyd, und ab 1. Dezember 2003 die Ausbildung<br />

zum Copiloten auf Boeing 737-700 und -800. Von Februar bis Oktober 2004<br />

fliegt er mit der Boeing sonnenhungrige Touristen ab diversen deuts<strong>ch</strong>en Flughäfen<br />

in den Urlaub. Dann s<strong>ch</strong>lägt der Zufall wieder zu, und es folgt ein Karrieresprung aus<br />

heiterem Himmel: Obwohl die ehemaligen Mittel-Langstreckenflugzeuge Airbus<br />

A310 der Hapag-Lloyd binnen Jahresfrist ausgeflottet werden sollen, su<strong>ch</strong>t die Firma<br />

kurzfristig Boeing-Copiloten, die si<strong>ch</strong> für dieses eine Jahr no<strong>ch</strong> ums<strong>ch</strong>ulen lassen<br />

wollen. Da viele senioritätsältere Kollegen im Hinblick auf ihre bevorstehende Beförderung<br />

zum Kapitän oder wegen der Strapazen einer Ums<strong>ch</strong>ulung auf eine Bewerbung<br />

verzi<strong>ch</strong>ten, ruts<strong>ch</strong>t Markus Rohrer als einer der jüngsten Copiloten in der<br />

Firmenges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te auf den re<strong>ch</strong>ten Sitz der Grossraumflugzeuge. Bei soviel glückli<strong>ch</strong>en<br />

Zufällen ist es ni<strong>ch</strong>t verwunderli<strong>ch</strong>, dass Hapag-Lloyd kurz na<strong>ch</strong> Markus Rohrers<br />

Ums<strong>ch</strong>ulung aus Kapazitätsgründen einen Airbus A300-600R von Lufthansa<br />

mietet, und er so au<strong>ch</strong> den grösseren Bruder des Airbus A310 steuert, der wegen<br />

des identis<strong>ch</strong>en Cockpits mit demselben Ausweis geflogen werden kann.<br />

Bis Ende September <strong>2005</strong> ist Markus Rohrer no<strong>ch</strong> für die Hapag-Lloyd unterwegs<br />

(die si<strong>ch</strong> mittlerweile «Hapagfly» nennt), dann we<strong>ch</strong>selt er zur österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Nationalfluggesells<strong>ch</strong>aft<br />

Austrian Airlines, wo er voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> auf Airbus A320 eingesetzt<br />

wird. Obwohl seine Einsatzbasis im Ausland liegt, wohnt Markus Rohrer no<strong>ch</strong><br />

in der Region Züri<strong>ch</strong>. Aber au<strong>ch</strong> in der S<strong>ch</strong>weiz ist er fliegeris<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> beheimatet,<br />

so fliegt er – soweit es die Zeit zulässt – au<strong>ch</strong> mit Kleinflugzeugen von Altenrhein aus<br />

Rundflüge über die Alpen oder ma<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong> kleine Fliegerreisen ins bena<strong>ch</strong>barte<br />

Ausland. Do<strong>ch</strong> damit no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t genug: Als Präsident des Vereins Pro Flugplatz Altenrhein<br />

kümmert er si<strong>ch</strong> um die Anliegen und Interessen der diversen Vereine, Anwohner<br />

und Piloten. Und um das ganze au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> medial abzurunden unterhält und<br />

betreibt er unter www.gear-up.<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> eine eigene Webseite auf der er Stationen<br />

seiner Laufbahn und seiner Flüge in Wort und Bild eindrückli<strong>ch</strong> präsentiert.<br />

ZUR PERSON Markus Rohrer - Kalkül, Glück und Zufall<br />

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