Alfred Böge Technische Mechanik - PP99

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74 1.3.3.3 Der Cremonaplan (zeichnerisches Verfahren zur Ermittlung aller Stabkräfte) Beim Knotenschnittverfahren im vorstehenden Abschnitt 1.3.3.1 wurde neben der rechnerischen auch die zeichnerische Ermittlung der beiden unbekannten Stabkräfte dargestellt. Für jeden Knoten konnte das geschlossene Krafteck aus der gegebenen Kraft und den Wirklinien der zwei unbekannten Stabkräfte konstruiert werden, z. B. am Knoten I mit der gegebenen Stützkraft FA und den Wirklinien der Stabkräfte FS1 und FS2. Jede Stabkraft musste bei diesem Verfahren zweimal gezeichnet werden. Im Cremonaplan erscheint jede Stabkraft nur einmal. Dazu ist es erforderlich, jedes Krafteck im gleichen Umfahrungssinn aufzuzeichnen, z. B. im Uhrzeigerdrehsinn. Für den Knoten I des bekannten Fachwerkträgers ergibt sich dann der Kraftfolgesinn FA ! FS1 ! FS2. Nach der Aufzeichnung des maßstäblichen Lageplans wird der Kräfteplan der äußeren Kräfte im festgelegten Kraftfolgesinn konstruiert, hier im Uhrzeigerdrehsinn mit der Folge FA ! F1 ! F2 ! F3 ! FB. Begonnen wird der Cremonaplan mit dem Knoten, an dem nur zwei unbekannte Stabkräfte angreifen, hier z. B. mit Knoten I (auch VII wäre möglich). Im festgelegten Uhrzeigerdreh- Kräftetabelle Kräfte in kN (aus Cremonaplan) Stab Zug Druck 1 4,75 2 6,70 3 4,00 4 4,75 5 1,05 6 5,50 7 1,75 8 4,25 9 3,00 10 6,00 11 4,25 Cremonaplan Kräftemaßstab MK ¼ 1,2 m (1 cm ¼b 1,2 m) cm 1 Statik in der Ebene Lageplan Längenmaßstab: ML ¼ 1 m (1 cm ¼b 1m) cm

1.3 Statik der ebenen Fachwerke 75 sinn ist an die gegebene Stützkraft FA die Stabkraft FS1 (waagerecht) anzuschließen. Das geschlossene Krafteck mit FS2 kommt nur zustande, wenn von der Pfeilspitze FA die Stabkraft FS1 nach links gezogen wird. Wird das gewonnene Krafteck von FA ausgehend umfahren, erhält man den Richtungssinn der Stabkräfte in Bezug auf den Knoten I. Der gefundene Richtungssinn wird als Pfeil im Lageplan dicht neben dem Knotenpunkt I eingetragen und man erkennt: Stab 1 ist ein Druckstab (FS1 drückt auf Knotenpunkt I), Stab 2 ist ein Zugstab (FS2 zieht am Knotenpunkt I). Mit dem Eintragen der Gegenpfeile an den Knotenpunkten II und III im Lageplan und der Vorzeichen (þ)für Zugstäbe und ( )für Druckstäbe im Kräfteplan ist die Bearbeitung am Knoten I abgeschlossen. Man geht nun zum Knoten II über, an dem jetzt auch nur noch zwei Stabkräfte (FS3 und FS4) unbekannt sind, FS1 wurde schon ermittelt. Mit FS1 beginnend (von links nach rechts wirkend) wird das geschlossene Krafteck im Kraftfolgesinn mit FS1, F1, FS4 und FS3 zurück zum Anfangspunkt von FS1 konstruiert. Die Reihenfolge der Knotenpunkte ist beliebig, allerdings dürfen höchstens zwei Kräfte unbekannt sein. Zum Schluss greift man die Längen für die Stabkräfte ab, berechnet diese mit dem Kräftemaßstab MK und trägt die Beträge in eine nach Zug- und Druckkräften unterteilte Tabelle ein. Ist der Fachwerkträger symmetrisch aufgebaut und belastet, genügt es, eine Hälfte des Cremonaplans zu konstruieren. Liegt ein Fachwerkstab in der Wirklinie einer äußeren Kraft wie im Knoten II, so ist die Stabkraft gleich der in Stabrichtung angreifenden Belastung, hier also FS3 ¼ F1 ¼ 4 kN. Trägt der Knoten in einem solchen Fall keine Belastung (F1 ¼ 0), so nennt man den Stab einen Nullstab. Diese Nullstäbe nehmen erst bei elastischer Verformung Kräfte auf. Meist sollen sie die Knickgefahr langer Druckstäbe verringern. Arbeitsplan zur Aufzeichnung des Cremonaplans Stützkräfte ermitteln (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ðÞ ¼ 0). 1. Schritt Lageplan zeichnen und den Kraftfolgesinn (Umfahrungssinn) festlegen, z. B. Uhrzeigerdrehsinn. 2. Schritt Krafteck der äußeren Kräfte konstruieren, z. B. mit FA, F1, F2, F3, FB. 3. Schritt Mit dem gewählten Kraftfolgesinn die Kraftecke der Stabkräfte aneinander reihen, für jeden Knoten eins in beliebiger Reihenfolge. Nach jeder Krafteckzeichnung den Richtungssinn der Stabkräfte durch Pfeile in den Lageplan übertragen und Gegenpfeile eintragen. Im Kräfteplan die Stabkräfte durch Plus- oder Minuszeichen als Zug- oder Druckkräfte kennzeichnen. Längen der Stabkräfte abgreifen und deren Beträge unterteilt nach Zug- und Druckkräften in eine Tabelle eintragen. Aufgaben Nr. 160–175 4. Schritt 5. Schritt 6. Schritt 7. Schritt

1.3 Statik der ebenen Fachwerke 75<br />

sinn ist an die gegebene Stützkraft FA die Stabkraft FS1 (waagerecht) anzuschließen. Das<br />

geschlossene Krafteck mit FS2 kommt nur zustande, wenn von der Pfeilspitze FA die Stabkraft<br />

FS1 nach links gezogen wird.<br />

Wird das gewonnene Krafteck von FA ausgehend umfahren, erhält man den Richtungssinn der<br />

Stabkräfte in Bezug auf den Knoten I. Der gefundene Richtungssinn wird als Pfeil im Lageplan<br />

dicht neben dem Knotenpunkt I eingetragen und man erkennt: Stab 1 ist ein Druckstab (FS1<br />

drückt auf Knotenpunkt I), Stab 2 ist ein Zugstab (FS2 zieht am Knotenpunkt I). Mit dem Eintragen<br />

der Gegenpfeile an den Knotenpunkten II und III im Lageplan und der Vorzeichen (þ)für<br />

Zugstäbe und ( )für Druckstäbe im Kräfteplan ist die Bearbeitung am Knoten I abgeschlossen.<br />

Man geht nun zum Knoten II über, an dem jetzt auch nur noch zwei Stabkräfte (FS3 und FS4)<br />

unbekannt sind, FS1 wurde schon ermittelt. Mit FS1 beginnend (von links nach rechts wirkend)<br />

wird das geschlossene Krafteck im Kraftfolgesinn mit FS1, F1, FS4 und FS3 zurück zum<br />

Anfangspunkt von FS1 konstruiert. Die Reihenfolge der Knotenpunkte ist beliebig, allerdings<br />

dürfen höchstens zwei Kräfte unbekannt sein.<br />

Zum Schluss greift man die Längen für die Stabkräfte ab, berechnet diese mit dem Kräftemaßstab<br />

MK und trägt die Beträge in eine nach Zug- und Druckkräften unterteilte Tabelle ein. Ist<br />

der Fachwerkträger symmetrisch aufgebaut und belastet, genügt es, eine Hälfte des Cremonaplans<br />

zu konstruieren.<br />

Liegt ein Fachwerkstab in der Wirklinie einer äußeren Kraft wie im Knoten II, so ist die Stabkraft<br />

gleich der in Stabrichtung angreifenden Belastung, hier also FS3 ¼ F1 ¼ 4 kN.<br />

Trägt der Knoten in einem solchen Fall keine Belastung (F1 ¼ 0), so nennt man den Stab einen<br />

Nullstab. Diese Nullstäbe nehmen erst bei elastischer Verformung Kräfte auf. Meist sollen sie<br />

die Knickgefahr langer Druckstäbe verringern.<br />

Arbeitsplan zur Aufzeichnung des Cremonaplans<br />

Stützkräfte ermitteln (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ðÞ ¼ 0). 1. Schritt<br />

Lageplan zeichnen und den Kraftfolgesinn (Umfahrungssinn) festlegen, z. B.<br />

Uhrzeigerdrehsinn.<br />

2. Schritt<br />

Krafteck der äußeren Kräfte konstruieren, z. B. mit FA, F1, F2, F3, FB. 3. Schritt<br />

Mit dem gewählten Kraftfolgesinn die Kraftecke der Stabkräfte aneinander<br />

reihen, für jeden Knoten eins in beliebiger Reihenfolge.<br />

Nach jeder Krafteckzeichnung den Richtungssinn der Stabkräfte durch Pfeile<br />

in den Lageplan übertragen und Gegenpfeile eintragen.<br />

Im Kräfteplan die Stabkräfte durch Plus- oder Minuszeichen als Zug- oder<br />

Druckkräfte kennzeichnen.<br />

Längen der Stabkräfte abgreifen und deren Beträge unterteilt nach Zug- und<br />

Druckkräften in eine Tabelle eintragen.<br />

Aufgaben Nr. 160–175<br />

4. Schritt<br />

5. Schritt<br />

6. Schritt<br />

7. Schritt

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