Alfred Böge Technische Mechanik - PP99

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03.06.2013 Aufrufe

134 3.4.7 Rollwiderstand (Rollreibung) Betrachtet man einen Rollkörper und seine Unterlage als absolut starre Körper, dann ist Rollen nur infolge der tangential wirkenden Haftreibungskraft möglich. Sonst müsste der Rollkörper auf der Unterlage gleiten. Tatsächlich drückt sich der Rollkörper etwas in die Unterlage ein, und er verformt sich auch selbst geringfügig. Es kann hier also nicht mehr von „echter“ Reibung gesprochen werden, sondern man muss sich den Rollvorgang als ein fortwährendes Kippen über die Kante D vorstellen (siehe 2.5.2, Seite 88). Bei gleichförmiger Rollbewegung herrscht Gleichgewicht. Aus der Momentengleichgewichtsbedingung erhält man eine Gleichung für die Rollkraft F. Wegen der geringen Eindrücktiefe kann in dieser Gleichung der Kippabstand l gleich dem Rollradius r gesetzt werden. Die Rollkraftgleichung zeigt, dass die Rollkraft F mit zunehmendem Rollradius r kleiner wird. Den Abstand f bezeichnet man als „Hebelarm der Rollreibung“. Er ist abhängig vom Werkstoff der Unterlage und des Rollkörpers und wird gewöhnlich in cm angegeben. Aus diesem Grund setzt man in die Gleichung auch den Rollradius r zweckmäßig in cm ein. 3.4.8 Fahrwiderstand Wird ein Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit auf horizontaler Fahrbahn fortbewegt, sind Widerstände zu überwinden: der Luftwiderstand, der Rollwiderstand, der Widerstand durch Lagerreibung. Die beiden letzten fasst man zum Fahrwiderstand Fw zusammen. Bei horizontaler Fahrbahn ist die erforderliche Zugkraft Fz gleich dem Fahrwiderstand (ohne Luftwiderstand). Bei geneigter Fahrbahn ist zusätzlich die Hangabtriebskraft Fa ¼ FG sin a zu überwinden. a ist der Neigungswinkel der Fahrbahn zur Waagerechten. „Wirklicher“ Rollkörper Freigemachter „starrer“ Rollkörper SMðDÞ ¼ 0 ¼ FG f Fl ; l r F ¼ FG f r Rollkraft F, FG N f r cm cm Die Gewichtskraft steht hier für die Belastung der Radachse. Beachte: Große Räder oder Kugeln rollen leichter als kleinere. Werte für den Hebelarm der Rollreibung: Für Gusseisen und Stahl auf Stahl ist f 0,05 cm, für gehärtete Stahlrollen und -kugeln auf gehärteten Laufringen (Wälzlager) ist f 0,0005 ...0,001 cm. Fw ¼ FN m Fahrwiderstand f FN gesamte Normalkraft (Anpresskraft des Fahrzeugs an allen Rädern). Bei horizontaler Fahrbahn ist die Normalkraft FN gleich der Gewichtskraft FG des Fahrzeugs. mf Fahrwiderstandszahl; sie wird durch Versuche ermittelt. Erfahrungswerte für mf : Eisenbahn 0,0025 Straßenbahn mit Wälzlagern 0,005 Straßenbahn mit Gleitlagern 0,018 Kraftfahrzeug auf Asphalt 0,025 Drahtseilbahn 0,01 3 Reibung

3.4 Reibung an Maschinenteilen 135 Damit sich die Räder drehen, muss die Haftreibungskraft FR0 max zwischen Rädern und Fahrbahn größer sein als der Fahrwiderstand Fw. Daraus ergibt sich die Rollbedingung m0 mf . Bei m0 < mf gleiten die Räder auf der Fahrbahn. 3.4.9 Ûbungen zum Rollwiderstand und Fahrwiderstand 1. Ûbung: Die Laufachse einer Lokomotive mit zwei Rädern von 1,1 m Durchmesser hat 1,2 t Masse. Sie soll durch eine in Achsmitte angreifende Kraft F auf waagerechten Schienen in gleichförmiger Bewegung gehalten werden. Der Hebelarm der Rollreibung beträgt 0,05 cm. Wie groß sind die erforderliche Rollkraft F und der Rollwiderstand Froll? Lösung: Man kann die Rollkraft F mit der in 3.4.7 entwickelten Gleichung bestimmen. Der Rollwiderstand Froll ist hier gleich der Rollkraft F. 2. Ûbung: Der Tisch einer Werkzeugmaschine läuft auf einer Zylinderrollenführung. Er belastet die Rollen mit einer Kraft F1 ¼ 1800 N. Rollen und Führungsschienen sind gehärtet. Die Rollen haben 18 mm Durchmesser. Welche Kraft muss aufgebracht werden, um den Tisch zu verschieben? Lösung: Man darf alle Kräfte auf eine Rolle beziehen, denn ob an 100 Rollen je ein Hundertstel der Kräfte wirkt oder an einer Rolle alle Kräfte, ist gleichgültig. Die Gewichtskräfte der Rollen können vernachlässigt werden, denn sie sind klein gegenüber der Belastung F1. Rollwiderstand tritt an der unteren und an der oberen Führungsschiene auf. Die Verschiebekraft F am Tisch hat ihre Gegenkraft im Rollwiderstand Froll oben, folglich ist F ¼ Froll. Das Rollmoment F d ist gleich dem Lastmoment F1 2f .Für unterschiedliche Werkstoffe ist statt 2f die Summe ðf1 þ f2Þ einzusetzen. Für die Rollbewegung ist erforderlich, dass FR0 max Fw, d.h.FN m 0 FN m f ist. m 0 m f Rollbedingung Gegeben: Durchmesser d ¼ 2r ¼ 1,1 m Masse m ¼ 1,2 10 3 kg Hebelarm f ¼ 0,05 cm Gesucht: Rollkraft F, Rollwiderstand Froll f f F ¼ FG ¼ mg r r F ¼ 1,2 10 3 kg 9,81 m F ¼ 10,7 N ¼ Froll s 2 5 10 4 m 5,5 10 1 m Gegeben: Belastung F1 ¼ 1,8 10 3 N Hebelarm f ¼ 10 5 m (nach 3.4.7) Rollendurchmesser d ¼ 18 10 3 m Gesucht: Verschiebekraft F Frolld ¼ Fd ¼ F1 2f F ¼ F1 2f d ¼ F1 2f ¼ F1 2r f r F ¼ 1,8 10 3 N 10 5 m 9 10 3 ¼ 2N m

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3.4.7 Rollwiderstand (Rollreibung)<br />

Betrachtet man einen Rollkörper und seine Unterlage<br />

als absolut starre Körper, dann ist Rollen nur<br />

infolge der tangential wirkenden Haftreibungskraft<br />

möglich. Sonst müsste der Rollkörper auf der Unterlage<br />

gleiten.<br />

Tatsächlich drückt sich der Rollkörper etwas in die<br />

Unterlage ein, und er verformt sich auch selbst<br />

geringfügig. Es kann hier also nicht mehr von<br />

„echter“ Reibung gesprochen werden, sondern<br />

man muss sich den Rollvorgang als ein fortwährendes<br />

Kippen über die Kante D vorstellen<br />

(siehe 2.5.2, Seite 88).<br />

Bei gleichförmiger Rollbewegung herrscht Gleichgewicht.<br />

Aus der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

erhält man eine Gleichung für die Rollkraft F.<br />

Wegen der geringen Eindrücktiefe kann in dieser<br />

Gleichung der Kippabstand l gleich dem Rollradius<br />

r gesetzt werden.<br />

Die Rollkraftgleichung zeigt, dass die Rollkraft F<br />

mit zunehmendem Rollradius r kleiner wird.<br />

Den Abstand f bezeichnet man als „Hebelarm der<br />

Rollreibung“. Er ist abhängig vom Werkstoff der<br />

Unterlage und des Rollkörpers und wird gewöhnlich<br />

in cm angegeben. Aus diesem Grund setzt<br />

man in die Gleichung auch den Rollradius r<br />

zweckmäßig in cm ein.<br />

3.4.8 Fahrwiderstand<br />

Wird ein Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit<br />

auf horizontaler Fahrbahn fortbewegt, sind Widerstände<br />

zu überwinden:<br />

der Luftwiderstand, der Rollwiderstand,<br />

der Widerstand durch Lagerreibung.<br />

Die beiden letzten fasst man zum Fahrwiderstand Fw<br />

zusammen.<br />

Bei horizontaler Fahrbahn ist die erforderliche<br />

Zugkraft Fz gleich dem Fahrwiderstand (ohne<br />

Luftwiderstand).<br />

Bei geneigter Fahrbahn ist zusätzlich die Hangabtriebskraft<br />

Fa ¼ FG sin a zu überwinden. a ist der<br />

Neigungswinkel der Fahrbahn zur Waagerechten.<br />

„Wirklicher“ Rollkörper<br />

Freigemachter<br />

„starrer“ Rollkörper<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FG f Fl ; l r<br />

F ¼ FG<br />

f<br />

r<br />

Rollkraft<br />

F, FG<br />

N<br />

f r<br />

cm cm<br />

Die Gewichtskraft steht hier für die Belastung<br />

der Radachse.<br />

Beachte: Große Räder oder Kugeln rollen<br />

leichter als kleinere.<br />

Werte für den Hebelarm der Rollreibung:<br />

Für Gusseisen und Stahl auf Stahl ist<br />

f 0,05 cm,<br />

für gehärtete Stahlrollen und -kugeln auf<br />

gehärteten Laufringen (Wälzlager) ist<br />

f 0,0005 ...0,001 cm.<br />

Fw ¼ FN m Fahrwiderstand<br />

f<br />

FN gesamte Normalkraft (Anpresskraft des<br />

Fahrzeugs an allen Rädern).<br />

Bei horizontaler Fahrbahn ist die Normalkraft<br />

FN gleich der Gewichtskraft FG des<br />

Fahrzeugs.<br />

mf Fahrwiderstandszahl; sie wird durch<br />

Versuche ermittelt.<br />

Erfahrungswerte für mf :<br />

Eisenbahn 0,0025<br />

Straßenbahn mit Wälzlagern 0,005<br />

Straßenbahn mit Gleitlagern 0,018<br />

Kraftfahrzeug auf Asphalt 0,025<br />

Drahtseilbahn 0,01<br />

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